Kormoran, Wolf und Veränderungen der Naturlandschaft

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sepp

Finesse-Fux
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sepp

Finesse-Fux
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Moin!

Ich glaube, ich hatte es schon mal gepostet. Aber egal: hier kann sich "Team Wolf" mal einen Überblick über die Situation auf der Welt einholen --> List of Wolf Attacks Leider wird die Liste seit 2020 nicht mehr aktualisiert.

Ich selber bin gar nicht gegen oder für den Wolf, erwarte aber einen fundierten und nachvollziehbaren Umgang. Und den sehe ich momentan nicht. Hier wird eine Entwicklung wie beim Kormoran zugelassen.

Meine Meinung: Einem Raubtier in dieser Größe in einer überwiegenden Kulturlandschaft im dicht besiedelten Deutschland die freie Vermehrung zu gestatten, halte ich für nicht nachvollziehbar und wird zu Problemen führen, siehe Liste oben. Wenn in weitaus weniger dicht besiedelten Gegenden Probleme mit Wölfen aufkommen, warum sollten wir davon verschont bleiben? Wer kann, erkläre es mir bitte.

Grüße, Stefan


es ist doch alles ideologisch gesteuert ganz egal ob es um den Kormoran, den Otter oder eben den Wolf geht
 

Garrincha

Dr. Jerkl & Mr. Bait
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Es gibt da einen schönen Artikel aus der WELT

„Man findet von den Unglücklichen nur noch die Stiefel“​



Die WELT- die Bildzeitung für Juristen oder wie war das? Im Ernst, welchen Erkenntnisgewinn hat man nach der Lektüre dieses „schönen“ Artikels?



Moin!

Ich glaube, ich hatte es schon mal gepostet. Aber egal: hier kann sich "Team Wolf" mal einen Überblick über die Situation auf der Welt einholen --> List of Wolf Attacks Leider wird die Liste seit 2020 nicht mehr aktualisiert.

Ich selber bin gar nicht gegen oder für den Wolf, erwarte aber einen fundierten und nachvollziehbaren Umgang. Und den sehe ich momentan nicht. Hier wird eine Entwicklung wie beim Kormoran zugelassen.

Meine Meinung: Einem Raubtier in dieser Größe in einer überwiegenden Kulturlandschaft im dicht besiedelten Deutschland die freie Vermehrung zu gestatten, halte ich für nicht nachvollziehbar und wird zu Problemen führen, siehe Liste oben. Wenn in weitaus weniger dicht besiedelten Gegenden Probleme mit Wölfen aufkommen, warum sollten wir davon verschont bleiben? Wer kann, erkläre es mir bitte.

Grüße, Stefan

Ich kenne die Liste, aber ist sie nun ein Argument für oder gegen Wölfe. Der NABU schreibt dazu:
„Im Zeitraum von 2002 bis 2020 fanden die Wissenschaftler weltweit 489 Angriffe, von denen 26 tödlich endeten. Schwerpunktregionen für Konflikte sind der Iran, die Türkei und Indien. Der Großteil (78 Prozent) der Angriffe lässt sich auf eine Erkrankung mit Tollwut zurückführen.“

Klingt jetzt nicht mega beängstigend, oder? Zumal der Faktor Tollwut bei uns rausfällt.
Ich glaube niemand würde behaupten, dass es nicht mal zu Problemen zwischen Wolf und Menschen in Deutschland kommen wird; das wird es ganz sicher! Die Frage ist, akzeptieren wir es als Gesellschaft bzw. erachten wir das Vorhandensein des Wolfes als so wertvoll, dass wir auch einen gelegentlichen Angriff auf Menschen in Kauf nehmen?

Ein etwas hinkender aber in der Sache vielleicht nicht ganz unpassender Vergleich: nach islamistisch motivierten Terroranschlägen ruft ein Teil der Bevölkerung doch auch durchaus vehement nach härteren Gesetzen, Verboten, Abschiebungen usw. Ähnlich dürfe es sich bei einem Wolfsangriff in Deutschland verhalten.

