So. jetzt muss ich auch mal.
Ich versuche, zu straffen, es wird aber schwer gelingen
.
Als bekennender Freund von allen Hunden im allgemeinen und tiefer Zuneigung zu unserem Hund geht mir hier einiges in Richtung "der Hund kann nix dafür, die Erziehung ist Schuld" zu weit.
Wer im allgemeinen Angst vor Hunden und vor bestimmten Situationen mit Hunden im speziellen hat, dem ist es scheißegal, ob der vor ihm den Maxen markierende Hund egal welcher Größe nun ein unschuldiges Produkt seiner sozialen Umstände ist oder Herrchen ein Vollidiot oder der Hund zuwenig Bewegung hat. Derjenige hat Angst, fühlt sich (u.U. massiv) bedroht und befindet sich in einer Situation der Hilflosigkeit.
Es ist die verdammte Pflicht jedes Hundehalters dafür zu sorgen, dass Mitmenschen nicht in die Situation geraten, Angst um ihre körperliche Unversehrtheit (oder die ihrer Kinder) zu haben.
Ich kann die Angst vor Hunden im allgemeinen und bestimmten Situationen im Speziellen nur zu gut und uneingeschränkt verstehen. Aufgewachsen in einer Großstadt, die mehr Hunde als Kinder hatte (!), habe ich fast ausschließlich negative Erfahrungen mit Hunden (und deren Haltern) machen müssen. Mein Bruder hat das Kunststück geschafft, innerhalb einer Woche 3 (!) mal von verschiedenen Hunden gebissen zu werden, 2 von denen hat er vor der Attacke nicht mal gesehen, sie kamen von hinten (und nein, er ist nicht gejoggt, sondern saß auf einer Wiese und hat gelesen) . Ich hatte vor jedem Hund im allgemeinen und vielen Situationen im speziellen richtig und tiefgehend Schiss. Im Nachhinein glaube ich nicht an eine Hundephobie meinerseits, sondern an die realistische Einschätzung, dass ein Hund unter üblichen Haltungsbedingungen in einer Großstadt irgendwann durchknallt sehr groß ist - sie tun es meißt nur deshalb nicht, weil es im Prinzip extrem friedliche und freundliche Wesen sind. Die große Angst vor Hunden verschwand erst, als wir -anlässlich eines nächtlichen Einbruchs bei uns während wir schliefen- uns selbst einen Hund angeschafft haben.
Seitdem verstehe ich, wie die Viecher ticken. Ich habe null und nie Probleme mehr mit Hunden aller Coleur, vorausgesetzt, ich befolge bestimmte Regeln.
1. Ein Hund ist ein Hund und kein Mensch. Er tickt nach anderen Regeln. Dazu gehört, dass er wissen will, wer der Chef ist.
Er will nicht unbedingt Chef sein. Aber es macht ihn unsicher, wenn die Frage nach dem Chef nicht geklärt ist.
Also benehme ich mich bei jedem Kontakt wie der Chef.
Was macht einen souveränen Chef aus ? Er ist u.U. in der Lage, Mitarbeiter und Nachgeordnete spannungsfrei zu ignorieren. (man könnte auch sagen: er kommt ins Großraumbüro und lässt seine Mitarbeiter in Ruhe...)
Brüllende, hektische oder überforderte Chefs sind weder souverän noch akzeptiert. So ähnlich läuft es mit Hunden.
Hunde - egal in welcher Stimmung - werden erstmal entspannt ignoriert. Dazu gehört auch das Nichtaufnehmen von Blickkontakt, welches als Aufforderung zur Kommunikation verstanden werden kann (lass uns mal gucken, wer der Chef ist...)
2. "Missverständnisse"
Wenn ein Rottweiler im Galopp auf mich zugerannt kommt heißt das erstmal gar nix nix anderes als
a) der Besitzer nicht korrekt handelt
b) der Hund mich aufsuchen will
Also lasse ich ihn galoppieren, bis er da ist. Dann kann er sein Anliegen von mir aus vortragen. Kann sein, dass er sich einfach nur freut, mich zu sehen. Aus der Ferne auf mich Zurennen und mich dann fressen oder beißen - das passiert in der Realität nicht.
Hunde, die auf fremdem Terrain angerannt kommen und zubeißen sind extremst selten und einfach durchgeknallt - es liegt nicht im Wesen eines Hundes, das zu tun. Ist wie beim Menschen - durchgeknallte gibt es überall, die Gefahr, dass mir am hellichten Tage im Wald eine unbekannte Person entgegen kommt und mir ohne Grund in die Fresse haut ist extrem gering.
