Fangberichte Predator Tour 2019 – eine epische Schlappe
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Gestern bin ich aus Holland heimgefahren. 738 Kilometer, die ich schon öfters hinter mich gebracht habe. Zumeist mit einem Hochgefühl im Gepäck. WPC 2016: Fünfter. WPC 2017: Erster. WPC 2018: Dritter. Und jetzt? Predator Tour 2019: Einhundertsechzehnter. Nur vier Teams waren noch schlechter als Olli und ich. 738 Kilometer können lang sein. Sehr lang. Diese Heimfahrt, auf der ich zum ersten Mal seit der „Schmach von Dodrecht“ allein mit mir war, stellt den vorletzten Teil der Aufarbeitungsphase dar. Dieser Bericht den letzten. Ich schreibe ihn gern. Er wird sicher schön zu lesen sein. Ein bisschen witzig hoffentlich. Aber auch seriös. Und – wie immer – gnadenlos ehrlich. Was hier geschrieben steht, ist die Wahrheit. Und Nichts als die Wahrheit.
Nach dem dritten Platz bei der letzten WPC war ich mir eigentlich sicher, dass ich meine Wettangelkarriere an den Nagel hänge. So stressig das Ganze. Die eigene Erwartungshaltung. Die öffentliche. Klar ist es geil, von den Mitstreitern gefeiert zu werden. Logisch. Es war großartig, wie ihr euch hinter uns gestellt habt. Der Titelgewinn war super für mich. Vom Kleinbarschvorhalter zum „Weltmeister“. Ein Image-Booster vom Feinsten. Und dennoch habe ich kurz nach der letzten WPC einen bis dahin unveröffentlichten Artikel übers Wettkampfangeln geschrieben, den ich an den Blinker geschickt habe und der u.a. meinen Ausstieg aus dem ganzen Wettkampfzirkus thematisiert (ich poste den hier in den nächsten Tagen). Weil ich tief in mir drin kein Wettkampfangler bin.
Die Fisch&Fang musste zwei Jahre bohren, bis ich dann doch bereit war, die Profi-Liga mitzufischen. Im Viertelfinale habe ich meinem Gegner an der entscheidenden Stelle einen Köder gegeben, mit dem er direkt einen Barsch gefangen hat und mich hätte rausboxen können. Im Halbfinal-Hinspiel, das ich ausgerichtet habe, habe ich meinen Gegner mit im Training auf die Spots genommen, um im Rückspiel erst an einem Platz zu fischen, von dem es im Vorfeld hieß, dass wir da garantiert nicht fischen. In der zweiten Session wurde ich dann mitten am Tag in einem barschfreien Bach abgestellt, damit ich den 32er, der mir zum Finaleinzug gereicht hätte auch definitiv nicht fange. Ich habe keinen Bock gegen solchen Ehrgeiz anzukämpfen und sah mich in meiner Entscheidung gegen die Teilnahme an Mann-gegen-Mann-Duellen bestätigt. Klar. Auch das bringt Fame. In zweiter Linie macht man sich aber für Einschaltquoten und Auflagezahlen zum Horst. So habe ich mich jedenfalls gefühlt. (Die Fisch&Fang hat die Regeln übrgens auch aufgrund meines Halbfinals geändert.)
Veranstaltungen wie die WPC oder die Predator Tour sind etwas anderes. Die Kompetitoren gehen sehr freundschaftlich miteinander um. Ein Vergleich zwar. Aber ohne diesen Duell-Charakter. Und wenn man nicht extra einen Thread auf der eigenen Website aufmacht, über Insta live berichtet und im Vorfeld die Teilnahme ankündigt, kann man das auch einigermaßen entspannt fischen. Drei Tage Vollgasangeln. Das mag ich eigentlich. Deshalb war ich auch nie nervös vor der WPC. Und auch vor der diesjährigen Predator Tour war ich nicht aufgeregt. Ich habe mich auf Olli gefreut und eine schöne Zeit mit Frank, Enrico, Nils, Marcel, Lars, Fabian, Daniel und allen anderen, die ich kennenlernen würde usw. war aber nicht geil auf den Wettbewerb. Fünf am Stück durchgeangelte Wochen Spanien. Acht Tage Sardinien. Drei Hechtdrehs mit Veit. Zwei Drehs mit Daniel von Hecht&Barsch. Mehrere Drehtage daheim auf meinem Boot. Immer selbst an der Kamera. Ich hätte eigentlich eher mal eine zweiwöchige Angelpause gebraucht als einen Wettkampf.
