Fangberichte Von Hornhechten, Surfern und dem Phantom
Tagelang hatte mir muddie per pn den Mund wässrig gemacht. Und schließlich war alles so organisiert, dass ich mich am Donnerstag morgen um 4 lediglich ins Auto setzen musste, um dann um 8 auf der Insel Ummanz/Rügen an der Rezeption des Camping-Platzes anzustehen. Unsere muddie war mit einigen Kollegen bereits seit Dienstag vor Ort, um dem Arbeitsalltag auf dem Surfbrett zu entfliehen. Mein Fahrer Hirthi hingegen war wild entschlossen, den Hornfischen auf die Schuppen zu rücken.
Und so habe ich uns dann mit Conni vom Angelparadies Rügen verabredet, der uns ein paar Tipps und evtl. ein Boot geben sollte. Doch schon auf der Fahrt war klar: das wird windig! Man hatte es ja schon an den heftig rotierenden Propellern der Wind-in-Strom-Wandler gesehen. Und so waren wir nicht verwundert, dass uns Conni keinen Bootstrip empfehlen wollte. Stattdessen gab’s aber einen guten Tipp zum Waten auf Hornhecht. „Und mit ein bisschen Glück fangt Ihr auch Hechte…“
Zuerst wollten wir uns aber am Zeltplatz einloggen und die weitere Vorhensweise mit unseren Kumpels besprechen. Dass man dieser Surfern-Gang nicht ungeschoren entrinnen kann, war fast klar. Ausgerechnet am Vatertag standen die Chancen wirklich schlecht, einem Begrüßungsumtrunk aus dem Weg zu gehen. Und so dauerte es eine ganze Weile, bis wir uns zum Angeln „durchringen“ konnten. Aber um 12 war es dann soweit. An einer flachen Stelle stiegen wir mit unseren Wathosen ins Wasser. Tags zuvor hatte ich neben einigen leichteren Lang-Löffeln noch ein paar Meerforellenblinker ummontiert und ein 5 cm langes 60er Monostückchen zwischen Haken und Blinker geschaltet. Und das war gut so. Denn wir hatten massiven Gegenwind. Aber unsere kompakten Blinker flogen weit genug, so dass es nicht lange dauerte, bis an Hirthis Angel der erste Hornfisch tobte. Nachdem ich mit meinem rot-schwarzen Modell einige Minuten lang weder Fische fing, noch besonders viele Nachläufer beobachten konnte, wechselte ich auf Hirthis Farbe. Der hatte sich für ein blau-silbriges Heringsimitat von Gladsax entschieden. Und das führte er schnell direkt unter der Wasseroberfläche. Bei ihm hagelte es inzwischen Biss auf Biss. Noch nie zuvor hatte er auf Hornhechte geangelt und war ganz aus dem Häuschen, weil ihm die Fische fast gegen die Wathose schwammen. Scheinbar um sie mit ihren spitzen Schnäbeln (Vorsicht: gehakte Hornfische wollen Euch damit beißen!) zu durchlöchern.
Nach dem Köderwechsel war mein Blinker kaum im Wasser, da setzte es einen gewaltigen Ruck. Anhieb. Rute krumm. „Also wenn das ein Hornhecht ist, dann hab ich hier einen Rekordfisch dran, Hirthi! Ich glaub ich muss da mal Gas geben. Sonst scheuert mir der Hecht das Monostückchen durch.“ Gesagt, getan. Nach zwei schönen Saltos und heftigen kurzen Fluchten lag ein Hecht (ohne Horn) vor mir im Wasser. Ein schöner Fettsack von gut 80 cm hatte den Blinker soweit inhaliert, dass man mit den Fingern nur schwer an den Drilling kam. Wie gut, dass die Lösezange (zusammen mit dem Fotoapparat) im Auto lag. Und noch besser, dass das mindestens 250 Wat-Meter entfernt war. Also rein ins Maul und raus damit. Während der OP musste ich den immer wieder wild schlagendenden Hecht (der war ja nicht ausgedrillt) dann noch zwei Mal ins Wasser plumpsen lassen. Dann durfte er wieder schwimmen.
Wir angelten noch ein paar Minuten weiter, bis wir die Trägheit überwunden hatten und uns zum Auto machten. Schließlich galt es, die ersten Hornfische zu verstauen, die Monovorfächer gegen solche aus Stahl einzutauschen und ein paar Fotos zu machen.
