Schönes Thema !
Mir fallen so viele Höhepunkte und elektrisierende Momente ein, ich kann mich nicht entscheiden. Ich sortiere von “gaaanz früher” nach heute versuche, mich kurz zu fassen:
1. “Wir sind hier”
Meine alte “Liebe”, ein mittelbreiter Fluss von 10-15 m. Ich fische -in diesem Flussabschnitt damals noch als Einziger , Boilies kannte damals kaum jemand- gezielt auf Karpfen und sitze an einem großartigen warmen Sommerabend – seit Tagen keine Menschenseele gesehen – an einer kräftig drehenden, aber sonst spiegelglatten Buhne (die ich ohne Vorfüttern bei meiner Ankunft für diese Session unter Futter gesetzt habe) auf Karpfen. Abgesehen von der langsam und grandios im knallroten, wolkenfreien Himmel untergehenden Sonne passiert seit Stunden nix. Keine singenden Vögel, selbst die Mücken wollen nicht.
Meine Gedanken drehen sich seit Stunden um die gleichen Fragen:
Gibt es in diesem Gewässer einen nennenswerten Karpfenbestand ?
Wenn ja: Wo treiben sie sich rum ?
Werden sie meine (damals noch selbstgedrehten) Boilies mögen ?
Sitze ich vielleicht völlig falsch ? Kann ich hier fangen, ohne vorzufüttern ?
Plötzlich taucht lautlos, am Rande der Buhne im Flachwasser ein die Oberfläche durchbrechender wirklich großer, nix anderes als reingoldener Spiegler auf, um irgendwas in Seelenruhe von der Oberfläche zu schlürfen. In diesem Licht wirkte der Fisch wie ein riesiger Goldbarren, der lautlos für einige Sekunden die Oberfläche durchbricht. Innerlich schreie , ach wat brülle ich “Yes, yes, yes !” .
Gefangen habe ich in dieser Nacht nix, was völlig egal war.
2. “Nicht nur ursprünglich, sondern auch voller Schätze”
Gleicher Fluss, einen Kilometer stromab. Hier gibt es eines der Wehre, versehen mit einer völlig untauglichen Fischtreppe. Die Strömung unterhalb des Wehres ist enorm, was zahlreiche Hechte dieses Gewässers nicht davon abhält, wenige Meter unterhalb des Wehres auf die Jagd zu gehen. So fische ich wie schon sehr oft an diesem Wehr mit dem Top-Köder für diese Stelle - einem Effzett (=Metalllöffel)- auf Hecht. Wer hier grundnah mit Gummi fischt, hat sofort einen Abriss. Sofort- darauf setze ich jede Summe. Nach einer ereignislosen halben Stunde wird der Effzett sehr untypisch abgegriffen. Der Fisch benimmt sich völlig anders als ein Hecht. Er nimmt trotz gefühlter eher geringer Masse sofort Schnur. Nach wenigen Minuten liegt er im Kescher. Im Netz liegt ein ca. 70 cm langer, silberner Fisch mit kleinen Schuppen, schwarzen Punkten (aus der Nähe eher sternförmig) und einem vorgeschobenen Unterkiefer. So einen Fisch habe ich noch nie gesehen. Ich vermute einen Salmoniden, hatte aber noch nie einen gefangen – Forellenpuffs sind mir zuwider. Kurzer Anruf bei einem Kenner: Meerforelle.
In meiner Dämlichkeit setze ich ihn UNTERHALB des Wehres zurück. Das tat ich mit den weiteren Fischen bis 80 cm, die ich in den nächsten Stunden fing NICHT, die wurden OBERHALB des Wehres zurück gesetzt. Meerforelle = “Fisch der 1000 Würfe – kann ich nicht bestätigen

.
An diesem Abend saß ich noch lange bis in die Dunkelheit ohne zu fischen vor dem Wehr und dachte an dickbäuchige, wenig bewegliche und kaum noch fischende Angler im fortgeschrittenen Alter, die vor vielen Jahren mit viel Zeit, Sachkenntnis und Engagement in maroden, miefigen Holzhütten Salmonideneier erbrüten, die Brut aufziehen und sie in irgendwelchen Rinnsaalen, die in diesem Fluss münden aussetzen – und hatte ein tiefes Gefühl der Dankbarkeit. Wahrscheinlich lebten sie gar nicht mehr - und ich durfte "ihr Erbe" fangen.
Mir fällt noch so vieles ein, ich höre mal besser auf, sorry, ist länger geworden…
Gruß
BM