3. "Schutzhunde"
Die sind gefährlich, weil man ihnen Dinge beigebracht hat, die Hunde sich von sich aus niemals tun würden.
a) professionell ausgebildete Schutzhunde
sind in der Regel so hart an einen kompetenten Besitzer angebunden, dass man ihnen nicht unkontrolliert begegnet
b) Schutzhundausbildung "als Hobby"
Gefährlich. Wer tickt schon so, dass er seinem Hund normalerweise ritualisiert handelndem, von Natur aus friedfertigem Hund (also Rangkämpfe ohne schwere Verletzungen etc) beibringt, verletzend zu beißen etc. (meine ganz persönliche Meinung)
Zumindest werden diese Hunde versuchen, "zu stellen". Heißt konkret: Stehenbleiben, Arme (und Angelrute, die erinnert an das Stocktraining auf dem Hundeplatz) unten lassen, kein Blickkontakt. Auf den Besitzer warten. Diesen dann anzeigen.
Wie gesagt - ich verstehe die Angst vor Hunden nur zu Gut. Wenn es gelingt, entspannt und souverän zu bleiben, passiert bei einem normal tickendem Hund Null.
Na gut: Dem beim Matchangeln aus dem Nichts bei mir (ohne Halsband) auftauchenden "Kampfhund" habe ich nach kurzer "Diskussion" (er war aber auch wirklich hungrig...) meine 3 kg Nassfutter überlassen. Nachdem er diese bis auf den letzten Krümel aufgegessen hatte zog er dann nach kurzem Aufstoßen (die Maden ?) und dankbarem Blick weiter. Hier musste ich als "Chef" mal großzügig sein
.
Apropos: Meine persönlichen Kampfhunde heißen Terrier (im "Jagd/Kampfmodus" auch durch einen nicht mehr dosierten Tritt nur schwer zu vertreiben) und Großstadthunde aller Art - das ist für die Hunde oft wie ein Knast, und da haben sie allen Grund, komisch zu werden.
Ich breche mal ab.... Fazit
1. Ich bin der Chef. Du bist als Hund so unwichtig, dass ich einfach mit dem weitermache, was ich gerade mache. Du interessierst mich Null. Du langweilst mich erstmal. Wenn Du bleiben willst bleib, aber ich habe zu tun.
2. Ich schaue dich nicht mal an.
3. Gilt nicht für "Schutzhunde". Handlung reduzieren, Arme unten lassen, kein Blickkontakt.Stehen bleiben.
4. Falls "Kampf" bei körperlichem Angriff durch den Hund (extremst unwahrscheinlich, nur für die Amokläufer unter den Hunden (1:1.000.0000) ): Schlechte Karten mit Hunden ab 30 kg. Ins Wasser gehen. NICHT den Arm hinhalten. Gnadenlos unter Wasser drücken.
Pfefferspray: Kann oft (nicht bei allen Rassen) helfen. Aber bitte nicht, wenn ein Hund- egal welcher Größe- angerannt kommt, um mal freundlich "Guten Tag, geil dich hier zu treffen" (die Regel bei korrekt sozialisierten Hunden !) zu sagen und -wie sehr oft- missverstanden wird.
Hilft nicht bei "Schutzhunden", deren Besitzer aus für mich nicht nachvollziehbaren Gründen ihren ansonst friedlichen Tieren beigebracht haben, sich anderen Menschen gegenüber Scheiße zu verhalten.
5. Revier respektieren ! (Eingezäuntes Grundstück etc). Hier gelten andere Regeln. Hier soll der Hund Chef sein. Das wird von ihm erwartet. Er macht hier seinen Job. Hunde versuchen immer, ihren Job gut zu machen. Und was ihr Job ist, hat ihnen ihr Besiter -mehr oder weniger bewußt- beigebracht. Bin froh, dass ich kein Postbote bin.
6. Bei fast allen Hunden ist agressives Verhalten zwar "wirklich ernst gemeint" - aber im wesentlichen "Show" (Ritual) ohne jede Verletzungsabsicht.
Ja, ist kurz gefasst und stark vereinfacht.
Gruß
BM
Nachtrag
Beispiel 1
Es klingelt. Die Post. Unser Hund geht steil (soll er ja, er soll ja weitere Einbrücke verhindern). Der Postbote geht 3 m an der Haustür respektvoll zurück. Der Hund verlässt das Haus selbstverständlich nicht, macht aber klar: nicht reinkommen.Sonst Ärger. Hier ich Chef. Sieh zu , dass Du wegkommst.
Beispiel 2
Es klingelt. Die Post. Unser Hund geht steil (soll er ja, er soll ja weitere Einbrücke verhindern). Die PostBOTIN bleibt stehen, sagt relaxt (zu uns gewandt) : "Was ist das denn für einer ?. Das ist ja ein ganz toller ! Schade, habe nix zu fressen mit.Tolles Fell hat der ! Hier ist ihre Post. "
Der Hund geht zu ihr. Sie streichelt ihn. Die beiden sind dicke Kumpel (wenn er erkannt hat, dass sie klingelt und nicht der andere
)