Barsch Zeitlupensuspendern auf Winter-Barsche
Kennt ihr das? Gestern habt ihr mit Gummifischen noch richtig gut gefangen. Ihr kommt ans Wasser. Seid heiß. Und so sicher. Schließlich habt ihr das Tackle noch mal exakt auf die Angelsituation abgestimmt.Erster Wurf. Die Vorfreude kennt keine Grenzen. Weil: Gleich knallts ja. Hmmmmm. Okaaaaay. Dann halt beim zweiten Versuch. Nein?! Ihr wechselt Formen, Größen, Gewichte und Farben. Mal ein Fehlbiss. Mal ein kleiner Huscher. Dafür aber regelmäßig Brassenkontakt.
Kann sein, dass die Barsche nicht da sind. Viel wahrscheinlicher aber ist es, dass sie sich ins Mittelwasser verdrückt haben. Auf die Idee hat uns ein netter Schwabe names Micha gebracht, den mein Kumpel Jochen an der Havel kennen gelernt hat. Micha fing beim Testen seiner neuen Baitcaster-Kombo mit seinen Suspendern die Barsche aus der oberen Wasserschicht heraus. Die dazu passende Theorie kommt von Jochen: Wenn
die Barschspots von großen Brassenschwärmen heimgesucht werden, werden die Barsche ins Mittelwasser vertrieben.
Der Verdacht, dass es einen Zusammenhang zwischen Brassenkontakten auf Gufi und Barschfängen im Mittelwasser gibt, hat sich inzwischen erhärtet. Wobbler haben während der großen Havel-Brassen-Invasionen meistens viel besser gefangen. Und darüber hinaus auch viel weniger ungewollte Kollisionen mit Friedfischen verursacht als ein Gummifisch. Vorausgesetzt, es waren extrem langsam geführte Suspender…
Inaktive Barsche
Kaltes Wasser führt dazu, dass der Stoffwechsel aller Fische nach unten gefahren wird und dass wilde Jagdszenarien deshalb ausbleiben. Man hat es also primär mit inaktiven Fischen zu tun. Innaktive Barsche haben einen viel kleineren Aktionsradius als raubende. Das bedeutet für unsere Köder, dass sie viel länger in ihrer Nähe spielen muss. Verfolgen werden ihn die Fische jedenfalls nicht. Sobald der Köder aus dem unmittelbaren Gesichtfeld herausbewegt hat, sinkt die Chance auf einen Zugriff gegen null. Wenn sich aber ein vermeintliches Beutefischchen lange genug im Sichtfenster der Barsche aufhält, stehen die Chancen gut, dass sich irgendwann einer aus der faulen Meute darauf stürzt und die Sache in Schwung kommt.
Diese Mission ist wie geschaffen für schwebende Wobbler. Das Besondere an den Suspendern ist, dass sie so sauber ausbalanciert sind, dass sie bei Spinnstopps waagrecht im Wasser liegen. Die meisten Suspender halten ihre Balance im Wasser durch integrierte Kugeln. Aber das ist nicht die einzige Funktion der Füllung:
• Die Kugeln geben Geräusche von sich, wenn sie beim Anzupfen des Köders gegeneinander prallen.
• Beim durch einen langen Spinnstop erzeugten „Ausrollen“ vibriert der Köder kaum wahrnehmbar.
• Dadurch, dass sie in das während des Fluges vorne befindliche Wobblerende rutschen, sorgen die Kugeln auch bei kleinen Wobblern für eine stabile Flugbahn beim Auswurf.
Unsere bevorzugten Winter-Barsch-Suspender sind zwischen 5 bis 9 cm lang, schlank und kommen in unauffälligen Farbdekors (z.B. Ayu, Aurora Brown, Ghost) oder als Weißfischimitate (z.B. American Shad, Herring, Silver Shiner) daher. Hier mal ein paar Farbvorschläge aus dem Hause Lucky Craft:
Köderführung
Ihre wahre Stärke entfalten Suspender, wenn man mit ihnen spielt und sie wie ein angeschlagenes Fischchen agieren lässt. Im Winter muss der Köder ein bisschen zittern, ein bisschen zucken und dann eine Weile leblos im Wasser schweben.
Nach dem Auswurf bringt man den Wobbler dazu durch gleichmäßiges Einkurbeln auf Tiefe. Dabei wird die Rutenspitze schon abgesenkt, so dass sie aufs Wasser zeigt. Und dann folgt der bereits beschriebene Mix aus Zittern, Zucken und Verharren.
