Wie meine Depressionen und Ängste das (eigentlich) schönste Hobby der Welt beeinflussen.

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BarschPadawan

Dr. Jerkl & Mr. Bait
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Neben Depressionen sind auch generalisierte Angststörungen (keine Phobien) auch ein sehr verbreitetes Problem. Zumindest nehm ich das so in meinem Umfeld wahr. Die Betroffenen leiden da zeitweise enorm drunter und sind irrationalen Ängsten total ausgeliefert. Is richtig fies was sich der Kopf da alles zusammenspinnen kann… aber auch da ist es wichtig sich seinem Umfeld zu öffnen und sich Hilfe zu holen. Das ist schon die halbe Miete.
Wer sich für solche Erkrankungen schämt hat in der heutigen Zeit überhaupt kein Grund dazu.
Psychische Ursachen als Krankheitsgrund im Berufsleben sind unter den Top 3… da kann man sich mal überlegen wieviel Leute von sowas betroffen sind. Und trotzdem hat man das Gefühl jedem geht es besser wie einem selber..
 

stockinger

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Es ist wirklich nahezu unmöglich für aussenstehende, da richtig/gut/passend zu reagieren. Ich hab mir auch schon mehr als einmal anhören müssen, wie faul, bequem, trage etc ich sei. Vom Übergewicht ganz abgesehen. Dabei ist an manchen Tagen Zähneputzen und/oder gar Duschen eine fast nicht zu bewältigende Aufgabe.
 

mofauswhv

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Neben Depressionen sind auch generalisierte Angststörungen (keine Phobien) auch ein sehr verbreitetes Problem. Zumindest nehm ich das so in meinem Umfeld wahr. Die Betroffenen leiden da zeitweise enorm drunter und sind irrationalen Ängsten total ausgeliefert. Is richtig fies was sich der Kopf da alles zusammenspinnen kann… aber auch da ist es wichtig sich seinem Umfeld zu öffnen und sich Hilfe zu holen. Das ist schon die halbe Miete.
Wer sich für solche Erkrankungen schämt hat in der heutigen Zeit überhaupt kein Grund dazu.
Psychische Ursachen als Krankheitsgrund im Berufsleben sind unter den Top 3… da kann man sich mal überlegen wieviel Leute von sowas betroffen sind. Und trotzdem hat man das Gefühl jedem geht es besser wie einem selber..
Zum Glück öffnen sich zunehmend Teile der Gesellschaft inkl. Arbeitgebern, Schulen etc. solchen Themen wie der seelischen Verfassung. Ich habe selbst seit meinem 17. Lebensjahr mit einer Angststörung und Begleitdepression zu tun, früher auch mit üblen Panikattacken. Das ist mittlerweile eine gut 26 Jahre andauernde Reise. In den 90ern waren solche Themen noch ziemlich tabuisiert und (m)einem Arbeitgeber hätte ich mich damit nie und nimmer anvertrauen können, weil seelische Erkrankungen damals schnell mit "verrückt", "irre" und "plemplem" in Verbindung gebracht wurden, insbesondere unter Männern. Was für mich deshalb mindestens genauso ermüdend war wie die Krankheit selber, war das krampfhafte Aufrechterhalten einer Fassade, hinter der ich meine Probleme versteckt habe.
Es hat bei mir seeeeehr lange gedauert, bis ich akzeptieren konnte, dass ich anders und in gewisser Weise gehandicaped bin, aber es anzunehmen, es zu akzeptieren und der Entschluss das Beste daraus zu machen, war für mich der Schlüssel zu einem entspannteren Leben: nicht ohne die Ängste, sondern trotz der Ängste!
An dieses Lebensmotto hat mich die wöchentliche Arbeit mit einer für mich sehr guten Psychotherapeutin (Tiefenpsychologin) herangeführt. Konfrontationstherapie hat bei mir gar nicht funktioniert, weil es sich rein auf die Symptome konzentriert, aber nicht an die Wurzel geht.
Und: Seit ich mit dem Thema offener umgehe, öffnet man sich auch mir, d.h. ich treffe tatsächlich so oft auf Menschen, die ebenfalls seelische Probleme haben, von denen ich es NIE gedacht hätte. Man glaubt gar nicht, wie viele Leute ihre seelischen Leiden noch immer hinter einer Maske aus gespielter Souveränität verbergen.

Zum Schluss schlage ich noch den noch Haken zu unseren geliebten Fischen:
In Großbritannien werden mitunter Aquarien bei Depressionen ärztlich verordnet :oops:
Dort hat man die beruhigende Wirkung der Unterwasserlandschaften samt Bewohnern erkannt und über Studien untermauert.

