Fangberichte Peenetreffen 08 – ein Barsch-Alarm-Beitrag zur Vermessung der Welt
Das Peenetreffen ist vorbei, der Strom ordentlich durchgerockt und wir Teilnehmer sind mal wieder um eine Extrem-Erfahrung reicher. Denn er hat uns auch diesmal wieder alles abverlangt, der alte Schlingel, und so getan, als gäbe es nur noch ein paar Einzelgängerzander da oben im äußersten Nordosten der Republik.
Für einige war schon die Anreise eine echte Herausforderung. Steppenangler Dirk z.B. kam auf seiner Fahrt von Fulda nach Usedom gleich mal in drei Staus und musste über 8 Stunden hinter dem Steuer sitzen, ehe er bei uns im Hafen eingetroffen ist. Webmaster Ertan hat erst gar nicht geschlafen, weil er mit seinem Kumpel Bene (aka Neckarhecht) schon um 4 von Heilbronn nach Stuttgart düsen musste, um den Flieger nach Berlin zu besteigen. Für einen der beiden (die Namen von "vom Schicksal geprüften Personen" werden hier nicht genannt) war das zu früh, um den Geldbeutel mit aus dem Auto des als Chauffeur engagierten Schwiegervaters zu nehmen – was letztendlich dazu führte, dass er sich wieder in den Zug nach Hause setzen musste und Ertan allein nach Berlin geflogen ist…
Andere hingegen entschieden sich schon im Vorfeld gegen eine Reise an den Strom – haben aber leider vergessen, uns dies mitzuteilen (eine PN wäre schön gewesen und hätte es uns ermöglicht, Ersatzangler nachzunominieren). So waren es dann eben 13 Männer statt der angemeldeten 15 (Henry, Reinhold, Anton, Pharmaman, bengilo, Ertan, Bolle, Tinsen, Nansen, Steppenangler, Stint10, David und Johannes), die sich am Freitag nach und nach im Hafen von Zecherin einfanden. Dort konnten sich die Ankömmlinge erst einmal einer großen und alle einenden Sorge entledigen: Das im Hafen Boote zusammenschraubende Werft-Team hatte in einem Pavillon direkt im Hafen ein TV-Gerät aufgebaut. Die beiden Viertelfinals vom Freitag und Samstag waren also gesichert!
Zum Einstieg setzte es direkt ein von Lars und mir anlässlich unserer Geburtstage am 2. bzw. 14. Juni durchfinanziertes Rumpsteak-Inferno, bei dem sich Anton als geübter Grillanzünder…
… und Hafenmeister Rico als routinierter und von keinem Flammenstich der Welt zu bremsender Grillmeister entpuppten. Dementsprechend hatten beide nur noch wenig Zeit, das Türkei-Spiel anzusehen. „Statt Foul oder nicht Foul?“, hieß es für unser Grillteam: „Roh, blutig oder durch?“
Und irgendwann ging es dann auch mal um die aktuellen Angelbedingungen im Strom: Tinsen und Nico hatten den Tag schon mal leidenschaftlich ihr Zanderwaffen-Arsenal getestet und sich die erste Packung abgeholt. Lars hatte mit seiner Dreier-Truppe einen Zander und einen Hecht, aber immerhin viele Bisse provoziert. Ertan und ich verzeichneten bei einem Blitzeinsatz auf der Entenfarm in einer halben Stunde einen Biss. Und ein Team aus Sachsen, das bereits eine ganze Woche vor Ort war, wusste von einem 95er und einem 87er Zander zu berichten. Dazu gab es für die Jungs relativ viele Hechte bis 115 cm.
Nicht schlecht. Fisch war also da. Aber: Richtig rosig waren die Aussichten eben leider auch nicht. Zumal es am Samstag massiv schlechtes Wetter geben und auch am Sonntag windig werden sollte. Zu windig für einen Ausritt auf den Bodden jedenfalls. Damit fiel diese Option ins Wasser. Traurig, aber nicht zu ändern. Mit mehr oder weniger „gemischten Gefühlen“ ging es dann zu Bett. Schließlich wollten wir am nächsten Morgen um 8 Uhr raus.
Nach einer blitzschnell durchgeführten Team-Einteilung ging es sofort aufs Wasser. Der erste Rekord war zu dieser Zeit also schon aufgestellt: So schnell waren wir am ersten Tag noch nie draußen.