Zittern: Um den Köder auf der Stelle vibrieren zu lassen, versetzt man die Rutenspitze mit einem Zittern aus dem Handgelenk minimal in Schwingung. Diese Vibration überträgt sich über die Schnur auf den Köder, der jetzt dasteht wie ein Fischchen, das seinem Henker vor Angst bibbernd in die Augen sieht.
Zucken: Dezente Zupfer aus der Rutenspitze in die minimal erschlaffte Schnur lassen den Suspender kurz ausbrechen. Das sieht aus wie eine letzte Flucht, ein kurzes Aufbäumen gegen den finalen Zapfenstreich. Von diesem Zucken geht außerdem eine Lockwirkung aus, da der Wobbler leicht kippt und seine Flanken aufblitzen.
Verharren: Nach jeder Aktion lässt man den Wobbler eine Weile auf der Stelle stehen. Für den Barsch ist der kleine Fisch nun gerade gestorben und stellt eine frische aber dennoch sehr einfach zu greifende Mahlzeit dar. Und tatsächlich kommen die meisten Bisse, wenn die Barsche ihre Beute leblos vor sich sehen. Die Pausen können eigentlich gar nicht lange genug dauern. Manchmal erfolgt der Zugriff erst nach 10 Sekunden des Verharrens. Womöglich, weil der Barsch erst dann davon überzeugt ist, dass er dem Fisch nicht auch noch hinterher jagen muss, wo das Verdauen an sich ja schon anstrengend genug ist.
Bisserkennung
Da die Fische hier häufig direkt vor unseren Füßen beißen, konnten wir viele Bisse live beobachten und die Ausbeute dadurch steigern. Denn die Bisse kommen jetzt oft alles andere als brachial. Viel häufiger schieben sich die Barsche an den Köder heran und knabbern ihn an, als dass sie ihn hemmungslos inhalieren. Oft kann man diese Attacken kaum spüren. Aber man kann sie sehen. Im Nahbereich hat man im klaren Winterwasser mit einer Polbrille die Chance, direkt die zaghaften Attacken auf den Wobbler zu verfolgen. Wenn der Wobbler weiter draußen ist, ist die Beobachtung der Schnur das einzige Mittel der Bisserkennung.
Wobei sich die Fische in den seltensten Fällen mit einem kräftigen Zucken an der auf Halbspannung gehaltenen Sehne verraten. Manchmal ist es nur eine kleine Verschiebung des Einstichs ins Wasser oder ein Zusammenklappen des leichten Schnurbogens. Im Zweifel also: Nicht lange nachdenken und stattdessen mit einem leichten Anhieb auf Tuchfühlung gehen.
Hardware
Grundvoraussetzung für den immensen Spaß, den man beim Suspendern haben kann, sind kurze und relativ steife Ruten, mit denen man die kurzen Zupfer aus der Rutenspitze am besten ausführen kann. Denn es sieht wirklich anders aus, wenn man einen Suspender mit zur Seite zeigender oder mit nach unten gerichteter Rutenspitze anzupft. Die kleinen Suspender wiegen oft nicht mehr als 5 Gramm. Um diese Leichtgewichte den ganzen Tag locker aus dem Handgelenk zu werfen und einzuzupfen, verwende ich eine ultraleichte Spinnrute von maximal 1,8 m Länge mit einer schnellen Spitzenaktion auszeichnen. Solche Ruten müssen gar nicht teuer sein. Eine tolle Einsteigerrute ist zum Beispiel die Cherrywood Spinning von Berkley (Länge: 1,8 m / WG: 4 bis 16 Gramm / ca. 30 Euro).
Dazu passt eine kleine Stationärrolle, auf die ich am liebsten eine ganz dünne Geflochtene spule (z.B. 0,06er Crystal Fireline), mit der ich die sehr zaghaften Bisse noch einigermaßen wahrnehme. Ein ca. 1 m langes Stück 18er bis 23er Fluorocarbon (Berkley Vanish) als Vorfach ist im klaren Winterwasser oft fangentscheidend.
Extra-Tipp: Weil die Barsche so zaghaft zupacken, sind scharfe Haken unentbehrlich. Und so rüste ich alle Suspender mit einem Owner-Drilling aus, die nicht von Hause aus mit einem dem Schärfegebot entsprechenden Haken ausgestattet sind.