Dann ging es wieder ins Wasser. Doch die Hornhechte schienen sich vom Acker gemacht zu haben. Jedenfalls lief da nix mehr nach und Bisse gab’s auch keine mehr. Also wateten wir etwas weiter. Und da waren sie dann wieder. Zwischendrin gab’s noch einen Hecht. Der war diesmal aber nur knapp 60 cm lang, stand aber auch wieder gut im Futter. Kein Vergleich zu einem 60er Durchschnitts-Binnen-Spritzer. Irgendwann aber hatten wir genug vom Wind (Windstärken um 6) und machten uns auf zum Campingplatz, wo uns 4 hungrige Surfer erwarteten.
Also schnell die Fische geputzt, gesäuert, gesalzen, gepfeffert und eingeölt. Dann den Grill angeschmissen und die ob der grünen Gräten skeptisch dreinblickenden Sunnyboys von der hervorragenden Qualität des Hornfischfleisches überzeugt. Und noch bevor die Fische vom Grill auf irgendwelche Teller verfrachtet werden konnten, waren sie auch schon Vergangenheit. Über derart dankbare Abnehmer freut sich der Angler! Völliges Unverständnis herrschte auch, als Hirthi vom „kapitalen Hecht“ erzählte, den ich „leichtsinnigerweise“ wieder frei gelassen habe. Und ich musste versprechen, dass ich so ein Teil auf jeden Fall mitbringe, wenn ich morgen wieder eins fange.
Der Plan für den nächsten Tag schien also schon zu stehen: Statt weiter Hornhechte zu ärgern, wollte ich mit großen Gummifischen gezielt auf Hechte gehen. Aber Hirthi hatte ganz andere Dinge im Kopf. Nachdem ihm die Jungs von den leckeren Zanderfilets vorgeschwärmt hatten, die ich ihnen im letzten Jahr (da war ich schon mal mit der gleichen Crew auf Rügen) vorgesetzt hatte, gab’s kein Halten mehr. „Meister Dietel, ich will Zander fangen!“ „Lass mal stecken. Ist im Moment die Jagd nach dem Phantom. Keine Ahnung, wo sich die Fische im Sund gerade aufhalten und ob die schon beißen.“ „Au ja. Dann jagen wir das Phantom.“ Nachdem der Strelasund nun nicht wirklich weit von uns entfernt war und ich eigentlich immer mehr Bock auf Zander als auf Hechte habe, war das Zanderfeuer schnell in mir entfacht und so begaben wir uns am Freitag Morgen auf den Weg nach Stralsund, um festzustellen, dass um den Rügendamm der Teufel los war. Hunderte von (Hornhecht-)Anglern fischten mit Schwimmern und Fischfetzen von der großen Brücke, die das Festland mit der Insel verbindet, herunter. Und auf dem Wasser waren eine Menge Boote unterwegs.
„Hoffentlich bekommen wir noch einen Kahn!“ Tatsächlich wurden wir dann im Hafen fündig. In einem kleinen Kanälchen lagen Boote mit aufgeklebten Telefonnummern. Schon der erste Anruf brachte den Erfolg. Wenige Minuten später waren wir im Besitz eines Bootes mit Echolot, so dass Hirthi schon unkte: „Das läuft mir fast zu gut!“
Und tatsächlich fiel das Sonargerät direkt an der ersten Angelstelle aus. Die Tiefenanzeige pendelte zwischen 1,5 und 65 Meter. Nach einigem Fluchen und Herumprogrammieren mussten wir uns einfach damit abfinden, dass wir auf diesem riesigen Teich ohne technische Hilfsmittel waren. Unser Lot war jetzt das Ankerseil. Bei heftigen Winden fuhren wir die mir bekannten Kanten an, versuchten es in den flachen Buchten auf Hecht und grasten die Stellen ab, die uns unser Bootsvermieter als Standplätze der Zander anpries. Alles erfolglos. Nach dem guten ersten Angeltag, handelten wir uns also am zweiten eine Ohrfeige ein. Im Nachhinein ist man natürlich immer schlauer. Aber es war halt fast schon ein wenig töricht, statt der sicheren Hechtnummer, dem Zander nachzugeiern. Aber Spaß hat’s natürlich trotzdem gemacht. Auch weil der Hirthi einen Kalauer nach dem anderen vom Stapel gelassen hat und sich die Laune weder durch den Wind (zwischen 4 und 6), das Spritzwasser noch durch die beißfaulen Fische vermiesen lassen hat. Im Gegenteil. Während ich richtiggehend froh war, als wir uns im warmen Auto auf dem Rückweg nach Ummanz machten, wollte Hirthi ständig aussteigen und noch ein paar Würfe blinkern. Hut ab, Kollege. Für einen Gelegenheitsangler haste echt eine erstaunliche Ausdauer.
Und die Moral von der Geschicht: Phantome jagt man einfach nicht!