Wie meine Depressionen und Ängste das (eigentlich) schönste Hobby der Welt beeinflussen.

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DesireEarth98

Dr. Jerkl & Mr. Bait
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Heute möchte ich mich mal mit einem etwas anderen und auch intimeren Bericht bei euch melden.

Ein so leises, aber ein nach innen gleichzeitig so verdammt lautes Thema.
Ja, das Forum besteht aus überwiegend dann doch eher älteren (Sorry :D) Herren und das Hobby ist schon sehr männlich (!!;)), aber ich bin mir mehr als sicher, auch hier bin ich damit nicht allein. Genauso ist mir aber auch bewusst, dass manche von euch damit nichts anfangen können, bzw. meine kommenden Worte nicht nachvollziehen können. Mag sich komisch anhören, aber auch darüber bin ich froh, denn das bedeutet, dass es DIR gut geht.
Gebt mir (+ uns Betroffenen) trotzdem bitte die Chance und nehmt euch paar Minütchen Zeit.

Als kleiner Bub, als ich so ca. 6 Jahre alt war, bekam ich ein interessantes Gespräch mit, welches mein Leben im Nachhinein extrem beeinflusst hat. Mein Vater und ein Bekannter sprachen über Fische, über große Fänge und schöne Tage am Wasser - Meine Kinderaugen fingen an zu leuchten!
Seit diesem Tag vergehen keine 24 Stunden mehr, ohne mich zumindest gedanklich am Wasser zu sehen!
Die Saat wurde gepflanzt und so wuchs über Jahre meine Passion fürs Angeln, bis heute. Egal wie es mir ging, wie stressig eine Zeit auch war.. ab ans Wasser, der Kopf war frei, ich mehr als zufrieden und glücklich! Es konnte nicht oft und lang genug sein - Angeln, mein "Zuhause".

Man liest mich hier nicht häufig und trotzdem bekomme ich nach fast jedem Bericht vereinzelt Nachrichten. Man möge meinen Schreibstil, man könne so gut mitfühlen usw., das schätze ich extrem und dafür bin ich mehr als dankbar!
Vor allem dieses "Mitfühlen" trifft mich persönlich, denn wenn ich ehrlich zu euch bin, meine Berichte erzählen von mehr Gefühlen und Emotionen, als ich meist in diesen Momenten wirklich gefühlt habe, bzw. leben kann.


Diese Krankheit hat eines Tages mein geliebtes Hobby entdeckt und konnte es anscheinend nicht ertragen.. wie viel Freude es mir bereitet.


Oh man, gar nicht mal so einfach darüber zu schreiben. Kurze Pause..

...


Dank Depressionen ist Angeln für mich seit nun einigen Jahren nicht mehr das was es einmal war. Diese tiefe innere Freude und Lust, die verspüre ich kaum noch. Mich ans Wasser zu kriegen.. so schwer wie noch nie. Mein Herz schreit: "komm geh los, das tut dir gut", während mein Kopf den Krieg gegen sich selbst führt.

Dann stehe ich am Wasser, Kopf ist still, vor mir 3 Angler, alle beackern meine geliebte Strecke schon seit längerer Zeit, aber es läuft nichts. "Wenn ich heute einen erfolgreichen Tag anstreben möchte, dann muss ich out of the box denken und was anders machen", so meine Gedanken.
Um es kurz zu machen, am Ende des Tages hatte ich, als Einziger dort nen richtig schönen Zetti gefangen und meine Mitstreiter gingen als Schneider nach Hause. Was ein Tag, das gibt Vertrauen, das Angler-Herz lacht und nach solch einem Erlebnis, kann man doch nur glücklich nach Hause kommen oder nicht? Die Wahrheit, ich verspürte nichts!

Ein etwas neueres Beispiel gefällig?
Mein letzter Post bei "Kanalthread 2024", mein Vater und ich sind für einen Kurz-Trip an den Kanal und fingen 2 richtige Traumfische! Mein jüngeres Ich hätte geheult vor Freude. Ich habe in diesem Moment nichts gefühlt.. mein Vater hat den fetten Barsch anfangs verkeschert und es war mir so egal. Ich hätte ihn verlieren können, es hätte nichts mit mir gemacht. Ich spüre das Adrenalin durch meinen Körper schießen und brauche danach auch erstmal ne Pause, aber alles fühlt sich so unglaublich dumpf an.

