Meeresräuber Wolfsbarsch: Flusswölfe vom Ebro-Delta
Beitrag enthält WerbungDiesen Bericht habe ich für den Esox geschrieben und mit dem Titel „Finesse-Powerfishing auf Flusswolf“ versehen und ergänze ihn ein bisschen. U.a. weil User twokanu von dem Artikel inspiriert wurde und da demnächst angreift. Also los: Mit dem Wolfsbarsch assoziieren die meisten von uns Klippen, Brandung, Gischt, Mole, große Findlinge und viele Hänger. Für viele Barschangler steht ein Rendezvous mit der Salzwasserversion ganz oben auf der Agenda. Aber man weiß ja erstens nicht so recht wo man angreifen soll und zweitens sind die Versuche auch recht teuer. Ich habe mich auch ein bisschen mit der Materie beschäftigt, bevor ich „das Material“ für diesen Artikel fotografieren konnte.
Man kann nach Holland brettern und es in Rotterdam auf den Hafenmolen versuchen oder Trips von Amsterdam aus starten oder an der Oosterschelde. In Irland sollen die dicken ab Oktober beißen. In Frankreich habe ich sie als Kind schon auf den Inseln im Atlantik gesehen und vergeblich mit Tintenfischstreifen im Tangfeld beangelt. In Portugal stand ich am westlichsten Punkt Europas und habe nur Hornhechte gefangen beim Wolfsbarsch-Versuch. Dann liest man auch von Dänemark und nicht zuletzt von den deutschen Nordseeinseln wie Sylt und Baltrum. Es existieren auch Barsch-Alarm-Features, die zum Nachangeln einladen. Nicht zuletzt das grandios geschriebene und überrgend bebilderte Wolfsbarschabenteuer in Irland.
Allerdings: Nichts Genaues weiß man nicht. Man hört immer nur, dass es schwer ist, so ein silbernes Gerät mit dem Torpedokörper an die Angel zu zaubern. Abrisse. Fehlversuche. Noch mehr Leerwürfe als beim Mefoangeln – und spätestens da bin ich dann draußen. Ich brauche immer mal einen Biss. Umso erfreuter war ich, als mir mein Kumpel Max aka Krüppelschuster mitteilte, dass sein spanischer Kumpel Sergi nichts gegen einen weiteren Gast auf seinem Boot einzuwenden hatte. Die beiden kennen sich vom „CASPE BASS“, einem Schwarzbarsch-Turnier am Embalse de Mequinenza und haben sich zu einem gemeinsamen Wolfsbarschtrip verabredet. Und da wurde ich dann hellhörig: Sergi wohnt am Unterlauf de Ebro 50 m vom Wasser. Und genau vor seinem Haus liegt ein Topspot für Wolfsbarsche. Die Ansage war eine Wolfbarsch-Garantie. Angekündigt waren mehr als 10 Fische pro Tag. Auch kleine. Aber eben auch Fische von 2,5 Kilogramm. Bingo! Da bin ich dabei. Zumal ich zu der Zeit eh in Spanien weile.
Ebro Delta – eine kleine Reviereinführung
Wie alle Flüsse führt auch der Ebro seine Wassermassen ins Meer. Im unteren Bereich ist er zwischen 250 m und 1 km breit (Schätzung). Er mäandert ein bisschen, so dass man tiefe Außenkurven hat. Schilfgürtel säumen das Ufer. Reisfelder prägen die Szenerie (hier baut man einen großkörnigen Reis an). Es gibt Inseln mit viel Totholz und Brücken, unter denen es teilweise richtig tief ist. Das Ganze sieht mehr nach Schwarz- oder Flussbarsch aus oder nach Zander als nach Wolfsbarsch. Allerdings: Auf dem Echolot sieht man eine Trennlinie. Unter einem ca. 2 m hohen Süßwasserfilm liegt schweres Salzwasser. Und so kommt es, dass die spanischen Wasserwölfe auch 30 km vor der Ebromündung ins Meer zu fangen sind. Nur eben ganz anders als man sich das so vorstellt – mit Flussbarsch- und Schwarzbarschmethoden nämlich. Das sollte doch ganz unser Ding sein, oder?
