Wie es gerade läuft ?
So:
3 Tage Holland mit Familie. Kleines Haus, umgeben von einem Kanalsystem. Wir waren im Sommer schon einmal dort, an einer Mündung ließen sich ein guter Zander und ein dicker Hecht zum Anbiss überreden. Diese Kanalmündung hatte es mir angetan. Die Fänge waren nicht berauschend, aber es war ja auch Sommer... jetzt sollte es noch besser laufen.
Tag 1
Vormittags und Abends jeweils ca. 3 Stunden gekurbelt, vornehmlich an der Kanalmündung. Diese Stelle unterscheidet sich nachhaltig von dem sonst monotonen und wie mit dem Lineal gezogenen Kanal. Hier oder nirgens. Ergebnis: Null Aktion. Null Fisch.
Einige lustlose Würfe an anderen Stellen brachten das gleiche Ergebnis wie an der Mündung.
Wo sind die Fische ?
Tag 2
Vormittags und Abends jeweils ca. 2,5 Stunden gekurbelt, vornehmlich an der Kanalmündung. Weil wie bekannt : diese Stelle unterscheidet sich nachhaltig von dem sonst monotonen und wie mit dem Lineal gezogenen Kanal. Hier oder nirgens.
Vormittags; Null Aktion. Null Fisch.
Abends nach vielen Stunden des Kurbelns im Zen-Modus eine Sensation :: Einschlag auf einen Spinner ! Alarm ! Ein Barsch ! Ein Fisch !
Kurz den Gebetsteppich ausgerollt, weitergefischt bis in die Dunkelheit. Der Barsch sollte es gewesen sein für diesen Tag.
Wo sind die Fische ?
Tag 3
Die Stimmung ist nicht die beste.
Nagende Zweifel.
An mir. Am Gewässer. Am Gerät. An meinen Fähigkeiten zu fischen. Wie soll ein Raubfisch in diesem moorschwarzen Wasser mit einer Sichttiefe von 0,5 cm auf Kunstköder abgehen ? Gibt es in diesem Kanal überhaupt einen nennenswerten Raubfischbestand ? Warum sehe ich kaum andere Angler, und wenn dann Stipper ? Haben die Fische den Kanal in einen der angrenzenden Seen verlassen ? Am Abend geht es zurück nach Hause. Ein Barsch in drei Tagen ? In Holland ?
In der Nacht ist ein heftiger Sturm aufgezogen. Zwischendurch regnet es wie aus Eimern.
Wieder fahre ich vormittags zur Kanalmündung. Der Wind baut sich hier richtig auf. Ich versuche zu fischen. Der sturmbedingte Schnurbogen ist teilweise größer als die Wurfweite. Ein kontrolliertes Fischen ist kaum möglich, Gufi-Kontakt schon gar nicht. Also Metall. Nix. Es fängt an zu schütten.
Ich gebe auf.
Im Auto angekommen beschließe ich, dem Kanal an einer anderen, "windgeschützten" Stelle eine letzte Chance zu geben.
Direkt neben dem Kanal verläuft eine asphaltierte , wenig befahrene Straße. Die fahre ich im Schritttempo ab, mit einem Auge den umherfliegenden Ästen ausweichend und mit dem anderen Auge aufs Wasser schauend. Nach einigen Kilometern passiere ich einen völlig unscheinbaren Einlauf. Aus dem Einlauf fließt eine kleine Menge Regenwasser in den Kanal. Das Regenwasser färbt den sonst tiefschwarzen Kanal mit einer wenigen Quadratmeter großen milchkaffeefarbenen Wolke. Vollbremsung, von 6 kmh auf Null.
Hier will ich angeln.
Der dritte Wurf eines FSI in den Milchkaffee bringt einen Tock, in dem folgenden Anhieb entladen sich 3 ereignislose nahezu fischfreie Tage. Ein Zander, etwa doppelt so groß wie der FSI kommt ans Tageslicht. Nach einem befreiendem "Hallejuja" GuFi-Größe verdreifacht.
Was dann passiert, ist kaum zu beschreiben. Von 10 Würfen bringt mindestens einer den ersehnten Tock. Die Zander stehen hier und jetzt gestapelt - und sie haben richtig Hunger.
Ich fange Fische aller Größen, von "klein aber fein" bis "fettes Teil".
Nachdem mir das klar geworden ist, fange ich an zu experimentieren. Die Sternstunde nutzen um zu lernen. Fischgröße, Paddel, Gewicht und Farbe werden häufiger gewechselt.
Einige Farben oder Gewicht bringen sofort den Tock, bei anderen passiert nichts. Die GuFi-Größe und die Führung spielen kaum eine Rolle, die Paddelgröße und das Gewicht des Bleikopfes eine extrem wichtige.Die Farbe ebenfalls - und das bei tiefschwarzem Wasser.
Ich lerne so viel wie selten. Ich beginne zu verstehen.
Nach 2 Stunden im "Tock-Rausch" fällt mir auf, das ich noch nicht gefrühtstückt und richtig Hunger habe.
Sehr zufrieden fahre ich zur Familie etwas essen.
Ich muss sofort wieder los. Dahin. An diese Stelle. Meine Frau versteht das zum Glück. Eine Stunde später stehe ich wieder an der eher unscheinbaren Milchkaffeewolke. Zuhause habe ich rasch den aus den Erkenntnissen des Vormittags den "perfekten" GuFi mit einem "perfekten" Gewicht für diesen Tag und diese Stelle mit diesem Beißverhalten vorbereitet. Ein Stinger ist nicht notwendig, eher hinderlich. Die Fische inhalieren nahezu jede Gufi-Größe. Entsprechend groß ist der Gufi.
Zurück am Latte Macciato.
Sturm. Es nieselt.
Beim dritten Wurf erfolgt mitten in der Wolke ein brachialer Einschlag. Der Fisch nimmt an harter Bremse Schnur. Das muss ein Meterhecht sein.
Kurze Zeit später zeigt sich ein sehr guter, nicht sonderlich langer aber unglaublich fetter Zander an der Oberfläche.. Der Fisch macht richtig Alarm. Er kann gekeschert werden.
Ich fische noch einige Zeit weiter, einige kleinere Fische folgen.
Mitten in dieser Beißorgie höre ich auf zu fischen. Es ist jetzt gut. Ich bin zutiefst zufrieden. Meine Akkus sind nun für zahllose Tage ohne "Tock" geladen. JETZT können wir zurück nach Deutschland.
So läuft es momentan bei mir
.
Gruß
BM
PS Inzwischen habe ich einige Stunden erfolglos an der heimischen Kiesgrube zugebracht - mit einem blöden Grinsen im Gesicht - die Akkus sind noch voll