Tipps & Tricks Was man über die Handlandung wissen sollte…
In vielen Bundesländern muss man laut Fischereiordnung einen Kescher bzw. eine Landungshilfe mit sich führen. Ob man diese Gerätschaften benutzt, ist den Anglern freigestellt. Für viele Spinnangler fällt der Kescher durch die Maschen ihres C&R-Moralgerüsts, weil er die Schleimhaut der Fische abschabt. Außerdem verfangen sich die Haken oft im Netz und wenn der Fisch dann zappelt, kann er sich am Maul verletzten. Die Landezange wird von diesen Anglern geächtet, weil sich große Fische, die an der Zange hängen und plötzlich loszappeln den Kiefer brechen können. Außerdem kann es passieren, dass die beiden Greifer durch die dünne Haut am Maul dringen und ein kleines Loch hinterlassen. Und verpilzen können die Fische wohl auch, wenn sie mal am Lipgrip hingen.
In der Annahme dass es für die Fische am besten ist – und auch weil es als besonders sportlich gilt – ziehen viele Spinnangler die Handlandung vor. Doch wie fair ist diese wirklich? Die gekonnte Handlandung setzt eine gewisse Routine und etwas Basiswissen voraus. Wichtig ist die besten Techniken zu kennen, diese dann fischspezifisch einzusetzen und auch die Risiken für Fisch und Angler zu beachten. Denn bei so ziemlich jeder Handlandungs-Methode können sich Fisch und Angler gegenseitig wehtun und teilweise irreparable Schäden zufügen.
Nackengriff: Der Nackengriff setzt voraus, dass das Fischkreuz maximal so breit ist, dass man mit Daumen und Zeige- bzw. Mittelfinger um den Nacken greifen kann. Mit gleichmäßigem und festen Druck wird der Fisch gepackt. Diese Landemethode eignet sich in Abhängigkeit zur Handflächengröße und Fingerlänge für Zander bis ca. 60 cm (Achtung vor der Stachelflosse), Hechte bis ca. 80 cm und auch für Rapfen, Alande oder Brassen. Bei schweren Fischen greift die andere Hand dann unter den Bauch oder an die Schwanzwurzel.
Ideal für Hechte bis 70 Zentimeter – die „Nackenzange“.
Risiko: Die Kiemen sind stark durchblutet. Wenn man den Kiemendeckel zu fest anpresst, besteht die Gefahr, dass man den Kiemenapparat beschädigt. Außerdem hat man bei dieser Technik das Problem, dass die Fische – vor allem Hechte – das Maul nicht öffnen, so dass man den Köder nur schwer entfernen kann.
Bauchlandung: Mit ihrer Stachelflosse können Zander den Handlandern ordentliche Stichwunden zufügen. Deshalb greift man bei einem großen Zander lieber vor den Brustflossen um den Bauch und drückt kräftig zu. Das funktioniert aber nur mit einigermaßen großen Händen, die sich wie ein Schraubstock um den Fisch legen können.
Kleine Zander nimmt man am besten von unten in Empfang.
Risiko: Man bekommt den Fisch nicht zu packen, er gleitet aus den Händen und flitzt wieder los. Dabei können ungeschickt abgelegte Ruten über die Bordwand rutschen oder abbrechen.
Kiemengriff: Hier fährt man mit der rechten Hand an der Innenseite des rechten Kiemendeckels so weit nach vorne, bis man den Fisch sicher im Griff hat und hebt ihn dann der Länge nach aus dem Wasser. Bis es dazu kommen kann, muss der Fisch einigermaßen ausgedrillt sein und den Kiemendeckel abspreizen. Hechte tun das meistens automatisch. Zander sind da weniger kooperativ. Bei Forellen und vielen anderen Fischen mit kleinen Kiemendeckeln ist dieser Griff nahezu unmöglich.
Erst wird der Hecht fixiert.
Dann wandert die Hand vorsichtig am Kiemendeckel entlang.
Jetzt kann der Hecht herausgehoben werden. Kapitale Exemplare wie diesen hier fixiert man nur mit dem Griff an den Kiemendeckel
und hebt das Gewicht mit der anderen Hand heraus. Der Hecht sollte in HORIZONTALLAGE ins Boot gehievt werden.
