Fangberichte Vom dicken Ende einer gruseligen Meerforellen-Saison 2012
Eigentlich wollte ich den März und April hier zum Mefo-Monat erklären und es richtig krachen lassen. Ich wollte euch einbinden und all jene, die sich noch nicht mit der Materie „Meerforelle“ auseinandergesetzt haben, für das Thema sensibilisieren. Deshalb habe ich im Forum eine Köder-Diskussion gestartet und einen Einsteiger-Bericht verfasst. Auf facebook habe ich mich mit Experten kurzgeschlossen und lauthals verkündet, dass ich den persönlichen Mefo-Zeiger von 6 auf 20 hochdrehen will in dieser Saison. Dass es hier nicht zur großen Mefo-Show gekommen ist, könnt ihr schon mal als Zeichen dafür deuten, dass ich an meinen Zielen gescheitert bin. Dabei war ich alles andere als faul. Im Gegenteil. Ich habe sogar richtig was probiert im März.
Insgesamt habe ich aber nur zwei kleine Strippen gefangen. Für eine nette kleine Story reicht‘s aber trotzdem. Weils zum Schluss der Saison wirklich spannend wurde. Im Prinzip kann man von einem meiner krassesten Fights sprechen, der ziemlich unmittelbar im Zusammenhang mit der Waterei stand. Allerdings nicht an der Küste, sondern im Urban in Kreuzberg. Station 72. Hier habe ich die letzten beiden Wochen verbracht. Und weil wir Mefo-Rookies da alle ein bisschen was draus lernen können, das alles auch gut ausgegangen ist und man auch ein bisschen über das ganze Theater schmunzeln kann, habe ich mich entschlossen, dieses doch recht private Kapitel öffentlich zu machen.
Im Einsteiger-Report habe ich beschrieben, dass Mefoangeln oft ein Kampf ist. Vor allem einer gegen die inneren Zweifel. Ich habe auch geschrieben, dass man nur durchhalten muss und dann irgendwann mit einem oder mehreren Fischen belohnt wird. Als ich das in den Rechner getippt und online gestellt habe, habe ich natürlich nicht geahnt, dass ich in dieser Saison praktisch keinen Silberling fangen werde. Ich habe ja wirklich gedacht, dass der Knoten im vorletzten Jahr geplatzt ist.
Und so habe ich mich vom ersten erfolglosen Dreitagestrip Anfang März auch nicht wirklich frustrieren lassen. Ich war mir sicher, dass es genauso kommen würde wie vor zwei Jahren (letztes Jahr war ich zur Mefo-Zeit in Spanien). Man muss einfach nur durchhalten, oft genug angeln gehen und dann kommt schon eine Sternstunde. Und auf die hatte ich sowas von Bock…
Also war ich ein Wochenende später wieder unterwegs. Diesmal auf Rügen. Zweimal Waten und am letzten Tag dann noch einmal vom Kleinboot aus – ein sicheres Zeichen für erste Resignationserscheinungen, weil „echtes“ Mefoangeln für mich eigentlich Watangeln ist.
Ich war zusammen mit dem Veit und meiner Freundin unterwegs.
In den drei Tagen haben wir keinen Fisch gesehen – geschweige denn einen Biss verzeichnen können. Von ein paar Seeskorpionen und Micro-Mini-Dorschen mal abgehen.
Es war ne Menge los an der Küste. Aber an „unseren“ Stränden hat exakt ein Angler eine 50er Mefo auf einen Streamer am Spiro erwischt. Irgendwie das falsche Wochenende. Oder die falschen Spots. Aber schön war‘s natürlich trotzdem.
Weil ich Keiner bin, den anglerische Niederlagen gleich aus dem Konzept bringen; meine Freundin sich aufs Watangeln „spezialisieren wollte“; ich kein Spielverderber bin; mindestens eine Rechnung offen hatte und dem Kollegen Stevan auch versprochen hatte, ihn für ein paar Tage Richtung Kiel zu begleiten; der mir eine „Mefo-Garantie“ gegeben hat usw., habe ich Angeln, Wathosen, Blinker, Janine und Stevan eine Woche später eingepackt und bin mit dem ganzen Gerödel 400 km in nordwestliche Richtung gedüst.
