Da ich die EG Kaleido Rapid Gunner RSR bereits seit knapp einem Jahr fische, dachte ich mir, dass es an der Zeit ist die Rute hier vorzustellen. Sie hat es nämlich verdient und ich möchte auch etwas an das Forum zurückgeben.
Basisdaten
Länge: 7‘0“ oder 214 cm
Wurfgewicht: 3/8 bis 3 Oz oder 10 - 84g
Line Rating: 10 bis 25 lb (wie üblich in JP auf monofile Schnüre bezogen)
Gewicht: 145g
Power: XH
Beringung. Fuji Titan/Torzite (12 Stück)
Aktion: Fast (eigene Einschätzung)
Blank
Es handelt sich um eines der neu entwickelten Blanks von Evergreen, der überwiegend auf der neuen T1100G Kohlefaser und Nanoharztechnologie ("Nanoalloy") basiert. Wie üblich bei den Kaleidos werden allerdings zusätzliche Materialien in verschieden Blankabschnitten verbaut, um die gewünschten Eigenschaften zu erhalten. Beispielsweise kommen bei dieser Rute neben T1100G auch 50T Matten mit Bor-Verstärkung im Backbone-Bereich und zusätzlich 40T Matten bis kurz vor der Spitze zum Einsatz. Wer möchte, kann auf der Evergreen-Seite Genaueres hierzu lesen. Der Blank hat die EG-typische Quattro-Wicklung bis etwa 30cm vor der Spitze. Die Spitze selbst kommt ohne Wicklung aus. Der Blankaufbau ähnelt somit dem der Kaleido Gunslinger, die ja für denselben Einsatzzweck konzipiert worden ist. Die Rapid Gunner gilt auch als Nachfolger der Gunslinger, jedoch mit Update der Kohlerfasertechnologie und erweitertem Wurfgewichtsbereich. Der Blank dürfte – nach meiner Einschätzung – recht dickwandig, vor allem im Backbone-Bereich, sein. Ich habe die Rute zwar noch nicht zersägt, aber wie soll man sonst das recht hohe Gesamtgewicht erklären?
Der Griffaufbau ist sehr ähnlich wie bei anderen, deutlich leichteren Kaleidos und der Ringsatz kann nicht den Unterschied ausmachen. Ein dickwandiger Blank hat Vor- und Nachteile: Man erreicht eine höhere Langlebigkeit und Strapazierfähigkeit allerdings auf Kosten der Sensibilität. Ihr werdet weiter unten erfahren, dass die Sensibilität bei dieser Rute weniger problematisch ist
Der Blank ist insgesamt sehr steif und schnell. Das Rückgrat durchaus für Waller geeignet. Eine Rute mit einer schnelleren Rückstellung hatte ich bisher noch nicht in den Händen.
Balance
Der Schwerpunkt der Rute liegt mit einer Zillion HLC etwa 3-4 cm vor der Rolle. Sie ist also leicht kopflastig, aber trotzdem noch angenehm zu fischen. Bei derart kurzen Ruten spielt eine perfekte Balance aus meiner Sicht sowieso eine untergeordnete Rolle, da die beim Fischen auftretenden Drehmomente gering sind und dadurch das Handgelenk weniger belastet wird als bspw. bei den bei uns üblichen 2,70m Zanderspinnings.
Einsatzzweck
Evergreen empfiehlt die Rute primär für allerlei Gummianwendungen, also Jigs & Rigs. Hierzu nutze ich sie auch. Sie ist mittlerweile meine erste Wahl wenn ich auf Zander jigge, sowohl vom Ufer als auch vom Boot. Sekundär nutze ich sie für Swimbaits und mittelschwere Jerks auf Hecht, aber hierzu gibt es sicher geeignetere Ruten. Für Hardbaits ist die Rapid Gunner suboptimal wie viele andere Fast/X-Fast Ruten. Hier würde ich eher Ruten mit einer durchgehenderen Aktion bevorzugen. Die Rapid Gunner ist als Jigge konzipiert und hierzu sollte sie auch primär verwendet werden.
