Meeresräuber Ran an die Küste!
„Hannes, hast du am Freitag Zeit? Die Meerforellen sind da! Ich würde es gern noch mal versuchen!“ Diesen Spruch hat mit Jörn (der Tiger) am Dienstag auf dem AB hinterlassen. „Hannes, komm nach Rügen. Zusammen mit Chrischi hatte ich am letzten Freitag 6 Mefos. Dieses Wochenende sind ähnlich gute Bedingungen!“ Das war Torsten am Mittwoch am Telefon. Meerforellen-Alarm! Und ich keine Zeit. Bis Samstagnachmittag gab’s ein paar wichtige Dinge zu erledigen. Mist. Denn so langsam wird es echt höchste Zeit für den ersten Silberbarren aus der Ostsee.
Doch da gab’s noch mal einen Anruf. Diesmal war es Norbert aka fun-and-fishing: „Hannes, hast Du am Sonntag um 2 schon was vor?“ „Wieso?“ „Ich will an die Ostsee zum Meerforellenangeln. Und wenn wir um 2 Uhr losfahren, sind wir kurz vor Sonnenaufgang da. Wenn wir nichts fangen, wird’s ein super Tag mit Bombenwetter!“ Lange musste ich da nicht überlegen. Und auch unser Godfather zögerte nur Sekunden, als ich ihn am Samstagabend anrief, um ihn als dritten Mann zu verpflichten. Weil er gerade Gassi war, ging’s für ihn fast direkt aus der Kneipe auf die Piste.
Nach 3 Stunden Fahrt standen wir am Wasser. Kalt war’s am diesem Morgen. Aber schön. Mit verhaltenem Optimismus peitschten wir unsere Meerforellenblinker raus. Und so irgendwo zwischen Wurf 5 und 10 zappelte etwas an meiner Skeletor. Das wird doch nicht? Tendenz „Nein“. Denn die Fluchten waren nicht wirklich rasant. Vielmehr versuchte sich der Fisch daran, den Köder am Grund abzuschütteln. So wie das Dorsche eben machen. Und tatsächlich hielt ich wenig später einen 40er Dorsch in den Händen. Und schon war auch Christians leichte Spinnrute ordentlich krumm. Ebenfalls ein Dorsch. Sein Fisch war schon etwas besser.
Schneiderfrei nach 10 Minuten! Nicht schlecht. Denn auch Norbert hatte gleich Grund zu Freude. Ebenfalls in Form eines Dorsches.
Na so kann’s weitergehn! Tat es auch. Nur dass die Frequenz im Laufe des Tages spürbar nachließ. Aber auch wenn Christian und ich unserer ersten Meerforelle noch weiter hinterherjagen, sind wir uns einig, dass dieses Watangeln im Meer eine absolut geniale und vor allem schöne Angel-Disziplin ist. Endlose Weiten. Ruhe. Nur das Meeresrauschen. Traumhafte Kulissen. Das hat schon eine stark medidative Prägung – denn wenn mal eine Weile nichts beißt, kann man seinen Gedanken mal so richtig freien Lauf lassen! Und vor diesem Hintergrund sind das dann eher die angenehmeren. Grüezi wohl
So hat uns die Ostsee sicher nicht zum letzten Mal in den nächsten Wochen gesehen. Denn mal abgesehen davon, dass im Mai die Hornies auflaufen, ist jetzt die beste Jahreszeit für Meerforellen. Das unterstrich Torsten, der mich gestern Abend über den Fang einer 83er Rügen-Mefo unterrichtete – persönlicher Rekord!
Aus eigenen Erfahrungen, Fangberichten Dritter und Recherchen möchte ich allen Küsten-Spinn-Einsteigern ein paar Tipps mit auf den Weg geben, mit denen Ihr vielleicht schneller an die erste Mefo kommt, als dem Christian und mir das gelingt.