Gleichzeitig führt es dazu, dass ich sehr schnell alles als selbstverständlich sehe und mich nicht lange über etwas freuen kann. Ende letzten Jahres habe ich mir einen Wunsch erfüllt und mir die Shimano Expride 2022 zugelegt, wovon ich schon lange geschwärmt hatte. Für mich ist sie optisch mit die schönste Rute überhaupt!
Dann kam das Paket bei mir an, ich steckte die zwei Teile zusammen, alle Ringe in einer Flucht, hielt die schönste Rute in meinen Händen und konnte sie "meins" nennen und dennoch.. ich fühlte mal wieder nichts. Ab damit ans Wasser und nach ca. 30min war sie für mich selbstverständlich. Versteht das bitte nicht falsch, das hat absolut nichts mit Undankbarkeit zutun und glaubt mir, das schmerzt so sehr.
Von solchen Angeltagen kann ich leider so einige aufzählen. Manchmal ist Angeln für mich auch einfach nur Anstrengung und danach brauche ich erstmal Pause.. erst viele Tage danach merke ich, es hat mir eigentlich ganz gut getan.

Ein Bild möchte ich euch aber ganz gern noch zeigen.
Mein Kanal-PB, mein erster C-Rig und Krebs Fang ever:

Screenshot_20240305_143353.jpg

Über das improvisierte Bild, den doofen Winkel, der meine Zähne auch echt schief aussehen lässt, sehen wir mal hinweg. Seht ihr das Lächeln? DAS war ehrlich, da hat die Freude und das Glück meine Depressionen durchbrechen können! Scheiß auf schön in Szene gesetze Bilder, DAS bedeutet mir viel mehr!


Es ist so unglaublich schwer mir immer wieder klar zu machen, dass es die Krankheit ist und mir Angeln nicht plötzlich keinen Spaß mehr macht. Angeln, meine Passion.. und sie gibt mir so gut wie gar nichts mehr. An diesem Punkt anzukommen ist so schmerzhaft.
Dazu dann noch die Ängste, wie ein kleiner Teufel auf der Schulter. "Der Spot lief die Tage so unglaublich gut, aber da sind schon viele Spaziergänger unterwegs.. stimmt, der ruhige Spot war eh besser oder.. ach lass erst gar nicht los."

Die letzten Male lief es extrem gut am Kanal und zudem konnte ich das dann auch noch mit meinem Vater teilen.. schöner geht es doch gar nicht oder?! Momente, an denen ich eines Tages doch traurig und sehnsüchtig zurückblicken sollte und ich kann es nicht genießen. Fuck.. und ja, ich schäme mich.. ohne Grund (das weiß ich), aber auch dafür schäme ich mich, ohne Grund.

Depression ist nichts "Hausgemachtes", es ist eine Krankheit, die einem echt viel Lebensfreude rauben kann. Und leider hilft "lächel doch mal", "du hast doch alles um glücklich zu sein", "denk an was schönes", "geh mal raus" usw. nicht im Ansatz. Jeden Tag muss man seinen Selbstwert neu bestimmen - ein Kampf gegen Windmühlen. Was für viele Alltag ist, ist für mich unvorstellbar anstrengend. Viele Tage am Bett gefesselt, die Welt grau in grau und mit den Gedanken am Wasser.

Ich weiß zwar noch was Freude ist, doch fühlen kann ich es im Moment nicht und mein Kopf ist vollgestellt mit "wozus".
Das Schlimmste daran, man kann sich nicht einmal daran erinnern wie es davor war.


Und mit diesen Worten öffne ich wieder meinen Bügel, klemme die Schnur zwischen Zeigefinger und Rollenfuß, lade die Rute voll auf und werfe mit voller Wucht aus.. in der Hoffnung eines Tages den dicken Fang zu machen und die ehrliche innere Freude an den Haken zu haben! Egal wie lange ich darauf hinarbeiten muss, wie viele Guidings ich besuchen muss und welche Rigs ich dafür auspacken muss:
Eins kann ich euch versichern, DER Fang wird nicht wieder released!

Fabian
 
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Köfi Anan

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Lieber Fabian,
ich hoffe du bist/warst in Behandlung und in guten Händen. Ich hoffe für dich, dass du weitere Wege und Möglichkeiten findest mit der Depression umzugehen.
Danke fürs Teilen für das wohl schwierigste Thema für Außenstehende.
 
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stockinger

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Tja, es wird immer mehr..
Ich Weiss leider nur zu gut, wie es dir geht. Hab mir nach langem zögern endlich im Sale die Rhodium gegönnt. Nach ein paar Kugellager Updates eine wunderschöne Rolle, die wie der sprichwörtliche Arsch auf eimer auf meine Orochi XXX Black elseil passt - meine optisch und funktionell stimmigste kombo, die ich je hatte. Beim Umbau in das alte handle nen Kratzer reingemacht. Ich ärgere mich weit mehr als ich mich über die combo freue..

Und ja, diese "sei doch mal positiv", "geh mal raus" oder "anderen geht's doch viel schlechter" helfen einen scheiss Dreck... Und der Ober-Knaller ist immer noch "jetzt stell dich doch nicht so an"
 
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observer

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meckpomm
Lieber Fabian,
ich hoffe du bist/warst in Behandlung und in guten Händen. Ich hoffe für dich, dass du weitere Wege und Möglichkeiten findest mit der Depression umzugehen.
Danke fürs Teilen für das wohl schwierigste Thema für Außenstehende.
Das wollte ich auch schreiben... danke Köfi.

Ansonsten kann ich das alles verstehen.
Ich habe zwar nur (schubweise) depressive Verstimmungen (sag ich mal, also vielleicht ne zeitlich begrenzte "drepri light"), aber die Gefühle/Gedanken dabei sind ähnlich...und echt verdammt stark.

Ich hoffe, dass du dir Hilfe suchst, bzw gesucht hast und nicht versuchst das alleine zu "behandeln"...?
 

NaDa1988

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Hallo Fabian, ich finde es sehr mutig und bewundernswert, dass du dich hier so öffnen kannst und uns einen Einblick in deine Seele gibst.
Ich selbst habe lange, lange Zeit an teilweise schweren Depressionen gelitten. Es fing in der Schulzeit am Gymnasium an, ganz, ganz schlimm wurde es während meiner beiden, aufgrunddessen abgebrochenen, Studien. Da war ich zeitweise kurz davor, aus dem Fenster zu springen. Der Kopf war leer, ich konnte nicht mehr denken, habe mich wie manisch in Lernarbeit gestürzt und es blieb trotzdem nichts hängen. Meine Tage wechselten zwischen 20h lernen und 20h schlafen. Dazwischen war nur tiefe, undefinierbare Traurigkeit und Selbstzweifel. 2014 dann war ich in einer psychosomatischen Reha. Das hat mir tatsächlich geholfen - und zwar weniger die Therapien als viel mehr die Gespräche mit anderen Betroffenen. Danach habe ich mich umorientiert und erstmal eine Ausbildung als Jugend- und Heimerzieher gemacht. Das hat mir auch sehr geholfen, die Arbeit mit Menschen, ganz speziell mit Kindern und Jugendlichen. Später habe ich dann tatsächlich noch ein pädagogisches Studium und einen Master gemacht, beides berufsbegleitend. Ich bin heute belastbarer und lebensfroher, als ich es jemals war. Ich behaupte von mir, meine Depressionen und inneren Dämonen hinter mir gelassen zu haben - und darauf bin ich sehr stolz und extrem dankbar. Dankbar auch meiner Familie, die mich immer, egal wie schwer es mit mir war, wie viele Sorgen ich ihnen gemacht habe, unterstützt haben, wo sie nur konnten.

