Hallo zusammen,
ist ja schon fast peinlich, dass ich als Augenoptiker (a.D.) erst so spät auf dieses Thema aufmerksam geworden bin ...
Ich werde versuchen, mich kurz zu fassen, daher komme ich gleich mal zu den wichtigsten Punkten (komme hoffentlich ohne Fachchinesisch aus):
1) Eigenschaften der Filterarten
Das "weiße Licht" der Sonne entsteht aus der Zusammensetzung der einzelnen Spektralfarben "roggbiv" (also rot, orange, gelb, grün, blau, indigo und violett). Diese Spektralen haben je eine spezifische Wellenlänge. "Normal-getönte" Sonnenbrillen resorbieren handelsüblich zwischen 45% (helle Gläser) bis 85% (dunkle Gläser z.B. Skibrillen) des
gesamten einfallenden Lichtes. Die bessere Durchlässigkeit einer oder weniger Wellenlängen ergeben dabei die "Glasfarbe", entscheidet also darüber, ob eine Brille gelbe, braune, blaue oder graue Gläser hat.
Das Licht unserer Umwelt ist aber zu einem großen Teil diffus, soll heißen: die Lichtstrahlen der Sonne gelangen ja selten direkt ins Auge, sondern wir empfangen vielfach-reflektiertes und gestreutes Licht. Dieses besteht zwar auch aus den einen oder anderen Spektralfarben (daher kann unser Auge die Farben interpretieren), jedoch zusätzlich häufig auch aus "einseitig"-polarisierten Strahlen. Was ist da passiert: die Lichtstrahlen der Sonne bestehen aus unzähligen Wellen, das Licht bewegt sich also (von der Vorstellung her) fort wie ein Aal im Wasser. In der "freien Laufbahn" der Welle finden wir noch alle möglichen Schwingungsrichtungen, d.h. Waagerecht, Senkrecht sowie alle Schrägen.
Trifft nun aber so ein "Energiebündel" auf eine
nicht-metallische Oberfläche, so werden nur noch bestimmte Schwingungsrichtungen reflektiert. Eine normale Sonnenbrille würde diese einfach zu z.B. 75% (Standardwert) abmildern, was dazu führt, dass ein Rest dieser Reflektionen weiterhin ins Auge gelangen und somit das reflektierte Licht der unter der Oberfläche liegenden Objekte überblendet wird. Ein Polfilter hingegen besteht (wie bereits beschrieben) aus einer Art Gitter, welches genau eine Schwingungs-Richtung abblocken sowie die Schrägen abmildern kann. Dieser Filter resorbiert also das natürliche (das in alle Richtung schwingende) Licht wie die Sonnenbrille auch um mindestens 50% und kann auf Wunsch zusätzlich chemisch so konzipiert werden, das man mit zusätzlicher Tönung von 25% auf seine 75% kommt. Allerdings werden so auch wieder 25% des für uns wichtigen Lichtes (nämlich das vom Fisch/Grund reflektierte) abgeschwächt, was dazu führt, dass das Bild im Sinnessystem-Auge an Kontrast verliert. Daher sollte man bei nicht allzu starker Sonne auf eine Sonnenbrillen-ähnliche Abdunklung verzichten.
Was aber nicht geht ist die Vorstellung, man könne (es gab mal solche Brillen) die Gläser durch Drehen anpassen! Na klar wird die Transmissionsrate erhöht, nur empfangen wir damit automatisch wieder die unerwünschten Reflexionen nicht-metallischer Oberflächen, setzen also den Polfilter "außer Betrieb"! Jeder Polfilter hat eine "Achse", wird so ein Glas da heraus bewegt (oder aber fehlerhaft so montiert) ist er witzlos. Dies sollte man immer bedenken wenn eine Fassung verbogen ist. Test dazu: je ein Auge zukneifen und langsam den Kopf nach links und rechts drehen; erscheint eine Wasser- oder Glas-Oberfläche nicht bei geradem Nacken am dunkelsten, so bittet einen Augenoptiker um Korrektur der Achse.
2) Alltags-Tauglichkeit
Wie oben bereits erwähnt ist eine Polbrille im Alltag mindestens so gut geeignet wie eine normale Sonnenbrille. Lediglich die gesamt-Licht-Durchlässigkeit sollte dem pers. Anspruch angemessen sein. Und Leute denkt daran: Auch die Frontscheibe eines PKW ist aus einer nicht-metallischen Oberfläche, also lasst wegen der Polbrillenfans (wie ich) auch bei Gegenlicht den Finger aus der Nase ... :lol:
3) Clips und Co
Die genannten Clips zum Aufstecken auf eine Brille kann ich qualitativ auch nur eingeschränkt empfehlen. Die sind an der Oberfläche super empfindlich (niemals Taschentücher zum Putzen nehmen!) und zudem überhaupt nicht entspiegelt. Die Wirkung ihres Filters ansich ist jedoch i.O.
Es gab zu meiner Zeit aber eine Menge Anbieter von Brillenfassungen (Rodenstock, Essilor, Marc O' Polo...) mit Clips, die mit Magneten oder Mini-Krallen perfekt vor den "echten" Gläsern saßen und sogar ein extra Mini-Etui besaßen. Die waren absolut top für starke Myopen (Minus-Träger), da die Ränder beim Minusglas ja zum Rand hin dicker werden und diese "Wulste" nach hinten verlagert werden. Die Gläser selbst sind vorn recht flach. So können sich diese Kunden kleine Filter in den Clip einschleifen lassen und das gesparte Geld (hohe Werte in Pol-Gläsern sind finanzieller Wahnsinn) in eine Super-ET (klasse Entspiegelung inkl. Hartschicht und Clean-Coat) stecken.
Denn auch wenn es etwas mehr kostet: eine Brille ohne gute Entspiegelung ist wie Jerken mit 'ner Stipprute !
PS: insbesondere bei Bedarf von Gläsern mit "Schliff": vor einigen Jahren habe ich mit den Polarisierenden Gläsern der Firma Schultz hervorragende Erfahrungen gemacht. Gerade bei hohen Werten lassen die sich echt was einfallen und sind bzw. waren preislich dabei die attraktivsten.
So, alle Klarheiten beseitigt ...?
:twisted: