Spinnangel-Basics Spinnfischen: Gerät, Köder & Philosophie beim Spinnangeln
Beitrag enthält WerbungWas ist Spinnfischen? Beim Spinnfischen (Synonym: Spinnangeln) geht es in erster Linie darum, einem Raubfisch (hierzulande primär dem Hecht, Zander, Barsch, Forelle und Rapfen) einen scheinbar angeschlagenen oder flüchtenden Kleinfisch vorzuspielen. Der Fangerfolg basiert darauf, dass die Raubfische instinktiv auf Schlüsselreize (hektische Bewegungen, Aufblitzen des Köders, Druckwellen) reagieren. Ihre Aufgabe ist es, ihr Biotop sauber zu halten und nur die stärksten Fische überleben zu lassen. (Darwin lässt grüßen: „Survival of the fittest.“) Man spricht deshalb vom Beißreflex, den es auszulösen gilt. In diesem Artikel beleuchtet Barsch Alarm alle Aspekte zum Spinnfischen. Im ersten Teil geht es ins sehr Detail, die zweite Hälfte beleuchtet vor allem den philosophischen Ansatz des Spinnangelns.
Inhaltsverzeichnis
- Zielfisch-Spektrum beim Spinnfischen
- Die aktivste Art zu Fischen
- Die vier verschiedenen Köderkategorien
- Geflochtene, monofile oder Fluorocarbon-Schnur: Die Frage der Schnurwahl
- Die Rutenwahl – die für sich beste Angel wählen
- Rollen beim Spinnfischen
- Angeln mit Kunstködern ist die Kunst der Täuschung
- Spinnangeln lebt vom Köder-Hype und weckt Sammelinstinkte
- Vielseitigkeit – Angeln mit Kunstködern funktioniert überall
- Angeln als Sport – Macht Meter und Strecke
- Spinnangeln heißt auch Fairplay
Zielfisch-Spektrum beim Spinnfischen
Mit der Spinnrute kann man nicht nur Raubfische fangen. Auch Weißfische und Karpfen beißen gern auf Kunstköder, wenn man sie richtig anbietet. In unserem Archiv findet man viele Artikel zu den Themen:
Spinnangeln: Die aktivste Art zu Fischen
Der Köder muss also immer in Bewegung gehalten werden. Das verlangt vom Spinnfischer natürlich mehr Einsatz als das Ansitzangeln (wobei wir den Ansitzanglern den Einsatz nicht absprechen wollen. Sie bereiten sich ja auch gewissenhaft vor und müssen oft kofferraumweise Angelgerät ans Wasser schleppen). Als Spinnfischer muss man vor allem an die Methode glauben und Kraft daraus schöpfen, dass der Biss mit jeder Sekunde näher rückt, die der Köder seine Bahnen zieht. Manchmal dauert es Stunden oder Tage, bis man einen Biss bekommt (vor allem Meerforellen können tierisch zicken bzw. nicht am Platz sein). Manchmal attackiert ein Räuber schon beim ersten Wurf.
Wer sich dem Spinnangeln verschrieben hat, weiß, dass es oft lange Phasen ohne Biss gibt. Dafür rummsen die Fische aber auch ordentlich in die Spinnrute rein. In vielen Angelvideos zum Thema kann man sehen, wie sehr sich die Protagonisten über einen Fisch freuen.
Ein erfolgreicher Spinnfischer wird man nur mit Ergeiz und Vertrauen in die Köder und Methoden.
Wir unterscheiden im Wesentlichen vier Köderkategorien
- Blechköder / Metallköder (Spinner, Blinker, Cycaden, Jig-Spinner, Zocker, Balance-Jigs…)
- Hardbaits (Crankbaits, Twitchbaits, Lipless Crankbaits)
- Oberflächenköder (Stickbaits, Popper, Wake Baits)
- Softbaits (Action Shads, No-Action Shads, Creatures, Twister, Krebse…)
Für all diese Köder braucht man verschiedene Ruten und Rollen. Mal ist geflochtene Schnur besser, mal Monofile, mal Fluorocarbon. Die Teamangler haben oft eigene Blogs, in denen sie Auskuft geben. So z.B. das Shimano-Team. Hier findet der Einsteiger viele tolle Tipps.
