Hecht Winter in Schweden – alles andere als langweilig!
Tja, während die meisten von Euch in Deutschland im Winter Ihre Angelsachen im Keller oder in der Garage verstauen bieten sich mir in Schweden in der Region Smland jede Menge toller Angelmöglichkeiten. Die Angelart ist abhängig davon wie kalt der Winter ist und wie viel Eis wir haben. Die letzten Jahre war es eher „mild“ und viele Gewässer sind gar nicht oder erst sehr spät zugefroren.
In diesem Fall lässt es sich hervorragend an der Küste in der Ostsee auf Meerforellen angeln. Zwar sind die meisten Fische die man im Winter fängt etwas kleiner als die Fische die man im Frühjahr oder Herbst an die Angel bekommt aber bei Gewichten zwischen 1,5 – 3,0 kg sollte man sich nicht beklagen! Außerdem handelt es sich dabei zu 100 % um silberne Torpedos, voller Kraft und Eleganz und mit etwas Glück sind auch Fische bis 10 kg möglich.
Wer es eher auf Fische in dieser Gewichtsklasse abgesehen hat sollte einen Versuch am Vänern oder Vättern beim Trolling versuchen. Zwar handelt es sich bei den gefangenen Fischen dann nicht um Meerforellen sondern um Lachse, welche gerade im Winter regelmäßig in dieser Gewichtsklasse erbeutet werden, aber ich glaube das würde Euch nicht sonderlich stören. Als „Beifang“ geht hier und dort dann auch mal eine stattliche Seeforelle an den Haken. Die größte, mir bekannte, aus dem letzten Jahr brachte es immerhin auf über 14 kg!
Wie Ihr sicherlich auch in Deutschland bemerkt habt, war der letzte Winter besonders streng und so hatten wir auch jede Menge Eis bis Ende März. Aber wer jetzt meint, ich würde meine Angelsachen einmotten und auf den warmen Frühling warten, der kennt uns Schweden schlecht. Denn jetzt ist eine Angelart angesagt welche nicht nur ungeheuer Spaß macht sondern auch sehr effektiv ist. Es handelt sich hierbei um das sogenannte „Ismete“, dem Eisangeln. Bei Euch in Deutschland hat es sich noch nicht so durchgesetzt oder ist oftmals auch verboten wie mir mein Freund Holger berichtet hat. Ihr wisst ja gar nicht, was Euch alles entgeht.
Um Euch die Sache etwas näher zu bringen, möchte ich Euch einmal von einem typischen Eisangeltag in Schweden erzählen und Euch die Methode etwas genauer beschreiben. Zu den Fischarten, die sich beim Eisangeln besonders gut beangeln lassen, zählen bei uns Hecht, Barsch, Forelle, Lake (Aalquappe) und je nach Gewässer auch der Zander. Mein Angelausflug gemeinsam mit meinem Freund (und auch TEAM – Mitglied) Toni so wie unserem gemeinsamen Freund Percy Ende Februar diesen Jahres führte uns zum Angeln auf Hecht. Eisangeln unterscheidet sich vom „normalen“ Angeln vor allem dadurch, dass man auf dem Wasser, direkt über den Fischen steht und zwar nur durch eine mehr oder weniger dicke Eisschicht getrennt! Dies macht die Sache gefährlich und so mancher unvorsichtige Angler hat seinen Leichtsinn schon mit dem Leben bezahlt.
Deshalb ist beim Eisangeln Sicherheit das höchste Gebot. Bevor Ihr das Eis betretet solltet Ihr Euch über ein paar wichtige Dinge im Klaren sein. Eis ist ein Medium, welches ständigen Veränderungen unterliegt. Eis, das am frühen Morgen noch stabil wie Panzerglas ist, kann am späten Nachmittag schon brüchig wie eine Eierschale sein. Die ist besonders oft im späteren Frühjahr der Fall, wenn die Sonne schon viel Kraft hat und die Temperaturen schnell steigen können. Aber die Eisschicht ist an ein und dem selben Gewässer, zum selben Zeitpunkt, auch nicht überall gleich dick. Zuflüsse, unterschiedliche Wassertiefen, unterseeische Quellen, in der Sonne oder im Schatten gelegene Partien, in Eurer Region auch Einleitungen vom Menschen (Fabrik, Kläranlage…) … dies sind nur einige der Kriterien welches die Tragfähigkeit von Eis beeinflussen können.
Also überlegt Euch vorher genau, wann und wo Ihr aufs Eis geht. Im Nachhinein ist es meistens zu spät. Bei größeren, nur teilweise zugefrorenen Gewässern, an denen auch oftmals längere Wege auf dem Eis zurückgelegt werden, solltet Ihr nicht nur das Eis in Eurer unmittelbaren Nähe beobachten, sondern auch daran denken wie Ihr wieder zurückkommt. Sich ändernde Windrichtungen und auftretende Unterströmungen können die Situation dramatisch verändern und ist Euch erst einmal der Rückweg abgeschnitten…. Meine Freunde und ich haben uns ein paar sehr wichtige Regeln zueigen gemacht, deren Einhaltung ich Euch auch sehr nahe lege.
