Was soll denn in Zusammenhang mit den Straßen „subventioniert“ bedeuten?
Subventioniert bedeutet, dass die öffentliche Hand etwas fördert. In dieser Diskussion hier wurde der Begriff verwendet für eine Förderung, die die Differenz zwischen den verursachten Kosten und den direkten Einnahmen schließt. Es wurde für den ÖPNV ganz eindeutig die Forderung erhoben, der Fahrpreis allein sollte die Kosten decken. Wenn jemand diese Forderung aufmacht, muss diese Forderung doch konsequenterweise auch für die Straße gelten. Da ich mich persönlich beruflich bereits längere Zeit mit der auf Einzelrelationen eines Verkehrsträgers bezogenen Wirtschaftlichkeit beschäftigen musste kann ich Dir sagen, dass der aller größte Teil der Straßen außerhalb von Ballungsgebieten so unfassbar weit weg jeglicher Wirtschaftlichkeit liegt, dass man sie allein unter diesem Aspekt betrachtet gar nicht erst hätte bauen, geschweige denn unterhalten dürfen.
Aber die Nutzer zahlen Geld in Form der KfZ-Steuer und in Form von Energiesteuer auf die Kraftstoffe. Da kommen jedes Jahr sehr große Beträge zusammen und diese dürften höher sein als der Unterhalt des Straßennetzes. Mehrwertsteuer auf Autokauf, Reparaturen & Co. kommt auch noch drauf. Insofern wird der Bau und der Unterhalt des Straßennetzes letztlich doch von den Nutzern bezahlt.
Ich denke Dir ist bewusst, dass Steuern grundsätzlich nicht zweckgebunden sind. Insofern ist das ein gern genutztes, gleichwohl fehlerhaftes Argument. Aber dennoch einfach mal ein Blick darauf. Die öffentliche Hand gibt jährlich ca. 70 Mrd. € für die Straße aus. Diese Kosten beinhalten Bau, Wartung und Instandhaltung sowie Unfallkosten, die nicht durch Verursacher übernommen werden. Die Einnahmen der KFZ-Steuer betragen ca. 9,5 Mrd €, durch die LKW-Maut wurden ca. 6,5 Mrd. € eingenommen (eigentlich 7,5 Mrd., aber die Erhebung kostet über 1 Mrd.). Die Einnahmen aus der Energiesteuer betragen ca. 33 Mrd. €. Ich denke, bei der von Dir zusätzlich noch aufgezählten Mehrwertsteuer dürfte klar sein, dass das nicht funktioniert - oder denkst Du ernsthaft, die Mehrwertsteuer auf Lakritzbonbons wird dazu verwendet, die Herstellung von Lakritzbonbons irgendwie zu fördern? Ich hatte ja gehofft, das Extrembeispiel Schule macht es deutlich - der Staat hat eine Menge Aufgaben, für die es keine irgendwie gearteten auch nur annähernd zuordenbaren Einnahmen gibt, sondern deren Finanzierung über allgemeine Steuereinnahmen erfolgt.
Nimmt man also so ganz vereinfacht die genannten Einnahmen zusammen ergeben sich unter Missachtung der fehlenden Zweckbindung (Ausnahme LKW-Maut) 48 Mrd. €, die 70 Mrd. € gegenüberstehen. Wenn man nun aber bedenkt, dass die Energiesteuer in ganz erheblichem Maß zur Finanzierung unseres Rentensystems dient und bestenfalls 50 % davon zur Finanzierung anderer Zwecke zur Verfügung stehen, bleiben noch ca. 31,5 Mrd. übrig, die 70 Mrd. Ausgaben gegenüberstehen. Oder anders gesagt: die Straße finanziert sich mitnichten selbst. Bricht man das nun auch noch auf die einzelne Straße runter, so wie es in der Argumentation zum ÖPNV gemacht wurde ("lohnt sich im ländlichen Raum mangels Fahrgästen nicht"), würden sich die dortigen Straßen auch nicht rechnen.
Das Kartoffelargument ist im übrigen auch nicht sonderlich überzeugend. Für den Landwirt ist es zwar bequem aber keinesfalls zwingend, mit seinem Traktor nebst Anhänger über eine Asphaltstraße zum Hof, Silo oder Lager zu fahren. Für den Weitertransport ist der LKW heute deshalb Standard, weil es die ganzen Straßen gibt, die eigentlich unwirtschaftlich sind. Es ist gar nicht mal so lange her, da erfolgte der Weitertransport über die heute stillgelegten Bahngleise und/oder das Schiff, weil das einfach wirtschaftlicher war.
Aber ganz unabhängig davon bin ich auch keineswegs für ein 9 € Ticket. Wobei die 9 € selbst schon geradezu grotesk sind, weil sie vermutlich gerade so die administrativen und organisatorischen Kosten decken, die bei einem kostenlosen - also nicht erforderlichen - Ticket gar nicht erst angefallen wären. Aber gut, ich persönlich denke, dass ein üblicher Monatstarif für ein ÖPNV-Ticket von ca. 80 - 100 € unter Verwendung einer sozialbezogenen Staffelung sinnvoll wäre. Ein System muss einfach sein: Monatskarte kaufen, einsteigen, aussteigen, fertig. Egal wo und wann. Daher sollte m.E. nicht Ziel sein, es möglichst billig anzubieten, sondern gebrauchstauglich. Eine Karte für alles, was ÖPNV ist, egal wo. Und auch alle anderen Tickets müssen gleichermaßen gelten und preislich dazu passen. Die Entlastung auf der Anbieterseite auf administrativer und organisatorischer Ebene wäre riesig. Man muss sich nur mal den HVV-Tarifplan von Hamburg ansehen, um zu verstehen, wie krank das System an der Stelle ist.