Rapfen, Döbel & Co. How to catch Carp on the Fly
Beitrag enthält WerbungEin BA-Klassiker, den ich (Johannes) mal aus dem Archiv gefischt habe: Wenn Nicht-Fliegenfischer ans Fliegenfischen denken, haben sie automatisch Forellen und vielleicht Äschen im Hinterkopf. Es kann sogar sein, dass das auch bei vielen Fliegenfischern der Fall ist. Leider dürften die meisten Angler keine passenden Gewässer mit Forellen und Äschen zur Verfügung haben, kristallklare Bergbäche sind nun einmal nicht überall zu finden. Heißt das nun, dass das spannende Fliegenfischen nur wenigen Anglern vorbehalten bleibt? Wie man heute weiß, ist das natürlich nicht so! Es lässt sich fast jede Fischart erfolgreich mit der Fliege befischen. Manche leichter, manche schwer bis sehr schwer.
Hier möchte ich euch erläutern, wie man Karpfen mit der Fliege fängt. Jeder der es schon versucht hat weiß, dass der Karpfen wohl eine der am schwersten auf Fliege zu fangenden Fischarten ist. Mehr als Zufallsfänge sind meistens nicht drin. Dabei gibt es kaum etwas Spannenderes und Aufregenderes, als einen großen Karpfen auf Fliege zu haken und zu drillen. Das Überlisten und der anschließende blankbrechende Drill (hoffentlich nicht!) sind Erlebnisse wie sie eindringlicher nicht sein können.
Es ist sehr stark vergleichbar mit der Angelei auf Bonefish, allerdings muss man nicht mehrere Tausend Euro für einen Karibikurlaub ausgeben, Karpfen hat fast jeder vor der Haustür.
Mit diesem Artikel möchte ich erklären, wie die Zufallsfänge zu gezieltem Befischen ausgebaut werden können. Wenn ich Karpfen finde, dann fange ich auch. Das zu lernen hat sehr viel Zeit und Mühe gekostet, das Wissen wie es geht teile ich nun mit euch.
Natürlich muss das Gelesene dann immer noch in vielen Stunden auf die Praxis abgebildet werden, aber ich denke es spart sehr viel Zeit, wenn man nicht jeden Fehler selbst machen muss und sich nicht jedes Aha-Erlebnis selbst erarbeiten muss.
Fliegenkarpfen-Tackle
Fangen wir mit dem Tackle an, damit das Thema aus dem Weg ist: Wir brauchen eine Fliegenrute zwischen (einer starken) #5 und einer #8. Standardlänge von 9 Fuß ist gut. Die Aktion sollte eher schnell sein, für eine Karpfenrute ist das immer noch weich genug. Mit der #5 und einem 0,20er Vorfach kann man Karpfen von ca. 50cm Länge drillen ohne einen cm Schnur zu geben.
Das zur Einschätzung. Werden die Karpfen größer oder das Gewässer hindernisreich, dann helfen schwerere Ruten und Vorfächer. Die erfolgreiche Präsentation wird dann aber schwerer.
Als Rolle brauchen wir eine Fliegenrolle, die unsere Flugschnur + 100m 10kg Backing aufnehmen kann. Bei nur 50m kann es passieren dass es mal knapp wird.
Eine gute Kampfbremse ist von Vorteil, auf der Rolle zu drillen macht bei Karpfen definitiv Sinn. Als Schnur kommt eine Vollschnur (WF oder DT) zum Einsatz.
Schwimmend. Sinkende Schnüre machen nur unter ganz wenigen Voraussetzungen Sinn, wir suchen aktiv andere Bedingungen. Dazu später mehr.
Ich selbst fische meist eine #5 Sage VXP mit einem 0,20er Tippet am gezogenen Vorfach. Wenn‘s härter zugeht, dann eine #8 TCX mit 0,28er Tippet. Die Vorfachstärken sind so bemessen, dass der Blank jeweils bis ins Handteil ausgelastet werden kann, ohne dass das Vorfach bricht. Die Vorfächer sollten ca. 4m lang sein. Kürzer macht Probleme (werden nachfolgend erläutert).
Fliegenkarpfen-Fliegen
Das nächste Thema das noch aus dem Weg muss bevor wir zur Taktik kommen sind die Fliegen. Zwei Aspekte sind wichtig: die Größe und das Gewicht. Die Fliegen sollten auf Haken der Größen 4-8 gebunden sein. Kleiner macht wenig Sinn, die werden zumeist ignoriert, außerdem halten sie dem Drill oft nicht stand.
Der Karpfen muss die Fliege wahrnehmen und als fressbar einstufen. Normal findet der Karpfen Nahrung über seinen ausgeprägten Geruchssinn. Nur sekundär über die Augen, das macht es ja auch so schwer. Wir sollten es nicht noch schwerer machen, indem wir zu kleine Fliegen verwenden.
Das nächste ist die Sinkrate. Ich binde meine Karpfenmuster in mindestens drei verschiedenen Gewichten für unterschiedliche Wassertiefen und Strömungsverhältnisse. Ein einziges Muster reicht normal, aber man sollte flexibel sein was das Gewicht betrifft.
Ansonsten ist die Fliege recht egal. Hauptsache sie sieht irgendwie fressbar aus. Gute Zutaten sind Marabou, Chenille, Pfauengras, Softhackle.
Als schwebende Muster können auch beliebige große Nassfliegen zum Einsatz kommen (nicht kleiner als Größe 8!).
Als Beschwerung haben sich Kettenaugen bewährt, die sorgen dafür dass die Hakenspitze nach oben zeigt und sich nicht am Grund verfängt. Ein paar fängige Muster sind:
– der Hybrid Carp Worm (in mindestens drei Gewichten!)
– Wooly Bugger (auch in diversen Gewichten)
– Nassfliegen wie z.B. die Peter Ross (diese natürlich ohne Beschwerung)
Sollten die Augen nicht reichen als Gewicht, kann vorne noch eine Tungstenperle zusätzlich drauf.
Meine erfolgreichste Fliege ist der Carp Worm. Es reicht, eigentlich wenn man nur damit fischt. Hauptsache man hat sie von unbeschwert bis schwer (man kann es nicht oft genug sagen).
Karpfenfliegen-Binden
Glücklicherweise ist das Ding auch sehr einfach zu binden und braucht kaum Material. Gelingt jedem.
Man braucht:
– Karpfenhaken der Größe 2-8 (Shrimphaken aus dem Flifi Laden gehen auch). Ohne Widerhaken! Die brauchts nicht. Ich mach die jedenfalls weg.
– Pfauengras
– Worm (dünnes) Chenille in Rot. Marabou geht auch.
– Hennenfedern als Hechel (braun oder schwarz). Andere Softhackles gehen auch. Grad egal.
– Kettenaugen in diversen Größen (Absflusskette oder ausm Flifi Bedarf)
Noch ein Wort zu den Haken: am besten funktionieren die Fliegen, wenn sie auf gebogene Karpfenhaken oder Shrimphaken gebunden sind. Auf Streamerhaken gibt‘s Aussteiger. Stabil sollten sie auch sein.
Fliegenkarpfen-Taktik I: Stehende Karpfen anwerfen
Nun da wir ausgerüstet sind mit dem passenden Tackle und Köder kommen wir endlich zur Technik und Taktik. Fliegenfischen auf Karpfen heißt, wir müssen die Karpfen sehen. Das ist unabdingbar. Einfach irgendwie ins Blaue fischen, hat keinerlei Aussicht auf Erfolg.
Selbst in trüben Gewässern müssen die Karpfen also zuerst lokalisiert werden. Sie verraten sich durch Schlammwolken beim Gründeln, oder man kann sie direkt selbst sehen. Das zweitere ist vorzuziehen. Wir möchten die Karpfen in nicht zu tiefem Wasser befischen, Randzonen oder „Barschberge“ von knietief bis maximal 2 Meter sind ideal, darauf konzentrieren wir unsere Suche. Ausgedehnte Flachzonen (Flats) wären wunderbar, aber sind nicht in jedem Gewässer vorhanden. Noch besser ist Hochwasser.
Dann ziehen die Karpfen auf überschwemmte Wiesen und Wege. Und sie ziehen dorthin um zu fressen. Macht man keinen Wurffehler ist dann fast jeder Wurf ein Treffer.
Der erste wichtige Punkt ist also: suchen bis Karpfen gefunden wurden. Vorher wird gar nicht erst ausgeworfen. Sucht man vom Belly oder vom Boot aus, kann man natürlich eine Fliege hinterherschleppen. Die wird zwar keine Karpfen fangen, aber durchaus mal einen Barsch oder eine Rotfeder. Ganz wichtig: Nicht schwachwerden, auch wenn es mal 1-2 Stunden dauert. Wir müssen zumindest EINEN Karpfen finden, bevor das Losfischen überhaupt Sinn macht.
Ist ein oder mehrere Karpfen gesichtet, sollte man sich zuerst ruhig verhalten und die Situation einschätzen. Unvorsichtiges Nähern macht den Fisch nur unnötig scheu. Anfangs merkt man das gar nicht, Karpfen flüchten nicht sofort, aber fressen tun sie dann nicht mehr. Also sehr vorsichtig annähern, kein Geplätscher, keine Wellen, kein Schatten.
