Ja,
Zander haben die gleichen Eigenschaften wie Vampire, bei Sonnenlicht gehen sie in Flammen auf. Oder vielleicht auch nicht.
Ich angel jetzt noch nicht ganz 40 Jahre. Was ich früher gefangen habe, mit deutlich weniger ausgefuchstem Tackle und was ich heute noch maximal fange, unterscheidet sich sehr stark. Wenn wir früher einen Wettkampf an der Lippe in Stockum hatten und es gut lief, dann reichten 40 kg Weissfisch im Kescher nicht aus, um auch nur unter die ersten zwanzig Besten zu kommen. Im Rhein lagen die Gewichte bei der Anwesenheit von Brassenschwärmen noch deutlich höher. Bis vor ein paar Jahren konnte man die Fangergebnisse der wöchentlichen Wettkampfangeln eines holländischen Vereins an der Ouden Ijssel bis zu 20 Jahre zurück verfolgen. Damals brauchte man für einen Sieg mehr als 30 kg Beute, in den letzten Jahren reichten ein oder zwei kleine Rotaugen zum Sieg. Wenn man dann mal bei so einem Wettfischen sieht, wie die meisten mit den Fischen umgehen, dann ist jedem klar, es liegt nicht nur am Kormoran. Vor 15 Jahren fuhr man nachmittags an den Niederrhein, wenn dann alles im normalen Bereich war, hatte man bis zum frühen Abend seine 5-10 Zander, von denen in der Regel kaum einer untermaßig war. Das Mittelmaß lag bei etwa 65 cm. Man hörte noch von viel größeren Fangzahlen an der Weser oder der Elbe. Wer damals das Glück hatte, einen der wenigen Angelscheine für die sogenannte Stadtwerkestrecke der Ruhr sein Eigen zu nennen, der schaffte seinen Fang an Forellen oder Äschen in Malereimern nach Hause, wenn es gut lief. Heute bleibt man an der gleichen Strecke in der Regel Schneider. Gilt auch für mich. Seit drei Jahren hatte ich keinen Biss mehr dort. Wenn man das heute einem Angelanfänger erzählt, dann hält er dies für Märchen. In der Lippe haben Viele nach mehrtägigem Angeln nicht mal einen maßigen Weissfisch gesehen. Bei Zanderguidings am Rhein mit mehreren Personen fängt in der Regel der Guide noch 1-2 kleine Fische und wenn es mal besonders gut läuft, werden auch noch 1-2 Fische von den Guidinggästen gelandet. Das ist dann aber schon eine recht gute Tour, bei der auch richtig Strecke gemacht wird. Die Kollegen einer anderen Ruhrstrecke fangen fast nur noch Meterhechte. Wow, was für eine tolle Strecke, werden jetzt einige denken. Das will ich auch. Sie fangen aber nur noch diese wenigen Fische. Da ist kein Hecht mehr zwischen 50-90 cm vorhanden. Diese wenigen Meterdamen die sich zu bestimmten Zeiten in bestimmten Bereichen versammeln, sind die Letzten ihrer Art. Wenn die weg sind, war's das. So oder so ähnlich sieht es heute an vielen Gewässern aus. Dies gilt besonders für die sogenannten Ballungsräume. Unter diesem Druck sind viele Vereinsgewässer zu Put&Take Gewässern verkommen. Einmal im Jahr gibt es Besatz, dann wird jeden Tag auf Teufel komm raus geangelt. Drei Wochen später sieht man kaum noch einen Angler. Es heisst warten bis zum nächsten Besatz.
Die Angelerfolge früherer Zeiten sind in der Regel bei weitem nicht mehr zu erreichen. Dies gilt für mehr oder weniger öffentliche Gewässer von großen Verbänden oder Vereinen. Sie haben es in den letzten 20 Jahren versäumt, dem Niedergang der Fischbestände entgegen zu wirken. Es gibt natürlich auch Ausnahmen. Gewässer die früher tot waren, wurden renaturiert und Einleitungen reduziert. Das Leben kam zurück in den Fluss oder Bach, der früher eine Kloake war. Heute werden in manchen Vereinsseen Karpfen in gewaltigen Größen gefangen, deren Gewichte erst durch die Boiliemast möglich wurden. Ob man das gut findet, muß jeder selbst wissen. Dies sind aber eigentlich Ausnahmen, denn generell sieht es eher schlecht mit den Fischbeständen aus.
