Salmoniden Strömungsspiele am Forellenbach
Ein warmer Sommerabend, die Sonne ist am Untergehen und das Wasser dieses kleinen, klaren Baches, den ich nun seit mehr als 15 Jahren befische, fließt an mir vorbei. Zufrieden wate ich mit meinen Stiefeln durchs Wasser und beobachte kleine Fliegen, die über der Wasseroberfläche schwirren. Diese Bachangelei hat für mich einen ganz besonderen Reiz. Die Flüsse die ich befische, kenne ich wie meine eigene Westentasche, und doch sind sie jedes Jahr anders. Geprägt durch die Frühjahrshochwasser verändern sie sich. Das ist nur einer der vielen Gründe, warum ich so gerne in kleinen Fließgewässern fische. Ein Anderer sind die schönen und kampfstarken Forellen, die es im wahrsten Sinne des Wortes zu überlisten gilt, denn Forellen sind vorsichtige und schlaue Tiere mit einem sehr guten Sehvermögen.
Meine Ausrüstung für das Spinnfischen im Bach ist ziemlich minimalistisch, da man ja alles am Mann haben muss und unter Umständen richtig Strecke macht. Eine kurze, nicht zu harte Spinnrute von 1,80 Meter mit einem Wurfgewicht bis 10 Gramm. Eine kleine, hochübersetzte Rolle (6:1) und eine 0,12er geflochtene Schnur, ein paar schwimmende oder langsam sinkende Wobbler, Watstiefel und eine Polbrille.
Ich wähle die Schnurstärke bewusst etwas höher, da in kleinen Bächen oft etliche Hindernisse z. B. Wurzeln und Steine lauern und dadurch nicht viel Platz für einen ausgedehnten Drill ist und gute Forellen können richtig Gas geben. Sehr wichtig ist ein ca. 1,50 bis 2,00 Meter langes Floucarbon-Vorfach. Nicht nur wegen dem klaren Wasser, sondern auch wegen der höheren Abriebfestigkeit. An das Vorfach knote ich einen Mini-Snap ohne Tönnchenwirbel, den brauche ich bei meinen Ködern nicht – und je unauffälliger, desto besser. Apropos unauffällig –genau so verhalte ich mich am oder im Wasser.
Stromauf oder Stromab?
Zu 90% der Zeit stehe und gehe ich direkt im Bach. Das hat schlichtweg den Vorteil, dass man bei dem ganzen Uferbewuchs und überhängenden Ästen die Spots besser anwerfen kann, wenn man denn vorsichtig genug agiert.
Einmal im Fluss angekommen, stellt sich aber erst einmal die Frage, in welche Richtung man denn nun geht – stromauf oder stromab? Bei dieser Frage scheiden sich wohl die Geister. Meine niederländischen Freunde, die ich ab und an durch „meine“ Bäche begleite sind absolut überzeugte Stromab-Läufer, ich persönlich war viele Jahre der typische „Gegen-Den-Strom-Angler“. Mittlerweile gehe ich sowohl aufwärts als auch abwärts, denn beide Richtungen haben ihre Vor- und Nachteile. Es hängt einfach von jedem einzelnen Spot ab, wie man diesen am besten angeht.
Stromab hat den Vorteil, dass man viel entspannter Laufen kann, da man nicht ständig gegen die Strömung arbeitet. Das ist vor allem bei langen Touren über mehrere Stunden angenehm. Aber das Wasser arbeitet auch bei der Köderpräsentation für den Angler. Man kann seine Köder, sofern sie schwimmen, gezielt auf die Spots zutreiben lassen, ohne komplizierte Kunstwürfe aus dem Handgelenk zauber zu müssen, oder zu nah an die guten Stellen heran zu waten! Weiterhin kann man die Wobbler wunderbar auf der Stelle präsentieren, indem man sie einfach in die Strömung „stellt“ und ab und zu kurze Twitches einbaut, wieder etwas treiben lässt, kurze Zupfer gegen die Strömung und so weiter – eine absolut tödliche Sache.
Schöner Spot um den Köder treiben zu lassen
Die Spots in kleinen Bächen sind an sich recht schnell abgeangelt, weil sich alles auf engstem Raum abspielt. Wenn also Forellen am Platz sind, nehmen diese den Köder meist beim ersten Wurf – aber so ist es eben nicht immer und so konnte ich mit dieser langsamen Präsentation der Wobbler wirklich gute Fische nach mehr als fünf Minuten noch zum Anbiss reizen – der Einschlag fällt dementsprechend aus – knallhart! Ich habe oft das Gefühl, dass die Forelle den Quälgeist dann endlich los haben will, der da schon ewig vor der eigenen „Hütte“ so rum lungert. Für diese sehr langsame Angelei nehme ich gerne kleine, tieflaufende Crankbaits.