Wie es dazu kam, dass ich mich als Angelpartner von Cäptn Olli G angemeldet habe, wo ich doch eigentlich erkannt habe, dass mir auch die Großveranstaltungen nicht das geben, was Angeln für mich ausmacht: Spaß am Angeln an sich. An den vielen Methoden. Am perfekt zusammengestellten Angelgerät. An den Menschen an Bord. Jetzt könnte man sagen, dass ich mir das alles als Rechtfertigung zurechtlege. Wären da nicht Artikel, in denen ich euch den Weg aus dem Dickfischtunnel aufzeige und die meine Einstellung zum Angeln deutlich machen, die einfach nicht zusammengeht mit Wettkampfstress.
Also: Ich bin nicht immer klar in mir. Man sagt Zwillingen (ich bin nicht sonderlich sternzeichengläubig – aber die Charakterisierung des Zwillings an sich passt eigentlich erstaunlich gut auf mich) eine Flexibilität in Sachen Einstellung zu ein und dem selben Sachverhalt nach. Mal denkt er so. Mal so. Man kann sich selber nie sicher sein, dass das, was man in einem Moment als finale Wahrheit begreift, ein paar Wochen später nicht das Gegenteil von dem ist, was man gerade tut. Und so haben Dustin und ich im Herbst auf die Einladung der WPC-Veranstalter mit einer Zusage für die WPC 2019 reagiert. Und um dem Ganzen noch die Krone aufzusetzen, habe ich auch Olli zugesagt, mit ihm die Predator Tour zu fischen, die ja zu 50 Prozent auf demselben Gewässer stattfindet und insofern ein sehr gutes Training für die WPC ist.
Dann war im Frühjahr wieder Zwilling-Time. War mir alles zu viel. Keinen Bock auf diese Wettkämpfe. Wieder einen halben Angelladen nach Holland karren. Dann den ganzen Juni dort verbringen, weil es mir zu krass ist, zweimal 1500 km mit einer Tonne Angelkram zu fahren. Das Privatleben schleifen lassen. Das Büro erneut zu vernachlässigen. Und wieder wochenlang hardcore zu fischen. (Damit kein falscher Eindruck aufkommt: Ich liebe das Angeln. Ich liebe das Angelfilmen. Aber ich bin auch nur ein Mensch und kein Angelroboter. Und ich mag auch meine Freunde hier in Berlin, mein Homeoffice, Berlin im Juni, den Thai um die Ecke und meine Wohnung etc.) Und so habe ich Dustin gefragt, ob es für ihn ok wäre, wenn wir die WPC-Teilnahme wieder absagen. War ok, weil er ja den YouTube Predator Cup und die Perch Pro mitfischt, was ohnehin schon recht viel ist für einen extrem eingebundenen Workaholic wie ihn. Ok. Diese Kuh war schonmal vom Eis. Olli aber wollte ich dann doch nicht absagen. Ich mag ihn voll gern. Er hat sich da voll reingehängt in die Orga. Shimano fand es auch gut, dass das Shimano-Barsch-Team zusammen an den Start geht. Und bei allem Zwillingtum bin ich dann schon auch ein verbindlicher Mensch und enttäusche die Leute um mich herum am liebsten nicht. Was sie nicht immer vor spontanen Meinungsänderungen schützt. In diesem Fall war ich mir meiner Verantwortung aber bewusst und ich habe mich auch echt auf das Angeln mit Olli gefreut. An unserem sehr guten Verhältnis hat auch die epische Schlappe nichts geändert. Im Gegenteil. Wir sind jetzt richtige Kumpels. Diese Erfahrung schweißt zusammen. Das ist Fakt. Und jetzt sind wir endlich am Ende des Prologs angekommen und gehen rein in den Wettkampf.