Aktion
Ich würde die Aktion als Fast bezeichnen. Beim Anjiggen biegen sich (auch erst bei höheren Gewichten) die ersten vielleicht 20cm der Spitze. Im Drill arbeitet die Rute überwiegend im ersten Drittel. Bei hoher Belastung in der ersten Hälfte. Ich habe ursprünglich befürchtet, dass die Rute zu steif für unsere „Brotzander“ sein könnte, aber dies hat sich glücklicherweise nicht bewahrheitet. Auch bei 40er und 50er Zandern arbeitet das erste Drittel schon gut mit. Anhiebe kommen aufgrund der Aktion und der Schnelligkeit des Blanks gut durch und ich hatte bisher kaum (kann mich im Moment an keinen erinnern) Aussteiger. Ich fange meine Zander allerdings auch mit C-Rig an der EG Super Cougar, deren Rolle vollständig mit FC bespult ist. Würde deshalb kontrovers behaupten, dass bei Zandern – entgegen der landläufigen Literaturmeinung – keine Titanplatten im Maul verbaut sind
Fischbare Gewichte, Sensibilität und Wurfweite
Sensibilität ist wohl der Hauptgrund warum man zu einer Rute aus diesem Preisbereich greift. Ich kann mittlerweile 3 EG Kaleidos mein eigen nennen, so dass mich einige als EG Fanboy, der auf der Hypewelle reitet, bezeichnen könnten. So sehe ich mich jedoch nicht – ich versuche lediglich ein Optimum für jeden Einsatzzweck für mich zu finden und glaube dies für die Zanderangelei mit der Rapid Gunner gefunden zu haben. Als nächste Rute kommt übrigens entweder eine Steez RD oder eine NRX ins Haus. Nun zum Thema: Ich war etwas skeptisch als ich die Daten zum Wurfgewicht gelesen habe. Kann eine Rute von 10g bis über 80g tatsächlich performen? Die Antwort nehme ich vorweg: ja (fast). Ich habe von 10g + 4“ bis 35/40g + 5/6“ an ihr gefischt und dieses gesamte Spektrum als gut bedient empfunden. Auf Sand/Kiesgrund, wie am Rhein üblich, spürt man 10g+4“ bereits gut. Ab 12g+4“ ist die Rückmeldung für mich bereits perfekt, jede Grundberührung wird klar zurückgemeldet. Das Optimum der Sensibilität beginnt für mich daher schon bei 12g + 4“. Dass die Rute 14/18/21g und schwerere Jigs oder gar Zanderbisse sehr gut zurückmeldet brauche ich nicht zu erwähnen – das können viele andere Ruten auch. Was die Zanderangelei anbetrifft, ist die Rapid Gunner nach oben weitgehend offen. Mit 35g und 5“ fühlt sich die Rute keineswegs überlastet an. Mehr fische ich sehr selten, aber es geht noch einiges mehr. Das ist auch das spezielle an der Rapid Gunner: mit einer Rute decke ich meine gesamte Zanderangelei ohne Abstriche ab. Egal, ob ich in den Buhnenkesseln leicht oder im Hauptstrom mit schweren Köpfen fischen möchte. Vor der Rapid Gunner habe ich auf Zander mit der EG Kaleido Egoist (30g WG) und nochmal davor mit der HR Pro Force 812M (40g WG, Spinning) gefischt. Was kann die Rapid Gunner besser als die beiden erwähnten Ruten (übrigens beide auch sehr sensibel)? Ich empfinde die Rückmeldung der Rapid Gunner im unteren Bereich (erstaunlicherweise) besser und ich bin nach oben überhaupt nicht eingeschränkt. Bei 24g Köpfen waren sowohl die Egoist als auch die PF schon leicht überlastet. Die gleichen Köpfe liegen für die Rapid Gunner mitten im Optimum. Eine ähnliche Breitbandigkeit habe ich schon bei der EG Super Cougar festgestellt und ich höre/lese immer wieder, dass dies auch für die NRXen zutrifft. Noch ein paar Worte zur Aufladung und Wurfweite. Dass sich eine 3 Oz Rute bei 10g + 4“ nicht perfekt auflädt dürfte klar sein. Aber auch mit 10g + 4“ sind die Wurfweiten mit der Zillion HLC mehr als brauchbar. Ich würde schätzen, dass 40m sicher und ohne Backlash-Risiko erreichbar sind. Ab 18g + 5“ sind 50-60m locker machbar. Das reicht mir auch vom Ufer aus und überhaupt empfinde ich keinen großen Wurfweitenunterschied zu meinen früheren Spinnings. Mein Kumpel fischt die Bulleye Jig Whip (2,55m) oft neben mir und unsere Reichweite ist vergleichbar. Als gut fischbaren Bereich was Rückmeldung und Wurfweite anbetrifft, würde ich deshalb 15g (=10g + 4“) bis „mehr brauchst Du auf Zander nicht“ bezeichnen
Noch ein Hinweis: Ich fische an der Rute "lediglich" eine 16er EVO um dem Wind und dem Strömungsdruck möglichst wenig Angriffsfläche zu bieten. Wer dickere Seile fischt kann zu durchaus zu anderen Ergebnissen kommen.
Preis
Die Rute hat eine UVP in Japan von 90k Yen. Online kann man sie für zwischen 700-900€ im Ausland erwerben. Ich hab meine für rund 700€ in einem bekannten deutschen Nicht-Online Shop gekauft
Ist sie den Preis wert? Für mich ja, aber das muss jeder für sich entscheiden. Ich habe früher in der oberen Mittelklasse (oft HR) gefischt, davor noch in der unteren Mittelklasse. Ich habe Ruten gekauft, mit Verlust verkauft oder gar nicht verkauft und neue gekauft. Dieses Lehrgeld hätte ich mir durchaus sparen können. Die Rapid Gunner kostet das Doppelte einer HR Pro Force, aber sie deckt für mich auch annährend den WG-Bereich von zwei HR Ruten ab. Und ich empfinde überhaupt keine Notwendigkeit mehr mich im Bereich Zanderjigge zu verbessern. Das rechtfertigt für mich den Preis. Wer eine Rute kennt, die eine ähnliche Sensibilität über einen so breiten Bereich bietet, darf sich gerne bei mir melden.
Anhang/Bilder
Vergleich der Spitzen- und Backbone-Durchmesser. Von unten nach oben: Rapid Gunner (3 Oz), Egoist (1 Oz), Super Cougar (3/4 Oz). Auch wenn Durchmesser alleine nicht alles sagen (Blankdicke und Material sieht man nicht), kann man hier den Grund für die sehr gute Sensibilität bei hoher Breitbandigkeit der Rapid Gunner erahnen: Fast Aktion = dünne, sensible Spitze zusammen mit einem steifen und sehr hoch modullierten Blank scheint des Rätsels Lösung zu sein. Ein ähnliches Konzept sieht man übrigens auch bei den NRXen, die für Top Rückmeldung bei hoher Breitbandigkeit bekannt sind.