Zander Zanderangeln: Lockstoff für Schnüffler
Zander haben gute Augen. Doch verlassen sie sich nicht nur auf das, was sie sehen. Neben ihrem hervorragenden Sehvermögen und der sensiblen Seitenlinie verlassen sie sich sowohl auf ihren Geruchs- als auch den Geschmackssinn wenn es darum geht, schmackhafte bzw. sättigende Nahrung aufzuspüren. Eingefleischte Zanderangler schwören deshalb darauf, den Zandern Gummis besonders schmackhaft zu machen, indem sie die Köder mit Lockstoff oder Fischaroma aus der Flasche versehen. Natürlich kann man die Gummis auch in Fischinnereien oder Fischblut wälzen, so dass sie kurzzeitig „abstinken“. Meine liebsten Flavours aber sind Sekundenkleber, Aminosäuren, Salze und einige exotische Geschmäcker.
Wohl wissend, dass Zander einen exzellenten Riecher haben, vermeiden viele Spinnangler, dass „Fremdgerüche“ auf die Köder gelangen. Unter Fremdgerüchen verstehen wir hier mal alles, was normalerweise nicht im Wasser vor sich hin duftet: Nikotin zum Beispiel. Doch beim Zanderangeln gibt’s da ein Problem. Denn die Räuber lutschen die Gummis oft vom Haken, wenn man sie nicht fest fixiert. Da helfen nach ein paar Attacken auch die Widerhaken oder Knubbel nicht, die sich bei vielen Köpfen unterhalb der Murmel auf dem Hakenschenkel befinden. Aus diesem Grund träufeln viele Zander-Jigger vor dem Aufziehen ein paar Tropfen Sekundenkleber auf den vorderen Bereich des Jig-Kopfes, um den Gummifisch gegen das Herunterziehen abzusichern. Nun riecht Sekundenkleber ja ziemlich streng. Und zwar alles andere als „fischig“. Bringt diese Ablutschversicherung also gleichzeitig eine verminderte Bissfrequenz mit sich? Wird also die eigentliche Absicht – nämlich mehr Fische zu fangen als mit dem „unfixiertem“ Gummi – ad absurdum geführt?
Zander-Lockstoff Sekundenkleber
Ganz im Gegenteil! Bei zahlreichen Angelausflügen habe ich festgestellt, dass die Fische besonders gut auf den frisch mit Sekundenkleber versehenen Köder reagiert haben. Gerade Zander sind echte Schnüffler! Und so sieht man mich in Beißflauten immer wieder einmal etwas Sekundenkleber auf die Verbindung von Blei zu Gummi träufeln, selbst wenn diese bereits bombenfest auf dem Jigkopf sitzen. Dass sich Zander also generell an „Fremdgerüchen“ stören, ist meines Erachtens echter Nonsens. Für mich war die Erkenntnis, dass sie sich selbst von Kleber berauschen lassen, jedenfalls der Einstieg in die Flavourologie.
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Attraktion Aminosäure
Während eines Aufenthalts in Holland habe ich mir letztes Jahr einen NKS-Wettbewerb (siehe Heft 2/2005) angeschaut. Fangtechnisch gesehen war dieser Zander-Competition eine echte Pleite (58 Boote mit je zwei Mann fingen 56 Zander). Und weil es kaum Fische zu fotografieren gab, hatte ich Zeit, auch einmal ein bisschen zu verticalen. Angesichts der Unlust der stacheligen Freunde musste ein besonderer Köder her. Ich entschied mich für einen halbierten Gulp Sinking Minnow von Berkley in Weiß – ein Köder, den ich vorher noch nie gefischt hatte. Vielleicht weil er aussieht wie eine kleine Wurst und irgendwie ziemlich unangenehm riecht. Jedenfalls hielt sich mein Vertrauen einigermaßen in Grenzen. Das sollte sich ändern, noch bevor der Köder Grundkontakt hatte. Da stieg doch glatt ein guter Zander ein – alles andere als zimperlich, übrigens!
