@Stevel Knievel Sehr guter und vor allem berechtigter Thread.
Auch kommt mir dieser interessante Spin-Off Thread in den Sinn:
https://www.barsch-alarm.de/community/threads/großbritanien-vs-deutschland.55263/#post-828704
Gibts hierzulande nen Raubfisch-Hype? Gibt es tatsächlich so etwas wie Corona-Angler? Letzteres weiß ich nicht, ersteres würde ich klar mit ja beantworten.
Eigentlich dachte ich manche Gewässer in Süddeutschland seien gut frequentiert. Doch was ich in Hamburg oder gar an der Ostsee sah, übertrifft das bei weitem.
Wenn ich als Kind mit Turus Ukko oder Rapala auf nen Angler zukam, um mit dem Jugendschein mitangeln zu dürfen, wurde ich stets angeschaut, als käm ich vom Mond. Die Prise überheblicher Spott nicht zu vergessen. Denn dort galt: Umso dreckiger und wurmversiffter die Finger, desto professioneller das Handwerk und hochangesehener der Checker. Tiroler Hölz & Nymphe oder treibende Made war noch hoch im Kurs, dieser englische Schnickschnack aka Boilie war teils akzeptierte Grenzwelt. Wohlgemerkt Süddeutschland.
Und heute? Gehste halt plumpsen. Welt um 180° gedreht.
Woran liegst?
Ich vermute Deutschland schließt in recht kurzer Zeit eine Lücke, welche über längere Zeit gegenüber dem Ausland "verpennt" wurde. Nicht nur technisch, sondern auch soziologisch. Sozusagen vom knausrigen "lohnt sich das vs. Supermarkt?" zur Kunst, einen Fisch zu überlisten.
Ich denke das Problem ist halt nur, dass es im Kunstköderbereich passiert, und nicht im Bereich Match/Feeder mit den Engländern als Vorbild. Warum? Weil Raubfische entsprechend der Nahrungskette natürlich erheblich seltener sind, als Friedfische. Was in den großen USA noch gut geht, wird im engen Europa (oder auch Japan) zum Problem.
Als hier einige Total-Anfänger die Frage stellten, wie sie denn am besten sofort auf Zander starten können, war ich ehrlich gesagt öfter kurz davor zu schreiben: "Du ganz ehrlich, im Prinzip ist voll. Auch am großen Fluss. Aber Friedfisch ist viel da und auch viel weniger frustrierend als Anfänger." Aber sowas darfste im Raubfischforum ja nicht bringen...
Wie wird die Zukunft?
Ich persönlich vermute, dass der enorme Kukö-Angeldruck nicht einfach so an der Bestandsentwicklung vorbeigehen wird. Nicht unbedingt was die Raubfisch-Biomasse angeht oder "die lernen das", als vielmehr eine Anpassung weg vom aggressiven Stamm des sonst typischen Raubfischs. In der Wissenschaft spricht man von
(Angel)fischereilicher Selektion. Wer nicht draufballert, überlebt. Sozusagen eine ungewollte Zucht hin zu Fischen, die partout nicht mehr auf wackelnde Plaste reagieren wollen.
So etwas ist für die Kunstköderangelei natürlich absolut toxisch.
Ich erwarte also dass es zukünftig erheblich schlechter werden wird, obwohl im Prinzip noch Fisch herum schwimmt. Köfi-Ansitzer werden sich eventuell nicht beklagen. Ich kann mir gut vorstellen, wo man heute noch autochthonen Besatz priorisiert, wird man zukünftig natürlich aggressiven Besatz "importieren" (oder gar züchten), um den Ball am Laufen zu halten.