Jetzt gilt es zu erkennen, wie der Karpfen drauf ist. Gründelt er am Boden, dann haben wir den Jackpot getroffen. Wir benutzen nun eine Fliege, die recht stark beschwert ist.
Der Auswurf muss so erfolgen, dass die Schwimmschnur maximal vom Karpfen entfernt auftrifft. Die Fliege hingegen muss in seinen Sichtbereich fallen. 50cm vor seinen Kopf sind ideal.
Der Karpfen wird auf jeden Fall registrieren, dass etwas ins Wasser gefallen ist. Wichtig für uns ist nun lediglich: gar nichts tun. Nicht bewegen. Weder die Schnur, noch die Fliege.
Bewegt sich die Schnur, wird der Karpfen leider zur Schnur schwimmen, ihr folgen bis zum Angler, erschrecken und abdampfen. Das werdet ihr sehr häufig erleben :)
Im Idealfall hingegen wird der Fisch nun langsam zur Fliege zuckeln und sie einsaugen. Das ist sehr sehr schwer zu erkennen, oft schlägt man auf Verdacht an.
Apropos Anschlag: Bitte nicht den Haken durch Heben der Rute setzen. Wenn es schief geht haben wir viel Unruhe ins Wasser gebracht. Einen Strip Strike setzen ist viel besser.
Fliegenkarpfen-Drill
Haben wir alles richtig gemacht, geht nun sofort ein Höllentanz los. Aufpassen! Nicht zu lange die Schnur festhalten, sonst ist sie ab. Der gehakte Karpfen zieht nämlich erstmal unaufhaltsam los.
Zum Drill schreibe ich nicht viel, das könnt ihr alle. Wenn der erste Run endet und der Fisch noch dran ist, dann haben wir auch meist gewonnen…
Ein kleiner Tipp vielleicht noch: wenn der Fisch auf ein Hindernis zuzieht und wir ihn nicht stoppen können, gibt es zwei Notfallmaßnahmen:
1. Rutenspitze knapp übers Wasser (Achtung, nicht die Rute geradeziehen lassen, die muss maximal gebogen bleiben). Der Karpfen überschlägt sich und ist erstmal gestoppt.
2. Zug rausnehmen. Dann dreht er u.U. um. Der Karpfen zieht immer gegen die maximale Gegenwehr. Wollen wir also dass er ins Freiwasser schwimmt, tun wir so, als wollten wir ihn genau davon fernhalten.
Dann schwimmt er nämlich da hin. Beim Hindernis genau umgekehrt. Wir tun quasi so als wollten wir ihn dort haben, dann schwimmt er dort nicht hin. Klingt komisch, funktioniert aber.
Fliegenkarpfen-Taktik II: Die zweite Chance
Aber weiter zur Taktik: Nimmt der Karpfen die Fliege nicht, ist aber noch im Sichtfeld, dann können wir sie ein wenig bewegen, damit er sie nochmal wahrnimmt. Nicht wild strippen, nur einen langsamen Hoppser.
Ist er bereits weitergezogen, nehmen wir die Fliege vorsichtig auf und platzieren sie neu.
Im trüben Wasser kann man sich immerhin an den Wolken und den Blubberblasen orientieren. Die Bisserkennung geht dann auch anders. Leider sieht man nur bei ca. 20% der Bisse überhaupt etwas an der Schnur (sie zieht leicht weg oder zuckt). Sofort anhauen dann! Meistens sieht man gar nichts. Dann hilft nur alle paar Sekunden leicht Fühlung aufzunehmen (ein paar Zentimeter langsam einstrippen). Hat man das Gefühl, dass es etwas Widerstand gibt, auch sofort anhauen.
Klares Wasser ist deutlich besser. An der Körperhaltung erkennt man dann meist, wenn der Karpfen die Fliege aufnimmt. Sorry, besser kann ich es nicht beschreiben, hier muss man selbst Erfahrung sammeln.
Ein ähnlich gutes Wurfziel sind Karpfen, die ufernah mit dem Kopf Richtung Ufer unbewegt stehen. Man denkt, sie dösen und sind kein lohnendes Ziel. Stimmt aber nicht, sie lauern darauf, dass etwas ins Wasser fällt. Oft sieht man das bei überhängenden Bäumen. Platziert man nun die Fliege korrekt, ohne die Fische mit der Schnur zu erschrecken, bekommt man sofort den Biss. Dann weiter wie gehabt.
Fliegenkarpfen-Taktik III: Ziehende Karpfen anwerfen
Leider findet man meist ganz andere Fische: sie ziehen langsam oberflächennah oder im Mittelwasser Bahnen. Manche langsam, manche schneller. Die die schnell unterwegs sind, fressen auf keinen Fall. Die ignorieren wir einfach. Entweder wollen sie wo hin, oder wir haben sie erschreckt. Keine Chance bei denen. Die langsam ziehenden hingegen kann man fangen. Andere Literatur behauptet, das ginge fast gar nicht, aber das ist nicht korrekt wie ich herausgefunden habe. Sie fressen durchaus.