Allen Betroffenen alles erdenklich Gute :kissingheart:
 
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Angelschüler

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Guten Morgen Zusammen!

Vielen Dank an alle für diesen unfassbar wertvollen Thread!

Und nochmals großen Respekt an all' diejenigen, die sich hier offen äußern! Das finde ich unfassbar mutig und wertvoll! Ich wünsche allen, dass sie den Weg aus dem Dunkel heraus finden!

Wenn man bedenkt, dass die BRD - so habe ich es mal gelesen - mehr Krankenbetten für die Behandlung psychosomatischer Erkrankungen zur Verfügung stellt als alle anderen Länder auf der Welt zusammen, dann hat dies in meinen Augen schon eine gewisse Aussagekraft. Insbesondere in Verbindung mit der Aussage, dass in manchen Ländern (z.B. Spanien/Italien) Krankheitsbilder wie Depressionen und Angststörungen kaum eine Rolle spielen.

Aufgrunddessen stelle ich mal die These auf, dass es in unserer Gesellschaft vermutlich nur ganz wenige Menschen gibt, die noch nie von einer psychischen/psychosomatischen Erkrankung betroffen waren/bzw. ein Mensch in deren (erweitertem) Umfeld.

Dennoch - und dies durfte ich leider auch schon feststellen - wird man von machen Menschen stigmatisiert (siehe einige der User-Erfahrungen), wenn man eine derartige Erkrankung öffentlich macht. Dabei treffen viele der Vorurteile über psychisch erkrankte überhaupt nicht zu.

Besonders gut hat das -für mich - mal Herr M. Lütz in einem seiner Bücher zum Ausdruck gebracht. Sinngemäß: Im Vergleich zu vielen Despoten, die Länder regieren, und vielen (scheinbar) gesunden Menschen, die im Alltag ohne Rücksicht auf Verluste das eigene Ego in den Vordergrund stellen, sind psychisch Erkrankte oftmals ein Inbegriff der Rationalität und Empathiefähigkeit ...

In diesem Sinne: Allen ALLES GUTE! Ihr seid nicht allein!!!
 

ThomasGl

Zander-King 2021
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Hallo,
ich habe beruflich recht viel Kontakt mit psychisch belasteten Menschen und habe vor Kurzem einen MHFA-Ersthelfer Kurs belegt. Für Menschen mit einem Studium, z.B. Soziale Arbeit o.Ä., gibt es da nicht so viel neues. Aber, das vermittelte Wissen in dem Kurs ist sehr gut zusammengestellt und verständlich für Menschen ohne Vorkenntnisse aufbereitet.
M.M.n. sollte dieser Kurs, wie ein Erste-Hilfe-Kurs, schon in der Schule durchgeführt werden. Das würde wohl einen großteil der Menschen sensibilisieren, so dass Menschen mit psychischen Beeinträchtgungen weniger stigmatisiert werden.
Die Kurse sind mit 250€ nicht gerade billig, aber als Arbeitnehmer-Schulung erschwinglich. Bei uns wurde der Kurs im Sozialraum angeboten und für Sozialraumanwohnende gab es diesen für 40€. Für den Preis zu hundert Prozent empfehlenswert.

Allen betroffenen Menschen wünsche ich viel Kraft um ein möglichst "gutes Leben" gestalten zu können.

Liebe Grüße
Thomas
 

Dennis Knoll

Bigfish-Magnet
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Hallo Fabian,

ich möchte dir dafür danken, dass du dieses für viele schwierige Thema ansprichst und dich uns allen öffnest, trotz den daraus potentiell entstehenden Ängsten.
Es ist oft nicht leicht sich zu öffnen und braucht sehr sehr viel Mut und Kraft. Und du hast diesen Mut auf dich genommen. Da ziehe ich meinen Hut vor und bin sehr stolz auf dich. (Ich finde das darf man auch Mal sagen)

Und es freut mich aber sehr zu sehen, wie offenherzig und respektvoll die Community damit umgeht. Das ist sehr schön :)

Als ich deinen Beitrag gesehen habe, gab es so vieles, was ich direkt sagen wollte. Zu fast jedem Satz gab es etwas, was mir auf dem Herzen liegt, wo ich dir zustimmen möchte oder ich parallelen zu mir selbst sehe. Doch würde ich das machen, hätte ich jetzt einen unlesbaren Beitrag mit vermutlich über 20 Zitaten geschrieben. Und das möchte ich euch allen ersparen.

