Fangberichte Raubfisch-Junkies auf Abwegen
Als ich vor gut 5 Jahren wieder mit dem Angeln begonnen habe, bin ich
mehr oder weniger zufällig mit „Karpfenprofis“ zusammengekommen (lieben
Gruß an dieser Stelle an Knurri und Klausi). Was in dieser „Szene“
abgeht, hat jeder sicherlich am Rande oder aktiv schon mitbekommen. So
mancher von uns ist ja mit Sicherheit dem
„WobblerJerkbaitGummiRutenRollen-Sammelwahnsinn“ verfallen. Diese Jungs
sind mindestens genauso krazz, wenn nicht noch „schlimmer“.
So macht es also wirklich wenig „Freude“ mit einem A.T.U-Iglozelt,
Aalglöckchen und 2 unterschiedlichen Ruten und Rollen ohne Freilauf am
Wasser zu sitzen. Auftackeln war angesagt! Baitrunnerrollen, Ruten,
elektronische Bißanzeiger, Rod-Pod, Swinger, Schirmzelt, Zeltliege,
eine „Cobra“ und natürlich noch einen Bivvy Table. Aber was macht man
nun mit dem ganzen Plunder als gemeiner „Rapfenjäger“? Man(n) muss ans
Wasser damit!
Beim Peenetreffen stellte sich heraus, dass der Clausen auch ganz heiß auf einen Bartelträger war. Mein Kumpel Ralf (Hummer), mit dem ich sonst immer unterwegs war, hat es auch sehr vermisst, mehr als ein Jahr sein Rod-Pod nicht mehr aufgebaut zu haben. Was lag näher, als sich von unserem Carphunter David beim Peenetreffen einige Informationen geben zu lassen und ein kleines Event zu planen (Danke noch mal an dieser Stelle).
Schnell war ein Termin gefunden. Von Freitag bis Sonntag früh sollte es an eine Kiesgrube im Süden Brandenburgs gehen. Ob das was wird ohne tagelanges Anfüttern im Vorfeld? Aus diesem Grund hatten wir uns für einen Teich entschieden, an dem mehr Masse als Klasse zu fangen ist. Etliche Stunde auf „den“ einen Fisch zu sitzen ist nun als Raubfischangler wirklich nicht unser Ding.
Trotzdem hoffte jeder von uns, seinen bisherigen PB eventuell doch ein wenig verbessern zu können: Hummer 20 Pfund, Tinsen 12 Pfund (lol) und Clausen wollte endlich seinen ersten Boiliekarpfen fangen, obwohl sein „Gummikarpfen“ auch kein schlechter war.
Im Vorfeld war noch das „Köderproblem“ zu lösen bzw. zu zahlen. 4 Kilo Nash „Shellfish“ Boilies, Pellets, Pop-Ups, Dip – kann man schneller 60 Euro ausgeben? Warum muss angeln immer so teuer sein? Egal, wir sparen nicht für die Rente – wir wollen Fisch!
Endlich war es soweit. Freitag 13 Uhr. Tinsen schlägt unerwartet pünktlich beim Clausen auf. Tackle rein und auf geht die wilde Fahrt. Hummer konnte leider am Freitag noch nicht los und hat uns am Samstagvormittag mit seiner Anwesenheit beglückt.
Auf dem Weg zum See noch schnell den örtlichen Supermarkt und Baumarkt überfallen. Ohne Getränke, Fleisch und Grill ist Karpfenangeln wie Gummifischen ohne Jigkopf.
Mit 50 Euro weniger in der Tasche geht’s weiter. Ziel: Angelladen zum Kartenerwerb. 20 Euro für eine Wochenkarte, obwohl man nur von Freitagnachmittag bis Sonntag früh angeln will sind nun auch egal. Ein Karpfen vom Fischer wäre mit sicherlich preiswerter. Aber darum geht’s hier nicht. So nebenbei kostet die 110m Spule Fireline dort 33 Euro. Dieses Geld geben wir nicht aus!
Endlich am See. Aber was ist das? Was machen diese Angler hier? Das sollte unser See sein. Mir gehen schon die netten Erklärungen durch den Kopf, wie wir der Frau im Angelladen beibringen, dass wir die Karten nicht brauchen, weil alle Angelplätze belegt sind. Aber noch ist das Glück auf unserer Seite und wir finden auf einer Seite des Sees eine Angelstelle für 3 Personen.
Nun kommt der nervigste Part der Karpfenangelei: Ausladen. Aber das Auto ist nur 50m vom Platz entfernt geparkt, so dass sich die Schlepperei in Grenzen hält. Nachdem alles an seinem Platz war, zwei Biere ihre Lagerstätte von Flasche zu Magen getauscht hatten, ging es an das Anfüttern der Angelplätze. David hatte mir empfohlen, neben Boilies auch Grundfutter als Lockwirkung einzusetzen. Das Mischen war noch einfach, das Werfen dann schon schwieriger. Die „Profis“ vom anderen Ufer haben dafür ein Boot …
Da waren wir nun. 2 Spinnangler am See ohne Rute in der Hand. Ruhe kehrte ein. Stühle wurden belegt. Der Puls ging wieder normal. Bier wechselte seine Lagerstätte. Warten ist eine der Top-Methoden beim Karpfenangeln. Zeit zum Quatschen. Zeit für Fotos.
Langsam wurde es dunkel. Welch unerwartetes Ereignis. Doch auch vom Rumsitzen bekommt der gemeine Spinnangler Hunger. Der praktische Rundgrill hatte seinen großen Auftritt. Shellfisharoma in der Luft, ein Bier und ein leckeres Steak in getoastetem Fladenbrot – Anglerherz was willst du mehr.
Wir waren da, die Boilies waren da, die Angeln waren da – wo waren die Karpfen? Nichts Genaues weiß man nicht. Clausens Bißanzeiger vermeldete zwar immer mal wieder einen Einzelton, aber mehr wollte an diesem Abend einfach nicht passieren. Zum Trost blieben die Bißanzeiger der „Profis“ vom anderen Ufer auch ruhig. Zeit, sich die Liege im Zelt genauer anzusehen. Wie mein Mitstreiter mir am nächsten Morgen verriet, habe ich mich nicht sehr lange damit aufgehalten, sondern recht schnell mit dem Träumen von großen Flossen (oder waren es Brüste?) angefangen.
Ich würde jetzt gern berichten, dass mich ein „piep, …., piep, …. piiiiiiieeeeeep, piiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiieeeeep!“ tief in der Nacht hochgerissen hätte. Dem war leider nicht so. Irgendetwas anderes hat uns am Morgen geweckt. Kein Telefon, kein Kind, kein Kunde war in der Nähe. Warum sich also nicht noch einmal umdrehen? Gegen 10 Uhr haben wir uns dann aber doch aus der Horizontalen begeben. Und Muffins mit Kaffe am Morgen sind doch auch nicht so schlecht.
Einmal die Angel auswerfen und 24 Stunden nichts tun? Nein! Das geht einem Raubfischangler gehörig zu weit. Ein Drill muss her!
Ob die Montage nun die ganze Nacht irgendwie im Kraut lag oder nur beim Einholen selbiges mitgenommen hat, bleibt ungewiss. Aber das Bohren und Dippen neuer Boilies mit anschließendem Auswerfen der Angel sorgt für Abwechslung. Frühsportliche Betätigung fanden wir dann im zielgenauen anfüttern der Boilies mit der „Cobra“. Der obligatorische Weitwurfcontest blieb natürlich nicht aus.
Nun schlug auch Ralf mit guter Laune bei uns auf. Erstaunlich schnell waren Tackle und Co. aufgebaut.
Nun waren alle da – wo sind diese Karpfen? Gibt es hier überhaupt Fische? Clausen softjerkt zwei Barsche. Ich entscheide mich für eine andere „Disziplin“. Wenn auch nur für 10 Minuten. Länger hält man dieses Stippen ja nicht aus.
Also warten wir weiter auf Fische mit Bart.
Eine kapitale Ringelnatter schwimmt munter vor unseren Füßen im Wasser. Sie will nichts. Wir wollen nichts. Wo sind die Fische?
Der Tag geht, der Abend kommt. Keine Blasen von gründelnden Fischen oder Rollen an der Oberfläche. Wenn die Jungs am anderen Ufer nicht sitzen würden, wir wären uns nicht sicher, ob der See Karpfen enthält. Trotzdem haben wir eine lustige Zeit. Der Grill tut ein zweites Mal sein Werk. Es schmeckt auch an diesem Abend und Cola-Whisky im Mix ergeben eine lustige Stimmung.
Nur „piepen“ tut nichts. Nun sitzen wir hier schon länger als 24 Stunden. Doch wir geben nicht auf. Nochmals die Montagen rein und für die Nacht neu beködert. Ein „Profi“ vom seitlichen Ufer, welchen ich am Tag interviewt habe, hat nach anfänglicher Zurückhaltung erzählt, dass wir lieber weiter in den See werfen sollen und nicht vor den Krautfeldern bei uns am Ufer. Na wenn 24 Stunden nichts geht, warum nicht mal was Neues versuchen.
Jeder wünschte sich natürlich einen Fisch. Aber eigentlich war es uns egal, wer den Biß bekommt – Hauptsache es tut sich endlich mal etwas. Mit der Hoffnung auf den „Run“ schlafen wir ein.