Effektiver im Team
„Wenn Du irgendjemand mitbringen willst, dann mach das. So finden wir die Fische evtl. schneller!“, hatte mir Norbert gesagt. Genau wie beim Barsch- oder Zanderangeln auch tut man sich zu mehreren leichter, die Fische aufzuspüren, die richtigen Köder zu dechiffrieren, die optimale Köderführung herauszufinden und die Motivation oben zu halten. Denn diese Variablen machen ihrem Namen alle Ehre: Die Standorte wechseln fast jede Minute; die fängigen Köderfarben und –größen hängen extrem von den Lichtverhältnissen, dem Nahrungsangebot und den Launen der Fische ab; die Fische stehen eist auf schnelle Köder, aber eben auch nicht immer und zu guter Letzt tut es einfach gut zu sehen, dass da noch ein paar Kollegen da sind, die entweder auch nichts fangen oder aber einen Motivationsfisch vorlegen…
Die Platzwahl
Die erfahrenen Küsten-Spinner sind sich einig: Trübes Wasser ist Gift fürs Ostsee-Blinkern. Deshalb sucht man sich am sinnvollsten Strandabschnitte mit klarem Wasser, anstatt mit geringen Erfolgsaussichten im Trüben zu fischen (denn gerade Mefos sind Augenjäger). Wer auf Meerforellen aus ist, kann es jetzt ruhig in relativ flachen Buchten versuchen.
Die Fische haben keine Scheu, sich bis ins 30 cm tiefe Wasser vorzuwagen. Eine Mischung aus Steinen, Tang und Sand kennzeichnet ideale Jagdgründe – sowohl für Dorsch als auch die Meerforelle. Top, wenn dann auch noch ein paar Findlinge im Wasser stehen. Weniger optimal sind reine Sandpartien, da es hier weniger Nahrung und Deckung gibt.
Die Strategie
Schon bevor man ins Meer steigt, sollte man ein paar Würfe parallel zum Ufer machen und das Flachwasser abgrasen. Hier lauert wohl so manch dicke Überraschung. Gerade die großen Mefo-Bomber kommen vor allem Morgens oft sehr dicht unter Land. Auch unsere Dorsche bissen in ca. 40 m Entfernung zum Ufer.
Erst nachdem man den Nahbereich abgegrast hat, geht’s rein, um die Fische weiter draußen zu suchen. Wer einen absoluten Hotspot (z.B. ein Riff, eine Findlingsansammlung, eine Süßwasserquelle oder eine Flusseinmündung) kennt oder zumindest glaubt, solch einen gefunden zu haben, fischt diese am besten über einen längeren Zeitraum ab. Schließlich patrouillieren die Mefos dem ganzen Tag umher und finden sich hier irgendwann mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch ein. Wer sich nicht sicher ist, sollte ruhig mal Strecke machen und ein möglichst weites Gebiert absuchen, um auf einen potentiellen Hotspot zu treffen.
Natürlich gehört da dann viel Glück dazu. Schließlich müssen die Fische genau dann da sein, wenn auch der Angler seinen Köder anbietet. Norbert, Christian und ich sind z.B. ca. 15 km gelaufen. In Wathosen ist das fast schon Sport.
Die Köderführung
Dorsche mögen’s etwas langsamer und grundnaher als Meerforellen, die gern nach oben rauben. Gelegentliche Spinnstops können einen Nachläufer zum Zubeißen animieren. Wer Dorsche will, kann den Köder auch mal jiggen. Prinzipiell muss man eben viel probieren. Klarer Vorteil für alle, die länger als nur einen Tag fischen!
Die Ausrüstung
Die Basis ist eine dichte Wathose – am besten mit Filzsohlen für einen sicheren Stand auf glitschigen Steinen. Ideal ist auch ein Watgürtel, der verhindert, dass Wasser in die Hose schwappt. Weil selbiges noch recht kalt ist (nicht viel über 5 Grad), gehören lange Unterhosen und eine Jeans darunter. Warme Socken natürlich auch – selbst wenn 20 Grad angesagt sind. Die bemerkt man unter Wasser nämlich kaum.