Lange Zeit habe ich gekifft, und das nicht zu wenig. Angefangen habe ich es damals, weil ich merkte, dass es meine Depressionen unterdrückt. Unterdrückt ist aber, zumindest für mich, genau das Stichwort. Sie waren weiter da, nur betäubt und arbeiteten wie verrückt im Hintergrund. Vor knapp 6 Jahren habe ich das Kiffen dann von heute auf morgen gelassen und merkte sehr, sehr schnell, wie gut mir das tat. Das war wirklich der letzte Schritt raus aus meinen Depressionen.

Edit: ich möchte noch ergänzen, dass ich auch heute noch 3-4x im Jahr Phasen habe, in denen es mir nicht so gut geht. Ich habe aber gelernt, damit umzugehen und weiß, dass diese Phasen, Gott sei Dank, nach ein paar Wochen wieder verfliegen. Auch muss ich sagen, dass diese Phasen bei weitem nicht so belastend sind wie damals mit Anfang 20, wo ich teilweise richtig am Boden war.

Ich wünsche dir von ganzem Herzen alles Gute und dass du eines Tages in der Lage sein wirst, deine innere Traurigkeit zu überwinden und/oder damit leben zu können.
 
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dgspec

Finesse-Fux
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Hi Fabian, bin selbst betroffen und deine Worte beschreiben den Zustand auf den Punkt.
Leide unter,teilweise schweren Schüben, seit ich ca 15 war, bis heute 54 Jahre an dieser Pest.
Bei mir ist endogene Depression diagnostiziert, die ich wohl niemals mehr wirklich los werde. Das Programm ging wirklich über jegliche Seelen-Pein, die man sich nur vorstellen kann.
3 Suizid Versuche, Psychopharmaka, etl. Therapien und monatelanger Klinik- aufenthalt usw.

Aber ich trotze meinen Dämonen bis heute und habe gelernt damit einigermassen erträglich zu leben.

Den ersten großen Schritt hast du bereits getan indem du diese Krankheit bei dir erkannt hast und darüber sprichst.

Ein guter Therapeut kann dich eventuell nicht heilen aber er kann dir Wege zeigen um damit umzugehen.
Allerdings musst DU anfangen dagegen zu kämpfen und etwas zu tun. Das kann keiner für dich übernehmen.

Mir hat es zB ungemein geholfen diese Krankheit für mich zu akzeptieren und anzunehmen (wie jemand der ein Arm oä verliert etc) und damit zu leben.
Step für Step....es macht es erträglicher.

Versuche nicht dich nach aussen hin zu verstecken.

Kapsele dich nicht ab und mache nicht meinen größten Fehler meterdicke Mauern um dich zu bauen und dich abzuschotten.

Mich hat diese zweifelhafte "Taktik" eine Ehe, mehrere Beziehungen und etliche Freunde gekostet.
Ich wollte niemand,der mir wichtig war mit meinem Problemen belästigen und belasten.

Keine gute Idee.

Eine Sache hat für mich funktioniert:

Ich fing an Tiere, die keiner haben wollte zu mir zu nehmen. Da musste ich Verantwortung übernehmen, Verantwortung die ich mir selbst gegenüber nicht auf die Reihe bekommen habe.

Der Dank kam von den Tieren zurück und das zu spüren half mir ungemein zu erkennen nicht der absolute Nixnutz und Looser zu sein.

Alle meine Hunde zB haben eine anstehende Depri-Attacke weit vor mir erkannt und ihre Nähe gezeigt.
Heute weiss ich vorbereitet: aha es geht wieder los aber in 1-2 Tagen ist es wieder besser. Ich schaffe das !!

Nutze die Chance deiner Krankheit, feine Stimmungsschwankungen und sensible Emotionen besser zu spüren und Empathie zu zeigen als vermeintlich "Gesunde" zu deinem Vorteil.

Eines Tages erkennst du ebenfalls Depressive auf den ersten Blick. Du bist nicht allein!

Ein nettes Wort zur gestressten Kassiererin im Supermarkt, hilfsbereit anderen gegenüber etc.
Deren anschließendes Lächeln ist die beste Medizin für deine eigene Seele und ist jederzeit und überall zu bekommen.

Alles kleine Schritte um mit der Scheisse zu leben, mache es selbst seit Jahren,mittlerweile ohne Pharmaka oder Therapie. Darauf bin ich stolz und du schaffst das auch

Wünsche dir alles Gute, beginne zu kämpfen und warte nicht.
 

