Glätten von Kayak-Rümpfen aus PE
Hi,
am liebsten hat man einen Rumpf glatt wie eine Spiegelfläche. Die Realität und Praxis sieht anders aus. Anbei ein paar Erfahrungen und Vorschläge.
Das Kayak ist neu und hat trotzdem an einigen Stellen eine rauhe Oberfläche. Es gibt ein zwei Videos bei Youtube, auf denen man sieht, wie nach dem Entnehmen des Rumpfes aus der Form der Rumpf mit einem breiten Turbo-Brenner abgeflämmt wird. Kleine "Fäden", dünne Grate und nadelartige Erhebungen auf der Oberfläche werden aufgeschmolzen. Die Erhebungen verflachen, werden eingeebenet.
Kann man machen. Wenn der Brenner aber zu heiss ist oder man sich zu langsam über die Oberfläche bewegt, ist die Gefahr recht groß das Material / die Oberfläche zu verbrennen. Ist also eher etwas für geübte Leute, zumindest bei großflächiger Anwendung.
Bei kleinen "Reparaturen" auf kleiner Fläche kann man zu einem Brenner greifen. Allerdings haben offene Butan- bzw. Propanbrenner eine zu hohe Temperatur (ca. 1800 °C). Besser ist es, man greift zu einem sogenannten flammenlosen Brenner / Heissluftgasbrenner. Sie arbeiten auch mit Gas, allerdings wird die Temperatur durch die Reaktion des Gases mit einem Katalysator in der Düse erzeugt. Die erzeugte Temperatur liegt bei ca. 400°C an der Austrittsöffnung der Düse. Bei dieser Temperatur ist die Gefahr den Kunststoff zu verbrennen, sehr viel geringer. Es gibt Gaslötkolben (z.B. von Weller, Portasol, .....) die man mit solch einer Heissluftdüse betreiben kann. Es gibt aber auch flammenlose Brenner wie z.B. den Drapper Anwärmbrenner. Solche Brenner sind übrigens ideal bei der Verarbeitung von Schrumpfschläuchen.
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Ich persönlich halte von Gas & Kayak nicht viel. Elektrisch geht es besser und gefahrloser. Wenn ein Rumpf zerkratzt ist, sind eigentlich zwei Dinge gleichzeitig passiert. Ein Stein hat eine Kerbe / Vertiefung in die Oberfläche gedrückt. Gleichzeitig ist entlang dieser Kerbe links und rechts ein Grat entstanden. Diese Grate kann man deutlich fühlen. Sie lassen sich relativ einfach "wegbügeln". Zuerst die schlechte Nachricht, dafür sollte man sich extra ein Bügeleisen, am besten mit Edelstahlsohle, kaufen. Warum? In vielen Kratzern am Rumpf stecken noch kleine Steinchen. Egal wie gut man schaut, man übersieht immer den einen oder anderen. Diese Steine zerkratzen jede hochwertige Sohle (Keramik, Teflon,....) eines Bügeleisen. Man nimmt also ein altes ausrangiertes Bügeleisen oder schafft sich ein "Reparaturbügeleisen" an. Später zeige ich noch ein paar Alternativen. Bügeleisen erreichen in der höchsten Temperatureinstellung ca. 200 - 220 °C. Man bügelt nicht direkt mit der Bügeleisensohle, sondern braucht noch ein "Trennmittel". Die einfachste Methode ist die Verwendung von Backpapier. Hochwertige Backpapiere (Melitta) haben in meinen Augen eine etwas glattere Oberfläche als billige Papiere (Aldi & Co.). Man sucht sich also eine Kerbe. Oft sind die Grate der Kerbe milchig weisslich verfärbt. Nun stellt man das Bügeleisen auf die höchste Stufe und wartet bis es die Arbeitstemperatur erreicht hat. Man legt das Backpapier über die Kerbe und streicht mit der Spitze des Bügeleisen ein paar Male hin und her über die Kerbe und übt gleichzeitig leichten Druck aus. Man kontrolliert zwischendurch, ob die milchige Eintrübung des Grats verschwunden ist, denn dann ist man hier fertig. Wenn das passiert ist, hat sich das Material erweicht, es ist nicht geschmolzen, hat sich nicht verflüssigt, und man hat den Grat durch den Druck eingeebenet. Man sollte nur mit der Spitze des Bügeleisen arbeiten. Arbeitet man mit der ganzen Fläche, trägt man zu viel Hitze auf zu viel Fläche in den Rumpf ein. Der Rumpf bekommt eine Beule. Normalerweise bildet sich diese Beule bei Erkaltung wieder zurück, solange man nicht an der Beule rumdrückt und sie in Ruhe erkalten lässt. Arbeitet man zu lange auf einer Stelle, dann verdunkelt sich das Backpapier, das Material schmilzt auf, das Backpapier haftet auf der Oberfläche. Man kann das Backpapier zwar abziehen, der Rumpf ist an dieser Stelle jedoch stumpf durch die Struktur des Papiers. Die Stelle hat dann zu viel Temperatur bekommen. Das ist nicht Sinn der Sache. Ein Bügeleisen ist nicht das richtige Werkzeug zum Schweissen von tiefen Kerben oder Rissen. Eigentlich hat man(n) das recht schnell raus, wie es richtig klappt. Wie gesagt, das PE-Material soll nicht schmelzen und sich verflüssigen. Was ich noch nicht probiert habe ist eine dicke Aluminiumfolie. Sie überträgt die Hitze besser und ist glatter als Backpapier. Das birgt aber auch eine größere Gefahr für das Aufschmelzen der Oberfläche. Im Gastrobereich gibt es dicke stabile Aluminiumfolien. Vielleicht funktioniert auch eine Teflonfolie. Müßte man mal ausprobieren.
