Hecht Schwedischer Hechtrekord – die ”Eisheiligen” Mille und Joel berichten
Ja, schon wieder Schweden und schon wieder Hecht. Um genau zu sein, 125cm und 17,7 kg. Aber Moment mal, das ist doch kein Rekordfisch! Doch, wir sprechen hier vom Eisangeln! Gefangen wurde das Monster am 25.1.09 von Jonas Jansson aus Göteborg. Nur einige Tage später fing Jonas Kollege Joel Abrahamsson den selben Fisch erneut. Mit von der Partie war Emil (Mille) Hjertberg, der das Spektakel auf Film gebannt hat. Spätestens seit diesem Paukenschlag hat sich die schräge Gang aus Göteborg einen Namen in der schwedischen Angelszene gemacht. Dieser Fisch war aber erst der Anfang. Über das Jahr hinweg sollten weitere Fische und Abenteuer folgen. Und damit nun alle teilhaben können, kam Anfang 2010 der Film „Gädda – The Movie“ heraus.
Ob die 17,7 kg mittlerweile geknackt wurden und was es sonst noch zu berichten gibt, erzählen uns Mille und Joel im nachfolgenden Interview.
Emsfisher: Zunächst einmal Glückwunsch zu euren herausragenden Fängen im vergangenen Jahr. Wie schaut’s denn in diesem Winter aus?
Mille: In diesem Winter herrschen extrem raue Bedingungen. Es ist einfach zu kalt, um eine schonende Behandlung der Fische zu gewährleisten, sobald man sie durch das Eisloch zieht. Die Augen und auch die Flossen der Fische nehmen leicht Schaden, wenn es draußen zu kalt ist.
Emsfisher: Somit macht euch also die Kälte einen Strich durch die Rechung. Den Namen des Gewässers, in dem ihr den 17,7 kg Fisch sowie einen weiteren von 15,58 kg gefangen habt, verschweigt ihr – aus gutem Grund?
Mille: Wir möchten den Leuten aufzeigen, dass es besser ist, eigene Gewässer zu finden, als sich ins gemachte Nest zu setzen. Einige dieser Seen würden zwangsläufig unter einem zunehmenden Angeldruck leiden. Wenn einem ständig die Locations großer Fische vorgesetzt werden, geht der Reiz des Abenteuers beim Angeln schnell verloren.
Emsfisher: Einige von uns mögen glauben, dass es ein Leichtes ist, in Schweden große Hechte zu fangen. Wie sieht die Realität aus?
Mille: Große Hechte zu fangen ist niemals einfach, egal wo man fischt. Wir verbringen (im Winter) manchmal einige Wochen, ohne überhaupt etwas zu fangen. Ich glaube, Joel hat zwischen dem Hecht von 17,7 kg und dem von 13,75kg, welchen er diesen Februar in genau dem selben See fing, 26 Tage in Folge geblankt! Da gibt es einen himmelweiten Unterschied zwischen dem Fang von Hechten und dem Fang von wirklich großen Hechten.
Emsfisher: Was ist denn deiner Meinung nach das Wesentliche für eine erfolgreiche Eisangelei auf Hecht?
Joel: Das wichtigste Element ist ein Sandwich Toaster für den Grill. Ohne diesen sowie Sandwiches mit Unmengen von Schmelzkäse wäre an das Angeln unter solchen Bedingungen gar nicht zu denken. Zusammengefasst: Essen, Kaffee und nette Kollegen, die deine Leidenschaft für’s Angeln teilen.
Emsfisher: War ja klar – Gemütlichkeit ist bei euch das A und O. Einige von uns hier sind etwas tacklevernarrt. Was benötigt man, um einen Rekordfisch durch Eisloch zu ziehen?