Z.B. einen Gummi-Rutenguide: http://www.shimanofishnetwork.de/prostaff/shimano-gummiruten-guide-2017/
Ausführliche Ruten-Besprechungen: http://www.shimanofishnetwork.de/prostaff/dialuna-906m-der-langstrecken-stecken-funzt/
Oder auch Praxis-Tipps: http://www.shimanofishnetwork.de/prostaff/ul-solid-tip-angeln-im-hafen/
Auch über einzelne Köder wird berichtet: http://www.shimanofishnetwork.de/prostaff/max-rap-fat-shad-fss/
Das Angeln mit Blech und Metallködern
Die ersten serienmäßig produzierten Spinnköder waren aus Blech. Das Angeln mit Blinkern und Spinnern hat demnach eine lange Tradition. Und auch heute noch eine Daseinsberechtigung. Am Forellenbach ist der Spinner immer noch ein Fischgarant. Und wahrscheinlich werden auch in 100 Jahren noch Boddenhechte beim Spinnfischen „herausgelöffelt“ (mit dem Blinker gefangen). Grundprinzip der Köderführung bei beiden Ködertypen ist das lineare Einkurbeln. Der Köder wird also auf einer Linie eingeholt (horizontale Führung). Beim Spinnangeln mit Blinkern oder Spinnern werden also eher ober Wasserschichten oder das Flachwasser nach Fischen abgesucht. Ein Mittel zum Auslösen des Beißreflexes ist der vielzitierte „Spinnstopp“. Hier die Köderführung einfach kurz unterbrochen, so dass der Köder durchsackt, seinen Reizmechanimus temporär aussetzt, um nach dem Stopp frisch anzustarten. Das neuerliche Einsetzen der Druckwellen und Lichtreflexe lässt den den Köder verfolgenden Raubfisch (viele schwimmen einfach nur interessiert hinterher) zuschnappen.
Sehr bewegliche Kunstköder: Gummifische, Twister, Creature Baits und andere Gummiköder
Sehr populär ist das Spinnangeln mit Gummiködern. Warum? Die Köder sind erschwinglich, überzeugen die Fische durch lebensechtes Beißgefühl, ihre lebensechte Optik und ihren Köderlauf. Und vor allem: Mit Gummis am Bleikopf (Jighead oder Spin-Jig) kommt man in jede Wassertiefe. Man kann unter der Oberfläche fischen oder im Mittelwasser und auch am Grund. Populäre Techniken beim Spinnfischen mit Gummi sind das Einleiern (lineares Durchkurbeln wie beim Blech), das Jiggen (der Gummifisch wird mit der Rutenspitze angezupft) oder das Faulenzen (die Köder wird über schnelle Rollenumdrehungen vom Grund abgehoben). Wenn man den Gummifisch über den Grund hüpfen lassen will, muss er zunächst herunter. Das erreicht man mit dem Bleikopf. Über den Fangerfolg beim grundnahen Angeln mit Gummis entscheidet die Absinkphase. Je aktiver die Raubfische sind, desto kürzer muss sie ausfallen (manchmal reicht eine Sekunde). Je fauler bzw. träger Barsch, Hecht und Co. sind, desto länger muss sie ausfallen (manchmal sind 4 Sekunden zu kurz). Das erreicht man mit der Wahl des Bleikopfgewichts.
Hardbaits aka Wobbler
Das Angeln mit Wobblern („Hardbaits“) gewinnt immer mehr Freunde. Das liegt daran, dass diese echten Fischen täuschend echt nachempfundenen Köder aus Plastik oder Balsaholz teilweise extrem gut fangen, wenn man sie versteht. Beim Spinnangeln mit Wobblern kann man sich auch darauf verlassen, dass die Räuber den eingekurbelten Köder greifen. Das ermöglicht ein schnelles Absuchen der Hotspots. Man macht das vorrangig mit dickbauchigen Wobblern (Crankbaits). Durch hohe Wasserverdrängung und den agilen Lauf reizen sie beim schnellen Einholen. Schlanke Minnows werden oft besser getwitcht. Beim Twitchen schlägt man den Köder durchs Wasser. Er bricht dann immer zu Seite aus und täuscht eine Flucht an. Ein Sonderfall sind Suspender wie der Illex Squirrel, die man kurz stehen lassen kann. Weil sie schweben (suspenden), bietet man den Raubfischen im Stillsand eine leichte Beute. Das nutzen sie gerne aus und greifen in der „Twitchpause“ an. Dann gibt es noch Lipless Cranks, also Wobbler ohne Tauchschaufel. Hier sitzt die Öse am Rücken. Der Vorderrücken fungiert dann als Tauchschaufel. Diese Köder werden entweder eingekurbelt oder gejiggt wie ein Gummifisch.