Risiken: Manche Fische sind so also nur schwer zu greifen. Und für manche Fischarten endet das Herausheben tödlich, wenn die Kiemendecken das ganze Gewicht tragen müssen. Ganz vorsichtig muss man hierzulande mit großen Rapfen und auch mit Zandern sein, da der Kiemendeckel unter ihrem Gewicht ausreißen kann. Hier dient der Griff nur zur Fixierung. Der Fisch wird mit der anderen Hand unter dem Bauch in Horizontallage aus dem Wasser gehoben. Nicht unerheblich sind auch die Wunden auf Anglerseite. Bevor man unter den Kiemendeckel greift, sollte man sich sicher sein, dass die Haken nicht in die Hand geschüttelt werden können. Bei einem Hecht, der den Gummifisch samt Stinger komplett inhaliert hat, greifen nur Masochisten blind in die Kiemen. Denn wenn sich der Fisch einmal schüttelt und der Haken dann in der Hand verankert wird, tut’s richtig weg und endet für den Fisch tödlich – für den Angler mit einer Fahrt ins Krankenhaus. Übrigens: Wenn man eine Forelle in die Kiemen fasst, verpilzt diese.
Bassgrip: Wenn ein (Schwarz-)Barsch am Boot ist, geht der Daumen in den Mund und presst den Unterkiefer gegen den angewinkelten Zeigefinger. Dann wird der Fisch der Länge nach herausgehoben. Das funktioniert. Ist aber ein bisschen fummelig, weil man darauf angewiesen ist, dass der Barsch das Maul aufmacht. Ich habe so schon einige gute Fische verloren. Klar ist: Der Griff ins Maul funktioniert nur bei zahnlosen und relativ kleinen Räubern. Oder bei Wallern.
Einzelhaken sind für Handlander von Vorteil.
Risiken: Wenn man große Barsche per Bassgrip landet und sie dann horizontal in die Kamera hält, überstreckt man den Fisch. Das ist eigentlich offensichtlich. Deshalb stütze ich große Barsche beim Fotografieren ab oder lasse sie senkrecht hängen, um den Haken zu lösen. Wer den Grip ansetzt, obwohl der Barsch einen Wobbler im Maul hat, wird das früher oder später mit einem Piercing bezahlen. Ich habe mir inzwischen schon dreimal eine oder mehrere Drillingsflunken durchdrücken bzw. im Krankenhaus herausschneiden lassen müssen und bin nicht scharf auf ein viertes Mal. U.a. deshalb habe ich viele meiner Barschwobbler auf Einzelhaken umgerüstet und greife trotzdem oft zum Kescher, wenn ein Barsch am Wobbler hängt.
Schwanzwurzelgriff: Den Griff um die Schwanzwurzel sieht man öfter einmal. Vor allem bei Lachsanglern und auch bei Zanderspezialisten. Ich tue mir schwer, einen Fisch so zu packen. Meine Hände rutschen gerade an relativ schleimigen Fischen wie Forellen ab. Aber auch Zander kann ich durch alleiniges Umklammern der Wurzel nur landen, wenn sie völlig platt sind.
Wie man an den großen Augen sieht, war der Zander platt – insofern auch leicht zu greifen.
Bei fitten Fischen klappt das selten richtig gut bei mir. Für mich ist diese Lande-Variante keine Option.
Und selbstverständlich ist es keine Option, so einen Fisch wieder laufen zu lassen…
Risiko: Hierzulande kein Verletzungsrisiko. (Bei Thunfischen und manchen Makrelenarten rammt man sich so unweigerlich die spitzen Stacheln an der Schwanzwurzel in die Hand.) Umso größer ist aber das Risiko, dass man den Fisch nicht packen kann. Deshalb nutze ich diesen Griff nur als Unterstützung bei der Bauchlandung.
Fazit: Für die Fische ist es am besten, wenn der Landevorgang und auch der Drill kurz gehalten werden. Je mehr Kraft sie haben, desto besser bekommt es ihnen, wenn man sie freilässt. Aber nicht nur die Relaser sollten sich über die Dauer des Landungsmanövers Gedanken machen. Auch für Fische, denen ihr Schicksal den Weg in die Bratpfanne vorgeschrieben hat, ist es am fairsten, wenn sie nicht lange leiden müssen, bevor das Licht ausgeht. Deshalb halte ich persönlich das Keschern mit einem Gummikescher oft für fairer, als wenn man den Drill solange in die Länge ziehen muss, um den Fisch dann sicher mit der Hand zu landen.
Die Barsch-Kelle bereitet dem Drill ein schnelleres Ende als jede noch so gekonnt ausgeführte Handlandung.