Fußnote: Ich vergleiche hier explizit nicht Wölfe mit Menschen, sondern möchte auf gesellschaftliche Reflexe hinweisen.
 

Drop Shoter

Finesse-Fux
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Verstehe ich nicht: Jäger und alle Jagdscheinbesitzer sind doch Teil des Monitorings. Dann können doch besagte Jäger ihre Sichtungen angeben und werten. Dass Monitoring -übrigens global und bei allen Tierarten- nicht hundertprozentig den Bestand zeigt und Abweichungen nach oben und unten eingepreist sind, versteht sich wohl von selbst. Trotzdem würde ich mal behaupten, dass die deutschlandweiten und wissenschaftlich erhobenen Daten des Monitoring genauer sind als die Schätzungen vom Jäger x aus y. Rinderzüchter in Südnepal und Jäger in Indien geben übrigens auch viel höhere Tigerbestände an als es wissenschaftlich nachgewiesen dort gibt. Woran das wohl liegen kann?

Ich bin mir sehr sicher, dass besagte Jäger, und Berufsförster und Freizeitjäger ihr Revier sehr gut kennen.

Einmal anders gedacht, trotz Meldungen durch Jäger an die fürs Monitoring verantwortlichen Institutionen sind die Bestandszahlen scheinbar falsch...
Und nicht zu vergessen, das Monitoring ist zum Teil von Bundesland zu Bundesland verschieden organisiert. Ob die verantwortlichen Institutionen oder Einzelpersonen in einigen Positionen Interessen haben weiß ich nicht.

Ein Beispiel von mir, ich habe unweit einer meiner Watstrecken eine zweifelsfrei identifizierbare Wolfsspur gesehen. Offiziell galt die Gegend aber noch Jahre als "wolfsfrei".

Ich möchte bei der ganzen Diskussion um den Wolf gar keine Partei ergreifen und glaube nicht zu wissen wie der richtige Umgang mit dem Wolf sein sollte. Meine Aussage bezog sich eben nur darauf die offiziellen Zahlen auch Mal mit Vorsicht zu genießen.
 

Stefan_M

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Klingt jetzt nicht mega beängstigend, oder? Zumal der Faktor Tollwut bei uns rausfällt.
Nicht beängstigend, mh, ich weiß nicht. Wenn ich die Wahl hätte, würde ich darauf verzichten wollen. Es muss ja nicht gleich der Tod sein, auch "ein" Biss kann zu schwerwiegenden Komplikationen führen.
Ich glaube niemand würde behaupten, dass es nicht mal zu Problemen zwischen Wolf und Menschen in Deutschland kommen wird; das wird es ganz sicher! Die Frage ist, akzeptieren wir es als Gesellschaft bzw. erachten wir das Vorhandensein des Wolfes als so wertvoll, dass wir auch einen gelegentlichen Angriff auf Menschen in Kauf nehmen?
Und hier liegt doch der Hund begraben. Die Wenigsten hier in Deutschland sind vorbereitet auf einen Kontakt. Es gibt keine Aufklärung für den Fall der Fälle, Verhaltensregeln oder Abwehrmaßnahmen. Stattdessen wurden hier die Märchen vom scheuen Wolf und die Überromantisierung der Wildnis vor der Haustür erzählt. Das ist doch Bullshit! Kulturlandschaft, ausgeräumt, hohe Bevölkerungsdichte ... das ist Deutschland, kein Vergleich mit z B. Kanada, Schweden, Norwegen etc. Aber mittlerweile rudert selbst das "Team Wolf" zurück. "Ja, wenn der Wolf nicht krank ist, nicht hungrig ist oder ein sonstiger Verhaltensfehler vorliegt, dann sollte nix passieren."
Und das sage ich aus eigener Erfahrung. In Kanada, auf einem Trail mit Bären, Wölfen und Pumas, wurde man darauf vorbereitet. Es war im Bewußtsein und man hatte Möglichkeiten der Abwehr (z. B. Bärenspray). Mit so einer kleinen Kartusche CS-Gas, wie es das hier zu kaufen gibt, will ich keinem Rudel, nicht mal einem Einzeltier gegenüber stehen.

