Nein, das hat meistens wenig mit Geschmack zu tun, sondern viel mehr mit den oben genannten Fragen: Wie, wo und was? Denn was ist wichtiger in einer gegebenen Lage? - Ist es das Ködergefühl? - Ist es die Wurfweite an einem gegebenen Rollentyp (Stationäre vs. Multi)? - Ist es die Anschlagsicherheit, die abhängt von der Ködergröße, dem Schnuurtyp, dem Ködermaterial, der verwendeten Rute und der Wurfweite? - Ist es eine erhöhte Aussteigerquote an einer bestimmten Rute? - Oder ist es ein möglichst bequemes Werfen oder Führen? - Oder sind es gar Schnurgeräusche oder die Schnursichtigkeit (worüber man streiten kann)? - Oder vielleicht die Fähigkeit, durch Kraut zu schneiden? - Oder am Ende eher die Schwimmfähigkeit der Schnur oder deren schnelles Absinken?
Eine Liste ohne Anspruch auf Vollständigkeit. Aber keine Schnur schneidet bei all diesen Kriterien gleich gut ab, und also kommt es darauf an, für die jeweils gegebene Lage den besten Kompromiss zu finden. Und nebenbei: Einiges von dem, was die drei Haupt-Schnurtypen unterscheidet, lässt sich auch über den Ruten-Taper kompensieren. Oder durch Kombination einer Hauptschnur aus dem Material X mit einer Schlagschnur aus dem Material Y.
Nur ein Beispiel unter vielen: Man kann auch tiefer laufende Crankbaits recht bequem an einer Rute mit fast Taper fischen entgegen der gängigen Allerweltsweisheit, wenn man keine Geflochtene, sondern eine Monofile aufspult. Allerdings: Wenn es darum geht, schwimmende Crankbaits auf ihre maximal mögliche Tiefe zu bringen an einer Wurfangel, ergibt das ganz sicher nicht die allerbeste Combo.
Also: Ganz so profan ist die Angelegenheit keineswegs. Und dass alle drei Schnurtypen ihren Sinn haben, beweist schon allein die Tatsache, dass alle drei sich gut verkaufen. Patentrezepte, die immer und überall gleich gut funktionieren, gibt es auch bei der Schnurwahl nicht. Was es gibt, sind Schnüre, die in einer bestimmten Situation alles in allem besser funktionieren als andere. Aber es gibt auch Fälle, wo zwei oder drei Varianten eine ganz brauchbare Wahl sind, so dass dann auch die Geschmacksfrage ins Spiel kommen kann. Das muss man aber selbst herausfinden, was zutreffend ist in einer vorgegebenen Lage.
Ein Beispiel auch hierzu: Mir ist es vom rein physikalischen Aufwand völlig wurscht, ob ich, sagen wir, Minnows an Mono, FC oder Geflochtener twitche. Denn deren Belastung auf meine Flossen ist, gefühlt, so oder so derart geringfügig, dass ich gar nicht auf den Gedanken kommen würde, danach zu fragen. Was allerdings daran liegt, dass ich den größten Teil der Saison damit zubringe, pro Angeltag mehrere Stunden im Stück Baits von über 100g WG an aufwärts zu werfen und zu führen. Da kommt einem alles darunter geradezu lächerlich federleicht vor.
Aber ich erinnere durchaus die Zeiten, als ich das noch völlig anders empfand und einen popeligen 23er Kopyto als das absolute Ende der menschenmöglichen Fahnenstange betrachtete. Also: Der subjektive Faktor spielt auch eine Rolle, aber es gibt viele Fälle, wo der ganz einfach zweitrangig ist und andere Faktoren ungleich wesentlicher. Zum Beispiel: Gummibaits finde ich von Haus aus eigentlich scheiße, ich mag die Dinger einfach nicht besonders. Aber wenn ich dem nachgeben würde, würde ich allerwenigstens 50% weniger fangen, wenn nicht noch viel weniger. Also gebe ich dem nicht nach und setze mich darüber hinweg, denn sonst müsste ich mir wohl einen anderen Zielfisch suchen.