Es gibt viele Faktoren, die die Fischbestände und die Zusammensetzung der Alterspyramide beeinflussen. Früher und auch heute hörte man oft den Spruch, das Gewässer kann keiner leer angeln. Falsch gedacht, es geht doch, selbst bei so großen Gewässern wie z.B. dem Rhein. Angler sind heute in der Lage, den Fischbestand eines jeden Gewässers nachteilig zu beeinflussen. Angler landen z.B. in Norwegen soviel Fisch an, wie die gesamte norwegische Berufsfischerei zusammen. Es handelt sich also nicht um kleine zu vernachlässigende Mengen.
Viele Gewässer gerieten vor Jahren unter sehr starken anglerischen Druck. Angeln wurde immer beliebter. Dann kam auch noch der Kormoran dazu. Er blieb viele Jahre. Heute sieht man an vielen Gewässern keine Angler mehr und auch der Kormoran fliegt nur noch drüber weg. Für beide lohnt es sich nicht mehr.
Viele Gewässer wurden sauberer und damit nahrungsärmer. Die Abwachsraten der Fische verlangsamten sich. Die Produktivität sank. Das klare Wasser begünstigte auch die Jagd des Kormorans. Dafür erschwerte es die Jagd des Zanders. Die sind nun eher nachts unterwegs.
Die Pegel der Fliessgewässer schwanken immer öfter und erreichen dabei auch die Extremwerte immer schneller. Nun, die meisten Fische dürften damit klar kommen, ihre Eier oder der Nachwuchs leider nicht. Leicht der Zander in dieser Woche noch im flachen Uferbereich einer Buhne, so liegt sein Nest schon ein paar Tage später auf dem Trockenen. Leichen ein paar Weissfische in den wenigen Krautbetten, so reisst ein Hochwasser dieses Kraut wenige Tage später hinfort. Es kommt immer öfter zu Totalausfällen beim Fischnachwuchs. Auch die explodierenden Bestände der Grundeln, der Wollhandkraben und amerikanischen Krebse dürften einiges dazu beitragen.
Angler beeinflussen nicht nur durch die Entnahme von Fischen die Gewässer. Unter starkem Angeldruck verändern auch Fische ihr Verhalten. War vor vielen Jahren das Klopfen auf Welse erfolgreich, so versagt es heute oft an vielen Gewässern. Polderangeln in Holland war für viele Angler früher nur das Abklappern von Brücken und Einmündungen. Nun, an diesen Stellen wächst auch heute noch kaum Gras am Ufer, die Fische stehen aber meistens 100 bis 150 m abseits dieser ehemaligen Spots. Man befischt zwei oder dreimal erfolgreich einen Hechtstandort, danach fängt man dort nie wieder einen Hecht. Es gäbe noch ein paar mehr Beispiele.
Wissen wird auch vergessen. Heute haben die meisten Angler mehr Kunstköder im Rucksack als die meisten Angler damals im gesammten Angelkeller. Klar bringt manchmal ein Köderwechsel ein Ergebnis. Oft sorgt der ständige Köderwechsel und Standortwechsel aber auch für das Gegenteil. Ich habe noch damals gelernt, das man seinen Platz mit fächerförmigen Würfen absucht, also eigentlich keinen Qudratzentimeter auslässt, daß man einen Fisch oft erst mit mehrfachen Würfen "überreden" muß. Viele Angler kommen heute an eine Stelle, machen wenige Würfe und sind schon wieder weg. Das kann erfolgreich sein, wenn man die genauen Standplätze kennt, der Schuß kann aber auch nach hinten losgehen.
In der Regel sind unsere Fischbestände auf dem absteigenden Ast, viele Bestände sind zusammengebrochen. Dafür gibt es viele Gründe, zu denen auch wir Angler selbst gehören. Ausnahmen gibt es eigentlich nur an streng reglementierten Gewässern oder Gewässern, die nur von einer handvoll Anglern befischt werden.
Petri, Dietmar