Inspiriert durch diese heftige Reaktion auf die halbierte „Gulp-Wurst“ testete ich am nächsten Tag die Gulp Nightcrawler beim Vertikalangeln auf Barsch. Und siehe da: Auch die Barsche sprangen direkt auf den Kunstwurm an.
Das Geheimnis hinter der Gulp-Imitate ist der extreme Aroma-Ausstoß sobald die Köder im Wasser sind. Diese auf Stärkebasis aufgebauten Wurm- und Fisch-Imitate geben laut Hersteller 400mal so viele Geruchs- und Geschmacksstoffe ab wie herkömmliche Gummis. Die Wirkstoffe hinter dem üblen Geruch der Powerbait- und Gulp-Köder sind eine Mixtur aus vielen verschiedenen Flavours und Aminosäuren. Letztere sind ein wichtiger Bestandteil von Eiweiß und somit in allem enthalten, was Fische in ihrem normalen Leben fressen. Merke: Je eiweißhaltiger die Nahrung ist, desto heftiger fahren unsere Räuber auf sie ab. Wenn zum Beispiel die proteinhaltigen Krebse in den Boddengewässern schlüpfen, wird es schwer, Zander, Barsche und Hechte mit etwas anderem zu fangen. Damit die Aminosäuren in unseren Ködern wirken können, müssen sie wasserlöslich sein. Nach Meinung vieler Experten kann besonders eine Kombination verschiedener Säuren dazu führen, dass Fische erst so richtig heiß auf den Köder werden.
Absoluter Zander-Klassiker – das Zetti Happy End:
Allerdings ist es fraglich, ob die Fische durch den Geruch und Geschmack der Aminosäuren von Weitem angelockt werden. In erster Linie sind es wohl Bewegungen, Geräusche, Farben und Formen, die die Räuber auf das Beuteimitat aufmerksam machen. Die Wirkstoffe kommen erst in der letzten Phase der Attacke zu tragen, nämlich wenn die Fische den Köder ins Maul nehmen. Denn Zander testen ihre Beute (also auch unsere Köder) oft erst einmal an und lassen dann sofort wieder los. Sie beißen kleine Fische oft nur vorsorglich an, um sie evtl. später – wenn sie wirklich Hunger haben – ganz bequem aufzusammeln. Willkommen in der Fehlbissfalle! Denn nach Plastik schmeckende Gummiköder werden in solchen Situationen garantiert nicht angesaugt. Die Aminosäuren hingegen können dafür sorgen, dass die Fische sich von einem Köder überzeugen lassen, obwohl sie gar nicht fressen wollen. Anstatt ihn wieder auszuspucken, bevor wir Angler überhaupt merken, dass sich da jemand an unserem Gummifisch zu schaffen macht, greifen sie beherzt zu. Mit einem aminosäureversetzen Köder haben wir auf jeden Fall mehr Zeit zu reagieren und können so mehr Angriffe in gefangene Fische ummünzen.
Salz in die Suppe – oder Flavours an die Gummis!
Gummi-Tuning über Fischblut verlangt nach frischem toten Fisch. Das Töten der Beute ist zunächst einmal nicht jedermann’s Sache. Außerdem muss man ja erst einmal einen Fisch fangen, bevor man ihn töten kann. Doch der Geschmack von frischem Fischblut (leicht süß und ziemlich salzig) lässt sich durch die Zugabe von Salz auch künstlich herstellen. Nun gibt es meines Wissens keinen Anbieter, der einen Salzstreuer für Gummiköder führt, mit dem man seine Köder alle paar Würfe behandeln könnte. Dafür aber haben Firmen wie Berkley, Mister Twister oder Lunker City verschiedene Gummis im Programm, die bereits vorgesalzen sind. Am besten ist es natürlich, wenn das Salz in den Köder eingearbeitet ist. Neben dem blutähnlichem Geschmack wird Salz in Gummiködern noch eine weitere Wirkung zugeschrieben. Salz löst sich im Wasser zu Ionen. Das sind elektrisch geladene Teilchen. Fischen wird nachgesagt, dass sie diese Teilchen besonders gut wahrnehmen können und durch eben jene zum Fressen animiert werden. Doch Salz hat noch einen dritten positiven Effekt: Besonders wenn die Köder nicht nur in Salz gelagert werden, sondern damit „geimpft“ wurden, verdichtet Salz die Gummimischung. So sinkt der Köder schneller, was dazu führt, dass man leichtere Bleiköpfe fischen kann und den Räubern das Ansaugen des Köders vereinfacht.