Oberflächenköder (Topwater Lures)
Das Spinnfischen mit Oberflächenködern ist besonders spektakulär, weil man die Bisse sieht. Manchmal sieht man sogar eine Bugwelle heranrauschen, bevor die Wasseroberfläche explodiert. Stickbaits sind schwimmende Stöcke (Zigarrenform), die man im Zickzack über die Wasseroberfläche laufe lässt (Walking the Dog). Popper haben eine breite Schnauze. Wenn man sie anruckt, spritzt das Wasser auf und es ertönt ein Ploppen, dass den Raubfischen eine Jagd vortäuscht und sie von weitem anlockt. Andere Oberflächenköder sind Frösche (aus Plastik oder Gummi), Insektenimitate, Propbaits (Köder mit einem Propeller oder auch mit zwei Rotoren) etc. Hauptabnehmer sind Hechte, Rapfen, Barsche, Forellen, Döbel und Alande.
Geflochtene, monofile oder Fluorocarbon-Schnur: Die Frage der Schnurwahl
Fürs Spinnangeln hat man drei Schnurtypen zur Auswahl: monofile Schnur, Fluorocarbon und geflochtene Schnur. Monofile Schnur (Mono, Silk, Sehne) hat Dehnung und schwimmt. Sie eignet sich in erster Linie für eine lineare Köderführung bei der es nicht drauf ankommt, zarte Bisse zu erfühlen. Durch den Puffereffekt können sich einmal gehakte Fische nicht mehr abschütteln. Viele Crankbait-Spezialisten schwören auch Mono, weil sie den Fischen etwas Raum bietet, den Köder anzusaugen. Auch zum Angeln mit Spinnern (vor allem auf Forellen und Dorsch) wird Mono oft bevorzugt. Fluorocarbon wird beim Spinnfischen immer dann eingesetzt, wenn man etwas tiefer runter will als mit einer Monofilen, aber dennoch etwas Dehnung braucht. Denn Fluorocarbonschnüre (kurz FC) sinken und haben Dehnung (etwas weniger als Monofile). FC ist zudem abriebfester als Mono und hat den selben Lichtbrechungsindex wie Wasser. Damit ist die Schnur weitgehend unsichtbar – sagt man. Beim Spinnfischen wird FC deshalb gern als Leader zwischen geflochtener Hauptschnur und Köder bzw. geflochtener Hautschnur und Stahl-Vorfach geknotet (Fluorocarbon mit geflochtener verbinden). Der am meisten zum Einsatz kommende Schnurtyp ist geflochtene Schnur (Braid). Diese besteht aus mehreren (Dyneema-)Fasern, die zu einem dünnen Strang verwoben sind. Je mehr Stränge verwendet werden und je enger die Wicklungen, desto runder die Schnur. Deshalb bieten immer mehr Hersteller nach 8-Braids (8 Stränge) inzwischen auch Schnüre mit noch mehr Fasern an. Hauptvorteil der Geflochtenen beim Spinnfischen: Kaum Dehnung und mehr Tragkraft bei geringerem Durchmesser. Damit kommen die Bisse viel direkter an. Man kann sofort anschlagen und bekommt die Haken auch über große Distanz im Fischmaul verankert.
