Ja, ich werfe Baits von deutlich über 100g sehr oft den ganzen lieben Angeltag lang, der auch mal acht Stunden dauern kann. Natürlich lege ich ab und an ein kleines Päuschen ein zwischen den Durchgängen.
200g-Baits sind in Wahrheit nicht so viel anstrengender als 100g-Baits, wenn man etwas Routine und vor allem exzellent abgestimmtes Gerät hat. Das kommt einem bloß am Anfang so vor, als ob das ein gigantischer Quantensprung wäre. Die wirkliche Knochenarbeit beginnt aber erst um die 300g-Marke herum. Die mute ich mir wirklich nur dann zu, wenn das einen handfesten Vorteil verspricht. In meinen Hausgewässern ist das allerdings weitgehend überflüssig, da ich in der kalten Jahreszeit (ab Mitte bis Ende November) nicht angle, um den Kunden im Wasser eine schöne lange Auszeit zu gönnen - und mir selbst auch.
Viele, die mit Bigbaits anfangen, machen dabei aus lauter Angst vor "zu viel Gewicht" den verständlichen Fehler, die Rute so zu kaufen, dass sie auf dem allerletzten Loch pfeift mit den angepeilten Baits, und vergessen dabei die alte Faustregel, dass Ruten nur im mittleren Bereich der vom Hersteller spezifizierten WG-Angaben wirklich optimal werfen, aber zu den Grenzen hin immer suboptimaler werden.
Eine gut dimensionierte Rute nimmt einem einen großen Teil der Arbeit ab. Aber das klappt nur, wenn sie sich mit dem jeweiligen Wurfgewicht optimal aufladen kann. Ansonsten kostet das zusätzliche Kraft, die man sich besser erspart hätte. Womit indirekt die Frage beantwortet wäre, warum ich an meinen Bigbait-Combos jeweils nur eine kleine handvoll ausgesuchter Baits verarzte und gar nicht erst versuche, damit, sagen wir, von 100g bis 200g alles Mögliche abzudecken. Um ein konkretes Beispiel zu geben: An meine 150g-Rute hänge ich nichts, das nicht im Bereich von 90 bis allerhöchstens 130g liegt. Und so weiter bei den anderen Ruten, die nächste hat dann 225g Maximal-WG, aber damit gehe ich nur bis 200g. Und schon gleich gar nicht wähle ich für Bigbaits eine Rute, die kürzer ist als allerwenigstens 8'.
Mit Bigbaits zu fischen, ist ein eben solches Extrem wie das UL-Fischen. Und grad so wird eine suboptimal zusammengestellte Combo mit suboptimaler Funktion bestraft. Nur dass das im Falle von Bigbaits sehr schnell beim Onkel Doktor enden kann - und längerfristig fast garantiert enden wird.
Nicht ganz so drastisch wirkt sich die Rollenwahl aus, aber wer hier zu leicht kauft, tut sich ebenfalls keinen großen Gefallen, auch wenn einem das am Anfang so scheinen will. Besonders ausgeprägt ist das bei Leuten, die zuvor hauptsächlich light gefischt haben. Da kommen dann Combos zustande, wo gewisse japanische Bassruten mit einer Ryoga 2020 kombiniert werden und der stolze Besitzer per Clip dem ganzen Rest des bewohnten Universums verkündet, damit 300g-Swimbaits bis zum Horizont zu werfen.
Nun ja, ich enthalte mich hier mal jeden weiteren Kommentars. Aber um noch einen Vergleich zu geben: Das ist ungefähr so, als wenn ich einem Light-Spezi erzählen würde, dass für Barsch und Forelle eine 2,70m lange Spinnrute mit 10 - 30g WG samt einer 4000er Penn Slammer unten dran genau das Richtige sei.