Tackle-Tipps Oberflächen-Inferno mit der Wunderrassel 1-Minus
Ein Hoch auf die Oberflächlichkeit! Dreimal hoch! Leute, noch vor zwei Wochen hätte ich mir lieber eine alte Leberwurst an meinen Haken gebunden als es mit Oberflächenwobblern zu versuchen. Aber innerhalb weniger Sekunden wurde ich bekehrt. Die Bucht, in der wir angeln wollten, ist an ihrer tiefsten Stelle nur 2 Meter tief und überall hängt Kraut.
Gerade im Frühjahr ist das mein Lieblings Top-Spot für Barsche und Hechte, doch es ist jedes Jahr das gleiche Spiel. Mein gesamtes Spinner- und Blinkersortiment läuft so tief, dass ich früher oder später im Kraut hängen bleibe. Die Wobbler tauchen ebenfalls viel zu schnell ab. Gummi kann man in dem Unterwasserurwald gleich vergessen.
Mein Bruder schwört an solchen Gewässern auf Oberflächenwobbler. Der hat in seiner Fishing Box die bizarrsten Modelle dieser „Surface Lures“: Taumelnde Frösche, besoffene Eidechsen , mit den Flügeln schlagende Maikäfer und dann die so genannten „Buzz Baits“, das sind Drahtgeflechte mit einem Propeller am Ende dran. Der Haken ist nach oben gerichtet, so daß diese merkwürdige Konstruktion auch über dicht unter der Oberfläche gelegene Wasserpflanzen gezogen werden kann. Für die erwünschten Monsterhechte schwört er auf die „Skit Popper“ von Rapala ! (natürlich nicht unter 9 cm).
Ich weiß ja wie es ist. Wenn man kein Vertrauen in den Köder hat, dann rostet er für alle Tage in der Köderbox vor sich hin. Mir ging es gerade bei den Oberflächenwobblern auch immer so. Für alle, die sich an die wirklichen reinen Popper nicht gleich ran trauen empfehle ich zum Eingewöhnen und Abbauen der Vorbehalten die kleine Granate von Mann’s „1 -Minus“. Das war auch meine Einstiegsdroge. Aber vorsicht: Der 1-Minus macht süchtig!!
In seiner Art erinnert er an eine orientalische Bauchtänzerin. Er ist klein, fett, schwer und klapperte bei jeder Bewegung, mit den eingebauten Kügelchen. O.K. ich gebe zu, dass er damit nicht unbedingt dem Beuteschema der europäischen Barsche entspricht, doch seine Aktionen im Wasser lassen dennoch jedes Fischauge schwach werden. Man kann ihn ganz gewöhnlich reinholen, dann zappelt er wie angestochen mit extrem ausladenden Bewegungen 0,50 Meter unter der Wasseroberfläche. Man kann ihn aber auch hervorragend, doch dazu später….
Ich ließ in der besagten Bucht also meine rasselnde Plastikballerina durchs Wasser tanzen und behielt den Z-Blinker und Gummifisch auf der Reservebank. Es dauerte auch gar nicht lange und ich fing meine ersten Fische. Innerhalb des Vormittag waren es 3 Hechte und 2 Barsche. Meine Mitstreiter fingen mit ihren Blinkern und Spinnern etwa genauso viel, b.z.w. vielleicht sogar etwas mehr als ich. Allerdings hatten sie zwischendurch fast immer Kraut am Haken, was mir persönlich ja den letzten Nerv rauben würde. Der Rasselwobbler war gut, aber die absolute Geheimwaffe war das für mich bis dahin noch nicht. Die Wandlung zum Wunderköder vollzog sich am Abend. Der Wind hatte sich gelegt und die Bucht lag wie ein großer Spiegel, auf dem die Mückenwolken tanzten, vor uns. Ständig waren Oberflächenaktivitäten von Barschen oder Hechten zu hören. Wenn ich jemals etwas Abfälliges über Oberflächenwobbler gesagt haben sollte,…. dann bitte ich hiermit um Absolution. Denn das was sich an diesem Abend abgespielt hatte ist einfach das….ich ringe nach Worten….das…das…das Geilste, was ich mir vorstellen konnte.
Ich nahm also meinen Rasselwobbler, verzichtete auf ein Vorfach und ließ ihn nach kurzen Zupfern immer wieder an der Oberfläche ploppen. Den „Pop-Effekt“ kriegt man nach einiger Übung schnell hin, indem man die Rutenspitze in einem bestimmten Winkel ruckartig zupft. Vergesst nicht, einige Sekunden zu warten, nachdem der Wobbler aufgeschlagen hat. Ich habe es an diesem Abend mehrmals erlebt, dass…. aber ich greife vor.