Oderhavel

Gummipapst
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Ich habe dir schon persönlich geschrieben, aber ich "oute" mich hier auch mal.

Bei mir fing es irgendwann während meines ersten Studiums an und endete nach 9 Jahren mit zwei abgebrochenen Studiengängen und Hartz 4.
Ich habe dann mit fast 30 meinen persönlichen Neustart gehabt.

Falls du es noch nicht getan hast, solltest du dir auf jeden Fall professionelle Hilfe holen.
Mir hat psychologische Tagesklinik ziemlich gut geholfen. Es gibt aber viele "Behandlungsformen".

Was meinen Erfahrungen und Beaobachtungen nach halt so gut wie aussichtslos ist, ist, alleine da wieder raus zu kommen.

Ich wünsche dir, daß du die schönen Dinge bald wieder als solche erkennst und empfindest.

Gute Besserung!
 

Don Flitzekacke

Echo-Orakel
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Leider bin ich auch ein Betroffener und dass jetzt schon seit 12 Jahren. Es gibt definitiv kein Heilmittel was bei jedem anschlägt. Mit der Zeit habe ich gelernt ohne Medikamente auszukommen denn die bekämpfen nun mal nur die Symptome und nicht die Wurzel des ganzen Übels. Wenn man in einem richtig tiefen Loch steckt, KÖNNEN die einen da erstmal rausholen und therapiefähig machen aber auf lange Sicht machen die nur noch mehr Probleme da sie mitunter strake Nebenwirkungen haben und auch nicht so einfach abzusetzen sind auch wenn die Pharmaindustrie da anderer Meinung sind. Durch die Depression bin ich aber zum Angeln gekommen da ich vorher keine Hobbys hatte die mich auf andere Gedanken hätten bringen können. Fakt ist aber, dass ich seitdem ich angeln gehe deutlich weniger „Rückfälle“ hatte.
Richtig verstehen kann das ganze nur jemand der selber betroffen ist denn Gefühle kann man mit worten eben nicht beschreiben. "Gute Ratschläge" kommen aber leider meistens von Leuten die damit selber nie zu tun hatten also ist für mich der Austausch mit sebst betroffenen Personen tausendmal wertvoller als jeder Therapeut oder gar "Arzt".
 
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DesireEarth98

Dr. Jerkl & Mr. Bait
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Stop, stop, stop, stop... zumindest für einen Moment.
Was zum F*ck habe ich denn da bitte losgetreten, bzw. welchen Dominostein habe ich denn damit leichtsinnig angestoßen?

Jungs, ich bin überwältigt!
Von tiefem und ganzem Herzen ein dickes, dickes DANKESCHÖN, für jede Art der Beteiligung. Es trudeln mehrere Privat-Nachrichten bei mir ein, die entweder mit lieben Worten nur so sprudeln oder auch über ihre Erfahrungen berichten. Dass meine Worte und das damit verbundene tiefschwarze Thema.. nicht unkommentiert bleibt, das konnte man erahnen.
Dass es aber einschlägt wie ne Bombe, da muss ich demütig zugeben, damit habe ich nun jetzt auch nicht gerechnet.


Ich dachte, ich richte mal ein kleines Licht auf etwas, das sich doch auf den ersten Blick komplett widerspricht. Das geilste Hobby der Welt, welches wir ALLE mit ausschließlich schönen Gefühlen und Erlebnissen assoziieren und genau dazwischen kloppe ich mit meinen Worten einfach mal einen rostigen Keil. Mein Ziel? Die Augen zu öffnen, dieses Thema etwas greifbarer zu machen, denn leider macht diese schwarze Wolke keine Ausnahmen. Wenn ich durch meinen Einblick auch nur eine Person zum Nachdenken bringen konnte, die damit vorher kaum was anfangen konnte und/oder sogar leichtsinnig darüber geurteilt hat, dann habe ich alles erreicht - so meine Gedanken vorab.

Weil mir gerade dieser Punkt wichtig ist und die Frage aufkommen könnte:
Wie kann ich als außenstehende Person helfen, was kann ich im eigenen Umfeld tun?