2.45 Uhr – „piep, …., piep, …. piiiiiiieeeeeep, piiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiieeeeep“! Dann Stille.
Plötzlich hellwach reiße ich die Augen auf. Die Leuchtdiode meiner linken Angel flimmert noch. Der Swinger ist ausgelöst und hängt nicht mehr in der Schnur. Hm, was war das? Unterschiedliche Töne, ausgelöster Swinger… Das kann eigentlich nur die komplett Verarsche sein oder aber der ersehnte Fallbiß. Arschbacken zusammen und Anhieb, was soll´s. Doch so ein richtiger Anhieb ist es dann nicht. Ein Schlag ins Leere aber auch nicht. Doch die Ernüchterung folgte diesmal nicht! Tatsächlich wehrt sich da etwas nach kurzer Schnuraufnahme.
FISCH!!! STRIKE!!! ADRENALIN!!! Deswegen sind wir hier!
Hoffentlich hält die 35er Schnur! Mit dem Verlust des Fisches im Hinterkopf, fing ich an zu drillen. Natürlich schwimmt mein Kontrahent in die Schnur der anderen Rute. Aber alles geht gut. Nach kurzer Zeit ist der ersehnte Karpfen im Kescher. Ein schöner Schuppi mit 17 Pfund auf den Rippen. Neuer Karpfen PB. Ich bin glücklich.
Geht doch. Und es ist ja erst kurz vor 3 Uhr. Das macht Hoffung. Monatagen neu beködert und raus damit. Im Dunkeln natürlich ein wenig schwer die alten Plätze zu finden, aber eigentlich war es mir in diesem Moment auch vollkommen egal. Seelig lege ich mich wieder hin.
6.30 Uhr – „piep, …., piep, …. piiiiiiieeeeeep, piiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiieeeeep“! Kein Fallbiß. Er „rennt“.
Augen auf. Hm, meine Angel ist es nicht. Aber der Clausen stürzt aus seinem Zelt. Nur doof, dass es in Strömen regnet. Mir bleibt die Zeit, ein Video zu drehen. Clausen setzt einen beherzten Anhieb.
FISCH!!! STRIKE!!! ADRENALIN!!! Deswegen sind wir hier!
„piep, …., piep, …. piiiiiiieeeeeep, piiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiieeeeep“!
Was ist das nun? Ist der Fisch vom Claus so schnell in meiner Schnur? Nö, der fightet doch in einer ganz anderen Ecke des Sees. Kamera weg und raus! Anhieb.
FISCH!!! STRIKE!!! ADRENALIN!!! Deswegen sind wir hier!
Nach kurzem hin und her macht es aber „peng“. Schnurbruch. Der Whisky ist verflogen. Kotzen könnte ich trotzdem.
Doch dafür bleibt keine Zeit. Filmen ist angesagt. Clausen lässt sich Zeit, der Fisch will auch noch nicht rein. Locker nimmt er immer wieder Schnur. 50m hat er nun schon hinter sich. Von rechts nach links rennt er. Meine rechte Angel ist ja schon raus, aber meiner linken kommt er verdammt nahe. Hätte ich mal doch die Absenkbleie benutzt. Aber alles geht gut. Nach ein paar Fluchten vor dem Kescher kann der Karpfen dann seinem Schicksal doch nicht mehr entkommen. Ralf keschert ihn mit Bravur. Ein schöner Spiegler mit stolzen 27 Pfund. Neuer PB. Na wenn das mal nicht ein guter Einstieg für den ersten „Boilie-Karpfen“ ist. Dickes Petri noch mal!
Es ist nun gegen 7 Uhr. Der Regen macht eine kurze Pause, aber tiefes Donnergrollen lässt nichts Gutes ahnen. Ich wollte um 9 Uhr zum Frühstück wieder bei der Familie sein und entschied mich das Gerödel einzupacken. Das macht wirklich keinen Spaß. Zumal wenn alles nass ist. Irgendwie habe ich es dann doch geschafft. Gerade noch rechtzeitig ist alles im Auto. Das Gewitter steht über uns. Es eimert förmlich vom Himmel. Ein Blitz schlägt in unmittelbarer Nähe so heftig ein, dass der Schreck noch einige Zeit braucht, um verdaut zu sein.
Es ist immer Schade ein Angelwochenende zu beenden, aber bei solch einem Wetter fällt es einem wirklich leicht. Ich düse davon und bin pünktlich um 9 Uhr mit frischen Brötchen bei der Familie am Frühstückstisch. Ralf und Claus haben es auch kaum länger ausgehalten. Schade, dass es diesmal nicht für alle mit dem Fisch geklappt hat, aber ich hoffe Ralf, du hattest trotzdem deinen Spaß. Beim nächsten Mal macht es bei dir … „piiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiieeeeeep!
Tinsen