Die Vorbereitung: Eine Hiobsbotschaft und zwei böse Omen.
Im Gegensatz zu den meisten anderen Teilnehmern bin ich erst am Sonntag nach Dodrecht gereist und habe mir die ersten beiden „offenen Tage“ nach der Saisoneröffnung nicht gegeben. Aus Gründen der Überangelung. Olli wollte erst schon Freitagabend anreisen, hatte aber noch Probleme mit dem neuen Boot. Er hat sich für die Wettkämpfe (er fisch auch die WPC und das Luremaster) ein Ranger gekauft.
Das größte seiner Bauart. Mit 250 PS. Zu einem guten Preis zwar. Aber mit veralteter Technik. Da musste viel geschraubt werden und es hat nicht alles geklappt. Und so wollte er dann am Freitag mit dem Boot zu Fabian (Rheinland-Boote), um dort zu zweit die finalen Arbeiten anzugehen, um das Boot am Samstag zu Wasser zu lassen. Dann gab es mehr zu tun, als gedacht. Es war voll stressig. Also hieß es, dass er auch erst am Sonntagabend anreisen würde. Ich war am Sonntag (der Wettkampf begann am Donnerstag) gegen 15 Uhr in Ferienpark und hatte das Haus gerade bezogen, als Fabian mich anrief und mit bedrückter Stimme vermeldete, dass Olli heute nicht kommen würde, weil etwas dazwischenkam. Er würde mir das dann selber sagen. Morgen.
Ich bin echt gut im Querdenken und Puzzeln. Olli lag letztes Jahr mit Herzrhythmus-Störungen eine Woche im Krankenhaus. „Ist alles ok mit ihm? Gesundheitlich. Der hatte doch das mit dem Herz?“ „Ja. Genau. Das ist es. Ich komme aber heute Abend und bringe schonmal das Boot.“ Ach Du liebe Scheiße! Überhaupt nicht wegen des Wettkampfes. Es ging jetzt nur um Olli. Der ist viel zu jung für so nen Mistdreck. Klare Sache. Wir canceln das Ding. Da geht’s um die Gesundheit. Im Extremfall vielleicht sogar um sein Leben. Hoffentlich wird der wieder. Abends stand dann Fabian in der Tür. Er berichtete mir, dass Olli während der Instandsetzungsarbeiten einen Schwächeanfall hatte mit Lähmungserscheinungen und vom Notarzt ins Krankenhaus gefahren wurde. Da läge er jetzt und würde heute und morgen (Montag) durchgecheckt.
Ihr könnt euch ja vorstellen, dass ich unter diesen Voraussetzungen nur bedingt wettkampfgeil war. Man denkt da dann wirklich nicht über eine Angel-Competition nach, sondern hofft einfach nur, dass der Mann bald wieder auf den Beinen ist. Am Montag bin ich dann mit Fabian raus, um das Boot zu testen und ein paar Spots zu checken. 11 Fische auf dem Boot. Ganz gute Zander. Schöne Hechte. Ein schöner Barsch bei Fabian.
Ich habe eine richtig schöne Kirsche kurz vorm Boot verloren. Für den ersten Tag war das angeltechnisch voll ok. Zumal sich das Gewässer ganz anders präsentiert, als ich es von den WPCs her kannte. Recht krautfrei an vielen Stellen. Und so haben viele Angler auch berichtet, dass sie die Zander und Barsche nicht so flach gefangen haben wie sonst immer.
Alles Nebensache! Was war mit Olli los? Er hat mir ne WhatsApp geschrieben: „Und? Alles klar mit dem Boot?“ Ein Typ! „Ja. Wichtiger ist aber, dass mit Dir alles klar ist. Geht’s Dir gut?“ „Ich werde heute komplett durchgecheckt.“ Später haben wir dann nochmal telefoniert. Da hieß es, dass alle Tests gut ausgefallen sind. Wohl kein Schlaganfall trotz eines halbstündigen Gedächtnisverlustes den Zeitpunkt des Zusammenbruchs betreffend. Die wollten ihn aber trotzdem nicht rauslassen. Er glaube aber, dass es denen nur um die Knete ginge. Er würde nochmal mit seinem Hausarzt sprechen und dann wohl morgen ganz relaxed bei uns in Holland aufschlagen und mal bisschen Urlaub machen von dem ganzen Stress. Oh Mann. Und was, wenn er nochmal zusammenbricht auf dem Boot? Dann fahre ich ihn in den nächsten Hafen und von da aus geht’s mit dem Notarzt weiter ins Krankenhaus? Dauert doch alles viel zu lang. Spätestens jetzt war mir klar, dass dieser Wettkampf nicht gefischt werden sollte. Zu viel Verantwortung für mich.