Verstehen, dass es sich hierbei um eine ernsthafte Krankheit handelt und sich selbst zum Profi machen. Wenn euch eine nahestehende Person wichtig ist und ihr helfen wollt, dann beschäftigt euch damit, macht euch irgendwie schlau darüber und versucht darüber Verständnis zu finden. Verständnis, das Schlüsselwort.


Eins ist mir sehr wichtig und möchte ich noch loswerden..
Ich bin super stolz auf jeden einzelnen, der Tag für Tag nicht aufgibt und sich irgendwie durch diese schwarze Wolke kämpft! Wenn ihr dieses Kapitel zum großen Teil hinter euch lassen könnt oder sogar damit (den Umständen entsprechend) leben könnt.. ihr seid echte Helden und könnt so einiges über Schmerz erzählen!

Nochmal vielen Dank für all die lieben Worte und das Verständnis.

Fabian
 

ranseier

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Wow. Das haut mich jetzt echt um, dass die Quote der Personen mit Depressionen anscheinend doch relativ hoch ist, hätte ich nie und nimmer gedacht. Ich finde es richtig mutig von Euch, dass ihr hier so offen über Euch und das Thema sprecht und hoffe, dass ihr das alle möglichst gut in Griff bekommt.

ranseier
 

tölkie

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Auch von mir Respekt. Ich hoffe der Zuspruch und die vielen ernsten Kommentare helfen Dir. Meine Mutter leidet darunter und so alle im Umfeld. Angststörungen sind ebenfalls in meinem Umfeld. Nicht so einfach für alle. Wichtig ist, proaktiv was zu tun und unbedingt Fachleute kontaktieren.. teils aber auch die Medikationen zu akzeptieren. Manchmal alternativlos. Allen alles Gute.
 

NaDa1988

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Wow. Das haut mich jetzt echt um, dass die Quote der Personen mit Depressionen anscheinend doch relativ hoch ist, hätte ich nie und nimmer gedacht. Ich finde es richtig mutig von Euch, dass ihr hier so offen über Euch und das Thema sprecht und hoffe, dass ihr das alle möglichst gut in Griff bekommt.

ranseier
Wichtiger Kommentar - viele, die nicht selbst oder im privaten Umfeld mit dem Thema Depression konfrontiert sind, können sich das überhaupt nicht vorstellen. Du willst gar nicht wissen, wie viele, tut mir leid, das jetzt so zu sagen, unqualifizierte Meinungen und Tipps ich von Außenstehenden bekommen habe, als ich akut in Depressionen hing. Das ging von sicherlich gut gemeinten, aber letztlich leider wertlosen Tipps, bis hin zu die Erkrankung völlig negierende, teilweise schon dreisten Anschuldigungen (fauler Sack; reiß dich mal zusammen; jeder hat mal schlechte Laune; ich habe es auch nicht leicht; Depressionen sind ne Modeerkrankung; ist doch nur ne Ausrede; dein "Problem" ist doch easy, ich wäre froh, wenn ich nur solche Probleme hätte etc.).
Das große Problem an Depressionen ist, dass man nicht generalisieren kann, wie schwerwiegend ein Problem für ein Individuum ist und wie es in der Person wirkt. Was für dich eine Nichtigkeit sein kann, kann einen depressiven Menschen in ein ganz tiefes, dunkles Tal ziehen, aus dem er nicht oder nur sehr, sehr schwer wieder herauskommt. Und trotz der prominenten Fälle in den letzten Jahren, ala Robert Enke etc, ist das Thema nicht in der Mitte der Gesellschaft angekommen und viele, viele Menschen halten es eigentlich für Humbug oder eine Randerscheinung...
 