Mille: Also, wir verwenden ausschließlich Multirollen, da diese als einzige den Witterungsbedingungen standhalten. Wir verwenden niemals geflochtene Schnur für’s Eisfischen. Ausschließlich Nylon, niemals unter 0,50 mm. Bei den Haken greifen wir auf 1er, bzw. 1/0er Drillinge zurück. Den Anhieb setzen wir, sobald der Fisch Schnur nimmt. Keinesfalls lassen wir einen Fisch tief schlucken. Die Ruten sind 4 – 4,5ft „Pilker Ruten“ aus Glasfieber. Es ist schwierig, genau auf diesen Einsatzzweck ausgelegtes Material zu finden, so dass wir viele Dinge selbst zu Hause anfertigen. Wesentliche Ausrüstungsgegenstände sind aber eine Abhakmatte und ein Wiegesack. Ein Fisch sollte niemals direkt auf’s Eis gelegt werden oder durch die Kiemen aufgespießt an der Waage baumeln.
Emsfisher: Nun zu eurem Film. Glaubt ihr mit dem Film dazu beizutragen das Eisangeln auf Hecht etwas populärer zu machen?
Mille: Wir hoffen, der Film wird einige Leute dazu inspirieren dem Wetter zu trotzen und sich von ihrem Sofa zu erheben, denn auf dem Eis erwartet sie eine großartige Angelei.
Emsfisher: Nur wenige Deutsche kommen zum Eisangeln nach Schweden. Abgesehen vom Hecht gibt es bei euch viele andere Arten, auf die man fischen kann. Nenn’ uns doch ein paar Gründe, weshalb es sich lohnt im Winter zu euch zu kommen?
Mille: Sofern man das Eisangeln nicht kennt, ist es schon ziemlich exotisch. Wenn die Sonne scheint und das Eis glänzt wie ein Spiegel, ist es schon verdammt schön hier. Bedingt ist es sogar möglich den gesamten Drill durch das klare Eis hindurch mitzuverfolgen – nahezu surrealistisch. Manchmal ist es tagsüber sogar so warm, dass man im Pullover auf dem Eis fischen kann. Ferner ist es möglich nahezu alle schwedischen Spezies vom Eis aus zu befischen. Und an einem zugefrorenen See bedarf es keines Bootes, um die Hotspots zu erreichen. Wir fischen zwar überwiegend auf Hecht, aber das Eisangeln auf Zander, Barsch, Forelle und Äsche ist ebenfalls großartig.
Emsfisher: Wie lange dauert eigentlich die Eisangelsaison in eurer Region – Göteborg? Gibt es ein Zeitfenster, in dem man definitiv zuverlässige Eisbedingungen vorfindet, oder sollte man besser weiter in den Norden fahren?
Mille: Die Saison um Göteborg ist sehr schwer vorherzusagen. Dies ist das zweite Jahr in Folge, dass wir anständiges Eis haben. Zuvor waren die Seen über 5 bis 6 Jahre hinweg nicht richtig zugefroren. Also, um auf Nummer sicher zu gehen: Besser ein wenig weiter nördlich oder zumindest weg von der Küste, Richtung Landesinnere.
Emsfisher: Die Verwendung von Köderfischen im Winter leuchtet ein. Für die meisten von uns bedeutet Angeln in Schweden jedoch ausschließlich Kunstköderangeln. Ich war überrascht, als ihr am Göta Älv mit Köderfischruten hantiert habt. Man sieht euch sogar mit Bivy, Bedchair und Bissanzeigern. Des Weiteren vertreibt ihr englischsprachige Literatur. Wie läuft’s denn in Schweden mit Englischen Methoden?
Joel: Wir verwenden auch Kunstköder, aber der Köderfisch scheint uns oft die größeren Fische zu bringen. Mille ist unser großer Tüftler und er fertigt Wobbler an, die so riesig und schwer sind, dass man beinahe Meeresgerät braucht, um die Dinger zu werfen. Wie auch immer – sie fangen. In einem gewissen Umfang funktionieren die Englische Methoden ausgezeichnet. Wie alles, muss man es auf die eigenen Bedingungen zuschneidern, ansonsten ist es wertlos. Es ist inspirierend und veranlasst zum kreativen Denken.
Emsfisher: Wenn die Hechtfischerei ins Sommerloch gerät, fischt ihr auch auf andere Spezies. Welche?
Mille: Den Sommer über fischen wir hauptsächlich auf Karpfen und Wels. Bei uns in Schweden ist eine verdammt gute Karpfenangelei möglich. Nur wenige Angler fischen darauf und oftmals hat man am Wochenende einen ganzen See für sich alleine.