Zur Grundausrüstung gehören neben warmer Kleidung und besonders warmen rutschsicheren Schuhen (eventuell mit sogenannten Eiskatzen versehen) vor allem zwei mit einer Schnur über die Schulter hängende Eishaken. Solltet Ihr tatsächlich durchbrechen könnt Ihr Euch damit selbständig wieder aufs Eis hochziehen. Am besten fädelt Ihr diese bereits beim Anziehen durch die Ärmel Eurer Jacke, dann könnt Ihr diese nicht verlieren und habt sie immer griffbereit. Die Ausrüstung wird ergänzt durch ein Handy oder ein Funkgerät, ein mind. 10 m langes Seil, ausreichend warme nichtalkoholische Getränke (ein klarer Kopf kann Leben retten), Isoliermatte und bei großen Gewässern eventuell einem Kompass, denn aufkommender Nebel oder ein aufziehender Schneesturm kann einem schnell die Orientierung nehmen, läuft man dann in die falsche Richtung wäre dies fatal. Wichtigste Regel: Niemals alleine aufs Eis gehen!!! Nur in Begleitung eines Angelkameraden das Eis betreten. Sollte etwas passieren, kann er helfen oder Hilfe holen! Nicht dicht zusammen sondern mit Abstand über das Eis laufen, eventuell anseilen! Trotz guter Fänge geht die Sicherheit vor. Sollte sich das Eis verändern, gilt es*rechtzeitig den Rückweg einzuschlagen und kein unnötiges Risiko einzugehen.
Doch zurück zu unserem Angeltag. Wir sind an diesem Tag schon früh raus und waren mit Anbruch der Dämmerung bereits am Gewässer einem See in der Nähe meiner Heimatstadt Oskarshamn angekommen. Tony hatte Köderfische (lebende Rotaugen) besorgt, Percy einen Schlitten und die warmen Getränke (Kaffee/Tee) und ich die Angelsachen. Diese wurden auf dem Schlitten verstaut und ab ging es, immer mit genügend Abstand zum Vordermann, Richtung Schilfkante am anderen Ufer des Sees. An manchen Stellen hatte der Wind noch Schneefelder zusammengetragen doch der größte Teil war mit blankem Eis bedeckt. Die Temperaturen lagen an diesem Morgen bei – 7°C doch hatte der Wetterdienst einen schönen Tag vorausgesagt. Das Eis war mit 10 – 15 cm an den meisten Stellen immer noch sehr dick und so bereitete es einige Schwierigkeiten die Löcher mit dem Eisbohrer ( Durchmesser 20,5 cm) zu bohren.
Trotz dem wir uns die Arbeit teilten, wurde uns dabei ganz schön warm ums Herz. Wir angelten mit acht Ruten und so waren doch einige Löcher notwendig. Da die Hechte so spät im Winter meistens schon in den Flachwasserpartien stehen und sich auf die Laichzeit vorbereiten war unsere Strategie wie folgt. Es wurden Löcher im Abstand von ca. 10 m im Zickzack vor der Schilfkante gebohrt, so dass ein Loch nahe dem Schilf bei ca. 1,5 m Wassertiefe lag, das Andere etwas weiter vorgelagert bei ca. 3 m. Eine andere Variante ist das Abstecken im Halbkreis vor dem Schilf, so dass einige Angeln auch das tiefere Wasser erreichen. Dabei bleibt man nicht den ganzen Tag an den gebohrten Löchern sitzen, sondern wechselt – je nach Erfolg – mehr oder weniger oft die Stellen. Im Schnitt bleibt ein Köderfisch ca. 20 – 30 min. in einem Loch und wird dabei einige Male leicht angehoben, damit er sich mehr bewegt. Passiert nichts, wird ein neues Loch gebohrt und der Köderfisch erneut ins Wasser gelassen. Erfolgt an einer Stelle ein Biss, lohnt es sich oft, das gleiche Loch erneut zu befischen. Ihr könnt Euch leicht vorstellen, dass es beim Einsatz von acht*bis zehn Ruten immer etwas zu tun gibt, und man nicht nur stundenlang auf seinem Schlitten hockt. Auch wird dabei eine ordentliche Strecke zurückgelegt, was ganz schön hungrig macht.