Wolfsbarsch-Premiere
Wir hatten 1 ½ Tage Zeit. Max musste am Sonntag ja wieder nach Berlin. Freitag kamen wir zu spät an zum Angeln. Nachtangeln? Dazu sagte Sergi, dass nachts nur Ganoven angeln. Es gäbe leider ein paar Angler, die die Wolfsbarsche illegal an die Restaurants verkaufen. Diese Geierhälse würden natürlich bevorzugt im Schutze der Dunkelheit angeln. Mit denen wolle man nicht in einen Topf geworfen werden als ehrenvoller Angler. Außerdem sei das Schöne am Wolfsbarschangeln ja auch, dass man die Bisse oft sieht. Und so verabredeten wir uns nach einem krachenden Abend in einem hervorragenden Fischrestaurant um 6 Uhr im Hafen.
Soll ich euch erzählen, dass ich keinen Knoblauch mag (bzw. ihn hasse – bzw. allergisch bin und nach dem Verzehr nicht schlafen kann) und Sergi das im Vorfeld mitgeteilt habe? Und dass der Wirt extra alle Gänge für den komischen deutschen Gast in einer knoblauchfreien Variante zubereitet hat? Und dass es dann ganz schön peinlich war, die Schnecken und Muscheln an Sergi’s Frau, Sergi selbst und Max zu verteilen. Weil jedes Schleimtier esse ich ja nun auch wieder nicht (bzw. überhaupt keine Schleimdinger). Lieber nicht. Ist unpopulär und tatsächlich war’s etwas unangenehm bis peinlich.
Deshalb stürzen wir uns am besten gleich in den darauffolgenden Morgen: Da war es noch stockduster.
Und die Welt hat sich rotweinbedingt (der war sehr lecker – ich liebe Rioja) noch ein bisschen schneller gedreht als üblich. Also rauf aufs Bassboat und mit Vollgas zur Brücke. Danach waren wir hellwach. So richtig warm war es nämlich nicht an diesem Novembermorgen. Dabei war gestern doch noch T-Shirt-Wetter.
An der Brücke angekommen mussten wir konstatieren, dass der Topplatz schon belegt war. Wir versuchten dennoch unser Glück und Max behauptet auch heute noch steif und fest, dass er mehrere vorsichtige Bisse hatte. Aber ballern die Wolfsbarsche nicht voll auf die Köder, Sergi? Das hört man doch immer. Von wegen „knallharte Bisse“ und so. Sergi meint dazu, dass der Flusswolf da anders sortiert sei. Der nehme den Jig oft eher wie ein Bass erstmal auf und renne dann weg. Interessant. Waren die kleinen Rüttler, die ich für Streifschüsse von Beutefischen hielt etwa Bisse gewesen, die ich in Erwartung eine Ultratocks einfach ignoriert habe?
Max hat sie alle angeschlagen. Verwandeln konnte er aber auch keinen. Dann kam langsam das Licht. Ein herrlicher Sonnenaufgang. Der vielleicht schönste, dem ich bislang beiwohnen durfte.
Wir fuhren schnell (also wirklich schnell) noch ein bisschen stromauf, um einen von Sergis Lieblingsplätzen anzusteuern, wurden auf dem Weg dahin aber von auseinanderspritzenden Kleinfischen aufgehalten. Vollbremsung. E-Motor raus. Und Feuer frei. Zwei Toppis und ein flachlaufender Wobbler flogen Richtung Baitfischgewusel. Und dann fing Sergi auch schon der ersten Wolfsbarsch des Tages auf seinen Stickbait.
Einen Wurf später rummste es auf meinen Wobbler.
Kein Riese – aber der Anfang war gemacht und auch Max brauchte nicht lange, bis er den ersten Wolf gefangen hatte.
Allerdings gab es Fehlbisse und halbherzige Attacken. Das sei schlecht, meinte Sergi. In Normalform beißen die Wölfe echt aggressiv und hängen dann auch am Haken. Er sollte Recht behalten: Unsere mit Voranschreiten des Angelausflugs immer rasanter von der Uhr rennende Angelzeit war geprägt von Fehlbissen, Nachläufern und teilweise dramatischen Fischverlusten. Auf der anderen Seite hatte ich im Vorfeld nicht mit so vielen Attacken und Fischbegegnungen gerechnet. Da war ganz schön was los.
„Maximale“ Power-Finessen
Nachdem wir mit überschaubaren Erfolg ein paar von Sergis „kleinen“ Hotspots abgegrast hatten, war elektromotorunterstütztes Driftangeln angesagt. Dabei steuert Sergi das Boot mit relativ hoher Geschwindigkeit an heißen Uferstreifen entlang oder um die Inseln herum und dann wird geworfen.
