Toller Thread. Ich freue mich über die vielen Beiträge und Denkanstöße in allerlei Richtungen und über das Bemühen darum, möglichst wenig plumpes Klischeedenken aufrechtzuerhalten. Offenbar wollen hier bisher alle ernsthaft zur Antwortfindung beitragen. Das ist für mich Barschalarm at its best.
Ich kann übrigens den bereits verlinkten und erwähnten sozialwissenschaftlichen Artikel (aus
Post #44) ebenfalls empfehlen, denn er geht gleichermaßen auf soziale wie biologische Erklärungsansätze ein. Selbst hinzufügen möchte ich der Diskussion die Aspekte
doppelte Vergesellschaftung (bitte kurz im Web nachschauen, falls nicht bekannt) und die historische Verquickung von Frauen mit der Sphäre des Häuslichen / des Haushalts in der sog. Moderne (Erläuterung folgt).
Ausgangslage für meine Argumentation ist die frühe Industriegesellschaft während einer Phase in der Frauen aus den Fabriken verschwanden und sich das
Einernährermodell Bahn brach. Männer bekamen (etwas) mehr Lohn und ihre Frauen pflegten "im Gegenzug" das Haus / die Wohnung und kümmerten sich um die Kinder. Denn als zuvor noch beide Partner einer traditionellen Paarbeziehungskonstellation voll in den Betrieb eingebunden waren und ihre körperliche Arbeitskraft maximal ausgebeutet wurde, konnten sie nur schlecht für sich und ihre Familie sorgen. Bald fiel den Fabrikbesitzern auf, dass mehr Arbeiter mit immer längeren Arbeitszeiten keine Effizienzsteigerungen mehr erbrachten, weil die Beschäftigten eine geringe Lebenserwartung hatten, oft überlastungsbedingt nicht bei voller Gesundheit waren und ihre Kinder (neue Arbeiter/innen für die Zukunft) nicht bis zu deren Arbeitsfähigkeit versorgen konnten. Frauen wurden daher strategisch dem Bereich der Lohnarbeit entzogen, um (für den Fabrikbesitzer unentgeltlich) ihre Männer fit zu halten und Kinder zu gebären sowie aufzuziehen, oder anders formuliert; um Arbeitskraft zu reproduzieren.
Warum schreibe ich das alles? Weil die Grundkonstellation erhalten geblieben ist, obwohl sie derzeit womöglich erodiert: Habt ihr euch je gewundert, warum Frauen sich für den Haushalt durchschnittlich stärker verantwortlich fühlen als Männer, warum sie bezüglich Ordnung und Hygiene tendenziell perfektionistischer sind? Die eigenen vier Wände sind nach wie vor der Ihnen zugeschriebene Lebensbereich, in dem sie gängie Rollenerwartungen erfüllen. Das macht es für Frauen schwerer (vorstellbar), ein zeitintensives Hobby außerhalb des eigenen Haushalts zu pflegen. Die Pferdesache klärt das freilich nicht und auch nicht die Jagd. Ich persönlich kenne allerdings keine Frau, die ihre Pferde nicht auf dem eigenen Hof hält und keine, die trotz Jagdschein wirklich regelmäßig jagen geht.