Da es absolut spiegelglatte See war, konnte ich jede Bewegungen des Wobblers verfolgen. Ein bisschen anzupfen… ruhen lassen…wieder ein bisschen anzupfen. Mein Paradiesbild von einem Sonnenuntergang muß neu gemalt werden. Spiegelglatte See, Grillen zirpen, Fröschen quaken und das ganze umrahmt von dem Rasseln und dem Ploppen eines feuerroten Plastikwobblers. Das Beste an der Sache ist, dass es so schön entspannend ist. Mit einem Grinsen auf den Lippen erfreut man sich an den tanzenden Bewegungen des Wobblers im Sonnenuntergang und gelangt fast in den Zustand der inneren Versenkung. Ommmm, oder besser rasselassellasselplopp…..rasselrasselrassssel BAAAAAAAAA…..Ein gewaltiger Fisch teilt das Wasser genau an der Stelle wo ich eben noch meinen Wobbler vermutet hatte. Riesengetöse im Sonnenuntergang. Der Angriff kam so plötzlich und so kurz vor dem Boot das mir vor lauter Schreck erstmal ein kleiner Schrei des Entsetzens entweicht. Ich hatte in keiner Weise damit gerechnet. Nicht in dieser Art, nicht so gewaltig, nicht so plötzlich und vor allem nicht in diesem Moment. Als die Bilder des attackierenden Hechtes meine Großhirnrinde passiert hatten und dort die Schleusen der Adrenalinkammer aufbrachen, machte sich in mir zittrige Aufregung breit. Ich redete mir selber ein, jetzt ruhig zu bleiben und auf keinen Fall zu schnell anzuschlagen. An der Stelle, wo eben noch der gigantische Fisch aus dem Wasser schlug…, ich traute meinen Augen nicht, ….schwamm mein feuerroter Wobbler in aller Seelenruhe weiter auf dem Wasser. Der Fisch hatte ihn offensichtlich verfehlt. Tomi und die anderen standen ebenfalls wie vom Blitz gerührt in ihren Booten. Jeder hatte die Attacke gehört und keiner konnte glauben, dass der Wobbler den Angriff aus dem Hinterhalt überlebt hatte. Ich für meine Teil war mir sicher, dass die Fische eine Brille bzw. ein Hörgerät brauchten. Mein knallroter Plastikfisch war auf Kilometer gut zu sehen und vor allem zu hören. Wie konnte man da nur daneben beißen??
Johannes, euer Gastgeber hier auf Barsch-Alarm, meint, dass derartige Fehlbisse wohl auch unter Wasser an der Tagesordnung sind, man diese aber meist nicht mitbekommt. Wie schade (!!), kann ich da nur sagen. Denn nie hatte bei mir ein Fehlbiss mehr Adrenalin ausgelöst als diese Oberflächenattacke auf meinen Wobbler. Völlig aufgedreht war ich, völlig durch den Wind, völlig aus dem Häuschen und vor allem völlig fertig…. . Endlich fanden wir einer nach dem anderen die Worte wieder. Jeder wollte die offensichtlich blinde, taube und zahnlose Hechtoma am deutlichsten gesehen haben. Die Schätzung schwankten zwischen 50 cm (Tomi) und 150 cm (ich). Mit aller gebotenen Hektik machte ich meinen Kampfwobbler klar, um ihn erneut zu seinem Einsatzort zu fliegen. Doch leider hatte ich in meiner kopflosen Panik diesmal vergessen, den Bügel der Rolle umzulegen. Mit einem Knall verabschiedete sich mein gerade erst lieb gewonnener Wobbler Richtung Sonnenuntergang.
