Finesse-Methoden Spitzen Sache: Feiner fischen mit der Solid Tip
Beitrag enthält WerbungDieser Bericht war in der Fisch&Fang 10/2015 zu lesen. Aus aktuellem Anlass stelle ich ihn jetzt auch mal hier rein. Ich angle gerade sehr viel mit meinen Solid Tip-Ruten und auch wenn sich hier schon viele intensiv mit der Materie auseinandergesetzt haben, gibt’s sicher noch den einen oder anderen, den dieser Artikel inspirieren könnte. Drauf gekommen, der Fisch&Fang einen Bericht über Solid Tip-Ruten anzubieten, bin ich nämlich beim letzten Barsch-Alarm-Treffen am Möhnestausee. Da haben wir den Schneider Bernd ein bisschen aufgezogen, weil er nicht wusste, was eine Solid Tip ist. Wie auch – er ist nicht in Angel-Foren aktiv und in der Angelzeitung (zumindest in der Fisch&Fang) stand bislang auch noch nix über dieses neuartige Rutengedöhns mit der weichen Spitze.
Eingeleitet wurde der Artikel folgendermaßen: „Für Johannes Dietel gibt es einen neuen Trend: Knallharte Spinnruten sind von gestern, in Zukunft geht es wieder sehr viel sensibler zu. Die Vollcarbon-Technologie macht es möglich.“ Diese Teaser schreibt der Autor meist nicht selber. Um die Leser ins Thema zu locken, wird da meistens ein bisschen überspitzt formuliert. Meiner Meinung nach haben knallharte Spinnruten natürlich immer noch eine Daseinsberechtigung. Man braucht die genauso wie man weiche Ruten oder welche mit einer Solid Tip braucht – je nachdem, wo man mit welchem Köder auf welchen Fisch angelt. Ist ja klar.
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Jetzt aber genug der einleitenden Worte. Hier der Original-Text von meiner Festplatte fürs Oktoberheft der Fisch&Fang:
Manche Trends verfestigen sich und bleiben. Andere nehmen einen kometenhaften Aufstieg, um alsbald zu verglühen. Wieder andere tauchen mal für eine Weile ab, um dann wiederentdeckt zu werden. Von einem Trend der letzten Sorte handelt dieser Artikel. Als ich mit dem Twistern angefangen habe, hieß es, dass man dazu Ruten mit einer weichen Spitze braucht. In einer Werbeanzeige der D.A.M. auf der Rückseite eines Barsch-Sonderhefts stand folgender Text neben einer zum Halbkreis gebogenen Spitze einer Twister-Rute: „Mit einer äußerst sensiblen Vollglasspitze, die jeden „Zupfer“ sofort erkennen lässt und einen blitzschnellen Anhieb ermöglicht.“
Da muss jeder versierte Barschcrack unter 35 schmunzeln. Alle über 35 können sich noch an die Zeit erinnern. Damals gab es noch keine geflochtenen Schnüre! Auch von dehnungsarmem Fluorocarbon oder Monofil hat in den 80ern noch niemand geträumt. In der zitierten Anzeige wurde z.B.18er Damyl Magic Flex empfohlen: „Es gibt keine Schnur, die sich besser zum Twistern eignet! Superweich und geschmeidig lässt sie den Köder völlig frei im Wasser spielen. Das ist wie Angeln ohne Schnur.“ Aber eben auch ohne Köderkontakt. Die Bisse konnte man damals wirklich nur am Schnureinstich oder einem Zucken in der weichen Rutenspitze erkennen.
Die Zeiten ändern sich. Heutzutage verwöhnen uns die Hersteller nicht nur mit superdünnen, leisen und runden Geflechten mit Mega-Tragkraft, sondern bieten auch Monofile und Fluorocarbonschnüre an, die sich nur halb so stark dehnen wie die Gummiband-Monos aus den 80er Jahren. Warum bietet dann allein Shimano mit Diaflash, Catana, Alivio und Expride überhaupt in gleich vier Ruten-Serien Modelle mit weichen Taftec-Spitzen an? „Taftec“ ist die shimanoeigene Bezeichnung für die dünnen und extrem verbiegungsfähigen Spitzen, die mein Sponsor an die feinen Spinnruten spleißt. Andere Hersteller haben andere Namen erfunden fürs gleiche Prinzip. Der englische Fachterminus lautet „Solid-Tip“. Diese Vollcarbon-Spitzen haben keinen Kanal. Dadurch sind sie nicht nur bruchsicherer und dünner, sondern auch extrem sensibel. Man muss also keinesfalls den Verlust des Ködergefühls oder Einbußen bei der Bisserkennung befürchten und die Bisse nicht an der Rutenspitze ablesen. Eine Solid-Tip nimmt die volle Energie des Bisses auf und leitet sie 1:1 an den Restblank weiter.
Wenn es also nicht um die Bisserkennung geht, muss es andere Gründe für das Wiederaufleben des Soft-Spitzen-Trends geben. Als da wären:
Präzise Köder-Manipulation mit der Taftec-Spitze
Die feine Spitze schlägt beim Anzittern ein bisschen schneller aus. Deshalb muss man nicht so heftig an der Rute rütteln, um feine Vibrationen auf den Köder zu übertragen. So ist es z.B. möglich, die Tentakeln eines Rubber-Jigs in Schwingung zu versetzen, ohne den Köder großartig vom Punkt weg zu bewegen. Sprich: Die Solid Tip erleichtern ein punktuelles Fischen. Wo andere Ruten den Köder schnell aus dem Zentrum des Geschehens schütteln, halten Taftec und Co. den Köder lange im Sichtfeld potentieller Abnehmer.