Im Ergebnis: wir sind nicht vorbereitet! Und all das wird dazu führen, dass die Allgemeinheit den Wolf eben nicht akzeptiert bzw. der Lernprozess nur unnötig in die Länge gezogen wird. Es entsteht Leid, wo es nicht nötig ist! Und DAS halte/werfe ich den Verantwortlichen vor!

Grüße, Stefan
 
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sepp

Finesse-Fux
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Nicht beängstigend, mh, ich weiß nicht. Wenn ich die Wahl hätte, würde ich darauf verzichten wollen. Es muss ja nicht gleich der Tod sein, auch "ein" Biss kann zu schwerwiegenden Komplikationen führen.

Und hier liegt doch der Hund begraben. Die Wenigsten hier in Deutschland sind vorbereitet auf einen Kontakt. Es gibt keine Aufklärung für den Fall der Fälle, Verhaltensregeln oder Abwehrmaßnahmen. Stattdessen wurden hier die Märchen vom scheuen Wolf und die Überromantisierung der Wildnis vor der Haustür erzählt. Das ist doch Bullshit! Kulturlandschaft, ausgeräumt, hohe Bevölkerungsdichte ... das ist Deutschland, kein Vergleich mit z B. Kanada, Schweden, Norwegen etc. Aber mittlerweile rudert selbst das "Team Wolf" zurück. "Ja, wenn der Wolf nicht krank ist, nicht hungrig ist oder ein sonstiger Verhaltensfehler vorliegt, dann sollte nix passieren."
Und das sage ich aus eigener Erfahrung. In Kanada, auf einem Trail mit Bären, Wölfen und Pumas, wurde man darauf vorbereitet. Es war im Bewußtsein und man hatte Möglichkeiten der Abwehr (z. B. Bärenspray). Mit so einer kleinen Kartusche CS-Gas, wie es das hier zu kaufen gibt, will ich keinem Rudel, nicht mal einem Einzeltier gegenüber stehen.

Im Ergebnis: wir sind nicht vorbereitet! Und all das wird dazu führen, dass die Allgemeinheit den Wolf eben nicht akzeptiert bzw. der Lernprozess nur unnötig in die Länge gezogen wird. Es entsteht Leid, wo es nicht nötig ist! Und DAS halte/werfe ich den Verantwortlichen vor!

Grüße, Stefan
da kann man auch gar nicht mehr zu sagen! :emoji_thumbsup:
 

Garrincha

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Nicht beängstigend, mh, ich weiß nicht. Wenn ich die Wahl hätte, würde ich darauf verzichten wollen. Es muss ja nicht gleich der Tod sein, auch "ein" Biss kann zu schwerwiegenden Komplikationen führen.

Und hier liegt doch der Hund begraben. Die Wenigsten hier in Deutschland sind vorbereitet auf einen Kontakt. Es gibt keine Aufklärung für den Fall der Fälle, Verhaltensregeln oder Abwehrmaßnahmen. Stattdessen wurden hier die Märchen vom scheuen Wolf und die Überromantisierung der Wildnis vor der Haustür erzählt. Das ist doch Bullshit! Kulturlandschaft, ausgeräumt, hohe Bevölkerungsdichte ... das ist Deutschland, kein Vergleich mit z B. Kanada, Schweden, Norwegen etc. Aber mittlerweile rudert selbst das "Team Wolf" zurück. "Ja, wenn der Wolf nicht krank ist, nicht hungrig ist oder ein sonstiger Verhaltensfehler vorliegt, dann sollte nix passieren."
Und das sage ich aus eigener Erfahrung. In Kanada, auf einem Trail mit Bären, Wölfen und Pumas, wurde man darauf vorbereitet. Es war im Bewußtsein und man hatte Möglichkeiten der Abwehr (z. B. Bärenspray). Mit so einer kleinen Kartusche CS-Gas, wie es das hier zu kaufen gibt, will ich keinem Rudel, nicht mal einem Einzeltier gegenüber stehen.