Die Hauptunterschiede zwischen den einzelnen Schnurtypen und ihre Einsatzgebiete in Tabellenform
Schnurtyp | Eigenschaften | Haupteinsatzgebiete |
Monofile | – dehnt sich
– schwimmt – transparent |
Wobbeln mit Crankbaits, Spinnern, Blinkern – allgemein: Angeln mit Zugködern. |
Fluorocarbon | – geringere Dehnung als Mono
– sinkend – ähnlicher Lichtbrechungsindex wie Wasser (weniger sichtbar) – etwas weniger Tragkraft als Mono – hohe Abriebfestigkeit |
Finesse-Angeln (Dropshotting, Texas-Rig-Angeln, Carolina-Rig-Fischen, Splitshotting…) Spinnerbait-Angeln, Cranken, Twitchen. Aber auch Gummifischangeln. Als Vorfachmaterial unersetzlich zwischen Hauptschnur und Geflochtener (1 m bis 3 m). |
Geflochtene | – keine Dehnung
– hohe Tragkraft – geringer Durchmesser – auftreibend |
Gummifischangeln, Twitchen, Cranken, UL-Angeln… immer dann, wenn es auf Sensibilität und Wurfweite ankommt. |
Die Rutenwahl – die für sich beste Spinnrute wählen
Die Auswahl an speziellen Ruten zum Spinnfischen ist groß. Um nicht zu sagen riesig. Es gibt kurze und lange Spinnruten. Brettharte Modelle und butterweiche. Viele davon haben ihre Daseinsberechtigung. Was die Aktion angeht, kann man sagen, dass Ruten umso weicher sein können, je mehr Zug auf dem Köder ist. Beim Spinnfischen mit Spinnern oder Crankbaits zu Beispiel ist eine weiche Spinnangel von Vorteil, weil sie den Fischen das Inhalieren der Wobbler oder Spinner erleichtert. Zum Spinnfischen mit dem Gummifisch bevorzugen die meisten Angler Ruten mit einer harten Aktion. Damit können sie den Shad oder Twister gut beschleunigen. Vor allem aber überträgt eine harter „Blank“ in Kombination mit einer geflochtenen Schnur jeden noch so vorsichtigen Biss. Auch die Anhiebe kommen auf Distanz mit einer harten Spinrute besser durch. Die Rutenlänge richtet sich beim Spinnfischen erstens nach der Köderart und -präsentation aus. Zweitens danach ob man vom Boot oder vom Ufer angelt. Wann immer ein Angler den Köder filigran bearbeiten will, ist eine kurze Rute besser. Sie hat den kleineren Hebel. Damit wird die Köderführung präziser. Zum Twitchen von Minnow-Wobblern (die schlanken Modelle) nimmt man z.B. am besten eine kurze Spinnangel (1,6 bis 2,1 m). Als Uferangler muss man aber manchmal Kompromisse machen. Denn kurze Ruten werfen ein bisschen kürzer. Vor allem aber kommt der Anhieb eben nicht so gut durch wie mit einer langen Rute. Zum Gummifischangeln auf Distanz ist eine lange Spinnrute (ab 2,4 m) also besser. Zum Spinnfischen an Steinpackungen braucht man eine lange Rute, um die Köder nicht in die Steine zu ziehen, bzw. um einmal festgesetzte Köder wieder herausfummeln zu können.