Plan war, groß abzuräumen. Und zwar von einem Ponton-Boot aus, das Stevan’s Schwager Sven – ein Typ Marke Daniel Düsentrieb – in seiner Tüftlerscheune auf einem holsteinischen Bauernhof konstruiert hatte.
Theoretisch ein guter Plan. Und auch das Boot war genial. Leicht, schnell aufgebaut und mit 2,5 PS fast schon zum Gleiten zu motivieren.
Praktisch dröhnte der 2,5 PS-Motor aber so laut, dass der Stresspegel innerhalb weniger Minuten von 0 auf 100 hochgeschraubt wurde.
Das konnte mein Kollege Matthias Brockhaus aus dem Penn Meeresteam gut nachvollziehen, der – wie ich am nächsten Tag erfahren habe – am Tag unseres ersten Ausflugs zufällig am Strand gestanden hat, um Wattwürmer zu plümpern.
Er und sein Kollege haben sich kaputt gelacht über das rote Ungetüm, dass so unscheinbar und doch so laut vor der Küste herumröhrte. Zum Lachen war es Janine und mir nach 2 Stunden Motordröhne allerdings nicht mehr zumute.
Mein Mädel beschloss, das rote Monster nie wieder zu betreten. Und weil mir das auch zu stressig war, haben wir drei uns drauf verständigt, dass ich noch einmal allein mit Stevan rausfahre und ab Tag III für J&J Watangeln angesagt ist. Außer einer gehörigen Portion lärmbedingter Minuslaune sprang bei den beiden „Boots“ausflügen nichts heraus.
Um ehrlich zu sein, war das fast klar. Weil ich gar nicht richtig anwesend war. Ich wollt‘s einfach nur hinter mich gebracht haben. Auch Stevan zuliebe, der das Boot ja extra für uns organisiert und auch einen Liegeplatz im Olympiahafen angemietet hatte.
War ich froh, als ich endlich wieder in die Watbuchse steigen durfte! Jetzt konnte es richtig losgehen. Für die anstehende Sternstunde hatte ich ja inzwischen auch ganz schön vorinvestiert. Bald würde es soweit sein. Wie geil!
Nachdem die Sonne versprach, das Wasser vor Eckernförde wärmer werden zu lassen und ich darauf spekulierte, dass der Wärmeeffekt erst dann voll zum Tragen kommt, wenn die Sonne schon ein paar Stunden gewirkt hat, haben wir zunächst mal einen auf gemütlich gemacht und sind so gegen 11 am Strand aufgeschlagen, haben aber bis zur Dämmerung durchgezogen.
Doch es lief auch nicht anders als auf Rügen: Eine Menge Angler am Start. Keiner fängt was. Und wir bekommen nicht mal einen Biss. Dafür wurde es aber von Tag zu Tag schöner.
Und weil das Wetter immer besser wurde und mein Ehrgeiz nun endgültig geweckt war, beschlossen wir, den Ausflug zu verlängern und noch ein paar Tage dran zu hängen – die anstehende Sternstunde immer ganz konkret vor Augen.
Wir versorgten uns noch mit Tipps von den Locals und aus dem Eckernförder Angelladen. Dazu kamen noch ein paar Blinker, die wir in Kiel erstehen konnten. Kleine Motivationsspritzen in Blech-Blei-Form…
Nachdem die „Sonnentheorie“ nicht aufging, konnte ich meine eigentlich gerne ausschlafende Freundin dazu motivieren, im Morgengrauen anzugreifen. (Ich habe ja einen Fotografen gebraucht – für die Stunde X.)
Wunderschön war’s. Und irgendwann gegen Mittag tat es dann einen Schlag in Janine’s Rute! Nach kurzem und knackigem Drill beförderte sie unsere erste Beute an Land!
Futterfisch am Start! Jetzt geht’s los! Also Gas geben. Extra weit schmeißen. Den Sandaal-Twist aufs Parkett legen und dann muss es soweit sein. Peng! Biss!! Drill!!! Mefo!!!! Zwar ne Strippe. Aber sicher nur die Vorhut!!!!!