Im Ergebnis: wir sind nicht vorbereitet! Und all das wird dazu führen, dass die Allgemeinheit den Wolf eben nicht akzeptiert bzw. der Lernprozess nur unnötig in die Länge gezogen wird. Es entsteht Leid, wo es nicht nötig ist! Und DAS halte/werfe ich den Verantwortlichen vor!

Grüße, Stefan

da kann man auch gar nicht mehr zu sagen! :emoji_thumbsup:


Stimmt, da kann man echt nicht mehr dazu sagen! Oder...vielleicht doch.

Nicht beänstigend für Menschen, die mit Statistiken und Wahrscheinlichkeiten zurecht kommen. Ich kann dir versprechen, die Wahrscheinlichkeit, dass dich ein Wolf angreift, ist unfassbar gering. Um das mal in ein Verhältnis zu setzen : An einer Sepsis sterben weltweit pro Stunde (!) mehr Menschen als in 18 Jahren (!) es global Tote durch Wolfsangriffe gab.
Dein Zusatz: "Ich würde darauf verzichten" ist relativ sinnfrei, denn - und das ist der Wahnsinn- ich würde auch darauf verzichten an einer Sepsis, einem Verkehrsunfall oder einem Haiangriff (immer noch wahrscheinlicher als ein Wolfsangriff) zu sterben und sogar mich zu der Aussage hinreißen lassen, ich würde sogar derzeit ganz darauf verzichten, zu sterben.

Okay, es gibt also keine Aufklärung in Deutschland und keine Hinweise darauf, wie man sich bei Kontakt verhalten soll? Leider doch: https://www.bmuv.de/themen/natursch...land/wolfsbegegnungen-in-der-kulturlandschaft

Jeder Bürger, der sich informieren möchte, kann das kostenlos machen. Dieses Prinzip gibt es in demokratischen Rechtstaaten übrigen ganz häufig; der Bürger hat auch Pflichten (z.B. sich zu informieren) und wir können ja schlecht erwarten, dass Vater Staat bei jedem Wutbürger an der Haustür klingelt und ihm eine Präsentation zum Thema "Verhalten bei Wolfsangriffen" vortanzt. Kommen wir zurück zur Sepsis. Bekommen wir da vollunfängliche Aufklärung ins Haus geliefert und werden sensibilsiert? Ich kann mich zumindest nicht daran erinnern.

Dein Vergleich zu Kanada: Klar, der Tourist auf dem "gefährlichen Trail" wird informiert und mit allem ausgestattet, was er braucht. (oder auch nicht) Und natürlich sind die Kanadier (in manchen Gebieten) sensibilisiert, da sie sich eben mit Raubtieren teilweise den Lebensraum teilen. In der Praxis hat aber eben auch der Mountainbiker in BC oder der Kanufahrer im Yukon nicht immer sein Spray am Mann; wil heißen, das Bewusstsein der Gefahr (wie du es nennst) ist eher eine Sache des Touristen, der drei Wochen dort wandert als der des Ortsansässigen. Die Abwehr von Wölfen spielt dabei übrigens auch wieder kaum eine Rolle; du hast die entscheidenden Räuber ja bereits benannt.

Wie gesagt, ich will mich überhaupt nicht für oder gegen Wölfe in Deutschland ausprechen, aber diese bräsige und falsche Argumentation passt einfach nicht.
 

Drop Shoter

Finesse-Fux
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Nicht beänstigend für Menschen, die mit Statistiken und Wahrscheinlichkeiten zurecht kommen. Ich kann dir versprechen, die Wahrscheinlichkeit, dass dich ein Wolf angreift, ist unfassbar gering. Um das mal in ein Verhältnis zu setzen : An einer Sepsis sterben weltweit pro Stunde (!) mehr Menschen als in 18 Jahren (!) es global Tote durch Wolfsangriffe gab.

Ich habe übrigens überhaupt keine Angst vor einem Angriff auf meine Person durch einen Wolf, da, wie du sagst, sehr unwahrscheinlich. Aber stell dir Mal vor ein Wolf beißt beißt Person X ins Bein und erleidet nur eine milde Verletzung... Folglich aber auch eine Sepsis.
 