Es gibt Alternativen zum Haushaltsbügeleisen. Die beste Alternative ist ein sogenanntes Folienbügeleisen. Sie finden oft im Modellbau Anwendung. Sie erreichen Temperaturen bis maximal um die 250 °C. Ihr Vorteil ist, sie haben nur eine kleine Fläche. Die findet man auch günstig bei Aliexpress.com. Je kürzer der Handgriff/Stil ist, desto einfacher die Handhabung. Man sollte auf eine möglichst hohe Heizleistung achten. Eine Teflonbeschichtung ist schnell zerkratzt.
https://www.google.com/search?q=Fol...8P3tWhsAY&bih=908&biw=1680&client=firefox-b-d
Es gibt Wachsbügeleisen für Skier. Sie erreichen Temperaturen bis um die 200 °C. Sie besitzen jedoch keine Spitze und erlauben eigentlich nur großflächiges Arbeiten. Sind also nicht so gut geeignet. Gleiches gilt für spezielle Bügeleisen aus dem Tischlerhandwerk für Kantenumleimer & Co.
Will man PE vernünftig schweissen, kommt man um Heissluft eigentlich nicht herum. Ungeregelte Lötkolben sind zu heiss und verbrennen das Material. Geregelte Lötstationen erlauben zwar eine Temperaturanpassung, jedoch ist der Wärmeeintrag in die Reparaturstelle recht mangelhaft. Das Material soll sich ja nicht auf der gesamten Materialdicke verflüssigen, sondern nur oberflächlich aufschmelzen. Das kann Heissluft am besten. Es gibt verschiedene "Heissluftquellen".
Die Heissluftpistole mit variabler Temperatur- und Luftstromeinstellung. Findet sich in vielen Hobbykellern. Zum Erwärmen von Dingen oder Abbrennen von Farbe gut geeignet. Für die Bootsreparatur finde ich sie nicht geeignet. Oft sind die kleinsten Düsen noch zu groß. Profigeräte erlauben auch Düsengrößen bis runter zu 5 mm. Immer noch recht groß. Es wird viel Fläche erwärmt, ein punktuelles Arbeiten ist kaum möglich.
Die nächste günstige Möglichkeit ist eine SMD-Heissluftlötstation (z.B. von Aoyue). Mit ihr kann man punktuell das Material aufschmelzen. Übrigens lassen sich mit solch einer Station Weichplastikköder hervorragend reparieren. Heissluft in den Riss/Spalt einblasen, Gummi zusammendrücken. Wenn das Weich-PVC raucht, ist die Temperatur zu hoch. Seitdem ich meine Softbaits repriere ist der Verbrauch drastisch gesunken. Bei hochwertigen teuren Weichpastikködern ist eine Reparatur eigentlich Pflicht.
https://www.google.com/search?q=SMD...UPraKzqAg&bih=908&biw=1680&client=firefox-b-d
Es gibt von Steinel eine Mini-Heissluftpistole die Steinel Heißluftpistole HL Stick, 350 W, 400°-500°C. Die kleinste Düse als Zubehör hat 4 mm. Ob die sich für Kayak-Reparaturen eignet, kann ich nicht sagen. Die hatte ich noch nie in der Hand.
Beim Stöbern nach Heissluftquellen bin auch auf soetwas gestossen. Ich habe keine Ahnung ob dieses Teil etwas taugt.
https://www.kaufland.de/product/377...aid&utm_campaign=pricecomparison&sid=37266251
Jetz kommt man dann leider in den Profibereich und zu den Heissluftschweissgeräten / Folienschweissgeräten z.B. für Teichfolien, LKW-Planen,...... von Leister, Zinser & Co. Die nächste Stufe sind dann kombinierte Geräte aus Extruder und Heissluftgebläse. Im Extruder wird PE verflüssigt, gleichzeitig sorgt Heisluft für ein Aufschmelzen der Oberfläche rund um die Austrittsdüse.