Fangberichte Zwei Angeljunkies tingeln um die Hauptsstadt
Auf meinem Display erscheint Tinsen’s Nummer. Ich ahne schon sein Anliegen. Er will die morgige Tour wegen Dauerregen absagen. Ehrlich gesagt steigern die vorhergesagten 4 Grad, bei gelegentlichen Graupelschauern, auch bei mir nicht die Lust. Nur, von alleine springen einem die Hechte auch nicht an die Köder. Also reiße ich mich zusammen und geh an den Apparat: „Alter voll krasses Hechtwetter – die werden morgen wie verrückt beißen“ kurze Pause am anderen Ende, dann: „Äh, ja – äh, o.k., äh, treffen wir uns um 6:00 bei mir“. Puh! Die erste Hürde ist genommen…
Pünktlich um 6:15 verstauen wir unser Tackle im nagelneuen Supertinsenmobil und los geht’s. Die halbe Stunde Fahrt vergeht schnell, da wir die aktuellen Neuigkeiten austauschen – es gibt immer viel zu besprechen. Als erstes wollen wir die Hechte in der Müggelspree bei Hangelsberg. mit unseren Jerks betören. Systematisch arbeiten wir uns am Ufer entlang. Stelle für Stelle wird sorgfältig abgeworfen…
Da der Fluss naturbelassen ist, bieten sich uns viele Möglichkeiten, potentielle Hechtstandplätze anzuwerfen. Obwohl die Wetterfrösche voll ins Schwarze getroffen haben, macht die Sache reichlich Spaß.
Doch dann kommt der erste satte Dämpfer. Ich möchte eine schöne Kehrströmung schräg gegenüber anwerfen. Ziel nehmen, Auswurf und Volltreffer – mein Cobb hängt in 5m Höhe mitten im Geäst. Lange Rede, kurzer Sinn. Es war nichts mehr zu machen. Der Baum ist jetzt stilvoll geschmückt.
Während meiner verzweifelten Köderrettungsperformance fängt Tinsen an, seine geilen Köder photogen in Szene zu setzten. Könnte mir vorstellen, dass er euch demnächst mit einem feinen Artikel beglücken wird.
Eine knappe Stunde jerken wir ohne Fischkontakt weiter, dann geht’s zügig zurück zum Auto. Eigentlich wollen wir noch einen Altarm ansteuern, da dies aber mit einem halbstündigen Fußmarsch im strömenden Regen verbunden wäre, fahren wir direkt an die Kiesgrube bei Spreenhagern. Dort dürfen wir mit dem Auto bis auf 10m ranfahren – optimale Bedingungen.
In der Gegend müssen Biber ihr Zuhause gefunden haben. Zahlreiche Bäume sind von den Tieren gefällt worden und liegen im Wasser. Hat nicht in jedem versunkenen Baum mindestens ein Hecht seinen Standplatz? Heute haben wir es nicht wirklich rausfinden können.
In der Hoffnung, einen der Biber zu sehen, frage ich Tinsen, ob Biber Winterschlaf halten. Darauf bekomme ich folgende Aufklärung: „Mann, was weiß denn ich. Was glaubst du, warum ich als Kaufmann mein Geld verdiene?“ Um diese Erkenntnis reicher, wird gejerkt, was das Zeug hält. Systematisch werden alle Hotspots abgefischt. Einen spontanen Jerkweitwurfwettbewerb kann ich ganz knapp für mich entscheiden. Dann endlich, nach über 5h, der erste Hecht! Zwar nur ‚DAV-Gewässer-Durchschnittsgröße’, aber dafür entschneidert er mich.
Das tut gut! Frisch motiviert angeln wir noch ohne einen weiteren Kontakt den Rest des Gewässers ab und laufen zurück zum Auto. Schließlich möchten wir noch wenigstens ein weiteres Gewässer ‚anjerken’!
Trotz Navigationssystem dauert die Anfahrt länger als erwartet, und als wir am Wasser stehen, bleibt uns noch eine knappe Dreiviertelstunde bis zum Einbruch der Dunkelheit. Wir haben uns für die Schilfseite eines Sees entschieden, der im Sommer stark verkrautet, mittlerweile aber wieder gut zu beangeln ist. Um gleichzeitig eine möglichst große Fläche abzuangeln, teilen wir uns auf unterschiedliche Stege auf.
Mein erster Wurf bringt nix. In mir steigt das Gefühl, dass demnächst was beisst. Wahrscheinlich kennt ihr auch diesen Instinkt aus den Tiefen des Bauches, dass jetzt die Hechte auf der Jagd sind. Also feuere ich meinen Slider mit voller Wucht parallel zum Schilf raus. Die Wurfbremse ist noch vom Jerkweitwurfwettbewerb geöffnet, was sich jetzt bitter rächt: Perücke und Abriss. Mitten in der Beißzeit bin ich außer Gefecht. MIST!
Auf einmal geht alles ganz schnell.
Ich bin gerade noch dabei ein neues Vorfach anzuknüpfen, als ich aus Tinsens Richtung die liebste Musik eines jeden Jerkanglers höre. Ein guter Hecht durchbricht laut die Wasseroberfläche, als er sich auf Tinsens Köder stürzt. Dazu ein Freudenschrei von Tinsen. Der Fisch hängt! Ich lasse alles stehen und liegen und laufe rüber um ein paar Fotos zu machen.
Schöner Fang! Und beide entschneidert – was will man mehr? Auch Tinsen steckt jetzt komplett im Jagdfieber. Ich hole schnell mein Tackle und wir gehen gemeinsam auf einen weiteren Steg. Tinsens erster Wurf vors Schilf bringt eine saubere Fehlattacke, wir bekommen beide zittrige Hände vor Aufregung. Während ich die Stelle weiter beangele, wechselt Tinsen nochmals den Steg. Keine 5 Minuten später höre ich von ihm erneut einen Freudenschrei – der Teufelskerl hat schon wieder einen. Und was für ein schönes Exemplar!
Wir machen anschließend noch ein paar Würfe, doch die mittlerweile hereingebrochene Dunkelheit beendet diesen super Angeltag. Vorsichtig tapsen wir durch den finsteren Wald (die Stirnlampen liegen natürlich im Wagen) zum Auto zurück.
„Es war voll krasses Hechtwetter – die haben doch noch wie verrückt gebissen…“