Aber Salz ist nicht gleich Salz! Die amerikanischen Hersteller arbeiten mit Hochdruck an der Entwicklung extrem potenter Salze. So zum Beispiel die Firma Mr. Twister, die ein so genanntes Micro Salt in einige ihrer Gummis eingearbeitet hat, das sich siebenmal so schnell im Wasser auflöst wie normales Speisesalz. Während dieses Salz in erster Linie durch seine Diffusionseigenschaften besticht, basiert die Wirkung des Bio Salz der Berkley Power Grubs oder Finesse Power Worms auf dessen speziellen Geschmack, der den Räubern noch mehr das Gefühl gibt, es mit einer echten Beute zu tun zu haben und nicht mit einem Kunstköder.
Zander-Lockstoffe – Exotische Aromen
Bei den amerikanischen Schwarzbarsch-Cracks, die bei hoch dotierten Wettfischen antreten (dort drüben kann man sich zum Millionär hoch angeln), haben sich einige Flavours besonders bewährt. Köder mit Knoblauchgeschmack zum Beispiel gehören zum Standard. Und obwohl ich persönlich fast schon allergisch gegen Knoblauchgeruch und -geschmack bin, findet sich in meinem Köderregal eine gut versiegelte Box mit Knofel-Gummis. Auch Köder mit Anis-Flavour sind bei den Schwarzbarschen und demzufolge auch bei den Anglern extrem beliebt. Was die Fische mit diesen Aromen verbinden? Um ehrlich zu sein, habe ich da keine Ahnung und möchte auch keine verwegene Theorie aufstellen. Fest steht: Das Zeug wirkt! Das trifft auch auf Krabben- und Fisch-Aroma zu. Hier liegt die Erklärung auf der Hand. Denn diese Geschmacksrichtungen gaukeln den Fischen den Geschmack ihrer natürlichen Nahrung vor.
Die Tatsache dass die Fische auf die Aromaköder beißen und dann nicht loslassen, setzen die Amerikaner übrigens schon seit Jahrzehnten in die Angelpraxis um: Damit die Schwarzbarsche zunächst einmal keinen Widerstand beim Anbiss spüren, fischen sie ihre Gummis an relativ schlaffer Leine. Sobald sie sehen, dass ein Fisch gebissen hat, wird die Rutenspitze abgesenkt, so dass der Fisch mit dem Kunstköder abziehen kann. Erst nach einigen Sekunden setzen sie den Anhieb. Und haken den Fisch umso sicherer!
Natürlich ist nicht gesagt, dass alle aromatisierten Köder besser fangen. Prinzipiell gebe ich aber jedem Flavour erst mal eine Chance. Denn wer hätte gedacht, dass von Sekundenkleber eine Lockwirkung ausgeht?
Einkaufstipps:
Sekundenkleber gibt’s fast an jeder Ecke.
Gesalzene Köder führen z.B. Berkley, Mr. Twister, ZOOM, Strike King, STORM, Chompers, YUM, Lunker City oder Bass Assassin.
Aminosäuren verwenden z.B. Berkley (Powerbait, Gulp), Man’s (z.B. Curly Tail, Man’s Shad) oder Yamamoto.
Aromatisierte Köder kommen u.a. von Berkley, DragOnBaits, Culprit, Strike King, Chompers, YUM oder Bass Assassin.
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