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WildundFisch

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Ich klink mich mal ein und geb ungefragt meine Meinung und Ratschläge zum Besten (die sind jedoch nicht unqualifiziert, man munkelt ich hätte tatsächlich Ahnung; zum einen beruflich zum anderen einen schweren Fall der zur Berufsunfähigkeit geführt hat im nächsten Umfeld):

Erstmal: Depressionen sind eine ernste Sache, die deutlich schlechter Verstanden wird als viele #Experten behaupten. Es wird auch teilweise diskutiert ob Depressionen nicht schlicht ein Phänomen ist, das in den Symptomen erkennbar ist, jedoch viele Ursachen haben kann; von gestörter Hirnchemie, zu Hormondysbalancen, zu gestörtem Darmbiom, erhöhter allgemeiner Entzündungsrate bis hin zu metaphysischen Ursachen die aus Sinn- und bedeutungsverlust herrühren welche eben mit der Moderne und dem (für viele) Wegfall sinnstiftender Meta-Narrative einhergeht.
Zweifelsfrei besteht aber auch ein genetisches Korrelat als Risikofaktor, zum Teil wird der Scheiß auch einfach vererbt.
Weiterhin gibt's Depressionen in verschiedenen Schweregraden, die untereinander einen massiven Unterschied in der "Qualität" der Symptome aufweisen und auch unterschiedliche Behandlungsintensitäten erfordern.
Auch gibts so etwas wie Dysthymie, sprich eine anhaltende, dauerhafte Schwermütigkeit die in ihrer Symptomatik aber deutlich unterhalb der Depression anzusiedeln ist.

Das leute die selbst nicht betroffen sind Erkrankungen anderer kleinreden ist kein genuines Problem bei Depressiven, das ist irgendwie menschliches Verhalten. Ich selbst hatte mal mit schwerster Migräne zu kämpfen, bei meinem ersten Anfall auf der Arbeit bin ich kurzzeitig erblindet, hatte ne Gesichtslähmung und wurde mir Verdacht auf Schlaganfall ins Krankenhaus gebracht. Als ich zurückkam wurde mir gesagt "also wenn ich kopfweh hab hol ich ne ibu und es geht weiter!" Lel. Darf man einfach nicht an sich rauslassen sowas, auch wenns schwer fällt.

Gleichzeitig stecken in den oft plumpen Ratschlägen aber doch einige Körner Warheit:
"Geh mal vor die Tür", sprich Bewegung und Zeit in der Natur verbringen. Ein Spaziergang durch den Wald, vor geraumer Zeit der neueste Shice weil die Jabbaner etwas vom "Waldbaden" erzählen bewirkt tatsächlich eine Stimmungsaufhellung (und stärkt das Immunsystem).
Intensiver sport wirkt tatsächlich bei milden bis Moderaten Depressionen ähnlich gut wie Medikation, teils sogar besser. Hab vor kurzem erst ne Studie gesehen die festgestellt haben will, dass "Tanzen" extreme Effektsärken bei der Symptomverbesserung zeigt. Aber auch Laufen/Wandern oder Kraftsport können nachweislich zu einer Verbesserung der Symptome beitragen.

Teil 2 kommt.
 
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julian9988

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Vielen Dank, dass du deine Gedanken mit uns teilst und auch Leuten die Augen öffnest und zeigst, wie selbstverständlich man gewisse Dinge einfach hinnimmt. Ich für meinen Teil wünsche Dir schnelle Genesung und hoffe, dass du weiterhin dabei bleibst und zeitnah die Freude wiederfinden wirst, welche dich zu diesem tollen Hobby gebracht hat. Alles Gute!
 

WildundFisch

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Zur Medikation/Psycjopharmaka: Schwieriges Thema. Grade bei schweren Depressionen geht es aber meist nicht ohne. Würde ich jedoch grade als Mann nur als ultima Ratio betrachten da die Nebenwirkungen doch sehr heftig ausfallen können und manche Präparate hart aufs Testo hauen (niedriges Testo an sich ist ein Risikofaktor/Ursache für Depressionen oder depressive Symptomatik)
Dyskinesien bei Dopaminantagonisten sind auch nicht schön.
Wie gesagt, manchmal geht's nicht ohne, die gängige Verschreibungspraxis (teils vom Hausarzt ohne psychotherapeutische Begleitung) seh ich allerdings sehr kritisch. Ist am Ende immer ne individuelle Entscheidung.
Zumal z.b. bei Serotoninwiederaufnahmehemmern (SSRIs) die Theorie bezüglich Zielstrukturen mittlerweile doch sehr wackelig geworden ist. Die Serotoninhypothese hat besonders 2022 paar schwere Treffer abbekommen.
Aber wie gesagt: Wenn die Symptome wirklich unerträglich werden ist es besser medikamentös zu unterstützen bevor schlimmeres passiert. Aber immer in fachkundiger Begleitung, denn manche Präparate führen sehr schnell zu einer Antriebssteigerung, die Stimmungsaufhellung jedoch braucht nen höheren Spiegel und stellt sich später ein; mit der Folge das Suizidale Patienten sich in dieser kritischen Zeit häufig das Leben nehmen.