Garrincha

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Aber stell dir Mal vor ein Wolf beißt beißt Person X ins Bein und erleidet nur eine milde Verletzung... Folglich aber auch eine Sepsis.

Wölfe haben sehr stabile Kiefer; der wird sich schon nicht verletzen.




Kleiner Scherz, aber die Grammatik gibt es her.
Einfach nochmal in die Wahrscheinlichkeitsrechnung gehen und den Post überdenken.

Zusatz: Auch wenn die Wahrscheinlichkeit sehr sehr gering ist, würde ich natürlich den Wolf verfluchen, wenn er mein Kind frisst. Statistisch wird mein Kind aber nicht an einem Wolfsangriff sterben. Man muss Wolf und Gefühl entkoppeln, auch wenn es schwer fällt. Naja, so wirklich viel Neues werden wir hier nicht mehr zusammen bekommen.
 

Cybister

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Ich versuch das Pferd mal andersherum aufzuzäumen.
Dass der Wolf sich gerne am Wildschweinbestand (schwierig zu erjagen, weil wehrhaft) und bei den Rehen bedient, ist aus ökologischer Sicht völlig unproblematisch. Aus forstwirtschaftlicher Sicht sind Rehe eh nur Baumvernichter, die, wenn genug Jagddruck oder Druck durch Freizeitnutzung der Feldfluren vorhanden ist, ihr „Unwesen“ im Wald treiben. Rehe sind Futterselektierer (ähnlich wie Ziegen) und lieben Knospen (vorzugsweise Terminalknospen). Bei hohem Rehbestand ist Naturverjüngung des Waldes fast unmöglich, es sei denn, man betreibt hohen Aufwand in Bezug auf Verbissschutz. Wildschweine hingegen sind bei den Landwirten verhasst, weil sie gerne mal Grünland oder Äcker rund machen und riesigen Schaden verursachen. Die Forstwirtschaft hingegen findet die Schweinchen klasse, weil sie gut für die Waldentwicklung sind.

Das ist aber nur die eine Seite der Medaille. Fast unsere gesamten Landschaften sind durch den Menschen geprägt. Das sind aber nicht nur Äcker und Grünland, sondern auch extrem wertvolle Standorte für Pflanzen, Insekten etc. wie Heidelandschaften, Trockenrasenflächen, Steillagen an den Rhein- und Moselhängen zB.. Diese Landschaften sind durch Nutztierbeweidung entstanden und haben sich über Jahrhunderte entwickelt. In den letzen Jahrzehnten wurden diese Flächen durch extensive Beweidungsprojekte (Schafe, Ziegen, ggf. Rinder/Pferde) offengehalten, um eine Verbuschung/ nat. Sukzession zu verhindern.
Wölfe machen das zunehmend schwierig, da auf diesen Flächen keine wolfssicheren Einzäunungen errichtet werden dürfen. Und wenn es dann zu Rissen kommt, gehen die Diskussionen los, wer für den Schaden aufkommt. Da Wölfe wirklich schlaue Kerlchen sind, ist so eine Schafherde ein All-you-can-eat-Buffet. Kann man auch nachvollziehen, warum soll man mühsam Rehe jagen (an denen auch nichts dran ist), wenn man einfach Pulloverschweine pflücken kann. Nachvollziehbar. Für zahlreiche Betriebe, die Wanderschäferei betreiben bzw. ausschließlich Beweidunsgprojekte bearbeiten, ist der Wolf existenzbedrohend. Ja, Herdenschutzhunde sind hilfreich, sind aber auch nicht unproblematisch ( hatte selbst Pyrenäenberghunde) , gerade in Bereichen mit Freizeitnutzung. Die Integration von Fainting Goats in Schafherden wird sicherlich funktionieren, ist aber unwirtschaftlich und ruft ratzfatz die Tierschützer auf den Plan (Cave: war ein Scherz).
Was man auch bedenken muss: ein Haushund wird vom Wolf nicht wirklich als Kollege der gleichen Spezies gesehen, sondern eher in die Kategorie „auch lecker, nehm ich“ - hier wird es am ehesten zu Konfrontationen ausserhalb der Landwirtschaft kommen.