Aber nicht die üblichen hart beschwerten Fliegen am Grund. Nun ist es wichtig, dass wir eine schwebende Fliege anbieten. Das alleine reicht aber nicht. Denn wenn man einen langsam ziehenden Karpfen so anwirft wie die gründelnden Karpfen, dann wird er die Flugschnur beim Auftreffen wahrnehmen, hinschwimmen, ihr folgen bis zum Angler und erschrecken :)
Das werdet ihr noch verfluchen…damit habe ich Wochen meines Lebens verschwendet :)
Sehr, sehr oft werden die Karpfen euch irgendwie wahrnehmen und direkt auf euch zuschwimmen. Alles ist dann noch nicht verloren, man muss sich dann mäuschenstill halten. Nicht bewegen, nicht paddeln, am besten nichtmal atmen.
Sogar fangen kann man dann einen, wenn die Fliege grad nicht im Wasser ist. Man platziert sie mit einer ganz leichten Bewegung 1 m vor die Karpfen (nur das Vorfach, Flugschnur kommt dabei nicht ins Wasser). Dann nehmen sie die manchmal.
Aber meistens werden sie einfach bis zum Angler schwimmen, ihn sehen und mehr oder weniger erschreckt fliehen. Bitte nicht die Fliege nachwerfen, das ängstigt sie nur zusätzlich und der Platz ist verbrannt. Passiert hingegen nichts weiter Bedrohliches, dann beruhigen sie sich wieder.
Aber gehen wir zurück zur Ausgangssituation: wir haben cruisende Karpfen erspäht und eine schwebende oder leicht beschwerte (fürs Mittelwasser) Fliege angeknotet.
Nun beobachten wir die Schwimmroute der Fische, meist ziehen sie die gleiche Bahn. Nun platzieren wir die Fliege ca. 5 m voraus…ihr wisst schon…damit sie nicht zur Schnur schwimmen etc. :)
Dann machen wir gar nichts. Vor Allem nicht die Schnur bewegen! Die Karpfen bleiben hoffentlich ihrer Linie treu und kommen zur Fliege, die hoffentlich noch in der richtigen Tiefe schwebt. Merken wir schon vorher, dass die Fliege zu tief unten ist, holen wir sie rechtzeitig (wenn die Karpfen noch weit weg sind) durch einen kleinen Strip wieder hoch.
Nun passiert eins von zwei Dingen:
– gar nix. Die Karpfen ziehen vorbei. Dann warten bis sie etwas entfernt sind, vorsichtig die Schnur aufnehmen und die Fliege wieder platzieren
– die Schnur strafft sich plötzlich, oder wir sehen einen Fisch ausscheren und haben den Eindruck er nimmt die Fliege (Zen-mäßiger 6ter Sinn). Dann Stripstrike und die Post geht ab.
Das wiederholen wir einfach, bis wir durch einen oder mehrere Fehler (oder Drills) den Platz verbrannt haben. Dann müssen wir frische Fische suchen.
Fliegenkarpfen-Beifänge
Übrigens gibt es bei dieser Angelei sehr oft Beifänge in Form großer Rotfedern oder anderer Weißfische. Die ziehen oft mit den Karpfen und sind auch oft schneller an der Fliege.
Aber gegen solch schöne Beifänge ist, denke ich, auch nichts einzuwenden.
Fliegenkarpfen in der Nacht
Übrigens funktioniert das Ganze auch bei Nacht. Man muss natürlich die Karpfen schon bei Licht finden, aber mit der Fliege fangen, kann man sie auch nachts. Zwar sieht man die Bisse nicht mehr, aber dafür beißen sie sogar besser, sind weniger scheu. Da spürt man dann schon den einen oder anderen Biss.
So, mehr ist nicht dahinter, ich hoffe der Artikel erleichtert den Einstieg und spart viele frustige Stunden. Tight lines!
Norbert
Eine Schlussbemerkung: Wem das alles zu mühsam ist, der kann auch mit Brot anfüttern und eine Brotfliege fischen. Geht sehr viel einfacher. Oder auch gleich Naturköder auf einen Fliegenhaken stecken. Ich möchte nur zu bedenken geben, dass man dann auch gleich richtig plumpsangeln kann.
Der Artikel geht davon aus, dass Interesse besteht mit Kunstköder zu angeln und Karpfen in ihrer natürlichen Verhaltensweise zu fangen. Ohne anfüttern, ohne ansitzen. Das ist viel spannender und lohnender!