Ich breitete mich gerade auf die zweite Halbzeit im Relegationskrimi (mein VfB gegen die Eisernen) vor, was angesichts des miserablen WiFi im Bungalowpark volle Konzentration erforderte und Wutausbrüche wegen Verbindungsabbrüchen provozierte, als es an der Tür von Bungalow 207 A klopfte. Ich dachte an Fabian. Oder Enrico. Aber nein. Da stand der Olli. Der Wahnsinnige. Er sah aus wie ein Urlauber: Shorts. Rotes Angel-T-Shirt. Ein Grinsen auf der Backe. Er sei ok und würde jetzt gern ein Bier mit den Jungs im Nebenhaus trinken. Ob ich mitkäme. Ich musste aber ja Relegation fertig hören. Er gab mir sein Handy (besseres Netz) und ging rüber.
Wo wir nach der Hiobsbotschaft beim ersten schlechten Omen wären: Der VfB war unfähig, den Abstieg zu verhindern. 0:0 in Berlin. Ok. Nach der Saison dann auch verdient. Glückwunsch an Berlin. Meine Jungs im Köpenicker Angelverein würden sich freuen. Immerhin.
Einschub: Man könnte Olli jetzt für einen Wahnsinnigen halten, der ein Angelturnier über seine Gesundheit stellt. Ist er auch. Aber er ist auch ein Optimist. Jemand, der nach vorne schaut und auch nach vorne geht. Einer, der sich nur ungern aufhalten lässt. Die Option eines Rückschlags gab es für ihn nicht. Ausgeblendet. Wegen DARF NICHT SEIN. Dieses freudige Vorangehen macht ihn sehr sympathisch. Und so wundert es auch nicht, dass er in der kleinen Wettkampf-Community sehr wohlgelitten ist und sich alle tierisch gefreut haben, ihn putzmunter hinter der Bierflasche zu sehen.
Es folgten zwei Trainingstage, an denen wir einmal 3 und einmal 4 Stunden fischten. Erstens um Olli zu schonen. Zweitens weil wir gut gefangen haben. Drittens weil wir die Energie im Wettkampf aufs Wasser bringen wollten. Schließlich mussten wir mit der haushalten.
In der letzten Stunde an Trainingstag 2 dann das zweite böse Omen: Ich hatte gerade einen schönen Barsch auf Spinnerbait gefangen, da war Ollis Rute richtig krumm. Hecht? No! ENDBARSCH. Nach der Landung das Entsetzen. Der Fisch hatte sich den Spinnerbait so hart reingerammt, dass der Haken im Schlund saß. Schön abgedeckt vom Trailer. Der Endvierziger war nicht zu retten. Wir mussten ihn abschlagen. Zum Kotzen…
Die Predator-Tour-Regeln und Erfolgsaussichten
Man bringt in 3 Tagen 9 Fische in die Wertung: 3 Hechte, 3 Zander und 3 Barsche. Es zählt die Gesamtlänge. Die Zander zählen aber nur, wenn man die 3 Hechte hat, die Barsche nur, wenn man 3 Hechte und 3 Zander hat.
Easy also. Entspanntes Angeln. Kein Wettkampf zwar, in dem ich mich vorne sehe, weil die meisten Zentimeter über die Hechte kommen und ich alles bin, aber kein Großhecht-Experte. Dabei sein. Spaß haben. Und vielleicht den einen oder anderen Lucky Punch setzen. Mit einer „Full Card“ (alle Fische voll machen) in die Top 30. Das war unser Ziel.