Ich habe kein grundsätzliches Problem mit Wölfen, auch habe ich nicht wirklich Angst bez. Angriffen auf Menschen, aber das funktioniert strukturell nicht überall in DE und es führt mM nichts an einem wirklichen Wolfsmanagement mit Integration ins Jagdrecht vorbei.
 
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Stefan_M

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Nicht beänstigend für Menschen, die mit Statistiken und Wahrscheinlichkeiten zurecht kommen. Ich kann dir versprechen, die Wahrscheinlichkeit, dass dich ein Wolf angreift, ist unfassbar gering. Um das mal in ein Verhältnis zu setzen : An einer Sepsis sterben weltweit pro Stunde (!) mehr Menschen als in 18 Jahren (!) es global Tote durch Wolfsangriffe gab.
Dein Zusatz: "Ich würde darauf verzichten" ist relativ sinnfrei, denn - und das ist der Wahnsinn- ich würde auch darauf verzichten an einer Sepsis, einem Verkehrsunfall oder einem Haiangriff (immer noch wahrscheinlicher als ein Wolfsangriff) zu sterben und sogar mich zu der Aussage hinreißen lassen, ich würde sogar derzeit ganz darauf verzichten, zu sterben.
Moin!

Komisch, an Wölfen bin ich irgendwie näher dran als an einem Haiangriff. Und ja, mit Statistiken kenne ich mich aus, damit muss ich mich nahezu tagtäglich auseinandersetzen. Um den Bezug nicht zu verlieren, wie nah der Wolf ist (und wie fern Haie):

Toter Wolf im Herrenkrug
Das ist direkt im/am MDer Stadtgebiet und nur 400 m Luftlinie von meiner Arbeitsstelle.

Wolf in Buckau
Da hat der Wolf also nicht seine Scheu gezeigt und hat sich mal die Stadt angeguckt.

Rudel nordöstlich von Magdeburg
Ja, mir war schon klar, dass es in der Nähe Wölfe gibt. Aber das sie sich in einem doch recht dicht besiedelten Bereich einfinden, finde ich schon beachtlich. Schön wäre gewesen, wenn man diese Informationen schon eher gehabt hätte. Hier gehe ich angeln, fahre Rad und laufe usw. Hier lebe ich ... und mehrere hunderttausend andere Menschen. Magdeburg ist per Definition eine Großstadt (ja, hier kann der geneigte Leser gerne schmunzeln, ist aber tatsächlich so :p ).
Und interessant finde ich die fehlende Information über die Rudelgröße. Warum wird dazu keine Zahl genannt? Will man die Menschen nicht verunsichern? Aber wenn schon zwei Jahrgänge an Jungwölfen plus Elterntiere hier ein Rudel bilden, dann sind wir bei mindestens 4 Tieren plus X.
Zwei davon sind besendert. Warum bekommen wir die Daten nicht zu sehen? So etwas kann man sehr gut zur Bewusstseinsbildung nutzen, siehe hier: Hai-Tracker. Passt ja zu deinem Beispiel! ;) Ich muss dabei ja nicht die aktuellsten Daten sehen (die letzten 14 Tage kann man ja ausblocken, ähnlich OCEARCH), aber ich würde mir gern meine eigene Meinung bilden können. Und wenn Bereiche besonders oft frequentiert werden, könnte ich sie meiden.

Meine Eltern leben etwa 40 km von Magdeburg und hatten schon das Glück (Das hier ist keine Ironie!) einen Wolf in freier Wildbahn zu sehen. Er lief am hellichten Tag über einen Acker in der Börde. Zur Info: Die Börde ist ein landwirtschaftlich überprägter Raum mit sehr produktivem Boden, aber alles andere als natürlich. Von Scheu oder Hackengas, als er meine Eltern bemerkte, war nichts zu sehen.

