Moin,
hierzu möchte ich nochmal meine Sicht der Dinge preis geben:
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Wenn man nicht gerade im Freiwasser angelt, sondern an Kanten, in flacheren Krautseen usw. frage ich mich jedenfalls rein logisch, warum Hechte vorbei schwimmende 20 cm Plötzen oder 23 cm Plötzen als leichte Beute vorbei ziehen lassen sollten und nur die 30 cm Plötzen fressen. Das wäre rein evolutionär ja nicht so helle. Die müssen doch eigentlich fressen, was geht, solange es nicht gerade zu quirliger Kleinkram ist. Insbesondere wenn die Beute angeschlagen wirkt. Zumal die einen sehr großen Fisch vermutlich langsamer verdauen können als 2 etwas kleinere Fische (weniger Oberfläche, wo sie Magensäure angreifen kann) und damit in gleicher Zeit weniger Energie aufnehmen können.
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Zuerst zu der Köder- bzw. Futtergröße:
Ich erkläre mir das immer wie folgt: Ein Raubtier wie ein großer Hecht muss eine gewisse Masse X an Futter zu sich nehmen, damit er sein Körpergewicht hält, noch mehr wächst, Laich ansetzt oder dergleichen. Diese Masse X kann er beispielsweise aufnehmen, indem er nur kleine Rotaugen um 15cm (gängige Hechtködergröße) frisst oder aber, indem er nur Rotaugen um 30cm (seltene Ködergröße) Länge frisst. Ob Rotaugen, Brassen oder sonst was ist ja auch erstmal zweitrangig. Grundsätzlich ist der Hecht ja darauf bedacht mit möglichst wenig Aufwand/Energieverbrauch/Attacken auf potentielle Futterfische möglichst viel Ertrag/Energie/Masse zu erwirtschaften. Da ich noch nie in meinem Leben ein Rotauge gewogen habe, habe ich gerade mal im Internet nachgeschaut: Ein 15cm Rotauge wiegt ca. 40g, ein 30cm Rotauge ca. 300-350g. Also entsprechen 8 15cm Rotaugen in etwa einem 30er Rotauge. Ob die Werte jetzt gänzlich der Realität entsprechen sei mal dahingestellt, es ist ja nur eine theoretische Betrachtung (vom Bauchgefühl her hätte ich 1:3 und nicht 1:8 geschätzt...). Weiter gehen wir mal davon aus, dass der Hecht 1200g Futtermasse (schön zu rechnen) über einen beliebigen Zeitraum zu sich nehmen will/muss:
15cm Rotaugen: 1200g / 40g = 30 erfolgreiche Attacken
30cm Rotaugen: 1200g / 300g = 4 erfolgreiche Attacken
Für den selben Futtermasseertrag muss er 26mal öfter/7,5mal so oft eine erfolgreiche Attacke starten. Also verbraucht er bedeutend mehr/öfter Energie bei der Jagd auf die 15cm Rotaugen als bei der Jagd auf die 30cm Rotaugen. Des weiteren kommen vermutlich einige nicht erfolgreiche Attacken hinzu. Wie groß die Erfolgsquote bei einem Hecht ist kann ich nicht beurteilen. Ob 30%, 50%, 70%, ich habe keine Ahnung. Die Bilder von den angeknabberten Friedfischen, Zandern usw. kennen wir alle. Hinzu kommen sicherlich noch einige potentielle Beutefische, die zwar entkommen sind, aber letztendlich doch noch verenden. Also wird die Erfolgsquote sicherlich nicht bei 100% liegen. Der selektive 15cm-Rotaugenfresser muss unterm Strich viel öfter jagen um die gleiche Futtermasse zu fressen wie der selektive 30cm-Rotaugenfresser.
Entspricht die selbe Futtermasse jedoch auch dem selben Energiegehalt? Ich würde sagen, dass an 1200g 30cm Rotaugen mehr verwertbare Masse dran ist als an 1200g 15cm Rotaugen. Bei den kleinen Rotaugen dürfte der Anteil an nicht verwertbarer Masse (Gräten, Haut, Flossen, Schuppen, keine Ahnung was der Hecht nicht verwerten kann...) größer sein als bei den großen Rotaugen. Ich bin ebenfalls der Meinung, dass ein Hecht ein großes Rotauge nicht so schnell verdaut wie zwei oder mehrere kleine Rotaugen (wie bereits erwähnt, Oberfläche/Magensäure). Ob das in der Realität wirklich so ist kann ich nicht beurteilen, ich bin kein Biologe.
