Tag 5
Bereits früh um 6 kroch ich aus dem Zelt. Kaum auszuhalten, in der prallen Morgensonne erreicht das Zelt schnell das Feeling einer übel riechenden Dampfsauna, nicht selten kroch ich völlig durch geschwitzt aus dem Schlafsack und sprang direkt erstmal ins Wasser um mich abzukühlen. Früh um 6! 200km nördlich vom Polarkreis! Was'n hier los. Naja, irgendwie auch besser als der Regen und die 5 Grad Tagestemperatur vom letzten mal, mit mangelnder Körperhygiene sollten wir zumindest diesmal keine Probleme bekommen.
Heute wollten wir den großen See endlich verlassen und uns das kleine Flussstück vornehmen, welches die ersten beiden Bergseen verbindet. Der See wurde immer schmaler, irgendwann tauchten wieder die ersten einzelnen Krautfahnen auf und wurden zu einem einzigen Krautteppich aus smaragdgrün schimmerndem Dschungel, bedeckt von glasklarem Wasser aus den Bergen. Ein Bild wie aus dem Katalog, wir trauten uns fast nicht hier zu angeln so schön sah es aus. Und mitten drin schlängelte sich eine gewaltige schwarze Rinne wie ein Canyon durch das saftige Grün, mindestens 8m tief. Und randvoll mit Fisch!
Ich montierte erstmal einen fetten Gummi um die Tiefe abzuchecken, ließ das wackelnde Ding zum Grund und wollte es gerade hoch kurbeln. Denkste. Direkt vom Grund muss sich irgend ein fetter Strömungshecht das taumelnde Plastik geschnappt haben, neben ordentlich Gewicht in der Rute gab es auch einige derbe Kopfstöße die mich aus meinem No-Fisch-Trauma der letzten Stunden rüttelten. Ich hab den Fisch nicht gesehen, da er wieder fix ausgestiegen ist, doch das war definitiv keiner der 70er Pikes die wir vorher gefangen hatten. Egal, kann man nicht ändern und Fisch ist mehr als genug da. Kurz darauf pflückten wir die ersten dicken Äschen aus dem Graben, brutal wie die Viecher selbst auf den 18g Spinmad ballern, in der Strömung schlägt das ein wie eine gute Kiezschelle!
Meine Lieblingsfische sind diese Äschen allerdings nicht geworden. Die Dinger sind wirklich unmöglich zu halten und zappeln mit Vorliebe beim Foto machen und Haken lösen. Irgendwann entschieden wir uns für einen Mix aus Baden und Angeln, standen in Unterhose im Wasser und fingen eine dicke Äsche nach der anderen. So gut, dass wir uns fragten ob man hier überhaupt angeln dürfe. Durften wir. Nach einer riesen Portion Rührei mit Reiscrackern und Stockfisch machten wir noch einmal richtig ordentlich Strecke und überquerten auch den zweiten, kleineren Bergsee. Hier gab es aber so gut wie keinen Fisch für uns, auch hier war das Wasser flach, warm und strukturlos.
Doch auch der See hatte bald ein Ende und einzelne Krautfahnen kündigten bereits den nächsten Flussabschnitt an. Schon bald fingen wir die ersten Hechte in den Krautfahnen auf Softjerks. Für uns war jetzt völlig klar: Der Fluss bringt Fisch! Als wir über ein ausgedehntes Krautfeld trieben, bekam Vince einen richtig guten Biss auf seinen weißen Softjerk. Wie das aber mit den großen Offsethaken so ist, hing der Fisch auch nach 4 weiteren Fehlattacken nicht. Erst beim fünften Versuch hing der fette 90er am 7/0er Greifer. Fetter Fisch! Wir jubelten und freuten uns wie kleine Kinder über den dicken Pike.
Anscheinend blieb unser Erfolg nicht ganz unbemerkt; ein alter Schwede trottete mit Rute und Köderbox zu seinem Motorboot und grüßte uns. Rund um die Flussverbindungen waren immer mal wieder ein paar kleine Siedlungen und Häuser. "Go over there, there are real crocodiles!" rief er uns zu und deutete mit einer ausladenden Handbewegung in eine super Flache kleine Bucht neben seinem Steg, die laut seinem wilden Gestikulieren wohl nur 1,20m+ Hechte beherbergen würde. Wir nahmen die Einladung dankend an, allerdings konnte ich außer ein paar Bissen im knietiefen Wasser keinen Flossenträger für meinen Softjerk begeistern. Die Pikes hatten dann irgendwann keinen Bock mehr, nur die Äschen ließen sich noch weiterhin recht zuverlässig auf die tief laufenden Jigspinner fangen.
Das war wirklich ein enorm fischreicher Tag, Wahnsinn wenn man so etwas erleben darf! Wer würde nicht gerne die Fische seines Lebens hinter solch einem Panorama fangen?