So, genug Beispiele genannt. 1882 wurde der letzte Wolf in Deutschland, vor der Wiederbesiedelung, geschossen. Wir haben also aktuell den Fall, dass ein großer Beutegreifer, der einem Menschen ernsthaft schaden kann, auf eine unvorbereitete Gesellschaft trifft, die sich seit 130 Jahren nicht damit auseinandersetzen musste. Praktisch gibt es keine Erfahrungen! Da sind wir wieder bei dem Punkt, den ich oben schon anprach. Hier sehe ich die unbedingte Notwendigkeit einer breiten Informationskampagne und einer Bewusstseinsbildung! Aber wir sind ja in Deutschland und hier muss ja immer erst einmal was passieren, bevor gehandelt wird.

Okay, es gibt also keine Aufklärung in Deutschland und keine Hinweise darauf, wie man sich bei Kontakt verhalten soll? Leider doch: https://www.bmuv.de/themen/natursch...land/wolfsbegegnungen-in-der-kulturlandschaft

Jeder Bürger, der sich informieren möchte, kann das kostenlos machen. Dieses Prinzip gibt es in demokratischen Rechtstaaten übrigen ganz häufig; der Bürger hat auch Pflichten (z.B. sich zu informieren)

Das ist mir zu wenig, wenn man die oben angeführten Aspekte berücksichtigt. Und schließlich kann man in dem Zusammenhang fragen, warum haben unsere Altvorderen Zeit, Mühe und Geld darauf verwendet, den Wolf auszurotten? Wenn das Zusammenleben nahezu unproblematisch war bzw. sein wird (wie es "Team Wolf" so gerne darstellt), gab es doch dafür keinen Grund. Grimms Märchen werden nicht der Antrieb gewesen sein.

Es liegt mir fern den Wolf zu verteufeln oder ihm sein Existenzrecht abzusprechen. Der Wolf kann am wenigsten für die Situation. Aber wir, insbesondere die Verantwortlichen, sollten es besser wissen und machen. Und dazu muss man die Mehrheit der Gesellschaft mitnehmen!

dass Vater Staat bei jedem Wutbürger an der Haustür klingelt und ihm eine Präsentation zum Thema "Verhalten bei Wolfsangriffen" vortanzt.

Ging das in meine Richtung? Hälst du mich für einen "Wutbürger" und wolltest du mich abwerten?! Wenn ja, dann finde ich es schade, dass du zu solchen Mitteln greifst.

Wie gesagt, ich will mich überhaupt nicht für oder gegen Wölfe in Deutschland ausprechen, aber diese bräsige und falsche Argumentation passt einfach nicht.

Dazu passt dieser Satz ebenfalls, insbesondere wenn man die Lage hier verkennt. "Bräsig" und "falsch" lässt sich leicht dahinschreiben, wenn man nicht persönlich betroffen ist.

Wie sind denn deine Erfahrungen mit Wölfen in Portugal? Du lebst laut Profil auf der iberischen Halbinsel . Das Gebiet ist deutlich größer als Deutschland und deutlich weniger stark besiedelt (D: 237 E/km²; Portugal: 115 E/km²; Spanien: 93 E/km²) und beherbergt laut Wikipedia bis zu 2400 Wölfe. Werden Wölfe bejagt oder vergrämt? Gibt es ein Management?

Grüße, Stefan
 

AssAssasin

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Das ist aber nur die eine Seite der Medaille. Fast unsere gesamten Landschaften sind durch den Menschen geprägt. Das sind aber nicht nur Äcker und Grünland, sondern auch extrem wertvolle Standorte für Pflanzen, Insekten etc. wie Heidelandschaften, Trockenrasenflächen, Steillagen an den Rhein- und Moselhängen zB.. Diese Landschaften sind durch Nutztierbeweidung entstanden und haben sich über Jahrhunderte entwickelt. In den letzen Jahrzehnten wurden diese Flächen durch extensive Beweidungsprojekte (Schafe, Ziegen, ggf. Rinder/Pferde) offengehalten, um eine Verbuschung/ nat. Sukzession zu verhindern.
Das ist aber nur bedingt richtig, durch die Nutztierbeweidung sind diese Landschaften nicht entstanden sondern wiederhergestellt worden.
Bis die Bejagung durch den Mensch zu stark wurde haben eben die bejagten Tiere Wisent, Reh etc. diese Flächen freigehalten.
Natürlich sind diese Flächen heute trotzdem extrem wichtig und nur über eine Bewedung dauerhaft freizuhalten.
 