Spinnruten-Guide
Jeder Angler hat seine eigenen Vorlieben. Manche Angler liebe harte Ruten, andere etwas weichere. Je weiter man werfen muss, desto länger darf die Spinnrute sein. Je schwerer der Köder, desto mehr Wurfgewicht braucht man. Hier ein Leitfaden für Spinnruten:
Methode | Wurfgewichtsbereich | Länge | Aktion |
Gummifischangeln auf Hecht | 20 – 120 Gramm | 2,4 bis 3,0 m | Spitzenaktion |
Gummifischangeln auf Zander | 10 – 80 | 2,1 bis 3 m | Spitzenaktion |
Gummifischangeln auf Barsch | 2 – 40 Gramm | 1,8 bis 3 m | Spitzenaktion |
Twitchen auf Barsch | 2 bis 25 Gramm | 1,8 bis 2,4 m | Spitzenaktion |
Cranken auf Barsch | 5 bis 30 Gramm | 1,8 bis 2,4 m | semiparabolisch |
Spinnern auf Forelle | 2 bis 25 Gramm | 1,8 bis 2,4 m | semiparaboloisch |
Ultralight Spinnfischen | 0,5 bis 10 Gramm | 1,8 bis 2,4 m | Solid Tip |
Weitere interessante Artikel zu Tackle auf Barsch Alarm:
Shimano Fireblood | Shimano Expride | Shimano Zodias | Shimano Kairiki | Shimano Poison Adrena | Shimano Aldebaran | Shimano Dialuna | Shimano Chronarch
Rollen beim Spinnfischen
Im Zusammenhang mit dem Spinnfischen wird am häufigsten die Stationärrolle empfohlen. Sie ist einsteigerfreundlich und ermöglicht nach ein bisschen Übung weiter Würfe ohne Schnursalat (Perücken). Über den Schnurfangbügel wird die Schnur umgelegt und auf der Spule verlegt. Ganz wichtig: Den Schnurfangbügel vor dem Auswerfen immer öffnen. Es gibt wesentliche Unterschiede bei den Stationärrollen. Nicht nur in Sachen Qualität. Dazu nur ein kurzer Einschub: Da die beim Spinnfische im Gegensatz zum Ansitzangeln einer Dauerbelastung ausgesetzt ist, ist man besser bedient, wenn man sich für ein Qualitätsprodukt entscheidet. Billigrollen machen schnell die Grätsche. Wesentliche Kriterien sind zum Spinnfischen die Übersetzung (sie bestimmt den Schnureinzug pro Kurbelumdrehung) und die Größe. Je kleiner die Übersetzung (als je kleiner die Zahl hinter 1:X,Y), desto langsamer ist die Rolle. Wer sich also schnellen Techniken der Köderführung zuwenden will, nimmt besser eine Rolle mit einer hohen Übersetzung. Wer besonders präzise und langsam fischen will, nimmt einer Rolle mit niederer Übersetzung. Außerdem zu beachten: Je niedriger eine Rolle übersetzt ist, desto stabiler ist ihr Getriebe. Die Rollengröße wird von führenden Herstellern in 1000er-Schritten angegeben. Eine 1000er ist eine kleine Rolle wie man sie zum Barschangeln verwendet. Es gibt auch Zwischengrößen. 2500er zum Beispiel (ziemlich „allround“). Eine 10000er ein Gigant zum Spinnfischen auf große Salzwasserfische. Zum Barschangeln und für Forelle nimmt man eine 500er bis 2500er. Zum Spinnfischen auf Zander 2500er bis 4000er. Zum Spinnfischen auf Hecht 4000er bis 6000er. Wobei eine 6000er schon mächtig groß ist. Aber eben auch stabil. Für manche Köderbraucht man das. Zum Wallerangeln darf es dann auch mal eine noch größere „Statio“ sein.
In den USA wachsen die Jungangler schon mit der Baitcaster auf. Das leigt unter anderem daran, dass dort drüben viel auf Schwarzbarsch gefischt wird und man dazu oft größere Köder nimmt. Denn ganz klar: Je schwerer der Köder, desto leichter ist das Werfen mit der Multirolle. Beim Baitcasten kleinen Ködern kommt es vor allem in Gegenwindsituationen häufig zum Schnurstau und Perücken. Die Schnur wird hier in einer Linie von der Rolle gezogen. Je leichter der Köder ist, desto weiter muss man die Bremssysteme (Fliehkraft-Bremse und/oder Magnet-Bremse) öffnen. Das birgt die Gefahr, dass sich die Spule schneller dreht als der Köder Schnur abzieht. Wenn man’s aber erstmal kann, bringt dieser Rollentyp viele Vorteile – gerade beim Spinnfischen. Zum einen wirft man präziser. Zum anderen ist die Wurffrequenz höher (der Bügelumlegprozess entfällt). Und dann hat man auch ein ganz anderes Köder- und Drillgefühl, weil die Schnur nicht umgelegt wird. Manche Wurftechniken lassen sich viel besser mit einer Baitcaster realisieren. Auch hier gibt’s große und kleine Modelle, schnelle und langsame. Manche sind rund, manche „Low Profile“. Mehr Wurfweite mit der Baitcaster lässt sich mit Übung ebenfalls erreichen.
