Es ist Sonntag morgen um 4 Uhr 30 ...der Wecker klingelt ...
Das ist ja mal richtig angenehm im Vergleich zum Sommer wenn man um drei aufstehen muss um noch eine Chance zu haben vor Sonnenaufgang am Wasser zu sein.
Was nicht so angenehm ist, ist die Lufttemperatur von 4°C! Naja, dick eingepackt wird es schon gehen und zur Not mache ich Pausen im beheizten Auto.
Auf gehts, schnell noch einen Kaffee an der Tanke um die Ecke holen und ...
Denkste! "Wir dürfen vor sechse nüscht vakoofen!"
Im Ernst? Zum Glück gilt diese "Sperrstunde" zwar für Berlin, jedoch nicht für Brandenburg und da will ich eh hin.
Gegen 6 Uhr bin ich mit Kaffee im Bauch am Wasser. Erste Stelle ... ich bin superskeptisch ... Im Sommer macht es ja durchaus Sinn am kältesten Zeitpunkt des Tages zu angeln. Aber jetzt?
Wurf! ... Ich entscheide mich für ein mittelschnelles faulenzen. Das Wasser müsste ja noch einigermaßen warm sein.
Zweiter Wurf! ... Interessant, es ist sogar Kleinfisch - Aktivität im schwachen Gegenlicht zu erkennen.
Dritter Wurf! ... Ich glaube ich war noch nie bei weniger als 7°C angeln. Doch, einmal, als ich mit ... Einschlag!
Der Anhieb kommt reflexartig, nahezu Zeitgleich mit dem Biss. So ein 'Schreckanhieb'. Schreckanhiebe sitzen eigentlich immer. So auch diesmal und wenig später liegt ein schöner 61er Zander im Kescher. Das ging schnell!
Ich mache noch ein paar Würfe an der Stelle bevor ich weitergehe. Das Adrenalin, der Drill und die Landung sorgen dafür, dass ich die Kälte gar nicht spüre und sogar eine komplette Neumontage nach Abriss hinbekomme.
Weiter gehts, dritte Stelle für heute und hier kam vor zwei Monaten mein mit 70cm bisher größter Zander.
Ich schlenze den Gummifisch per Unterhandwurf Richtung Kanalmitte. Weit werfen muss man hier nicht. Mittlerweile dämmert es und ich kann schon ganz gut das Zusammensacken der Schnur beim Auftreffen des Köders auf den Grund erkennen ... kurbel, kurbel, sink, schlaff ... kurbel, sink, schlaff ... kurbel, kurbel, sink Ruck!
'Zosch'! ... Wieder kommt mein Anhieb quasi bevor ich den Biss bewusst registriere. Macht das die Kälte? Beinflusst Temperatur die Leitfähigkeit von Nervenzellen und Synapsen? Oder liegt es an der Konzentration?
In lauen Sommernächten bin ich jedenfalls oft deutlich langsamer. Da ist die Reihenfolge tendentielleher:
Biss -> 'Aha, es beißt!' -> Anhieb.
Der Fisch steht schwerer als der erste. Einmal schüttelt er krass hochfrequent den Kopf, hab ich in der Art noch nie erlebt. Unter der Rutenspitze macht er nochmal ordentlich Druck. Ich halte die Rute hoch um die Schnur von der Steinpackung fernzuhalten. Bei der Landung schießt er einmal unter dem Kescher durch, wobei es für mich aussieht als ob er reinschwimmt aber es geht alles gut. Der Zander verfehlt meine Bestmarke nur um zwei Zentimeter.
Es ist 6 Uhr 50 und eigentlich könnte ich jetzt nach Hause fahren, da hier erfahrungsgemäß nicht mehr viel passieren wird.
Ich fahre mit dem Auto noch eine andere, etwas entferntere Stelle an. Ausser einem kleinen Hecht, der sich deutlich mehr wehrt als die beiden Zander passiert bis um zehn Uhr nichts mehr. Das macht nichts.
Das Thermometer zeigt 7°C ... Mir war nicht ein einziges Mal kalt.