Die Wetterbedingungen? Bescheiden. Um 8 am Samstag war es bereits recht windig. Um 9 Uhr gab’s für alle eine kleine Intensivdusche gratis. Ab dann aber wurde es aber stündlich besser, so dass wir zum Schluss sogar von idealen Angelbedingungen hätten sprechen können, wenn sich der olle Strom nicht dreimal um 180 Grad gedreht hätte. Pures Gift für die Angelei da oben! Denn mit der sich verändernden Strömung stellen sich auch die Fische jedes Mal neu auf bzw. unter. Da wird es dann sehr schwer, zu erahnen, wo sie sich gerade aufhalten. Und das bekamen dann so ziemlich alle Angler zu spüren. Am drastischsten wohl die von Axel geführten Bolle, Tinsen, Steppenangler und Stint, die die Zander schon beim zweiten Anparkversuch am Wickel hatten, zwei Fische fingen und dann nach dem ersten Strömungswechsel feststellen mussten, dass sich der Zanderschwarm verkrümelt hatte.
Für die anderen hieß es gleich von Beginn an: „KÄMPFEN um jeden einzelnen Biss.“ Ein paar schöne Einzelfische haben wir an diesem Tag aber trotzdem erwischt.
Allen voran David, der mit einem 89er Zander aus dem berüchtigten „Monsterkrater“ seinen PB nach oben treiben konnte.
Auch Tinsen hat was für seine Statistik getan und seinen Brückenhecht-Rekord von 98 auf 105 cm hochgeschraubt.
Und Nico weiß jetzt, warum Tinsen so gerne an Europas größter Zugbrücke Gummi serviert.
Auf meinem Boot war mal wieder „Run&Gun“ angesagt. Wir beschlossen einstimmig, die guten Plätze schnell und konzentriert durchzuklopfen. Die Idee dahinter war, dass wir so irgendwo mit relativ großer Wahrscheinlichkeit ein paar aktive Fische finden, uns immer mal wieder einen davon wegnaschen und dass Benni und Ertan gleichzeitig auf jeden Fall viel vom Strom sehen.
Ergebnis: Den Strom kennen die beiden jetzt richtig gut. Und diesen Hecht hier gab es als Trostpreis fürs Team „Beinhart“ (die beiden haben geworfen und gejiggt wie die Weltmeister) am letzten Ankerplatz.
Weil sich einige an die am Vorabend ausgerufene Maxime „Catch&Cook“ gehalten haben, durfte Rico wieder kein Fußball sehen.
Diesmal betätigte er sich an der Fischpfanne und briet uns feinste Zander- und Hechtfilets – ehe er sich dann seinen verdienten Feierabend gönnte.
Das war lecker und wurde obendrein noch vortrefflich garniert mit Tinsen’s Kurzgeschichten aus dem Leben von Chuck Norris. Dabei haben die meisten von uns viel gelernt. Wusstet ihr beispielsweise, dass Chuck Norris schon seit 10 Jahren tot ist. Nur hat sich der Tod noch nicht getraut, es ihm zu sagen? Oder dass Chuck Norris Zwiebeln zum Weinen bringen kann? Bzw. dass Chuck Norris bei Praktiker 20% Rabatt erhält – auch auf Tiernahrung! Oder dass Chuck Norris eine Schwingtür zuschlagen kann? Und dass Chuck Norris nicht an Gott glaubt, aber Gott an ihn? Oder dass Chuck Norris Fische ertränken kann?“
Wir wissen das jetzt jedenfalls alle. Und im Kreis einer gerstenbräutrinkenden Anglervereinigung muss man da auch drüber lachen. Besonders über den mit der Schwingtür. Da hat es dann auch ganz gut gepasst, dass Holland an Russland gescheitert ist. Der Weg zum Titel schien uns mit fortschreitender Stunde jedenfalls immer ebener zu werden…
Am Sonntag war’s zunächst einmal ruhiger da draußen, was sich nach ca. einer halben Stunde auf dem Wasser ändern sollte. Man wunderte sich jedenfalls des Öfteren, dass so ein kleiner Anker ein Boot bei so viel Wind halten kann. Doch allen Böen um Usedom zu Trotz: Diesmal hatten wir gleich zu Anfang einen kleinen Schwarm gefunden. Ich hatte zuerst einen Fehlbiss. Und dann auf der gleichen Stelle ganz kurz einen Zander an der Rute. Und ein paar Meter weiter – wir hatten beschlossen zusammen mit dem Team Lars, David, Henry und Reinhold die Plätze systematisch auszufischen – fing Reinhold diesen Zander.
Der gab uns allen richtig Kraft. Was auch gut so war, denn der Anblick dieses Fisches war über Stunden das letzte, was wir von Flossenträgern zu sehen bekamen – von einigen Sicheln auf dem Echolot einmal abgesehen. Bis Henry und David innerhalb von fünf Minuten zwei Brückenhechte fingen.
Die Wetterbedingungen verschärften sich nun zusehends. Drückende Schwüle lag in der Luft und die vom Himmel prügelnde Sonne ließ die Lippen brennen und die Gesichtshaut glühen. Sonnenstich-Alarm und Dehydrierungspanik auf unserem Boot.
Und wie sah es bei den anderen aus? Das wollten nicht nur Ertan, Benni und ich wissen. Wie bei den Peenetreffen üblich stieg die Handyaktivität am Nachmittag deutlich an. Das Ergebnis der Konferenz war allerdings ernüchternd: Auch auf den anderen Boot war leider gar nix losgewesen.
Aber auch aus schlechten Nachrichten kann man Motivation ziehen. Keine Ahnung, wie wir das getan haben. Aber wir erfreuten uns immer besserer Laune, haben uns wieder und wieder an den vereinzelt auf dem Echolot auftauchenden fetten Sicheln hochgezogen und uns bei jedem neuen Ankerplatz eingeredet, dass es jetzt SICHER (also ganz sicher) Bisse hagelt ohne Ende. Und zwar von sehr, sehr vielen sehr, sehr großen Zandern. Dementsprechend haben wir uns auch mal Gedanken über die passende Angstdrillingegröße für Monsterzander gemacht und glücklicherweise recht schnell eine ziemlich gute Lösung gefunden.
Gebissen hat allem Optimismus zum Trotz dann leider nicht so wirklich viel. Lediglich den Produzent der letzten Monster-Sichel, die wir anparkten, konnten wir uns auch außerhalb des Wassers ansehen.
Und irgendwann war auch mal Schluss. Einen letzten Schauer nahmen wir noch an der Brücke mit, dann ging es in den Hafen zurück, wo die anderen bereits auf uns warteten. Viel hat sich bei ihnen leider nicht mehr getan. Der kleine Anton hatte noch einen dicken Zander drauf, ihn aber leider nicht richtig haken können. Und weil unsere zukünftiger Zanderprofi Jörg vorher dabei helfen durfte, dessen Hecht zu verarzten, flossen auch mal kurz ein paar Tränen, als der Zander ausgestiegen war. Zu gerne hätte Anton einen selbstgefangenen Fisch in die Linse gedrückt…
Und so schauten wir im Verlauf der Abschlussbesprechung mal wieder mit dem typischen leeren „Peenestromabschlussbesprechungsblick“ aus den salzluftgeplagten Augen noch mal raus aufs Wasser, bevor wir uns leicht wehmütig wieder auf den Heimweg machten – wohl wissend, dass es auch anders hätte laufen können.
Mein Fazit: Zum Glück lebt so ein Treffen nicht nur von den Fischen, sondern auch von den Menschen, die sich da sammeln. Sehr schön war’s mit euch gewesen, Männer! Ich bin extrem stolz auf euch! Denn ihr müsst wissen: Nicht mal Chuck Norris hat sich bislang an den Strom der Giganten gewagt. Ist vermutlich sogar ihm eine Spur zu krass. Und so können wir ein bisschen Humboldt spielen und einen Beitrag zur Vermessung der Welt nachliefern. Denn wir haben den "Weichei-Äquator" zwar nicht definiert. Er verläuft zwischen Usedom und Festland. Hier trennt sich die Spreu vom Weizen. Und ihr habt den Männlichkeitstest mit Bravour bestanden, seid härter als Chuck Norris, Clint Eastwood, Charles Bronson und Bruce Willis zusammen. Kein Wunder also, dass sich die Fische verkrümeln, wenn wir da oben gesammelt aufschlagen…
Bis zum nächsten Mal!
Johannes
Und noch ein paar Peenestrom-Impressionen von Tinsen: