Salmoniden Roadtripp durch Skandinavien – Es geht auch ohne Boot
Beitrag enthält WerbungSeit meiner Reise zum anderen Ende der Welt schweifen meine Gedanken immer wieder in die Ferne. Da die studentischen Mittel jedoch arg begrenzt sind, beschränken sich die Touren seither auf den europäischen Raum. So sollte es auch in diesem Jahr (als ich Johannes den Artikel geschickt habe, schrieben wir das Jahr 2011) wieder auf Entdeckungsreise in den Norden gehen.
Aufgrund meiner Abschlussarbeit fiel die meist ohnehin schon spärliche Planung fast komplett ins Wasser. Und so begann unser „Roadtrip“ mit einem kurzen Treffen am Vorabend der Abreise. Die Himmelsrichtung war klar – aber ganz ohne Ziel aufbrechen? Anglerisch gesehen fallen einem unendlich viele Möglichkeiten ein, eine Sache gab es jedoch, die mich bereits seit zwei Jahren wurmte. Bei einem vorangegangenen Trip per Anhalter war ich kurz davor eines meiner Traumziele zu erreichen, was uns damals trennte, war die schlanke Brieftasche. Doch dieses Jahr war die große Chance gekommen, unser offizielles Ziel waren die Lofoten…
Gesagt getan und schon wurde am nächsten Tag das Auto mit einer Vielzahl mehr oder weniger nützlicher Dinge bepackt. Von der 8er Fliegenrute bis zur schweren Naturköderbootsrute (man kann ja nie wissen) war alles dabei.
Dass er auf meinen Oberflächenköder gebissen hatte, konnte ich immer noch nicht so recht glauben. Dies sollte sich jedoch in den nächsten Tagen ändern, denn fast überall legten sich die schwedischen Hechte mächtig ins Zeug um den Köder zu schnappen. So war es auch keine Seltenheit, das sich die Raketen bis zu einem Meter kerzengerade aus dem Wasser schraubten. Besonders ins Gedächtnis gebrannt hat sich dabei ein Boddenhecht von geschätzten 90cm welcher sich ebenfalls ins voller Länge aus dem Wasser schob um den Köder direkt nach dem Wiedereintauchen erneut zu attackieren. Leider fiel auch dieser Hecht der doch recht hohen Fehlbissquote zum Opfer und konnte nicht gelandet werden.
Die Zeit verging wie im Fluge und so passierten wir nach 4 Tagen die Grenze zum Nordpolarkreis. Die Anfangs dichten Wälder wandelten sich rasch in eine unwirkliche Welt aus Moosen und Flechten, zu denen sich ab und an ein paar Krüppelbirken gesellten. Bei gelegentlichen Stopps gesellten sich leider nicht nur Rentiere sondern auch unzählige Moskitos, die dem Anschein nach nur auf uns gewartet hatten, zu uns. Da halfen auch die gängigen deutschen Markenprodukte nichts und so ging es übersät mit Mückenstichen weiter gen Norwegen. Vorbei an schroffen Bergen und klaren Gebirgsbächen passierten wir die schwedisch-norwegische Grenze in Riksgrenzen.
In Norwegen wurden wir jedoch nicht, wie erwartet vom Zoll begrüßt, sondern von einer mächtigen Wolkenfront, gefolgt von ergiebigem Regen. Naja, ein Stück können wir ja noch fahren und so erreichten wir den bereits von der letzten Tour bekannten Schlafplatz nahe Narvik. Der Regen ließ nach und die frische salzige Seeluft zauberte uns nur noch einen Gedanken in unsere Köpfe – Angeln! Im Rekordtempo wurden die Ruten ausgepackt und los ging es zum „Badesteg“ dieser scheint schon seit hundert Jahren am gleichen Ort zu stehen und bietet die einmalige Gelegenheit problemlos tiefes Wasser zu erreichen. Die bei der Ankunft im kristallklaren Wasser zu sehenden Dorsche hatten wohl den Braten gerochen und in der Zwischenzeit das Weite gesucht. Meine Wette, einen Fisch mit dem ersten Wurf zu fangen, verlor ich – zu viel Übermut … gut eine Stunde sollte ins Land gehen bis sich endlich etwas tat. Jedoch bissen die Fische nicht an unseren Ruten sondern an der Handleine zweier Norweger, die uns bei der Ankunft mit einem verschmitzten Lächeln fragten, ob wir professionelle Angler wären. Nun Gut, die Rute wurde bei Seite gestellt, um das Treiben der Norweger genauer unter die Lupe zu nehmen. Ihr Gerät bestand aus einer dicken Monofilen und einem Haken; als Köder dienten Rekker aus dem Supermarkt. Noch im Herunterlassen sagten sie zu uns: „Passt auf, das ist der Norwegian Style“ Kaum war der Rekker im Wasser, schoss auch schon der erste Seelachs aus dem Nichts heraus und nahm den Köder. Klasse und wir stehen hier schon über eine Stunde. Mit Rekkern konnten wir nicht dienen, dafür aber mit schlüpferrosa Gummis. Und die fingen! Sehr schnell zappelte auch bei uns der erste Fisch am Haken. Somit konnten wir auch an diesem Abend einen versöhnlichen Abschluss finden und als Krönung gab es leckerste Fischfilets frisch aus dem Meer.
Am nächsten Morgen hatte sich der Regen weitestgehend verzogen und wir brachen zu den heiligen Inseln auf. Nach drei Stunden Fahrt trennte uns nur noch eine Brücke. Der sandige Meeresboden lies das Wasser in unbeschreiblichen Blautönen erstrahlen, während sich die letzten dicken Wolken mühsam durch die schroffen Berge kämpften. Gebannt von der faszinierenden, rauen Natur fuhren wir durch enge Straßen, unzählige dunkle Tunnel und über große und kleine Brücken ins Herz der Lofoten. Das Wetter meinte es nicht gut mit uns, fast halbstündig wechselten sich Sonne und Regen ab. Der kalte Wind blies uns um die Ohren und irgendwie schienen auch die Fische das Wetter nicht zu mögen, denn die entschieden sich eher im Wasser zu bleiben. Nach einer Stunde erfolglosen Fischens und mit nassen Füßen fuhren wir weiter. Irgendwo müssen wir ja auch noch ein Lager für die Nacht finden. Die Suche nach einem geeigneten Platz für unser Zelt gestaltete sich recht schwierig und so konnten wir erst kurz vor Einbruch der Dämmerung unser Lager aufschlagen. Nachdem dies geschehen war, ging es erneut ans Wasser, leider lies sich auch an dieser Stelle kein Fisch zum Anbiss verleiten. Nicht einmal die Plattfische zeigten Interesse an unseren Montagen. Man getraut es sich kaum zu schreiben, die Lofoten waren der einzige Ort auf unserer Reise, an dem wir keinen Fisch fangen sollten.
Aber davon ließen wir uns nicht unterkriegen und so ging es am nächsten Tag mit der Fähre wieder zurück zum norwegischen Festland. Diese Entscheidung erwies sich als Glücksfall, denn so konnten wir nicht nur Geld und Zeit sparen, sondern auch Zeugen eines fischereilichen und natürlichen Schauspiels werden. Die erfolglose Fischerei auf den Lofoten konnten wir nicht auf uns sitzen lassen und so entschieden wir uns direkt am Fähranleger erneut unser Glück zu versuchen. Nach anfänglichen Schwierigkeiten direkt am Parkplatz entschied ich mich die Brücke des Fähranlegers genauer unter die Lupe zu nehmen. Bereits beim ersten Wurf mit einem Gummifisch zeigte sich ein prächtiger Seelachs, der meinen Köder misstrauisch beäugte um dann doch wieder in der Dunkelheit des Anlegers zu verschwinden. Nach einiger Zeit stellte sich heraus, dass riesige Seelachse im Schatten des Anlegers nur darauf warteten, dass eine Fähre anlegt. Jedes mal verwandelte sich dann das ruhige Wasser in einen reißenden Strom wodurch die zahlreich vorhandenen Kleinfische umhergewirbelt wurden. Nun begann das große Fressen der Seelachse und mit diesem auch unsere Sternstunde. Jeder Köder, der unter dem Anleger in die Strömung gelangte wurde heftigst attackiert. So sollte es auch zu dem unwirklichen Kampf zwischen Flo und einem gigantischen Seelachs kommen. Wir fischten beide konzentriert die Brücke entlang als Flo mit zittriger Stimme zu mir rüber rief „Ich hab einen“. Bereits beim ersten Anblick der Rute wurde uns beiden klar, dass es sich hier um einen besonderen Fisch handeln musste. Da die Säulen des Anlegers mit Muscheln bedeckt waren, hatten wir mit geschlossener Bremse gefischt, die erst bei einem entsprechendem Sicherheitsabstand gelockert wurde. Diesmal war jedoch alles anders. Während Flo wie versteinert die Rute mit beiden Händen festhielt neigte sich diese kerzengerade zum Wasser, von Kraftreserven der Rute konnte hier keine Rede mehr sein, zudem gab die Rolle mit einem ächzendem Geräusch Schnur über die eigentlich festgestellten Bremse frei. Geradezu hilflos schauten wir uns beide an, es gab nichts was wir tun konnten. Nach einem bangen Tauziehen erschlaffte die Schnur und für kurze Zeit herrschte reine Leere, keiner konnte irgendetwas sagen, der Fisch war verloren. Es war jedoch nicht der Knoten oder die Schnur sondern zwei der drei Drillinge hielten den enormen Kräften nicht stand. Der Schock saß tief und so beobachteten wir für eine Weile das Treiben im Wasser ohne weiter zu fischen. Bis zur nächsten Fähre sollte eine halbe Stunde vergehen, was uns in diesem Moment sehr entgegen kam. Letztendlich konnten wir dennoch dieses schöne Fleckchen Erde mit einem Lächeln im Gesicht verlassen, denn andere, ebenfalls stattliche Seelachse konnten gelandet werden.
Unser nächster Schlafplatz sollte eine wunderschöne Bucht am Ufer eines Salmonidensees werden, nicht nur einmal trieben mich die prächtigen, springenden Saiblinge schier in den Wahnsinn. Am Ende siegte jedoch die Vernunft nicht ohne Erlaubnisschein diesen Fischen nachzustellen. Nach einem leckeren Abendmahl im Schein der untergehenden Sonne gingen wir früh zu Bett um am nächsten Morgen etwas mehr Strecke zu machen.
Die nächsten Tage führte unser Weg vorbei an tiefblauen Fjorden, hohen Bergen, steppenartigen Hochebenen und schneebedeckten Gipfeln gen Süden. Wobei uns auch hier die Fische nicht im Stich ließen.
Die letzten beiden Tage wurden fast gänzlich für die Heimfahrt genutzt und so trafen wir nach zehn unvergesslichen Tagen wieder in der Heimat ein. Etwas erschöpft von der langen Fahrt aber dennoch überglücklich. Und eine Sache steht bereits fest – wir kommen wieder!
Ein frohes Fest wünschen Eure