Da durch die lange Tauchschaufel dieser Köder ein unheimlicher Druck aufgebaut wird, wenn man sie in der Strömung fischt, eignen sie sich hervorragend, um einen Platz so langsam, oder eben auf der Stelle stehend, abzufischen, da sie auch bei geringerer Strömung noch gut laufen. Dies ist bei Twitchbaits oder Minnows mit kleinen Tauchschaufeln nicht der Fall. Außerdem halten die dickbauchigen Cranks wunderbar ihre Bahn. Selbst bei starker Strömung laufen sie zuverlässig, ohne sich zu überschlagen. Auch liegt es in der Natur der Cranks, das die Hänger am Grund durch ihr Laufverhalten minimiert werden. Da sie zuerst mit der Tauchschaufel das Hindernis berühren und sich dadurch darüber hinweg hebeln. Diese Köder fische ich in nur 20 cm tiefem Wasser! Bottom-Bouncing funktioniert eben auch bei Forellen sehr gut.
Stromauf bei klarem Wasser
Doch das Stromab-Angeln hat nicht nur Vorteile. Da alle Fische mit dem Kopf voran gegen die Strömung stehen, läuft man so zwangsläufig in ihr Gesichtsfeld. Man muss schon extrem vorsichtig und langsam waten, um nicht schon vor dem ersten Wurf entdeckt zu werden. Zwar kann man die Köder weit treiben lassen, doch manchmal treiben die Köder eben nicht dahin, wo sie hin sollen und weite Würfe sind oft nicht möglich. Schwierig wird es auch bei extrem klarem Wasser und launischen Fischen. Was manchmal der Schlüssel zum Erfolg ist, ist an anderen Tagen genau falsch. Gemeint ist die extrem langsame Präsentation der Wobbler. Durch die teilweise starke Strömung ist man gezwungen, selbst Wobbler mit kleinen Tauchschaufeln langsam einzuholen, damit sie nicht aus der Bahn schlagen und nur auf der Wasseroberfläche schlittern. Ist jedoch eine schnelle Köderpräsentation gefragt, um den Fischen nicht zu viel Zeit zu geben, den Köder zu begutachten, oder um ein flüchtendes Beutefischchen zu imitieren, ist die Stromauf-Präsentation die bessere Wahl. Und auch hier setze ich wieder auf die bereits erwähnten tieflaufenden Cranks. Läuft man gegen die Strömung und holt die Köder mit der Strömung ein, benötigt man eben auch Köder, die ordentlich Druck machen, um den Kontakt in der starken Strömung nicht zu verlieren. Die tieflaufenden Cranks geben durch ihre ausgeprägten Vibrationen eine gute Rückmeldung über die Rute.
Der stromaufwärts präsentierte Crank brachte hier einen guten Saibling
Ein weiterer Vorteil ist, dass man gerade bei klaren Gewässern die Fische von hinten anpirscht. Dadurch kann man viel näher an einige Spots heranwaten. Doch auch hier muss man Nachteile in Kauf nehmen. Besonders negativ wirkt sich dabei das Fluchtverhalten der Fische aus. Diese flüchten nämlich in 9 von 10 Fällen stromauf, also in die Bereiche, die man noch nicht befischt hat. Man beunruhigt so also viele Spots, die noch nicht einmal in Sichtweite liegen. Außerdem ist es wirklich ermüdend, ständig gegen die Strömung anzukämpfen. Ein weiterer Nachteil der Stromauf-Präsentation ist das Überwerfen der Fische. Man zieht zwangsläufig die ersten Meter der ausgeworfenen Schnur am Fisch vorbei, bevor der eigentliche Köder kommt. Sehr launische oder scheue Forellen werden dadurch verschreckt, vor allem wenn man mit geflochtenen Schnüren fischt.
Gut kombiniert
Mit dem Wissen um die Vor- und Nachteile beider Strömungsrichtungen war es für mich also nur logisch, beide Methoden (die Stromab- und die Stromauf-Präsentation) miteinander zu kombinieren. Je nachdem wo ich mit dem Fischen beginne, entscheide ich mich für eine Hauptrichtung. Liegen die meisten oder besseren Spots stromauf, geht’s eben genau in diese Richtung. Weniger interessante Bereiche durchlaufe ich relativ zügig, jedoch nicht, ohne einige Würfe zu riskieren. Ihr solltet diese, für euch augenscheinlich uninteressanten Bereiche nicht unterschätzen! Ich habe wirklich gute Forellen in nur 30 cm tiefem, schnellfließendem Wasser gefangen. Komme ich nun an einen wirklich guten Spot, nutze ich die Vorteile beider Strömungsrichtungen. Zuerst überwerfe ich den Spot und hole den Wobbler zügig mit der Strömung ein. Habe ich nach einigen Würfen keinen Biss, steige ich aus dem Wasser und laufe am Ufer am Spot vorbei, um ihn dann quasi von hinten neu aufzurollen. Nun lasse ich meinen Wobbler treiben und fische den Spot, wie bereits beschrieben, langsam ab, indem ich den Köder immer mal für einige Sekunden in die Strömung stelle. Genauso kann man dies natürlich kombinieren, wenn man hauptsächlich stromabwärts läuft. Also Leute, beim nächsten Fluss-Trip unbedingt gut kombinieren, Ihr werdet überrascht sein, wie unterschiedlich gut die beiden Methoden an manchen Tagen funktionieren.
Falls Euch der Artikel gefallen hat, dann schaut auch mal auf meinem Blog –FreakFish- vorbei: http://mafu2.wordpress.com/
In diesem Sinne – viel Spaß beim Strömungsfischen und Tight Lines
Christian