Es werden ja nicht immer mehr Menschen in Deutschland und auch in Baden-Württemberg ist die Bevölkerungszahl seit knapp 10 Jahren nahezu konstant. Ein nicht unerheblicher Teil wird aber (trotz aller anderslautenden Paniknachrichten) wohlhabender und möchte ins Einfamilienhaus, notfalls eben ins Reihenhaus. Das ist der Antriebsmotor für die weiterlaufende Zersiedelung (und die aktuelle Niedrigzinsphase befeuert das auch noch). M.E. gibt es aber keinen Anspruch auf das Einfamilienhaus und es ist tatsächlich Aufgabe des Staates, hier regelnd einzugreifen (z.B. über die Reglementierung der Neuerschließung). Was aber - und da mein Widerspruch zu Meridian - auch nicht heißen darf, den Bedarf zu ignorieren und jegliche Neuerschließung zu untersagen. Was die Änderung des Baugesetzbuches angeht, betrifft das die UVP für Gebiete < 1 ha, die an Innenbereiche angrenzen (Ortrandlagen). UVP hin oder her - Eingriffe sind grundsätzlich auszugleichen. Wenn da aber vorher ein Acker war, ist der Eingriff praktisch null bzw. die Umwandlung sogar eine Aufwertung. Ein Feuchtgebiet hingegen muss relativ ortsnah ausgeglichen werden, was teuer und schwierig umzusetzen ist.
Ich habe viel Sympathien für Meridians grundlegende Positionen, gleichwohl habe ich zu viel mit den Umweltmenschen (Behörden als auch UV) zu tun, um da nicht auch schon den Eindruck gewonnen zu haben, dass die Vorzugsvariante immer die Aussperrung des Menschen aus der Umwelt ist. Die viel gelobten einvernehmlichen Lösungen sind m.E. immer nur der Kompromiss, der zwischen dem Status quo und der Maximalforderung ausgehandelt wurde. Die Maximalforderung ist aber die Beendigung aller Nutzungen durch den Menschen. Und um das Beispiel des Müggelsees zu nehmen: das ist ein wichtiges Naherholungsgebiet der mit Abstand größten Stadt Deutschlands. Auf die Idee zu kommen, dieses als Schutzgebiet inklusive weitreichender Verbotstatbestände auszuweisen, ist so außergewöhnlich bescheuert, dass man nur staunen kann. Und nein, mich betrifft das nicht selbst. Es ist eine Grundsatzfrage.
Auch Anderes ist mir hier manchmal etwas pauschal. So ist mir der eindeutige Fingerzeig auf die Landwirtschaft etwas befremdlich. Ich empfinde das Zitat des Vertreters der Landwirtschaft, in dem er die landwirtschaftlichen Flächen nicht als in erster Linie Naturraum bezeichnet, als vollkommen verständlich. Das sind Anbauflächen für landwirtschaftliche Produkte. Natürlich muss er das unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten betrachten. Was seitens des Staates erforderlich ist, ist die Rahmenbedingungen zu schaffen und bedarfsgerecht anzupassen, um diese Nutzung verträglich mit den nebenliegenden Nutzungen zu regeln.
In diesem Kontext erscheinen mir manche Argumente auch als wenig fundiert. Es ist z.B. nicht richtig, dass die landwirtschaftlich bewirtschaftete Fläche stetig zunimmt. Mal ein paar Zahlen:
1945 13.280 T ha (nur BRD)
1990 11.770 T ha (nur BRD) - Abnahme um 11 % in 45 Jahren
1995 17.340 T ha
2016 16.660 T ha - weitere Abnahme um 4 % in 21 Jahren
Das sind natürlich nur Durchschnittswerte, es gibt Regionen, da ist das wesentlich extremer (BW mit über 30 % weniger Agrarflächen seit 1945), in anderen ist es geringer.
Dann wurde die Intensität der Bewirtschaftung genannt. Ich habe keine Ahnung, was hier die Messgröße ist. Was ich aber weiß ist, dass die Hektarerträge bei Getreide in den letzten 30 Jahren - natürlich in Abhängigkeit von witterungsbedingten Schwankungen - nahezu konstant sind. Und Getreideanbau wiederum ist die Nutzung, die mehrheitlich Flächen (also tatsächlich über 50 % der Flächen) einnimmt (übrigens mit Ausnahme der Südhälfte Südbrandenburgs ;-)).
Auch die Stickstoffbilanz der Landwirtschaft ist praktisch seit 30 Jahren rückläufig und hat sich fast halbiert, bei Phosphor hat sich der Überschuss im selben Zeitraum um ca. 75 % verringert. Gut möglich, dass das alles noch zu viel oder auch viel zu viel ist. Es gibt aber - und das ist bei der aktuellen Argumentationskette m.E. entscheidend - keine massive Zunahme in den letzten Jahren. Im Gegenteil, mittelfristig gab es eine erhebliche Abnahme.
Auch bei Glyphosat würde ich kein abschließendes Urteil fällen wollen und sicher wäre es mir lieber, mit den unerwünschten Pflanzen ein Nichtaufwuchsabkommen zu schließen. Tatsache ist aber auch, dass Glyphosat seit über 40 Jahren Anwendung findet (etwa einhergehend mit dem Erreichen der etwa gleichbleibenden Hektarerträge) und auch schwerlich als Ursache für eine plötzliche Entwicklung taugt.
Und letztlich frage ich mich ernsthaft, ob es diese plötzliche Entwicklung (Insektensterben) tatsächlich gibt. Mich erinnert das sehr an das Bienensterben, das es nicht gab (
Link) und an die Vogelgrippe-Pandemie, die nicht kommen wollte. Wogegen ich den Klimawandel als Tatsache sehe. Hier gibt es hinreichend Zahlen und Effekte, die man höchstens wegleugenen oder ignorieren kann.
Sorry für den vielen Text. Ich empfehle, alles zu vergessen und lieber den nächsten Beitrag im Gedächtnis zu behalten