Wettkampftag 1
Unser Plan für den ersten Tag war, die Hechte vollzumachen und dabei den einen oder anderen Barsch und Zander einzusacken. Die Hechte waren außer Rand und Band. Wir hatten sie sehr schnell voll. Zwar keine großen Fische. Aber um die konnten wir uns ja noch später kümmern. Den Samstag (dritter Wettkampftag) hatten wir uns als Großködertag vorgemerkt. Jetzt waren noch ca. 6 h zu fischen. Mal abgesehen, dass es nicht mehr so gebissen hat wie in den ersten beiden Stunden, haben wir – egal wo und was wir auch fischten – nur noch kleine Hechte gefangen. Die 40er und 50er Fritten fühlen sich im ersten Moment ja manchmal an wie Barsche. Da kam aber nix Gestreiftes. Die beiden Barsch-Experten an Tag 1 ohne Barschkontakt. Gibt’s das? Ja. Olli hatte kurz vor Schluss noch einen klaren Zanderbiss, den er aber nicht verwandelt hat. Das war’s. Abpfiff.
Wettkampftag 2
Dieser Tag war wirklich denkwürdig. Bescheidener kann es kaum laufen. Natürlich wollten wir die ersten (guten) Stunden den Barschen widmen, um die voll zu machen und dann ein paar Zander abzugreifen, die wir bis zu diesem Moment noch nicht gezielt beangelt hatten. Wir fuhren an die Stelle, an der wir an Trainingstag 2 die beiden Barschklopper hatten. Olli fing auch schnell einen Fisch. Hechtfritte. Hannes: Bäng! Barschalarm. Satter Biss. Dumpfe Schläge. 2 Meter angedrillt. Endlich! Schnur schlaff. Ausgestiegen. Keine Schlitze im Gummi. Also echt ein Barsch. Fuck. Aber weiter geht’s. Sie sind da. Biss. Noch ein Hecht. Das war’s auf dieser Drift. Nochmal neu ansetzen. Köderwechsel auf einen Underspin. 20 Minuten passiert nichts. Dann wieder ein satter Biss. Rüttelrüttel. Barsch! 3 m angedrillt. Schnur schlaff. Zum Erbrechen. Wirklich. Evtl. war der 4,3er Fat Swing ein bisschen lang für den kurzen Nories Underspin. Aber ich fische gern kurze Haken auf Barsch. Und verzichte auf Angstdrillinge. Erstens, weil ich ein mutiger Angler bin. Zweitens will ich den Köder im Einkurbeln flott von Kraut befreien können. Ok. Nochmal dieselbe Drift. Diesmal mit Twitchbait. Zwei Drillinge. Der nächste Barsch MUSS kleben bleiben. Ich bekam aber keinen Biss und Olli auf den Spinnerbait auch nicht. Wir probierten dann viel, hatten aber wenig Fortune bei der Platzwahl. Keine Bisse. Wahnsinn. Jetzt kam ein bisschen Verzweiflung auf, die wir aber größtenteils mit Sarkasmus niederringen konnten. Dann endlich war Olli’s Rute mal wieder krumm. Hechtlein. Dann hatte er einen Fehlbiss von einem Zander. Ein richtig schöner Tock kurz vorm Boot. Anhieb. Der Fisch sitzt kurz. Schüttelt sich frei. „Hannes. Wir fangen heute keinen Fisch mehr. Wir SCHNEIDERN heute!“ „Niemals. Komm.“ Und dann ging es bei mir los. Abgebissene Gummis (zweimal). Ein Aussteiger. Ein Fehlbiss mit klaren Zanderspuren. Und kurz vor Schluss dann das Wunder. Satter Biss. Anhieb. Der Fisch hängt. Zander. 55 Zentimeter. Unser beschämendes Tagesergebnis. „Ich fahre nicht an diesen Steg. Wir schleichen uns an. Oder ich lege mich vorne auf die Plattform und simuliere einen Herzstillstand und Du fährst mich dann weg.“ Galgenhumor. Wir mussten richtig lachen. Auch wenn es nicht zum Lachen war. So gar nicht. Nicht wegen uns. Ich bin ja kein so krasser Ehrgeizling, den so ein mieser Angeltag (halt, es waren ja schon zwei) aus der Bahn wirft, nur weil das an einem Wettkampf passiert. Aber für die Außendarstellung ist das schon schlecht. Sehr schlecht.
