Hallo zusammen,
ich finde es doch immer wieder erstaunlich, was in diesem Forum für Threads existieren, die mit unserem geliebten Hobby im ersten Moment vergleichsweise wenig zu tun haben. Manchmal befremdend, in diesem Fall jedoch außerordentlich erfreulich, da hier ja doch etliche Mitglieder unterwegs sind, die sich Gedanken über den Umgang mit unserer Umwelt und den durch menschliche Ansprüche entstehenden Konsequenzen für eben diese und den Naturhaushalt machen. Ich habe hier nur die ersten Seiten und anschließend die letzten durchgelesen und bin tatsächlich beeindruckt von der entstandenen Diskussion. Ein wenig möchte ich dazu beitragen.
Als Förster ist mir die Diskussion zum Thema Wolf nicht unbekannt, auch wenn ich mich selbst weder ""Wolfsbeauftragter" nennen darf, noch direkt mit dieser Tierart oder intensiv mit den Problemen derer Wiederansiedelung betraut bin. Ein interessantes Sprichwort bzgl. "Wald und Wolf" gibt es jedoch, was mir seit meinem Anwärterdienst nicht mehr aus dem Kopf geht. Es lautet etwa folgendermaßen: "Wo der Wolf jagt, wächst der Wald". Die Bedeutung des ganzen ist einfach - dem Wolf wird nachgesagt, das er bei einer erfolgreichen Wiederansiedelung in nicht unerheblichem Maße unsere heimischen Wildbestände beeinflusst und das in positiver Hinsicht.
Überhöhte Schalenwildbestände (insbesondere beim Reh- und Rotwild) sind zwar für Waldbesucher eine tolle Sache, aus Forstperspektive aber das tägliche Grauen, weil z. B. aus natürlich entstandenen Jungwüchsen stets die selteneren Baumarten herausgepickt und "aufgefressen" werden. Im Klartext heißt das, dass z. B. in einem Naturverjüngungsbestand mit diversen verschiedenen Baumarten, wie z. B. Birke, Eiche, Kiefer, Buche, Kirsche, etc., immer die seltenen und für das Wild wohlschmeckenderen Arten als ersten verbissen werden, bis diese nicht mehr konkurrenzfähig ggü. den verbleibenden Baumarten sind und schließlich verschwinden. Als Beispiel bleibt dann ggf. beim o. a. Jungwuchs noch die Birke, Kiefer und Buche übrig, während gerade die in ökologisch (aber auch in ökonomisch!) wichtiger Hinsicht ebenfalls angesamten Eichen und Kirschen im Laufe der ersten Lebensjahre verschwinden, was schlussendlich zu einer in vieler Hinsicht weniger wertvollen Waldgesellschaft führt.
Jetzt stellt sich die Frage, warum es denn überhaupt erst überhöhte Wildbestände gibt, wo doch überall gejagt wird und Großpredatoren wie Wolf und Luchs ja eigentlich gar nicht mehr nötig sind?! Ganz einfach - es wird entweder falsch oder nicht effektiv genug gejagt. Die Gründe dafür sind so vielfältig wie unsere Gesellschaft, auch wenn die wichtigsten wohl in falsch verstandener Hege, Unwissen oder schlichtem Desinteresse vieler Jäger am Gesamtökosystem Wald (die Forstpartie außen vor gelassen!) begründet sind.
Fakt ist - Tierarten wie Wolf und Luchs können nach erfolgreicher Wiederansiedelung dabei helfen, Wildbestände wieder auf ein in sofern erträgliches Level zu bringen, dass das Ökosystem Wald als solches vielfältiger und damit auch wesentlich stabiler wird. Leider ist das ganze im Wald immer eine recht langwierige Angelegenheit (Zeiträume von mehreren Jahrzehnten), was schnelle erfolge oft so schlecht messbar macht und Kritikern in die Karten spielt. Ein gerissenes Schaf ist eben schlagartig tot, die Herde verringert und weniger wert und das ist dann direkt spür- und messbar. Ob sich aber ein junger Waldbestand über die ersten Jahre positiv entwickelt und aus diversen versch. Baumarten zusammensetzt, das ist schon viel schwieriger messbar und der "Wert" dieser hochwertigeren Bestockung wird eben auch nicht so schnell ersichtlich.