Zum Auflockern zwischen so viel Text mal ein Video vom BATV-Team, bei dem es zuerst nicht so aussah, als würde es ein besonders fischreicher Film werden, bis sich das Blatt im Hafen gewendet hat:
So. Das war’s erstmal zu den Grundlagen. Mehr zum technischen Aspekt des Themas findet ihr in den einzelnen Rubriken oder im Buch „Spinnfischen“ (die zweite Auflage heißt „Jig, Jerk und Co“.) von Johannes Dietel.
Damit sind wir aber noch nicht am Ende dieses Diskurses angelangt. Denn das Spinnangeln hat hochemotionale Komponenten und sogar ein bisschen was Philosophisches. Es gibt so viele Dinge, die uns an dieser Angelart faszinieren:
Bevor ich den ersten Raubfisch auf einen Kunstköder gefangen hatte, war die Skepsis groß. Ich hielt die Jungs, die Fische auf Blech- oder Balsaholz-Köder fangen, für Halbgötter in Fleckentarngrün. Und so beschäftigte ich mich mit der Kunstköderangelei erst einmal rein theoretisch. Damals hieß das: Angelzeitungen wälzen, Bücher lesen. Und irgendwann gingen meine Schulkameraden und ich dann mal mit dem Spinner ans Wasser und fingen prompt einen Barsch und einen Döbel an der Jagst (damals mussten uns unsere Eltern noch zum wasser fahren. Danke, Herr Anders!). Seitdem fesseln mich die Spinnangel-Techniken, die Köder und das Gerät. Heute ist der Zugang leichter. Auf youtube kann man sich genau anschauen, wie es gemacht wird. Durch die Spinnangler-Foren sieht man, wie viele Menschen erfolgreich mit Kunstködern angeln. Doch egal, wann und wie man ins Spinnangeln einsteigt – der Kick ist der gleiche. „Der Kick“? Das hört sich ja fast so an, als gäbe es nur einen. In Wirklichkeit gibt es viele Gründe, warum aus Einsteigern Spinnangel-Süchtlinge werden.
Angeln mit Kunstködern ist die Kunst der Täuschung
Direkte Bisse gibt’s auch, wenn man Würmer oder tote Köderfische aktiv anbietet und sie über den Grund zupft oder mit der Strömung abtreiben lässt. Für die Hardliner unter den Spinnfischern hat das aber nichts mit Spinnangeln zu tun. Uns geht es im Wesentlichen darum, einen anorganischen Köder mit der Spinnrute so zu manipulieren, dass der Raubfisch sich dafür interessiert, um schließlich zuzupacken. Der Spinnfischer erlegt sich also quasi ein Handicap auf, das er durch eigenes Geschick auszugleichen versucht.
Auch wenn so mancher Köder heutzutage nicht mehr von einem echten Fisch zu unterschieden ist, erfordert die perfekte Imitation des lebenden Vorbilds einiges an Geschick und auch ein Hineindenken in die Natur:
- Wie verhält sich ein Beutefisch, wenn er verfolgt wird?
- Was also muss ich als Angler tun, um ein angeschlagenes Fischchen abzubilden?
Diese Grundgedanken konkretisieren sich dann in köderspezifischen Führungsfragen:
- Wie hoch lasse ich meinen Gummifisch springen?
- Ist es besser, den Wobbler durchzukurbeln oder soll ich ihn twitchen?
- Spinnstop oder Beschleunigung?
- Faulenzen oder Jiggen? Zupfen oder schleifen?