---

Stattdessen werde auch ich mich in die Reihe der betroffenen Personen eingliedern, denn auch ich lebe seit mittlerweile fast 20 Jahren unter einer schweren Depression. Mir erging es vermutlich wie vielen, indem man einfach das Gefühl hatte, dass man verstimmt ist, schlechte Laune hat und einem die Kraft für vieles fehlte. Aber es wurde eben schlimmer und irgendwann war ich an dem Punkt, an dem ich kaum noch Gefühle verspürt habe. Außer eben Schwermut, Verzweiflung und Wut. Es gab Phasen in denen ich nicht einmal aus dem Bett aufstehen konnte und von Morgens bis Abends die Decke angestarrt habe. Einkaufen gehen, Menschenmengen oder gar das typische Zähne putzen waren unüberwindbare Hürden. Die Lebensqualiät war nicht mehr vorhanden. Und dennoch musste man irgendwie Funktionieren...

Bei mir war es tatsächlich das Angeln, welches mich vor knapp 10 Jahren wieder ins Leben zurück geholt hat. Schon als Kind hatte ich einen ausgeprägten Drang zum Wasser und allem, was in und am Wasser lebt. Es war eine unerklärliche Faszination und vor allem das Angeln hat mich unfassbar begeistert. Doch als Kind und junger Erwachsener habe ich weder Geld gehabt, noch konnte ich gut angeln, weshalb ich es jedes Mal wieder aufgegeben habe. Wenn man eine Saison lang nichts fängt, hört man irgendwann auf es weiter zu versuchen. Und ich bin eh mit vielen schnell überfordert(Grund weiter unten), weshalb ich es nie richtig angefangen habe.

Doch eben vor 10 Jahren habe ich wieder damit angefangen und mich einmal richtig dahinter geklemmt, war über 30 Tage am Stück als Schneider unterwegs, bis ich dann das erste Mal Erfolg hatte.
Ich kann mir nur schwer erklären, warum das so ist. Aber es war das erste, für das ich wieder richtig Feuer gefangen habe. Ich habe auf einmal wieder gelebt. Wenn auch nur für den Moment. Aber das hat gereicht, um das Feuer zu entfachen. Denn auf einmal hatte ich Ziele vor Augen. Ich hatte einen Antrieb, jeden Tag aufzustehen und ans Wasser zu gehen. Ich wollte mehr (er)leben, mehr lernen und natürlich auch mehr fangen. Auch das war mir nicht genug. Also fing ich an zu schreiben. Erst für mich im eigenen Blog und später sogar für Fachzeitschriften. Natürlich sind die sozialen Medien dazu gekommen, denn geteilte Freude ist größere Freude. Irgendwann habe ich sogar Filme gemacht, ganze Projekte gestartet, einen eigenen Köder entwickelt und ich habe es sogar ein paar Mal geschafft auf der Bühne zu stehen, was undenkbar gewesen ist. Durch diese gewonnene Kraft und dem teilweise zurückbekommenen Lebensgefühlen hat sich mein ganzes Leben (zum positiven) verändert, was Tabletten oder anderes nicht geschafft haben. Das ging sogar so weit, dass ich in meinem Beruf sehr weit aufgestiegen bin, wesentlich mehr verdiene (nicht mehr ausgenommen werde) und mir ständig hohe Jobangebote zugeworfen werden.

Aber eine Depression wäre nicht eine Depression, wenn sie nicht auch schleichend oder mit einem Knall zurückkommen kann.
Mir ging es über Jahre besser und besser. Irgendwann konnte ich sogar an anderen Dingen, wie dem Angeln spaß empfinden. Ins Kino gehen, was essen gehen oder anderes. War über zehn Jahre vollkommen uninteressant. Es fühlte sich einfach fad an. So als würde man essen, ohne Geschmack zu haben. Doch der Geschmack kam teilweise zurück.

Und dann vor 2,5 Jahren der große Kanll. Es lief eigentlich super. Ich arbeitete viel in meine Job, meinem Nebengewerbe, war jedes Wochenende fürs Angeln unterwegs (teilweise gebucht für Vorträge und ähnliches), habe meinen Bootsführerschein gemacht und mir meinem Lebenstraum mit einem richtig fetten Bassboat erfüllt. Und dann der Hammer - ein schwerer Herzinfarkt, der mich komplett aus dem Leben geworfen hat. Und das mit f4cking 36 Jahren. Von heute auf morgen war nichts mehr wie es war und ich musste von der Überholspur auf den Standstreifen.