Gut ist ein geräumiger Watkescher. Im Rucksack werden dann die Kleinteile verstaut. Eine Polbrille macht nicht nur Nachläufer sichtbar, sie schützt die Augen auch vor den Reflektionen des gleißenden Wassers.
Das Angelgerät
Vor der Rutenfrage stellt sich erst einmal die Schnurfrage: Geflecht oder Mono? Die meisten Leute fischen heute mit geflochtenen Schnüren. Das bringt Vorteile aber eben auch Nachteile mit sich:
Vorteile der Geflochtenen:
1. Mit einer 12er Fireline (Fireline hat den Vorteil, dass sich die Schnur nicht voll saugt und so auch auf Distanz keinen Bauch entwickelt) z.B. wirft man extrem weit (geringerer Durchmesser, bei höherer Tragkraft).
2. Weil man mit dünnerer Schnur fischt, ist selbige auch etwas weniger windanfällig.
3. Wegen der fehlenden Dehnung, bekommt man sofort jeden Anfasser mit und die Fische haken sich beim Einschlag fast von selbst.
Nachteile der Geflochtenen:
1. Die Fische steigen aufgrund der Nulldehnung schneller aus.
2. Mono ist oft etwas abriebsfester als Geflochtene
Die Optimallösung ist eine Geflochtene mit einem Vorfach aus Fluocarbon (z.B. Berkley Vanish in 0,23 oder 0,26 mm). Dieses ca. 1,5 m lange Vorfach absorbiert schon einiges von der Wut eines gehakten Fisches. Fluocarbon ist darüber hinaus noch unsichtbar für die Fische (gleiche Lichtbrechung wie Wasser) und extrem abriebsfest.
Trotzdem ist es sinnvoll, nicht ganz so harte Ruten zu fischen. Erstens machen am feinen Gerät auch kleinere Dorsche (und dann auch die Hornhechte) viel mehr Spaß. Zweitens puffert eine etwas weichere aber straffe Rute die Fluchten, Sprünge und Schläge besser ab, als ein harter Stecken. Als wahres Weitwurfwunder hat sich mal wieder die Series One Skeletor in 2,7 m erwiesen. Diese Rute ist außerdem sehr leicht und verfügt über genügend Rückgrad für größere Fische.
Wichtig ist auch eine eingermaßen große Rolle (hier eine 3000er Mitchell Tempest), da von dieser einige Meter mehr Schnur fliegen als von einer kleineren (durch den größeren Spulendurchmesser läuft die Schnur besser ab).
Noch einige Anmerkungen zu den Ködern: Zunächst einmal schwören die Experten darauf, einen zusätzlichen Sprengring zwischen den Köder und den Drilling zu integrieren. So haben es die Mefos nicht so einfach, sich im Sprung auszuhebeln. Die Palette der Köder ist riesig. Wir haben es mit Meerforellen-Blinkern versucht, wobei sich gezeigt hat, dass unsere Dorsche in den Morgenstunden die dunklen (schwarzen) Modelle besser fanden und am Tag silber oder silber/grün angesagt war. Übrigens: Mit einem schwarzen Edding macht man aus einem hellen Köder sehr schnell einen dunklen.
Wer sich anschaut, was die Fische fressen und diesem Beuteschema dann entsprechen kann, ist klar im Vorteil. Unsere Dorsche spuckten noch Sandaale aus. Dementsprechend passten wir die Ködergröße an die Größe der Beute an.
Wer gezielt auf Mefos gehen will, kann es mit Wobblern versuchen, die, zügig eingeholt, ganz knapp unter der Wasseroberfläche laufen.
Also ran an die Salzwasser-Räuber! Und viel Erfolg!