Da sind einige mächtig interessante Dinge zusammengetragen worden...
Zuerst einmal zu den aufgeworfenen Fragen.
Ich denke nicht, dass der Lösungsansatz so oder ähnlich schon einmal durchgeführt wurde, somit ergibt sich auch keine Vergleichsmöglichkeit. Ebenso schwierig ist die Frage nach der Dauer bis Wirksamkeit zu beantworten. Ich schätze aber, dass man Erfolge erzielen könnte, wenn man einige Jahre konsequent handeln würde, ich werfe als Diskussionsgrundlage mal einfach 5-6 Jahre in den Raum.
Sehr wichtig ist die Beantwortung der Frage, welche Kormoran-Bestandsdichte ein Gewässer X überhaupt verträgt.
Zur Beantwortung lassen sich Untersuchungen heranziehen, die an größeren Seen und den Küstenregionen vorgenommen wurden.
Hier ein Beispiel zur Nahrungszusammensetzung des Kormorans (Graphik):
http://schleswig-holstein.nabu.de/i...wig-holstein/tiere/voegel/kormoran2-gross.gif
Wie Wolf schon absolut richtig sagte: die für den Menschen wichtigen Fischarten sind allenfalls marginal betroffen.
An keinem der untersuchten (großen) Seen konnte ein durch den Kormoran verursachter Schaden am Fischbestand nachgewiesen werden. Verblüffende Ergebnisse...
Somit lässt sich die Frage beantworten: die aktuell vorhandenen Kormoran-Bestände werden von größeren Gewässern locker verkraftet.
Was ist aber mit kleineren Gewässern? Dort kommt es zu den bekannten Problemen...z.B. das Leerfressen kleinerer Bäche oder Flusstrecken, der gesamte Besatz kann vernichtet werden.
Und dort werden auch die großen Besatzfehler begangen: Besatz nicht-einheimischer (allochthoner) Fischarten, künstlich erhöhte Bestandsdichte anglerisch interessanter Fischarten, fehlende Unterstände ...usw. Ein reich gedeckter Tisch für den Kormoran, und der lässt sich nicht lange bitten...woraufhin der Ruf zu den Waffen ertönt.
Noch größer sind die Probleme für Teichwirtschaften...ich möchte, damit kein falscher Eindruck entsteht, an dieser Stelle eines klar formulieren: kein Biologe oder Naturfreund sollte ruhig zusehen, wie Kormorane Betreibern von Fischzuchten die Lebensgrundlage unter den Füssen wegziehen...ich kann allerdings auch nicht erkennen, dass die passiven Abwehrmaßnahmen (Vergrämen, Netze spannen) nicht ausreichen sollen. Abschuss erscheint mir unnütz...
Wesentlich für das Erarbeiten echter Lösungen scheint mir zu sein, das eigene Wissen über Populationsdynamik und Ökologie der Kormorane weiter zu vertiefen. Dieses 'Projekt' wurde bereits begonnen und nennt sich REDCAFE:
http://web.tiscali.it/sv2001/cormo_news/eu1.htm
REDCAFE ausgeschrieben: REDUCING THE CONFLICT BETWEEN
CORMORANTS AND FISHERIES ON A PAN-EUROPEAN SCALE
Mal abwarten, welche Ergebnisse diese Studien ergeben werden, zur Zeit läuft das Projekt noch.
Somit lässt sich nach meiner Sichtweise die Kormoran-Problematik wie folgt zusammenfassen:
1) An größeren Gewässer gibt es die Problematik überhaupt nicht
2) Der Ruf nach Abschuss ist unbegründet. Die Rolle, die unsere Fischereiverbände dabei spielen, ist wenig ruhmreich.
3) Das eigentliche Problem ist ein psychologisches: den Menschen treibt die nackte Angst, wirtschaftlich wichtige Ressourcen würden einfach weggefressen.
4) An kleineren Gewässern und Teichwirtschaften ist ein Problem nicht zu leugnen. Passive Abwehrmaßnahmen bieten aber hinreichenden Schutz vor den ungebetenen Gästen.
5) Die Besatzmaßnahmen gehören schnellstens kritisch hinterfragt und geändert.
6) Unsere Gewässer sollten schnellstens renaturiert werden.
7) Die Fischwirtschaft sollte möglichst extensiv und nach Maßstäben ökologischer Verträglichkeit betrieben werden.
Kommen wir nun zur Frage, wie ein regionaler Kormoran-Bestand am besten zu regulieren ist, wenn uns ein Eingriff tatsächlich unumgänglich erscheint.
Dazu wähle ich, keinen wird's wundern, einen Lösungsansatz aus der Populationsbiologie:
Wir ändern die Altersverteilung innerhalb der Population...rasch anwachsende ('expandierende') Populationen weisen immer einen hohen Anteil an Jungtieren auf.
Generell lasen sich 'ökologische Altersklassen' an Populationen unterscheiden, Populationen in:
- präreproduktiver Phase
- reproduktiver Phase
- postreproduktiver Phase
Am Alten Wochowsee (Sielmann-Naturschutzgebiet nähe Wolziger See) wurden Kormorane vor kurzem in einer kalten Nacht beim Brüten aufgeschreckt, die Eier kühlten ab und stellten ihre Entwicklung ein. Diese Strategie ist durchaus sinnvoll, denn sie bewirkt folgendes:
Der Anteil der Jungtiere verringert sich, die Population 'vergreist' dadurch und wechselt von der reproduktiven in die postreproduktive Phase. Eleganter als das Rumballern mit Flinten, oder?
Was meint ihr dazu...?
Gruß, Thomas