Das Gute an einem Oberflächenwobbler ist, dass er schwimmt. Das Schlechte war in meinem Fall allerdings, dass er nunmehr genau dort gelandet war, wo 1 Minute zuvor die gigantische Flosse das Wasser geteilt hatte. Ich machte mir in meiner anhaltenden Panik, ernsthafte Sorgen um das Wohlergehen meines künstlichen Freundes. Jeden Moment konnte sich das Schauspiel wiederholen, und dieses Monster aus dem Wasser schiessen. Ich konnte gar nicht hinsehen. Heilfroh, war ich daher zunächst, als der Wobbler nach seiner Bruchlandung das Tanzen eingestellt hatte und nun regungslos auf dem Wasser verharrte. Je länger er dort jedoch ohne Schnur auf der Wasseroberfläche verbrachte, desto sicherer wurde ich mir, dass er jeden Augenblick das Opfer eines zielsicheren Hechtangriffs werden könnte. Auf Zehenspitzen montierte ich mir einen anderen Wobbler an die Rute und versuchte den verlorenen Kollegen aus der Gefahrenzone zu befreien. Bei jeder Bewegung zuviel zuckte ich zusammen und erwartete erneut jenen vernichtenden Angriff, dessen aufwallendes Geräusch mir immer noch in den Gliedern sass. Tomi und meine anderen Angelkollegen legten ihre Angeln beiseite und beobachteten die Rettungsaktion. Kein Wort war zu hören. Offensichtlich waren auch sie davon überzeugt, dass die letzten Minuten meines Rasselwobblers schlugen und jeder wollte dabei sein, wenn der Hecht zu seinem finalen Angriff ansetzt. Erleichterung machte sich breit, als ich mit zitternden Knien und noch voll unter Strom den Wobbler ins rettende Boot zog. Endlich hatte ich meine Rassel wieder.
Ob die Rassel bei Hechten oder Barschen etwas nützt, weiß ich nicht. Die Rassel scheint jedoch in dem Angler oder speziell in mir einen gewissen Reiz auszulösen, der seit Kindesbeinen in jedem von uns angelegt ist. Eigentlich geht es ja schon vor der Geburt los. Man spricht schliesslich nicht ohne Grund von „Klapper“storch. Später im Kinderwagen hat jeder Säugling einen Beißring, der auch klappert. Im Jugendalter schliesst man sich einer „Rassel“bande an.
Während ich mir dergleichen überlegte und darüber nachdachte ob ich selbst vielleicht reif für die „Klapper“ wär, knotete ich mir mein neues Lieblingsspielzeug an die Schnur. Keine 20 Meter vom Boot entfernt hörte ich unterdessen einen raubenden Fisch aus dem Wasser springen. Sagt, was ihr wollt, aber ich war mir zum einen sicher, dass es „mein Hecht“ war, und zum anderen, dass ich ihn jetzt erwischen würde. O.K. Rasselwobbler einsatzbereit, Bügel umlegen… Ziel anvisieren….nochmal kontrollieren, ob der Bügel umgeklappt ist…. und …. ab die Post.
Der Wobbler landete ohne weitere Komplikationen hinter dem Platz wo ich eben noch den springenden Hecht gesehen hatte. Ich wollte gerade die Partie eröffnen mit einem ersten fragenden, testenden „zupp zupp…..?“ da nahm „er“ auch schon die Antwort vorweg: „BAAAAAAAAAA…..“ Mit einer Explosion schoss er aus dem Wasser. Das Letzte was ich von meinem Wobbler gehört hatte, war ein leises Rasseln, dass allerdings durch das aufgebrachte Wasser zum größten Teil verschluckt wurde. Mein Herz gefror augenblicklich zu einem Eishockeypuck. Kurz darauf war alles wieder so still, als hätte hier nie ein Massaker an meinem Plastikfisch stattgefunden. In mir brodelte es. Der Platz an dem vorher noch mein Wobbler tanzte, war jungfräulich leer. Ich hatte absolut keine Erfahrung, was Oberflächenangeln angeht, also brauchte ich eine Weile bis ich begriff, dass es nun Zeit war, anzuschlagen. Diesmal hing er. O.K., ich gebe zu, es war kein Riese. Vielleicht hatte er 70cm. Dafür war die Attacke aber das Spektakulärste was man sich bei ruhiger See denken kann. An diesem Abend wiederholte sich das Schauspiel so an die 10 mal. Ich konnte davon allerdings „nur“ 5 Fische landen. Egal wie viel man fängt. Nie haben Fehlbisse mehr Spaß gemacht. Der Thrill dabei ist, neben dem Mitansehenkönnen des Angriffs und dessen Plötzlichkeit, das die Attacke wohl an unseren Urängste rührt. Nämlich das Angefallenwerden aus dem dunklen Nichts , aus der Tiefe, ja wenn man so will : aus der Unergründlichkeit. Horrorfilme spielen mit dem Motiv. Ich sag‘ nur „weißer Hai“.
Wenn ihr dann noch einen Angelkollegen dabei habt, ist es ausserordentlich interessant, festzustellen, wie sich dessen Aufmerksamkeit langsam von seiner Angel weg, hin zu eurer Oberflächenrassel verlagern wird. Ein Spaß für die ganze Familie sozusagen. Aktion pur. Man muß es gemacht haben, um es wirklich zu glauben.