Auf einmal waren Panikattacken und Angstzustände mein täglicher Begleiter. (Ängste konnte ich damals auch nicht Mal mehr verspüren)
Ich muss seit dem wieder mühselig für ein ganz normales Leben kämpfen. Mein Lebenstraum - das Boot - musste ich wieder abgeben. Richtig schlimm wurde es aber erst, als ich in Norwegegen gewesen bin, dort am dritten Tag schwer Corona bekommen habe und meine Depression sich auf einen extremen Punkt ausgebreitet hat. Durch diese Depression habe ich alle um mich herum verschreckt und zur Seite gestoßen. Leider aber auch viel negatives Verhalten erfahren, was mich am Ende gänzlich in ein tiefes Loch gestoßen hat.

Seit dem ist leider nichts mehr wie es war. Ich versuche mich aufzuraffen, gehe in Therapie, versuche regelmäßig Sport zu machen und so weiter. Doch irgendwie ist seit dem vieles (in mir) kaputt gegangen. Meine Freude ans Wasser zu gehen ist immer geringer geworden. Sich über was freuen... war wieder weg. Ich bin wieder unsicherer geworden. Aber vor allem bin ich Mundkarg geworden, rede nicht mehr so viel, halte mich in Foren viel weniger als sonst auf, habe kaum noch Lust was zu teilen und meine Ausstrahlung ist auch nicht mehr die, die es Mal war. Ich mag mich einfach nicht mehr leiden. Und anderen ergeht es dann natürlich nicht anders. Es ist wieder unfassbar schwer geworden zu Leben und Freude zu empfinden. Aber ich bleibe am Ball und will nicht aufgeben.

---

Ich glaube aber, dass ich im Gegensatz zu vielen anderen betroffenen Personen ein Vorteil habe. Ich kann über meine Krankheit reden, ohne das ich da irgendwelche Probleme mit habe. Da fehlt mir vermutlich jegliches Schamgefühl oder wie man das nennen soll. Mittlerweile habe ich aber auch eine Vermutung, woran es liegen könnte. Denn bei mir wurde vor wenigen Wochen eine ausgeprägte Form von ADHS diagnostiziert. Und bei der Diagnose wurde auch der mögliche Verdacht auf Autismus in den Raum geworfen. Das könnte vielleicht erklären, warum mir vieles gar nicht erst peinlich ist. Über meine Krankheit und Probleme zu sprechen, ist mir noch nie schwer gefallen und mich zu öffnen geht fast leichter als zu Atmen. Das stößt zwar oft Leuten vor den Kopf. Aber so bin ich eben und das ist auch okay.

In der Vergangenheit habe ich demnach auch sehr häufig über die Krankheit Depressionen gesprochen. Und das auch gerne in der Öffentlichkeit, weshalb ich mittlerweile weiß, dass es sehr viel mehr Menschen mit Depressionen gibt als wir erahnen. Auch mir haben sich sehr viele Personen anvertraut und sind sogar zu Freunden geworden. Personen die es im Vorfeld verschwiegen haben und bis zu dem Zeitpunkt noch nie mit jemanden darüber reden konnte. Was eigentlich sehr traurig ist, denn jeder sollte jemanden haben, dem er sich anvertrauen kann.

Umso schöner (mit einem weinenden Auge) zu sehen, wie offen hier in der Community damit umgegangen wird und wie viele sich hier ohne Probleme austauschen können. Das war vor wenigen Jahren nicht so. Da hätte man zwar Zuspruch erfahren, jedoch hätte sich keiner mit dir auf die Linie gestellt. Das stimmt mich positiv und gibt Hoffnung. Hoffnung für uns alle :)

Und entschuldigt, dass ich jetzt wieder einen ganzen Roman geschrieben habe obwohl ich mich kurz fassen wollte. Ich kann es leider nicht anders.
Aber ich finde es toll, dass du so offenherzig damit umgegangen bist und wenn du geren Mal reden möchte, ganz gleich ob per PN, WhatsApp, am Telefon oder am Wasser. Melde dich gerne.

Gruß Dennis
 

DesireEarth98

Dr. Jerkl & Mr. Bait
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Ich möchte euch noch eine Kleinigkeit mitgeben:

Dieses Interview emfand ich als extrem wertvoll! Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass grade Außenstehende (die Betroffene in ihrem Umkreis haben oder denen es schwerer fällt Depressionen zu "verstehen" und/oder sich einfach dafür interessieren) davon EINIGES mitnehmen können.


Durch die Länge des Videos nicht abschrecken lassen, die Timestamps findet ihr in der Beschreibung.. so könnt ihr auch ganz gezielt nach Antworten auf eure offnen Fragen suchen und vor allem finden.


Auch wenn ich dies nicht komplett zulassen und im Moment fühlen kann, ich bin extrem dankbar, stolz und gerührt über all die Beteiligung jeglicher Art! DANKE.

Liebe Grüße und passt gut auf euch auf
Fabian
 

Klausi

Barsch Vader
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Nun... dann melde ich mich mal ebenfalls. 1972 haben meine Eltern mit Freunden beschlossen, aufgrund des steigenden Lebensalters das Campen/Zelten zugunsten eines Bungalowas aufzugeben. Sie fanden etwas geeignetes auf einer Anhöhe mit ca. 500 m Weg zum Wasser.... Alles alleine gemacht: Fundamente, Gartenlaube aufstellen, Wasserleitungen und Abwasserschächte und Rohre verlegen..... Nach der Wende habe ich versprochen, ihm dort einen Alters-Ruhesitz zu bauen - 1 x rund rum 80-cm tiefes Fundament, 24´er Mauerwerk (habe mit ü 40 nochmal Mauern gelernt) und nun steht da eine hübsche Hütte mit selbstgebauter Spindeltreppe und Balkonterrasse auf bezahlbarem Pachtland. Leider war der Krebs schneller, als sich Vater darüner freuen konnte. Wir haben dann übernommen... - Vor 4 Jahren kam das Amt dann auf die Idee, uns für´s nächste Jahr die Pacht verfünffachen und für´s Folgejahr verneunfachen zu wollen. (Das "Spassbad" am Zernseee ist wohl teurer geworden, als es sollte und offensichtlich wurden alle Ressoucen gesucht, dieses zu kompensieren)... Das hätte niemand von uns finanziell überstanden. Daraus hat sich bei mir eine sog. reaktive Depression entwickelt mit allen Symptomen. Ich stand mehrfach auf dem Dach um mir die entsprechenden Äste auszusuchen, die Angelei und alles andere machte keinerlei Spass mehr. Ich habe mich in ein Online-Spiel zurückgezogen und bin quasi aus dieser Welt abgetaucht. ... An den Folgen leide ich allerdings auch noch, obwohl wir (ca 10 Pächter) mit Klage beim Anwalt und Begehung durch einen Gutachter ein recht befriedigendes Ergebnis für uns erkämpft haben. Letztendlich bin ich seit Mai dabei, das tägliche Sixpack Bier (und auch mehr) sowie das dadurch auch entstandene Übergewicht - auf zwei Fläschchen zu dezimieren und habe auch schon ü. 6 kg abgenommen. Die schlimmste Zeit hat etwas über zwei Jahre gedaueert. Und so richtig freuen kann ich mich auch immer noch nicht. Ich drücke allen Betroffenen die Daumen. Depression ist lt. WHO eine echte - keine direkt schmerzhafte - aber eine Krankheit des Gemütes - eine der am schlimmsten zu ertragenden Krankheiten mit einer recht hohen Suicidrate...
 

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katatafisch

Barsch Vader
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Nun... dann melde ich mich mal ebenfalls. 1972 haben meine Eltern mit Freunden beschlossen, aufgrund des steigenden Lebensalters das Campen/Zelten zugunsten eines Bungalowas aufzugeben. Sie fanden etwas geeignetes auf einer Anhöhe mit ca. 500 m Weg zum Wasser.... Alles alleine gemacht: Fundamente, Gartenlaube aufstellen, Wasserleitungen und Abwasserschächte und Rohre verlegen..... Nach der Wende habe ich versprochen, ihm dort einen Alters-Ruhesitz zu bauen - 1 x rund rum 80-cm tiefes Fundament, 24´er Mauerwerk (habe mit ü 40 nochmal Mauern gelernt) und nun steht da eine hübsche Hütte mit selbstgebauter Spindeltreppe und Balkonterrasse auf bezahlbarem Pachtland. Leider war der Krebs schneller, als sich Vater darüner freuen konnte. Wir haben dann übernommen... - Vor 4 Jahren kam das Amt dann auf die Idee, uns für´s nächste Jahr die Pacht verfünffachen und für´s Folgejahr verneunfachen zu wollen. Das hätte niemand von uns finanziell überstanden. Daraus hat sich bei mir eine sog. reaktive Depression entwickelt mit allen Symptomen. Ich stand mehrfach auf dem Dach um mir die entsprechenden Äste auszusuchen, die Angelei und alles anderee machte keinerlei Spass mehr. Ich habe mich in ein Online-Spiel zurückgezogen und bin quasi aus dieser Welt abgetaucht. ... An den Folgen leide ich allerdings auch noch, obwohl wir (ca 10 Pächter) mit Klage beim Anwalt und Begehung durch einen Gutachter ein recht befriedigendes Ergebnis für uns erkämpft haben. Letztendlich bin ich seit Mai dabei, das tägliche Sixpack Bier auf zwei Fläschchen zu dezimieren und habe auch schon ü. 6 kg abgenommen. Die schlimmste Zeit hat etwas über zwei Jahre gedaueert. und so richtig freuen kann ich mich auch immer noch nicht. Ich drücke allen Betroffenen die Daumen, es ist keine direkt schmerzhafte - aber eine der am schlimmsten zu ertragenden Krankheiten.
Dir und allen anderen (insbesondere natürlich @DesireEarth98 ) vielen Dank für eure Offenheit und die damit verbundenen Einblicke.
Ich habe selbst bisher nichts mit der Erkrankung zu tun, bin aber beruflich quasi täglich damit konfrontiert. Ein Gedanke, der mir beim Lesen von @Klausi s Beitrag kam: gerade bei Männern ist es oft noch verpönt, offen über eigene Schwächen zu reden. Das ändert sich glücklicherweise gerade, aber da ist noch viel Luft nach oben.
Viele betroffene Männer entwickeln dann Verhaltensweisen, die für Außenstehende kaum zum klassischen Bild einer Depression passen, aber Ausdruck genau davon sind. Das kann z.B. übermäßiger Alkoholkonsum sein, Spielsucht, aggressives Verhalten und Reizbarkeit, letztendlich risikobehaftetes Verhalten in jeder Form.
Wenn ihr sowas im Umfeld mitbekommt: Sprecht die Leute an und fragt, ob ihr helfen könnt.
Oft fehlt es genau daran und der Tenor im Bekanntenkreis ist, "was für ein A...loch" jemand geworden ist.
 

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Barsch Vader
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Es wurde weiter oben schon geschrieben, wenns bei der Depression brennt ist es schwierig an die Leute "ranzukommen" bzw. sie zu etwas zu bewegen was gut sein kann, versuchen kann man man es aber leider klappt das nicht immer. Oft kommt dann leider noch ein weiterer Rückzug von den Betroffenen.
Hut ab vor allen die hier so drüber schreiben, wenn man mal so weit ist dann war man schon mal ganz unten und ist wieder rausgekommen aus dem Loch.
 

blankmaster

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Ich habe gelegentlich beruflich mit Menschen mit einer Depression zu tun, bin aber kein ausgewiesener Fachmann.

Was mir an der Diskussion auffällt :
Teilweise dreht sich die Diskussion unter der Überschrift "Depression" um den Komplex "Schwäche zeigen".
Eine Depression ist keine Schwäche, sondern eine Krankheit. Kein Mensch würde auf die Idee kommen, einen Knochenbruch, einen Herzinfarkt oder was auch immer als "Schwäche" zu bezeichnen, und selbstverständlich würde man eine Behandlung durch einen Fachmann nicht nur gutheißen sondern auch erwarten.
Diese Krankheit ist behandelbar. Aus vielerlei Gründen ist der Weg bis zum Beginn einer qualifizierten Behandlung oft lang. Die Gründe sind vielfältig. Unter anderem erfordert es Motivation, Antrieb und Willen -das ist genau das, woran es bei dieser Erkrankung hapert.
Eine Depression gehört zu einem Fachmann. Wir sprechen hier nicht über eine kurze schwierige Episode im Leben, die durch ein Gespräch in der Kneipe mit nem Kumpel zu klären wäre.Gutgemeinte Ratschläge aus dem Freundeskreis ("steh doch mal früher auf, geh doch mal an die frische Luft, grübel nicht soviel, geh mehr angeln, " etc pp, die Liste ist endlos) sind alles andere als hilfreich, hier gilt wie so oft bei schwierigen Problemen : Ratschläge sind Schläge.
Auch wenn einige Medikamente die Hoffnung auf eine Krankheitsmodifikation nicht erfüllen konnten, ist eine medikamentöse Therapie über welchen Zeitraum auch immer manchmal sehr sinnvoll und hilfreich.
Die oft - auch ohne Krankheitsbewußtsein- eigenmächtig durchgeführte antidepressive Therapie mit Alkohol - welche zum akuten Zeitpunkt der Einnahme (und nur dann) durchaus antidepressive Effekte zeigen kann führt schon mittelfristig ins Nichts und schafft ungleich mehr Probleme als sie löst. Das gilt auch für Cannabis und andere vermeintlich helfende Substanzen.
Medikamentöse Interventionen jeglicher Art dürfen nur unter Aufsicht eines Fachmannes durchgeführt werden.

Long story short : Vermeintlich Betroffene respektvoll ansprechen , erster Anlaufpunkt ist der Hausarzt. Der weiß, wie es weitergeht.
 

stockinger

Echo-Orakel
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Grad zum Thema "Arschloch" werden... Während einer Episode sinkt die Toleranz-Schwelle für bullshit, sinnentleertes Gelaber und dergleichen ganz dramatisch. Man zweifelt dran, daß "andere" mit ihrem Mist durchkommen und man selbst nur Probleme hat und überall aneckt.und dadurch fühlt man die Ungerechtigkeit der Welt und so weiter und so fort...

Am schlimmsten daran ist, daß einem die Hohlheit der Welt bzw die Nichtigkeit und Bedeutungslosigkeit des eigenen Seins und Tuns geradezu bizarr klar wird - oder zumindest glaubt man das (auch noch)...
 
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DurtyPerch

Finesse-Fux
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Krass, was hier abgeht. Das hätte ich in dem Ausmaß nicht erwartet und macht einen bezüglich vieler erlebter Situationen im Alltag doch sehr nachdenklich.

Bewusst hatte ich noch nicht viele Berührungspunkte mit Depressionen. Einer ist mit aber definitiv nachhaltig in Erinnerung geblieben. Ein guter Freund und Studienkollege ist mit mir durch die gleichen Höhen und Tiefen des Studiums gegangen und wir haben uns nach anfänglicher Unterschätzung des notwendigen Aufwands gegenseitig motiviert das Bachelor-Studium in Regelstudienzeit abzuschließen. Das war zeitweise mit viel Stress und zeitlichem Aufwand verbunden und hat dementsprechend auch viel Kraft gekostet. Mir hat vor allem meine Freundin viel Kraft durch ihre Unterstützung gegeben. Zusätzlich haben wir am Tag meiner Bachelor-Verteidigung erfahren, dass sie schwanger ist. Dementsprechend gab's quasi keine Zeit zum Ausruhen oder Nachdenken. Bei meinem Kumpel kam es aber leider ganz anders. Er wohnte zu dem Zeitpunkt alleine, hatte keine Freundin und ist er nach dem Abschluss in ein tiefes Loch gefallen. Er hat seine Aufgaben im Fachschaftsrat nicht mehr wahrgenommen, erschien mit dem Start des nahtlos anschließenden Master-Studiums immer unregelmäßiger und immer seltener zu Veranstaltungen und verlor sogar seinen Nebenjob wegen der fehlenden Verlässlichkeit. Zeitgleich fing er auch an private Verabredungen spontan abzusagen oder kommentarlos fern zu bleiben, was für ihn sehr untypisch war, im Freundeskreis aber zum Glück nicht zu Ablehnung sondern Besorgnis führte. Das Ganze ging so weit, dass ein anderer Freund, der im gleichen Block wohnte, Vorlesungen ausfallen ließ um zu gucken, ob und wenn ja wann besagter abwesender Freund zum Einkaufen geht. Daraufhin haben wir ihn vor seiner Haustür abgefangen und mehr oder weniger gezwungen mit uns zu reden. Dabei kam dann raus, dass er bereits zu Schulzeiten mit ähnlicher Antriebslosigkeit zu kämpfen hatte und damals schon in Behandlung gewesen sei. Durch den Spannungs- und Stressabfall nach dem Bachelorabschluss habe er angefangen sich zu fragen, welchen Sinn das Studium und damit einhergehend auch ein Stück weit sein Leben überhaupt habe und warum er sich das alles überhaupt antue. Hinzu kam ab einem gewissen Punkt, dass er nicht wusste, wie er auf unsere teils besorgten Nachrichten reagieren solle, weshalb er dann halt gar nicht antwortete.

Nachdem wir ihn abgefangen hatten, hat er sich dazu entschlossen sich erneut professionelle Hilfe zu suchen und dann ging es tatsächlich auch relativ schnell wieder bergauf mit ihm. Sein Master-Studium hat er abgebrochen, hat aber ein anderes Studium angefangen, welches er diesen Sommer mit dem Master-Abschluss beenden wird. Aktuell strebt er danach sogar die Promotion an, weil er am neuen Studium echt viel Spaß gefunden hat. Außerdem hat er bouldern für sich entdeckt und ist häufig in der Kletterhalle, um sich da körperlich auszulasten.

Wie bereits weiter oben geschrieben habe ich an sich keine Ahnung und wenig Berührungspunkte mit der Thematik Depression. Was ich aus der Story aber für mich mitgenommen habe, ist, dass wenn einem eine Person als Freund, Verwandter, Partner oder was auch immer wichtig ist, dann sollte man gewisse Verhaltensänderungen erkennen und zum Anlass nehmen, diese zu beobachten und gegebenenfalls zu hinterfragen, anstatt die Abwesenheit oder die Abweisung hinzunehmen und die Person als "Arschloch" abzustempeln. Eine entsprechend aggressive Konfrontation, wie wir es gemacht haben, ist mit Sicherheit nicht immer die richtige Lösung, aber Verständnis, Zeit und zur richtigen Zeit ein offenes Ohr können viel bewirken. Meiner Meinung nach ist es vor allem wichtig seine Freunde in einer entsprechend schwierigen Situation nicht fallen zu lassen, sondern Unterstützung zu signalisieren, auch wenn man vielleicht nicht von Anfang an weiß, was los ist.

In diesem Sinne wünsche ich allen Betroffenen viel Kraft und hoffe, dass ihr einen Weg findet mit der Krankheit zu leben oder sie im besten Fall gänzlich los zu werden.
 

Desperados

BA Guru
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Lasst euren Testowert checken. Warum auch immer hat das kein Arzt und kein Psychologe aufm Schirm. Historisch niedrige Testowerte in der Bevölkerung bei gleichzeitig extremer Häufung von Depressionen überall in der westlichen Welt...hmhm.
Das zumindest hat mein Leben in den letzten 10 Monaten komplett verändert.
Durch Testosteronmangel, hohe Entzündungswerte durch eine beidseitige Nekrose an den Hüftknochen und diversen anderen Dingen war/bin ich auch dabei. Im Moment ist zumindest Ruhe mit den Depressionen und wenn dann maximal ganz leicht und das ist dann meist kurz eh die nächste Spritze fällig wird. Aktuell krieg ich alle 12-14 Tage 250mg gespritz und das hat mein Leben derart verändert, dass ich mich was beraubt fühle für all die Jahre die ich mir versaut habe weil man nicht eher drauf kam.

Leider hat das Umfeld, ob Freunde nah oder fern, oft wenig Verständnis wenn man sowas hat und einfach sozial nicht "brauchbar" ist. Ich schätze mich glücklich, Frau, Sohn und Eltern zu haben die einen ertragen und unterstützen.

Allen anderen, haltet durch.
 

Dennis Knoll

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Am schlimmsten daran ist, daß einem die Hohlheit der Welt bzw die Nichtigkeit und Bedeutungslosigkeit des eigenen Seins und Tuns geradezu bizarr klar wird - oder zumindest glaubt man das (auch noch)...
Das ist leider eine der schlimmsten Dinge der Depression, die ich in schwierigen Phasen hatte.
Ich habe den Leuten das immer so versucht zu erklären, als hätte man auf einmal einen messerscharfen Verstand, mit dem man Dinge erkennt, die ansonsten nicht beachtet werden. Nur erkennt man eben lediglich die Dinge, die einen stören und weshalb andere "einen schlecht behandelt oder im Stich gelassen haben". Beleidigt sein auf Olympia-Niveau. Das wäre alles nicht so schlimm, wenn man in dieser Phase nicht auch eine Argumentation drauf hätte, mit der man jeden Star-Anwalt in die Ecke drängen würde.

Und so wird aus einer Nichtigkeit, die im normalen Zustand keinen interessiert hätte, ein großes Drama, womit man anderen ein schlechtes Gewissen und schlechtes Gefühl vermacht. Und das zumeist ungerechtfertigt aber eben so argumentiert, dass diese sich nur noch schlecht fühlen können und früher oder später sich von dir abwenden. Ein ekelhafter Teufelskreis. Leider eine Begleiterscheinung, die ich von dieser Krankheit hatte.

Das gute daran: Wenn man es erst erkannt hat, kann man lernen damit umzugehen, wodurch es unfassbar leichter wird. Und auch da kann eine gute Therapie wirklich helfen.
 

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