Es zählen dann meistens nur die ersten Meter. Denn auch die Wolfbarsche stehen gern „im Cover“, wo sie sich sicher fühlen und von wo aus sie schnelle Angriffe auf vorbeiziehende Beutefische (kleine Meeräschen und Weißfische) fahren können. Sergi empfiehlt hier Crankbaits, Twitchbaits, Spinnerbaits oder Oberflächenköder (Stickbaits mehr als Popper). Ich hatte viele Attacken auf einen klassischen Spinner (4er Vibrax).
Den Knallerköder der Angelsession hatte aber Max im Gepäck. Mit seinem grauen Softjerk (Do Live Stick in 5 Inch) hat er die zickig beißenden Wolfsbarsche gefangen, die die anderen Köder nur angestoßen, verflogt oder zaghaft angetestet haben.
Ein weiteres Beispiel dafür, dass eine umfassende (Schwarz-)Barsch-Ausbildung (Max fischt in Brandenburg viel auf Barsch) ein Methoden-Repertoire mit sich bringt, aus dem man nur die richtigen Register ziehen muss, um sich in neuen Angelsituationen zurecht zu finden.
Zum Ende hin fischten auch Sergi und ich mit dem im Zickzack-Kurs durchs Wasser schießenden Softjerk. Die größten Fische aber blieben dem „Erfinder“ des Finesse-Powerfishing „el Profesor“ Max vorbehalten, der zu allem und jenen eine Theorie hat und das ganze Wirrwarr im Kopf mit grandioser Angeltechnik kombiniert und in tolle Fangergebnisse überführt.
Wenn er auf dem Wasser auch mal einen Spruch dafür kassiert, muss so viel Lob an dieser Stelle sein. Aber zurück zu Flusswolf bzw. zum Powerfishing auf ebenjenen: Nachdem wir die Uferstreifen abgeangelt hatten, war Flächenfischen angesagt. Und zwar verhält es sich so, dass die vielen Grasfelder im November langsam absterben. Eines nach dem nächsten. In manchen Bereichen aber halten sie die „Seegraswiesen“ länger. Hier hält sich dann viel Kleinfisch auf. Dementsprechend stellen diese 1 bis 2,5 m tiefen und teilweise mehrere Fußballfelder großen Zonen Haltestellen dar, die die Wölfe auf ihrem Zug Richtung Meer (irgendwann im Winter ziehen sie zum Laichen aus dem Fluss ins Salzwasser) für ein paar Wochen einnehmen.
Auch hier driftet Sergi mit großer Geschwindigkeit drüber, um Fisch auf Fisch einzukassieren. Topköder: Stickbaits und – in unserem Fall – der Do Live Stick. Aber auch mit dem Spinner habe ich viele Bisse bekommen und einen sehr schönen Fisch draufgehabt. (Ich hatte irgendwann mal keinen Bock mehr auf die Walking-The-Dog-Schlagerei und fand das Durchkurbeln sehr entspannend.)
Fangergebnis: In den eineinhalb Tagen haben wir bestimmt 30 Wolfbarsche im Boot gehabt. Viele kleine zwar, aber auch gute Fische von über 50 Zentimeter. Ich habe zwei schöne Fische verloren und darf mich darüber freuen, dass ich noch Luft nach oben habe. Max hatte tatsächlich einen ganz Dicken von 2,5 bis 3 kg drauf, der nach rasantem Drill vorm Boot ausgestiegen ist. Insgesamt war das mehr als wir erwartet hatten und jetzt sind wir leider angefixt. Da werden weitere Wolfsbarsch-Exkursionen folgen. Für eine erste Einführung ins Thema war dieser Trip perfekt.
Nachangeln möglich!
Na klar macht euch das jetzt Lust auf Flusswolf. Weiß ich doch. Deshalb habe ich Sergi dazu überredet, dass er euch an seinen freien Tagen seine Dienste anbietet. Er ruft dazu einen sehr fairen Kurs auf: 250 Euro für 2 Personen. Das Doppelzimmer im Hotel neben der Slipanlage ist auch recht günstig. Mietwägen und Flüge sind in der Off-Season ebenfalls nicht teuer und die Fahrt von Barcelona nach Amposta dauert nicht mal 2 Stunden. Bei Interesse meldet euch bei Sergi Subirats Chavarria (Mail: sergi_subirats@hotmail.com / Telefon und WhatsApp: 0034660846762). Er spricht so gut Englisch, dass die Verständigung kein Problem darstellt. Saison ist von April bis Dezember. Kernzeit von September bis Ende November.