Emsfisher: Wenn man euch so sieht, scheint ihr mit ziemlich viel Spaß bei der Sache zu sein. Glaubst du, dass so mancher die Angelei zu ernst nimmt?
Mille: Alles in allem scheinen die Leute `das Leben` zu ernst zu nehmen.
Emsfisher: Nun noch schnell ein paar Worte zu eurem “Business“, welches ihr gar nicht als solches bezeichnet. An welchen Projekten arbeitet ihr aktuell und womit beglückt ihr uns in der Zukunft?
Mille: Unser “Business” (catchandreleaseproductions.com) reflektiert im Grunde, was wir selbst von der Sportfischerei erwarten. Zum Beispiel gefielen uns die meisten Angelfilme nicht, so dass wir einen Film gemacht haben, den wir selbst sehen wollten. Ohne all die kommerziellen Elemente, wie Product Placement. Es wird noch mehr von uns geben: Filme, Bücher und andere Dinge.
Emsfisher: Wie sich aus eurem Firmennamen ableiten lässt scheint Catch and Release / Selective Harvesting ein wichtiger Bestandteil eurer Angelei zu sein. Ohne C&R hätte Joel zum Beispiel nicht den Fisch fangen können, den Jonas einige Tage vorher auf die Matte gelegt hat. Wie sieht’s diesbezüglich denn so im übrigen Schweden aus?
Joel: Catch and Release wird hier wirklich zur Regel. Die Leute begreifen, dass ein großer Fisch wunderschön ist und in’s Wasser gehört. Seitdem Digitalkameras erschwinglich sind, gibt’s eigentlich keinen Grund mehr einen Fisch zu töten, um ihn Freunden und Familie zu zeigen. Ebenso erlernen die Angler einen schonenden Umgang mit ihrem Fang, wenn es um das Zurücksetzen geht. Wir entnehmen gelegentlich kleinere Fische, wie Barsche oder Forellen, zum Verzehr. Die Leute verstehen aber, dass es keinen Grund gibt, mehr zu entnehmen, als man essen kann. Kapitale Fische sollten unserer Meinung nach stets zurückgesetzt werden.
Emsfisher: Kürzlich habe ich gelesen, dass der Angelsportsektor in Schweden weiter wächst. Was meinst du und was für Trends gibt’s bei euch?
Mille: Es gibt nichts wirklich Neues in der Sportfischerei. Lediglich Trends, die kommen und wieder gehen. Oft von Unternehmen ins Leben gerufen, um ihre Produkte zu verkaufen. Wir bedienen uns der Techniken die Fisch bringen und das war’s. Das Meiste davon existiert mindestens schon seit den 60iger Jahren. Den Bedarf hinsichtlich professioneller Guidingtouren verstehen wir. Für uns allerdings sind diese nicht relevant. Für uns bedeutet Angeln Entdeckung und Abenteuer. Wenn man sich daran orientiert, wird sich der Erfolg schon einstellen. Um ehrlich zu sein sollte man sich keinen Stress machen, nach dem größten Fisch zu streben. Macht am besten euer Ding und vergleicht eure Fänge nicht mit denen anderer. Nehmt euch einfach Zeit für eine vergnügliche Angelei.
Emsfisher: Ein paar weise Worte zum Schluss. Vielen Dank für das Interview und viel Erfolg für laufende Saison.
Auf der Seite www.catchandreleaseproductions.com findet ihr unter anderem einige Berichte, welche die Jungs in der schwedischen Angelpresse veröffentlicht haben. Solltet ihr weitergehende Infos zum Eisangeln bzw. zum Fischen im Raum Göteborg benötigen, könnt ihr Mille auch direkt kontaktieren. Sofern ihr ihm auf Englisch schreibt, könnt ihr mit einer umgehenden Antwort rechnen.* Ansonsten sind euch die Jungs auch über ein wenig Feedback dankbar: emil@catchandreleaseproductions. Und hier geht’s direkt zum Movie Trailer!
Wünsche allen BA’lern immer ’ne Handbreit Eis unter den Füßen!
Emsfisher