Cybister

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Das ist aber nur bedingt richtig, durch die Nutztierbeweidung sind diese Landschaften nicht entstanden sondern wiederhergestellt worden.
Bis die Bejagung durch den Mensch zu stark wurde haben eben die bejagten Tiere Wisent, Reh etc. diese Flächen freigehalten.
Natürlich sind diese Flächen heute trotzdem extrem wichtig und nur über eine Bewedung dauerhaft freizuhalten.
Hier muss ich wiedersprechen: Die Wacholderheiden und auch die Lüneburger Heide sind anthropogen geformt. Die würden ohne Beweidung wieder bewalden.
Rehe halten gar nichts frei, das geht als Selektierer auch gar nicht. Selbst Ziegen würden Flächen nicht komplett entbuschen und abweiden, wenn sie wandern könnten. Wisente und Co haben diese Flächen auch nicht erhalten, der natürliche Zustand in unserer Region in Europa ist schlichtweg Wald mit ein paar eingestreuten Grasplacken.
 

AssAssasin

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Allgemein finde ich es schon interessant wie die Angst vor einem Wolfsangriff kursiert, die viel realeren Gefahren etwa durch freilaufende Hunde (der tut nichts) oder der durch hunderte "Elterntaxis" vor der Grundschule aber ignoriert werden.
Ich war viel in Nordgriechenland wandern, dort gibt es nicht wenige Wölfe, dazu noch Braunbären.
Vor denen hat dort komischerweise niemand Angst, vor verwilderten Hunden allerdings, zu Recht, schon.
Im Übrigen sind dort auch die Viehhalter recht entspannt, Schafe und Ziegen sind dort ganz einfach kein Hobby für den Garten vor der Tür, Schäfer ist ein Beruf und dazu gehören Hütehunde und die Bereitschaft viel Zeit in die Tiere zu investieren.
 

AssAssasin

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Hier muss ich wiedersprechen: Die Wacholderheiden und auch die Lüneburger Heide sind anthropogen geformt. Die würden ohne Beweidung wieder bewalden.
Rehe halten gar nichts frei, das geht als Selektierer auch gar nicht. Selbst Ziegen würden Flächen nicht komplett entbuschen und abweiden, wenn sie wandern könnten. Wisente und Co haben diese Flächen auch nicht erhalten, der natürliche Zustand in unserer Region in Europa ist schlichtweg Wald mit ein paar eingestreuten Grasplacken.
Hier muss ich wiedersprechen: Die Wacholderheiden und auch die Lüneburger Heide sind anthropogen geformt. Die würden ohne Beweidung wieder bewalden.
Rehe halten gar nichts frei, das geht als Selektierer auch gar nicht. Selbst Ziegen würden Flächen nicht komplett entbuschen und abweiden, wenn sie wandern könnten. Wisente und Co haben diese Flächen auch nicht erhalten, der natürliche Zustand in unserer Region in Europa ist schlichtweg Wald mit ein paar eingestreuten Grasplacken.
Freigehalten ist vielleicht zu drastisch ausgedrückt, aber zumindest ausgedünnt, was ja immerhin Halboffenlandschaften zur Folge hat.
Und wenn Rehe nichts freihalten sind Maßnahmen gegen Verbiss in Schonungen eigentlich überflüssig ?
Ohne die großflächigen Trockenlegungen von Mooren und Sümpfen oder ähnliche bodenverbessernde Maßnahmen würde es doch einen beträchtlich größeren Anteil an Freiflächen geben. Der ursprüngliche Wald in unserer Region in Deutschland würde sich im Übrigen ja auch deutlich von der Plantage BRD unterscheiden.
 

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