Die Montage welche wir zum Eisangeln benutzen sieht wie folgt aus: Eine kurze etwa 1 m lange Rute mit großen Ringen, Multirolle mit 40 – 50er Mono (wegen der Eiskante), ein 10 g schweres Feststellblei, Wirbel, Stahlvorfach mit ca. 10 – 12 kg Tragkraft, und je nach Situation einen Drilling oder ein Selbsthaksystem mit zwei Drillingen zum sofortigen anschlagen. Als Bissanzeiger dient ein auf einem Holz montierter Federdraht, an dessen Ende eine rote Plastikscheibe mit Auslöser und einem Glöckchen angebracht ist. Eine weitere, effektive Methode ist der mit einem Knallkorken versehene Bissanzeiger. Wer möchte kann, seine Rute zusätzlich noch auf einem Bankstick mit Bissanzeiger ablegen. Der Köderfisch wird mit dem Blei ins Wasser gelassen und auf der gewünschten Tiefe am Auslöser der Plastikscheibe fixiert. Der Bissanzeiger wird so am Loch angebracht, das die Plastikscheibe über dem Eisloch hängt. Kommt nun der Biss, wird die Schnur ausgelöst, der Draht federt zurück und die Glocke läutet. Der Fisch kann jetzt ungehindert Schnur von der geöffneten Rolle ziehen. Je flacher das Wasser und je vorsichtiger die Fische, um so sinnvoller ist es, die Angel nicht direkt am Eisloch liegen zu lassen, sondern ein paar Meter davon entfernt, um den Fisch beim Heranlaufen an die Angel nicht zu erschrecken. Nach erfolgtem Anschlag sollte man jedoch so schnell wie möglich die Rutenspitze über oder ins Eisloch bringen, damit der Fisch die Schnur an der scharfen Kante des Eisloches nicht aufscheuert.
Unser gemeinsamer Angeltag startete gleich sehr erfolgreich, und so konnte Toni bereits nach wenigen Minuten den ersten Hecht landen. Die Bisse erfolgten in regelmäßigen Abständen und manchmal hatten wir sogar zwei auf einmal. Die Hechte schienen richtig hungrig zu sein, denn bis ca. 10.00 Uhr konnten wir schon 21 Stück landen. Dann gab es eine längere Beißpause und erst ab ca. 13.00 Uhr ging es erneut zur Sache. Bis ca. 15.30 Uhr konnten wir weitere 16 Fische erbeuten und mir gelang sogar der Fang eines Fisches mit 105 cm und 8,9 kg Gewicht.
Anschließend war es dann wie abgeschnitten und so begannen wir gegen 16.00 Uhr unseren Rückmarsch. Wer jetzt denkt, dass wir den Schlitten voll mit Hechten hatten der irrt! Es wurden alle Fische wieder zurückgesetzt. Hierbei gibt es allerdings im Vergleich zum Sommer einiges zu beachten. Bei Temperaturen unter -10 °C und eventuell sogar starkem Wind ist es fast unmöglich einen gefangenen Fisch unbeschadet in sein Element zurückzusetzen. Die Kiemen, so wie Haut und Flossensäume beginnen sehr schnell zu frieren und das schädigt den Fisch. Bei solchen Temperaturen sollte der Fisch entnommen und einem schmackhaften Mahl zugeführt werden. Aber auch bei höheren Temperaturen ist höchste Vorsicht angesagt, und der Fisch sollte so schnell wie möglich wieder zurück in sein Element. Auch sollte man aus oben genannten Gründen den gefangenen Fisch auf einer mit einer Schöpfkelle nassgemachten Abhakmatte ablegen und niemals direkt aufs Eis oder in den Schnee. Auch sollte man darauf achten, dass sich der Fisch nicht unnötig an der scharfen Eiskante verletzt und bei Bedarf das Loch lieber erweitern.
Na wie hat Euch unser kleines Abenteuer gefallen? Zugegeben, dieser Tag war sicherlich kein ganz gewöhnlicher „Eisangeltag“ in Schweden und man fängt auch hier nicht jeden Tag seinen Meterhecht unterm Eis! Aber zwischen 10 – 15 Fische kann man, wenn man sich etwas auskennt, im Schnitt am Tag schon erbeuten und mit etwas Glück ist er ja dabei, der Meterhecht.
Jetzt wisst Ihr im wesentlichen auf jeden Fall worauf es beim Eisangeln ankommt und es liegt nun an Euch es einmal auszuprobieren. Sollte es bei Euch am Gewässer verboten sein, kommt doch mal nach Schweden! Der Winter hier oben hat noch manch andere Reize zu bieten. Und so ein Hüttenurlaub in verschneiter Winterlandschaft ist halt doch was ganz besonderes. Holger wird Euch das sicherlich bestätigen und wir sind Euch auch gern behilflich wenn Ihr Euch zu diesem Abenteuer entschließt.
So long …
Jari Savolinen (TEAM FISH & nature)