Bessere Bissverwertung mit Solid Tip
Die weichen Spitzen bieten den Fischen wenig Widerstand bei der Köderaufnahme. Selbst wenn sie sich einen Gummiwurm millimeterweise einverleiben, anstatt ihn mit einem Schwung zu inhalieren, werden sie vom schwachen Gegenzug der Solid Tip eher animiert, sich über die Hakenspitze vorzuarbeiten. Das sieht oft anders aus, wenn sie gegen eine harte Rute rennen. Da kann’s schon mal sein, dass sie direkt wieder loslassen, wenn man nicht sofort reagiert und die Rutenspitze absenkt.
Pufferwirkung beim Anhieb
Bei vielen Modellen folgt auf die weiche Solid-Tip ein recht harter bzw. schneller „Restblank“. Dennoch federt die biegsame Spitzensektion die erste Spannungsspitze beim Anschlag ab und leitet den Druck auf die Schnur ans Rückgrad weiter. Deshalb kann man mit diesen Ruten mit feineren Schnüren fischen, ohne befürchten zu müssen, dass diese beim einem harten Zander- oder Barschtock, beim „Spurtbiss“ eines Rapfens oder einer Forelle bzw. bei einem satten Anschlag durchknallen. Und oft bedeutet eine dünnere Schnur ja auch mehr Bisse. Ich kenne Menschen, die mit solchen Ruten 12er bis 14er Fluorocarbonsehnen oder Monos fischen und regelmäßig Großhechte mit ihrem Mikroköder-Setup dressieren.
Verbesserte Wurfeigenschaften
Natürlich laden sich die dünnen Spitzen auch schneller auf. Damit befördern sie leichte Köder weiter heraus bzw. muss der Restblank nicht so weich sein wie bei herkömmlichen Ultralight-Ruten, die es in Sachen Wurfweite mit einer Solid-Tip-Rute aufnehmen wollen.
Konkrete Einsatzgebieteder Solid Tip Ruten
Mikro-Jigging: Kleine Gummis spielen am besten an leichten Jigs. Damit diese sinken, braucht man extrem dünne Schnüre. Da auf kleine Köder aber auch regelmäßig große Fische kommen, tut der Solid-Tip-Puffer gut. Außerdem lassen sich auch Jigs hervorragend mit der sensitiven Spitze bearbeiten. Wenn man den Köder beim Eindrehen und Jiggen anzittert, fängt er manchmal deutlich mehr als wenn man ihn lediglich über die Rolle führt.
Dropshot-Rig: Beim stationären Dropshotten wirkt sich die weiche Spitze doppelt positiv aus. Zum einen vereinfacht sie das Anwackeln des Köders, ohne dass man das Blei vom Platz bewegt. Zum anderen kann man vorsichtige Fische am Ködern nuckeln lassen, bis sich die Spitze durchbiegt. Wenn man jetzt ankurbelt, hängt der Fisch mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit am Haken. Kickback Rig ebenso.
Texas-Rig und Carolina-Rig: Auch beim Angeln mit dem Texas- und Carolina-Rig gibt’s manchmal vorsichtige Bisse. Manchmal kommt es auch drauf an, den Köder nur minimal anzuschwingen. Dafür ist die Solid Tip schon mal gut. Noch entscheidender wirken sich die Softspitzenvorteile aber aus, wenn man den Köder über den Boden schleift oder von der Strömung herumdrücken lässt. Dann kommen die Bisse nämlich voll in die gespannte Schnur. Und weil die Rutenspitze mitgeht, ist die Bissverwertung hier exorbitant besser als mit einer harten Rute.
Jighead-Wacky: Wenn man einen Gummiwurm quer auf einen Jighaken steckt, kommt es ja oft darauf an, dass er im ersten Sinkflug an einer Vertikalstruktur (z.B. Fels, Kante, Baum oder Steg) verführerisch spielt. Wenn man mit der Spitze einfach ein bisschen in die Schnur zuppelt, vibriert der Köder an beiden Enden. Das erhöht die Chancen auf einen Biss ungemein.
Rubber-Jig: Rubber-Jigs fangen an manchen Tagen auch schnell gezupft. Ihre große Stärke spielen sie aber aus, wenn man sie extrem langsam führt und den am Boden liegenden Jig anwackelt. Während nun die Fransen und der Trailer vor Angst schlottern, stellt der Jig eine einfache Beute dar, die sich die Fische ohne großen Energieaufwand und mit großer Zuversicht auf einen Fangerfolg attackieren können – was sie oft sehr gerne tun.
Mikro-Blech und -Wobbler: Kleine Spinner, Blinker oder Jig-Spinner werden oft linear geführt. Auch hier gibt’s weniger Fehlbisse, wenn die Räuber die Rutenspitze beim Ansaugen des Köders ein bisschen herumziehen können. Selbiges trifft auch auf eingekurbelte Mini-Cranks oder Countdown-Wobbler zu.
Umbau jederzeit möglich!
Es gibt sogar Rutenbauer, die sich auf die Umrüstung herkömmlicher Spinnruten zu Solid-Tip-Ruten spezialisiert haben. Das wird besonders interessant, wenn man sich die Spitze einer hochwertigen Rute abgebrochen hat. Allerdings kostet der progressive Umgang mit dem Rutenbruch ein bisschen was. Aufgrund der vielen Arbeitsschritte muss man mit einer Investition von ca. 100 bis 140 Euro rechnen.
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