Aber genug schwarzmalerei. Was sind meine ungefragten Ratschläge?
Lasst euren Testowert checken. Warum auch immer hat das kein Arzt und kein Psychologe aufm Schirm. Historisch niedrige Testowerte in der Bevölkerung bei gleichzeitig extremer Häufung von Depressionen überall in der westlichen Welt...hmhm.

Esst vernünftig. Achtet auf die Zufuhr von sogenannten Meatbased bioactive compounds. Für L-Carnosin z.b. gibt es vielversprechende Forschung, die besagt dass dieser Stoff eine Therapie sinnvoll unterstützen kann.

Macht Sport/bewegt euch. Hab ich oben schon geschrieben.

Sucht euch ein Sinnstiftendes metanarrativ und echte Beziehungen/Gemeinschaft und lasst euch da auch nicht dumm reinquatschen. Einsamkeit/Atomisierung ist nicht hilfreich bei der Sache und man mag sich noch so viel über z.B. religiöse Menschen lustig machen wie man will: die sind im Schnitt gesünder, leben länger und haben weniger Huddel mit psych. Erkrankungen. Was ein Sinn im Leben so alles anstellen kann.

Und letztens: Ich weiß es ist sehr schwer solche Ratschläge umzusetzen, manchmal ist es schon ne Herausforderung Duschen zu gehen oder sich die Zähne zu putzen. Aber eins dürft ihr niemals tun: In selbstmitleid verfallen. Selbstmitleid ist Seelengift und wird euch im Loch halten wie nichts anderes. Stresst euch nicht wenn ihr grade im finstersten Tal seid, aber sobald es aufwärts geht versucht wieder Gas zu geben und in positive Routinen zu kommen. Das schafft Reserven für das nächste Mal.

Ich hoffe mein Text war nicht zu Übergriffig, ich wünsche euch von Herzen alles Gute, man kann es da raus schaffen.

Nichts hält ewig, nichtmal der schlimmste Schub.
 

PikeDentist

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Heftig. Da öffnet man nichts ahnend das Barsch Alarm Forum um ganz unschuldig seinen Fix an Tackle, Fangfotos und -berichten zu bekommen und wird dann mit den wirklich wichtigen Themen des Lebens konfrontiert.
Und dann auch noch eines, was gerne und besonders bei Männer, ungern angesprochen oder im schlimmsten Falle verschwiegen wird.

Man vergisst manchmal für einen kurz Moment, dass hinter all den ganzen Tacklenerds und Angeljunkies hier komplexe Individuen stecken mit ganz realen Problemen abseits von Abrissen an der Steinpackung und verlängerten Lieferzeiten des neusten JDM Krams.
Extrem starker und vor allem wichtiger Beitrag und ganz viel Respekt an alle, die sich hier geöffnet haben.

Man sollte sich immer vor Augen halten, dass Depressionen kein seltenes Einhorn sind, sondern etwa 5 Millionen Deutsche (Deutsche Depressionshilfe) davon betroffen sind.
Gerade Männer (da muss ich auch an meine eigene Nase fassen) haben oft Schwierigkeiten über ihre Gefühle zu reden bzw. sich Anderen wirklich zu öffnen.
Ich glaube viele, von denen man es vielleicht gar nicht erahnen würde, bräuchten gerade am Anfang jemanden mit denen sie diesen ersten Schritt machen können und da kann ein einfaches "Wie geht es dir...wirklich?" einen weiten weg gehen.

Wünsche allen Betroffenen alles Gute!
 

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