Angler sind Opportunisten mit beschränkten Möglichkeiten. Soll heißen: Wenn der Bestand stark ausdünnt dann nimmt der Angeldruck sehr schnell überproportional ab. Die Kutter fahren schon sein 5 Jahren immer stärker auf Plattfisch, sofern sie überhaupt noch fahren. Das ist das was die Wissenschaft nicht erfasst, die haben einmal in normalen Jahren mühsam gefragt und das sind dann die Entnahme-Zahlen. Dass sogar Typen wie ich kaum noch vor die Tür gehen weil es eh nix mehr zu fotografieren gibt können die gar nicht erfassen selbst wenn sie es wollten.
Der Dorsch ist extrem fruchtbar, es braucht nur einen relativ kleinen Restbestand an ausgewachsenen Elterntieren über 70cm um in einem wettertechnisch günstigen Jahr mit vielen Stürmen - die von Klimaforschern gefürchtet werden - wieder volle Erhohlung zu gewährleisten. So lange muss man diese Tierchen dann halt auch mal leben lassen, aber eben diese Exemplare bringen am meisten Geld wenn sie voll mit Laich sind der sich in Skandinavien gut verkaufen läßt.
@ observer: wie stark hat sich die Ostsee denn erwärmt? Dass die guten Platten auf offener See seltener werden würde ich eher auf die an sich positive selektive Entnahme sowohl durch Angler als auch Fischer mit Beifang schonendem Gerät schieben. An den Rändern bzw. abgelegenen Ufern gibt es sie noch reichlich, da ist es doch auch nicht kühler? Es würde mich wundern wenn dazu was Konkretes vorläge. Dass es ohne Dorsch als Fressfeind mehr kleine gibt liegt für mich auf der Hand, die Frequenz ist enorm aber ich nehme kaum noch jeden 20. mit.
Ich kaufe euch die Sache mit dem Klima vs. Politikversagen (Überfischung) nicht so einfach ab. Ich habe noch nie so lange so klares Hafenwasser gesehen wie dieses Jahr. Sauerstoffmangel ist trotz wesentlich schärferer Gesetze und Kontrollen bei Landwirtschaft etc. sicherlich noch ein Thema, aber ich konnte diesen Herbst trotz langer Westwindphasen zum ersten mal seit langem nichts wildes beobachten.
Ach ja, observer, noch eins: Was sagen denn die Nematoden die von den vielen Meeressäugern ausgeschieden werden zu den mageren Fischen?
moin frank,
viel halb, bzw unwissen...
also,
klar, gibt's keine dorsche, weichen angler(und fischer) auf andere arten aus.
die "erhebung", die angeblich einmal gemacht wurde, läuft schon seit ca 15jahren kontinuierlich.
dabei werden angler auf kuttern, booten, kayaks, bellys und am strand interviewt.
alle paar jahre gibt es zusätzlich groß aufgelegte, deutschlandweite telefonumfragen.
es gibt also jedes jahr neue berechnungen zu den anglerfängen.
der dorsch ist sehr fruchtbar, richtig.
in der westlichen ostsee sind wir allerdings kaum, bzw gar nicht auf stürme für einen laicherfolg angwiesen, denn hier gibt es immer genügend salz und im winter auch sauerstoff.
wann und warum es gute jahrgänge gibt lässt sich noch nicht vorhersagen.
der überragende 16er jahrgang wurde zb von einem recht schlechten "produziert".
wahrscheinlich spielt der zeitpunkt des hauptlaichvorganges eine große rolle, denn die larven brauchen halt immer ausreichend passendes futter.
es ist gar nicht unbedingt die höchsttemperatur, sondern die anzahl an zu warmen tagen.
es wird einfach zu früh warm und zu spät kalt.
dorsche sind kaltwasserfische, ab 12-16°(weiß ich jetzt nicht genau) haben sie stress, wachsen also kaum bis gar nicht.
das dorschjahr zusammengefasst...
zwischen dezember und april wird in den tiefen gebieten der westlichen ostsee gelaicht... im westen früher, im osten später.
nach der laichzeit sind die fische abgekämpft und mager.
muskeln wurden abgebaut, das fett aus der leber verbraucht.
das wasser erwärmt sich, die fische ziehen flacher und fressen so viel sie können.
ab ca 12-16° stoppt, bzw verlangsamt sich dann das wachstum und der organismus läuft nur noch auf sparflamme.
im hochsommer ist es ihnen im flachen(wo das meiste futter ist) zu warm, so dass sie sich in's tiefe zurückziehen, bevorzugt in ecken mit tiefen, steilen kanten um doch immer wieder fix mal in's flache huschen können.
große steinfelder, fahrrinnen, plateus an tiefen ecken.
sie brauchen also die kälte der tiefe aber das futter des flachen.
nach der abkühlung zum herbst hin ziehen sie wieder in's flache zum großen fressen, denn sie müssen sich reserven und den laich anfuttern.
verlängern sich jetzt die phasen mit wassertemperaturen über 12-16°, bleibt ihnen immer weniger zeit um zu fressen.
sie wachsen langsamer, werden dünner, bilden weniger laich...
die ostsee ist extrem "überdüngt".
die nährstoffeinträge gehen zwar zurück, sind aber immer noch zu hoch.
dazu kommt, dass sich das zeug in der ostsee sammelt.
ist halt im endeffekt wirklich nur ein see, da gibt's keinen großen austausch.
wir haben über die jahrzehnte einfach soviel scheiss in die see geleitet, dass jetzt nix mehr abgepuffert werden kann... das wasser ist satt.
durch zu viele nährstoffe kommt es zu extremen planktonblüten, die nach dem absterben absinken, im tiefen verrotten und dabei sauerstoff verbrauchen.
das gab es gerade in der eckernförder, bzw kieler ecke quasi schon immer (bedingt durch die "fjordstruktur").
diese sauerstoffprobleme treten immer zum herbst hin auf, wenn das plankton abstirbt.
in den letzten jahren wurde es aber immer häufiger, die sauerstofffreien zonen wurden immer größer und stabiler...halten also auch länger an.
in diesem jahr hatten wir zb etwa 8wochen lang eine riesige" tote blase" in der mecklenburger bucht.
an vielen stellen war ab 12m war kaum, bzw kein sauerstoff am grund messbar.
d.h. bodentiere sterben, fische müssen aisweichen.
dorsche und wittlinge können das theoretisch recht gut, plattfische weniger(die sind aber auch nicht ganz so empfindlich).
mal ein beispiel.
die dorsche stehen im sommer /spätsommer tief, da es im flachen (auf dauer) zu warm ist.
das tiefenwasser wird immer ärmer an sauerstoff und sie müssen flacher ziehen.
das geht ne zeitlang, aber nicht lange.
kommt es durch starkwind (ablandig) jetzt aber spontan dazu, dass tiefenwasser an den strand gedrückt wird (ablandiger wind drückt oberflächenwasser weg und "saugt" tiefenwasser an den strand) müssen die fische ins zu warme flachwasser und sterben durch hitze, bzw sauerstoffmangel(wie oft in flensburg, eckernförde, kiel, ostholstein zu sehen).
viele fische sterben allerdings weiter draußen, man sieht am strand also nur die spitze des eisberges.
sauerstoffprobleme sind ein riesen thema-estens durch zu viele nährstoffe, zweitens durch den klimawandel.
die platten wurden in den letzten jahren sehr stark befischt und leiden natürlich auch stark unter dem o2 mangel (nicht nur den fischen geht's schlecht, hauptsächlich natürlich auch den futtertieren).
das temperatur/nährstoff/sauerstoff problem wird in den nächsten jahren nicht verschwinden.
in den letzten jahren gingen zb die durchschnittsgewichte der dorsche um 10% zurück, die durchschnittlichen lebergewichte um über 40%.
das ist schon echt heftig.
ständig wachsende kormoran, seehund und kegelrobben populationen tun dem minibestand auch nicht wirklich gut.
du solltest nicht immer von dir auf die allgemeinheit schließen, bzw dein hafenbecken mit der gesamten ostsee gleichsetzen.
als angler hat man halt immer nur einen eingeschränkten blick auf's ganze.
der nematodenbefall nimmt nach osten hin zu(angeblich wegen der robben).
stark befallene tiere magern ab (die viecher leben ja auch bevorzugt in der leber).