Aber ist es denn auch wirklich sein Ziel seine Beute möglichst schnell zu verdauen? Ich würde sagen nein, denn solange er verdaut kann er noch Energie aus der Beute ziehen, kann ruhen, muss sich nicht großartig bewegen und somit verbraucht er auch keine Energie.
Ich weiß, alles nur eine theoretische Betrachtung, steinigt mich bitte nicht dafür! Was bei meiner Betrachtung völlig unter den Tisch fällt ist tote Nahrung. Also somit auch attackierte Beute, die doch noch verendet und im Nachgang einfach eingesammelt wird. Da die meisten unter uns aber Spinnfischer sind, soll uns das jetzt mal egal sein
Grundsätzlich bin ich auch der Meinung: Was angeschlagen/verletzt wirkt, das wird gefressen. Was am häufigsten im Gewässer vorkommt (Art und Größe der Futterfische), wird auch am häufigsten gefressen. Störenfriede, wie Konkurrenten (andere Raubfische, andere Hechte) und Laichräuber, werden attackiert um sie zu vertreiben und wenn sie schon verletzt sind und nicht zu groß sind sofort gefressen. Dazu zählt auch Beute, die dem Hecht einfach nur beim Ruhen auf die Nerven geht. In der Realität ist es recht unwahrscheinlich, dass ein kleines Rotaugen aus eigenem Willen mehrmals Nahe am Hecht vorbei schwimmt. Wenn der Barschwobbler zum dritten Mal am Ruheplatz der Metermutti vorbeikommt, dann tickt sie aus, weil sie ihre Ruhe haben will. Uns allen bekannt als "Meterhecht auf 5cm Barschwobbler gefangen!"
Unter den Walleranglern am Po wird teilweise die Ansicht vertreten, dass der Waller als größter Räuber den am häufigsten vorkommenden Nahrungskonkurrenten, in dem Fall den Rapfen, in seiner Population einschränken muss. Rapfen sind 1a Wallerköder am Po! Ich habe selbiges mal auf meine Walleransitzangelei an meinem Hausgewässer übertragen. Ich bin der Meinung, dass da echt viel Wahres dran ist. Vielleicht lässt sich das auch auf Gewässer übertragen, wo nicht der Waller sondern der Hecht am Ende der Nahrungskette steht.
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Und dass größere Köder an Standardgewässern gut hinhauen, muss nicht zwingend am natürlichen Beuteschema der Hechte liegen, sondern weil man aus der Masse der Angler rausfällt und die Hechte diese Köder nicht täglich vor der Nase haben.
Den positiven Effekt konnte ich jedenfalls schon bei 20 und 23 cm ausmachen (die Masse angelt halt mit 15-16 cm).
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Nun zum Angeldruck:
Da bin ich komplett deiner Meinung. Angeldruck ist ein entscheidender Faktor. Beim Wallerangeln meiner Meinung nach noch viel mehr als beim Hechtangeln. Ich bin auch der Auffassung, dass nicht nur die gezielte Angelei auf eine Fischart einen Angeldruck auf diese Fischart darstellt, sondern nahezu jegliche Art der Angelei einen Einfluss auch auf die anderen Fischarten haben kann.
Häufig versuchen wir die natürliche Nahrung zu imitieren. Doch weshalb soll ein Hecht ausgerechnet unseren 15cm Gummifisch im Rotaugendesign attackieren, wenn etliche 15cm Rotaugen im Gewässer rumschwimmen, die auch noch alle besser riechen? Wir müssen dem Hecht also eine Alternative zu seiner natürlich vorkommenden Nahrung, aber auch zu dem anbieten, was die Mehrheit der anderen Hechtangler ins Wasser wirft. Sei es in Form von Ködergröße, Köderfarbe, Laufverhalten, Führungsgeschwindigkeit, Kunstködern mit Geruch oder weiß der Teufel was. Wenn irgendwann wirklich jeder inklusive Opa nur noch mit Japanwobblern fischen sollte, dann werden Blinker wieder der Renner sein, da bin ich mir sicher!
Soll aber alles nur meine Sicht der Dinge sein. Ich lasse mich gerne eines besseren belehren
Grüße
Marius