Wettkampftag 3
Wir hatten bis dato also drei Hechte und einen Zander auf dem Zettel. Da kein Barsch in die Wertung eingeht, bevor die Zander nicht voll sind, beschlossen wir, erstmal die Zander voll zu machen. Hashtag CONFIDENCE. Wir würden das noch umbiegen. Eine legendäre Aufholjagd. Eine „Full Card“ in 7 h – das schien machbar. Und so machten wir uns auf zum Fehlbissspot vom Vortag. Nach wenigen Würfen hatte ich den ersten Zander. 46 cm oder so. Klein. Aber um die Größe ging es schon lange nicht mehr. Nur um die Ehre. Wenige Würfe später konnte ich wieder ein „FIIIIIIISCH!“ vermelden. Es war aber nur ein Hecht. Immerhin ein kleines Upgrade. Und der Spot war hot. Wenige Würfe später hatte ich wieder einen Biss auf volle Distanz. Ein maßiger Zander schüttelt sich auf der halben Distanz an der Oberfläche (sehr tief können wir also nicht gefischt haben) und? Ist ab. WTF! Wäre ja zu cool gewesen. Es tut sich nix mehr. Wir sehen, dass Dani Schäfer nicht so weit weg von uns einen Barsch fängt. Bringt uns aber ja nix. Wir brauchen einen Zander. Den fängt Olli dann am neuen Spot nach ca. einer halben Stunde. 42 cm. Wie gesagt – scheißegal. Hauptsache, wir machen die Karte voll. Und jetzt haben wir noch 5 h für 3 Barsche. Das sollte machbar sein. Nur was tun? Was soll’s. Auch wenn es mies ist. Es geht um die Ehrenrettung. Ab zu Dani‘s Barschkante, die eh kein Geheimnis aus dem Fang gemacht hat. Dani mag uns. Und wir sie auch. Wir schleppten keine 30 Minuten als es uns zu doof und zu peinlich wurde. Spotwechsel an eine gute Barschstelle: 1 h lang kein Zupfer. Nochmal an die Barschaussteiger-Driftstelle von Tag 2. Nix. Nochmal kurz Schleppen. Nix. Verzweiflungstat: Nochmal komplett durchballern bis ans andere Ende des Gewässersystems ins klare Wasser. Hecht. Hecht. Hecht. Und irgendwann war’s dann vorbei. Uns war 2 h vor dem Abpfiff kotzübel. Wegen der Schmach von Dodrecht. Die Älteren und fußballaffinen User unter euch erkennen die Anspielung auf die „Schmach von Cordoba“ sicherlich.
Weil die Barschcracks am Barsch gescheitert sind. Weil wir es echt geschafft hatten, an einem der besten Großbarschgewässer der Welt drei Tage lang komplett am Barsch vorbei geangelt zu haben. Und weil wir das nicht nur für uns getan haben. Heimlich. Still. Und leise. Nein. Die Schmach von Dodrecht ist ÖFFENTLICH und wird in die Angelannalen eingehen. Wir wollten erst gar nicht reinschauen in die App. Waren wir Letzter? Ist es so? Tatsächlich gab es noch vier Teams, die weniger Punkte zusammengeangelt haben als wir. Herzliches Beileid! UND: Gratulation an alle, die es besser gemacht haben!
Wir blieben noch eine Weile auf dem Wasser. Zum Rekapitulieren und Erholen. Erhobenen Hauptes stellten wir uns der Situation am Steg – nicht ohne uns an der Wassertanke ein Bierchen reingezimmert zu haben. Da ging’s uns dann auch schon besser. Halb so wild. Wir sind als Team nicht auseinandergefallen. Wir hatten Spaß zusammen. Auch an unserem Umgang mit der epischen Niederlage. Olli war aktiver Fußballer und hat z.B. eine Geschichte erzählt, bei der er als Torwart in einem für den Aufstieg entscheidenden Spiel eine Flanke an die Schulter gelenkt hat, von wo der Ball ins Tor gekullert ist. 500 eigene Fans haben ihn ausgepfiffen, verhöhnt und beschimpft. Die Mitspieler haben ihn ignoriert. Direktes Feedback. Dagegen sei das jetzt harmlos. Nun gut. „Das jetzt“ ist mein Beruf. Ich bin der Barsch-Yoda, der Barschpapst, Dr. Barsch. Bzw. ich WAR es. Schon nicht ganz so leicht zu verpacken. Wir hatten es komplett verdattelt. Wir haben uns drei Tage lang selbst verbarscht.