Von wegen. Das war’s gewesen. Obwohl ich wirklich alles gegeben habe und noch stundenlang im Wasser blieb, Wadenkrämpfe und die schmerzende Schulter ignorierte, gab‘s keinen Biss mehr. „Abbruch! Aus die Maus. Scheiß Mefos! Nie wieder. Nix wie weg hier!“
Und tatsächlich sind wir am nächsten Morgen nach Berlin gefahren. Ein Biss in einer Woche. Davor schon zwei Wochenenden abgeblankt. Das macht angelmüde. Selten hat mich ein Fisch derart frustriert. Selten war Angeln langweiliger. Aber es war auch selten schöner am Wasser. Janine jedenfalls wollte „am liebsten nur noch in der Ostsee waten“. Und wäre nicht gekommen, was kam, wären wir bestimmt über Ostern nach Rügen gefahren, um es noch einmal zu versuchen.
Aber es kam ja, wie es kam: Wieder zuhause, setzte ich mich vor den Rechner. Und zack – fährt es in meine Schulter ein. Ein stechender Schmerz. Klar – Verspannungen. Das löst sich wieder. Nach einer Woche voller kleiner Schmerzattacken, die sich inzwischen auf den gesamten linken Rippenbereich ausdehnten und besonders dann auftraten, wenn ich diese fiesen trockenen Reizhustenattacken verkraften musste, bin ich am 3.4. dann doch mal zum Arzt. ACC-Akut. Ibuprofen gegen den Schmerz. Und falls ich die Hustenattacken nicht aushalten könnte, gab‘s noch ein bisschen Codeinsaft. Das ging dann ein paar Tage. Aber irgendwie wurde alles eher schlimmer als besser. Und so bin ich dann am 12.4. endlich mal ins Röntgen-Labor spaziert. Diagnose: vermutlich eine Lungenentzündung.
Therapie: Bettruhe und Antibiotika (Avalox). Und dann kam Dienstag, der 17. April. Ein Tag, den ich vermutlich nie vergessen werde. Morgens war ich nochmal beim Arzt, um mich nochmal durchchecken zu lassen. Das Fieber und die Schmerzen wurden einfach nicht besser. Meine Hausärztin verschrieb mir andere Antibiotika (Unacid). Mittags dann der Zusammenbruch. Atemnot deluxe. Ich hab nur noch Luft bekommen, indem ich ganz flach geatmet habe. Tief durchziehen war nicht mehr drin. Dazu heftige Fieberschübe. Der alarmierte Notarzt wollte mich am liebsten direkt ins Krankenhaus schicken. Ich hatte aber echt Respekt vor dem, was da kommen sollte und beschloss erst am nächsten Morgen ins Urban zu gehen. Nach einer Horrornacht habe ich mich dann um 8 Uhr eingeliefert. Der aktuelle Lungenscan sah ganz anders aus. Das hatte sich alles ziemlich verschlimmert.
Und dann habe ich zwei Wochen lang um meine Gesundheit gekämpft. Gegen eine schwere Lungenentzündung mit vielen Abkapselungen zwischen Rippen- und Lungenfell. Ich bin mehrfach umgekippt vor Schmerz; bin dabei einmal ziemlich unschön auf dem Kopf gelandet,…
….habe mich aber endlich ausgefiebert und das ganze Drama überstanden. So richtig voll auf dem Dampfer bin ich noch nicht. Aber immerhin schon fit genug, um mich ein paar Stunden hinzusetzen und dieses kleine Resümee über meine Mefosaison 2012 zu schreiben.
Die Moral von der Geschicht: Read the signs! Wenn die Wade zwickt und der Körper schlottert, wird’s Zeit, aus dem Wasser zu gehen! Niederlagen gehören besonders zu den ersten Mefo-Sessions einfach dazu.
Hier noch ein paar Impressionen aus dem Urban-Krankenhaus, Etage 7, wo ich mich übrigens sehr gut aufgehoben gefühlt habe.
Das Urban kann ich allen Berlinern nur empfehlen. An dieser Stelle nochmal schöne Grüße an die lieben Schwestern und Pfleger der Station 72, an meine mir ans Herz gewachsenen Miteinsassen Udo, Klaus sowie Herrn Reissner und natürlich auch an Dr. Erik und Doc Schneider!