Spinnangeln lebt vom Köder-Hype und weckt Sammelinstinkte
Neben der Hardware sind es natürlich auch die Köder, die das Spinnangeln ausmachen. Das war natürlich schon immer so. Schließlich benötigt man zur Ausübung dieser Angeltechnik Köder, die sich bei entsprechender Animation so verhalten, dass sich Raubfische für sie interessieren. Die Spinnangelköder entwickeln sich stetig weiter. Ein gutes Beispiel ist der Blinker, der seit seiner Erfindung gleich mehrere Evolutionsstufen durchlaufen hat. Fischte man anfangs noch mit vom Löffelstil befreiten und mit Haken ausgestatteten Silberlöffeln, konnte man Anfang des 20. Jahrhunderts schon Heintz- und später dann Effzett-Blinker käuflich erwerben. Heutzutage gibt’s spezielle Wallerblinker oder mit Rasseln gefüllte Doppelwand-Modelle aus Plastik, die sich alle paar Umdrehungen in eine andere Richtung drehen, um die Schnur nicht zu verdrallen. Unglaublich auch, was der Gummi-Sektor für den Spinnangler bereithält. Von den superrealistischen und mit den Präzisionsweitflug unterstützenden Weight-Transfer-Systemen ausgestatteten Hardbaits ganz zu schweigen. Erst durch das breitgefächerte Köderspektrum konnte sich Spinnangeln zum heutigen Spinnangeln 2.0 entwickeln. Denn ohne youtube und die Foren würde man gar nicht wissen, was man aus den Ködern herauskitzeln kann. Einmal ganz davon abgesehen, dass wir viele Köder gar nicht kennen würden. Kaum vorstellbar, was uns da entginge. Da sich die Dinge aber nun einmal positiv entwickelt haben, können wir aus dem Vollen schöpfen und jeden Angeltag neue Köder ausprobieren.
Vielseitigkeit – Angeln mit Kunstködern funktioniert überall
Ein großer Vorteil beim Spinnangeln ist, dass man es überall tun kann. In der Großstadt, am Kanal, am Bergsee, im Meer, am Waldsee, im Bach, an der Talsperre… eigentlich sollte man immer eine kleine Spinnangel mit sich führen und jede Gelegenheit zum Auswerfen nutzen. Man weiß schließlich nie, was passiert. Der ersehnte Ruck kann schon beim ersten Wurf in der Pfütze um die Ecke durch die Rute zucken.
Barsche, Zander, Hechte, Bachforellen, Lachse, Rapfen, Döbel, Waller, Wolfsbarsche, Meerforellen, Schollen, Alande ja sogar Brassen und Rotfedern lassen sich gezielt mit der Spinnrute beangeln. Auch diese breite Zielfischpalette macht das Spinnangeln aus. Wenn man sich auf die einzelnen Spezies einlässt, kann man zu jeder Tageszeit und in jedem Monat des Jahres Spaß am Wasser haben.
Angeln als Sport – Macht Meter und Strecke
Beim Spinnangeln kann man in relativ kurzer Zeit unheimlich viel Fläche absuchen. Man hat also nie das Gefühl, Zeit an Plätzen zu verlieren, die keinen Fisch ausspucken wollen. Zumindest kann man auf Beißflauten durch sofortige Spotwechsel reagieren und so einerseits für neue Motivationsschub sorgen, andererseits vielleicht tatsächlich eine Horde bissiger Raubfische stellen.
Spinnangeln geht schnell. Spinnangeln ist auch etwas für zwischendurch. Man braucht nicht mehr als eine Spinnrute und ein paar Köder, um einen Raubfisch zu fangen. Es sind keine Anfütter-Orgien nötig, die Ausrüstung kann extrem knapp gehalten werden. Spinnangelbereitschaft ist also schnell herzustellen.
Spinnangeln heißt auch Fairplay
Wenn man mit Würmern oder Köderfischen angelt, kann man es oft nicht verhindern, dass die Fische das Angebot voll inhalieren. Oft ist es unmöglich, die Fische unverletzt vom Haken zu lösen. Ein Zurücksetzen kleiner oder besonders großer bzw. während ihrer Schonzeit gefangener Fische ist dann unmöglich. Anders beim Spinnangeln. In der Spinnanglerszene setzt sich immer mehr ein Fairplay-Gedanke durch mit dem Ziel, den Fischen so wenig Leid zuzufügen wie nur möglich und langfristig die Ressourcen zu schonen. Dieser Fairplay-Gedanke manifestiert sich beim Spinnangeln in z.B. Gummikeschern, Einzelhaken-Tunings, Stingerverzicht, Anleitungen zum korrekten Fischhandling usw.
Fazit: Spinnangeln ist eine Leidenschaft mit vielen Facetten. Das Spinnangeln bietet so viele Kicks, dass man ellenlange Aufsätze darüber schreiben kann, die dann hoffentlich auch jemand bis zu Ende liest…