Allerdings: Ein bisschen Pech war auch dabei. Vor allem an Tag 2. Bei der WPC 2017 habe ich von 11 Bissen 10 verwandelt. Die meisten auf einen 5er Easy Shiner mit 4/0er Gamakatsu-Jig. Der ist kurz. Ein Fisch weniger und wir wären nicht als Sieger vom Wasser gegangen. An jenem Donnertag im Juni 2019 hatte ich allein fast 10 Fehlbisse. Auch weil ich keine Angst vor denen habe und zum meinem Stingerverzicht auch im Wettkampf stehe. Schwachsinn wahrscheinlich. Aber wenn es das Schicksal will, dass man das Treppechen als Letzter besteigt, klappt es auch ohne Fehlbissversicherung. Diesmal hatte das Schicksal was anderes geplant. Und wir waren einfach auch nicht gut.
Wobei ich noch ein paar skurrile Geschichten anführen kann, deren Wahrheitsgehalt ihr bei den Protagonisten abfragen könnt: Nils G. und Marcel A. sind keine Barschangler. Sie sind bei diesen Wettbewerben immer gut im Rennen, weil sie große Hechte und Zander einfach können. Nils hat sich deshalb jetzt tatsächlich seine erste Barschrute gekauft. Und Marcel hat neuerdings auch eine. Die beiden hatten auch diesmal ein Barschproblem und haben uns schleppen gesehen. Nachdem wir es aufgegeben haben, sind sie an die Kante gefahren – weil Hannes und Olli wissen ja, wo Barsch zu finden ist – und haben dort dann – folgerichtig – auch die beiden fehlenden Barsche gefangen.
Am Tag nach dem Wettkampf hat Fabian auf unserem Fehlbissplatz von Tag 2 einen riesigen Hecht erwischt auf einen Zanderköder. 124,5 Zentimeter lang.
Ich hingegen habe am Sonntag nach dem Wettkampf in ca. 2 h Angelzeit zwei schöne Zander gefangen und in den nächsten Tagen auch wieder verloren geglaubte Barschskills an den Tag gelegt.
Am Montag habe ich vor laufender Kamera 4 Zander in 1 h gefangen. Alle maßig. Am nächsten Tag war auch der Barschriecher wieder aktiviert.
Und während eines Teamangler-Street-Meetings von Shimano habe ich mit die schönsten Barsche erwischt.
Es ist unglaublich. Surreal. Und dennoch ist es passiert. Die Schmach von Dodrecht. Wir haben es so ver..ckt wie keiner. Und dennoch: Mama ist stolz auf mich.
Wie es jetzt mit meiner Wettkampfkarriere weitergeht? Keine Ahnung. Trete ich mit diesem unrühmlichen Ergebnis ab und zeige euch auf YouTube, dass ich Barsche fangen kann? Oder muss ich da nochmal ran? Ich glaube im Moment, dass ich erstere Variante bevorzuge. Aber ich bin Zwilling. Was weiß ich, was ich in 3 Monaten denke…
Ich wünsche das niemandem und hoffe, ihr hattet ein bisschen Spaß beim Lesen. Ich bin jetzt durch mit der Geschichte. Das Leben geht weiter.
Ein Dank noch an alle, die uns noch während des Wettkampfes Tipps gegeben haben – auch wenn wir die nur bedingt umsetzen konnten. Und auch Danke fürs Geburtstagsständchen und die Drinks am Samstag! War eine erstaunlich schöne Party nach der Schlappe!
Und natürlich: GRATULATION DEN SIEGERN!
Johannes