Lange Rede, kurzer Sinn - meiner Meinung nach sind wir Menschen es, die sich an neue Begebenheiten am schnellsten und erfolgreichsten anpassen können und genau deshalb sollten wir es dann auch tun. Und wenn das bedeutet, dass Schäfer und andere "Geschädigte" wegen gerissener Schafe, o. ä. entschädigt werden müssen, dann sollte dies auf kurzem und pragmatischem Wege möglich sein. Nur so kann m. E. mittelfristig Akzeptanz für die die veränderte Situation entstehen. Bei Jagdpächtern, die gerne möglichst viel Wild im Revier haben und sehen wollen, weshalb sie dann kaum oder falsch jagen, ist es da schon wesentlich schwieriger diese Akzeptanz herzuleiten...
Nun aber vom Thema Wolf zum Thema Naturschutzgebiete, Wildnisgebiete, Nationalparks u. ä.
All diese und noch viele Bezeichnungen für besonders geschützte Bereiche von Natur und Landschaft gibt es in Deutschland und irgendwo haben sie an der richtigen Stellen und unter den richtigen räumlichen Begebenheiten sicherlich alle ihre Berechtigung. Wichtig dabei ist, dass wir nicht vergessen, dass Deutschland nun mal ein sehr stark besiedeltes und erschlossenes Land ist und dass die Nutzungsansprüche z. B. an den Wald mannigfaltig und hoch sind. Was bringt es also, z. B. für ein ohnehin bereits durch landes- oder bundesrechtliche Vorschriften geschütztes Gebiet (z. B. Naturschutzgebiet) mit festgelegten Nutzungsverzichten u. a. Einschränkungen einen noch höheren Schutzstatus aufgrund neuer EU-Gesetzgebung festzulegen? Die FFH-Gebietsausweisung hat in so erheblichem Umfang für Verwirrung gestiftet und tut es heute noch, dass jeder halbwegs normal denkende Mensch über die sich überlagernden, teils gegenseitig aufhebenden oder verschärfenden Schutzbestimmungen und Ziele nur noch mit dem Kopf schütteln kann.
Noch ein besseres Beispiel sind in NRW die sogenannten "Wildnisgebiete", welche so völlig blödsinnig gelegt wurden, dass z. T. über zig Förstergenerationen gepflegte >= 200 jährige Furnier- und Saatguteichenbestände plötzlich nicht mehr bewirtschaftet werden dürfen, obwohl sich in unmittelbarer Nähe im selben Forstrevier ebenso alte Eichenbestände deutlich schlechterer Qualität, dafür aber ökologisch, durch bereits absterbende Einzelbäume mit deutlich mehr natürlich vorhandenen Habitaten (z. B. Spechthöhlen, etc.), wesentlich hochwertigere Bestände weiter bewirtschaftet werden sollen. Das ist das beste Beispiel für falsch verstandenen und falsch angewendeten Naturschutz mit großflächiger Ausdehnung, wie er in Deutschland durchgeführt wird.
Und von den extremen Uneinigkeiten zwischen und innerhalb der sogenannten anerkannten Naturschutzverbände fange ich lieber nicht an, sonst bekomme ich noch nen Tobsuchtsanfall heute abend. Es kann einfach nicht sein, das Neozoen wie Marderhund, Waschbär, u. ä. vom NABU in SH als Tierarten hingestellt werden, welche sich einem im Wandel befindlichen Ökosystem anpassen, bzw. dieses maßgeblich mitgestalten und das dieses dann in Ordnung sein soll, während sie in anderen Landesteilen (meiner pers. Meinung nach völlig zurecht) stark bekämpft und bejagt werden. Und wenn dann auf einmal der Buchfink als die Ausnahmevogelart hingestellt wird, weshalb ein ganzes Waldsystem nicht mehr nachhaltig bewirtschaftet werden soll, dann muss man sich ehrlich fragen, ob die sogenannten "Naturschützer" entweder keine Ahnung haben oder einfach völlig einen an der Waffel. Ich höre damit aber jetzt wirklich auf, sonst liest das später ohnehin niemand mehr durch.