Zander NKS – Zandermeisterschaften in Holland
Während meines Aufenthalts in Holland hatte ich ein ganz besonderes Vergnügen: Mein Gastgeber Jan Dibbets nahm mich zusammen mit dem Kollegen Martin Weisbrodt mit zu einem Ausscheidungsfischen zur Holländischen Meisterschaft im Zanderangeln, die NKS (Nederlands Kampioenschap Snoekbaars).
Und wir waren Zeuge eines High-End-Fischens der Extra Klasse. Wenn auch – angesichts der hohen Temperaturen und des klaren Himmels verständlicherweise – nicht besonders gut gefangen wurde. Das Siegerteam konnte gerade mal 8 maßige Zander dingfest machen. Und das auf einem Gewässer, auf dem man pro Tag und Nase schon mal 100 Zander fangen kann. Aber der Reihe nach…
Zunächst einmal ein paar Worte zum (Wett-)Angeln in Holland im Allgemeinen:
Wettfischen haben bei unseren Nachbarn ein ganz anderes Standing als bei uns. Das liegt schon einmal daran, dass es dort eine wirklich starke Fraktion an Anglern gibt, die sich gut organisiert und ihre Interessen auch gemeinsam vertritt. Und die Holländer sind sich weitgehend darüber einig, dass es völlig legitim ist, Wettfischen auszutragen. Diese müssen dann auch nicht als Hegefischen getarnt werden, wie das bei uns üblich ist (um Berlin gibt es sogar Vereine, die ein Hegefischen „Raubfisch“ austragen). Im Gegenteil: Fast jeder größere Angelladen sponsert da drüben ein paar Teams. Und die besten Angler werden dann von den Großhändlern gepowert – egal, ob im Fried- oder Raubfischsektor. (Wobei es noch viel mehr Friedi-Wettangeln gibt als Raubfischwettbewerbe.)
Der Vergleich der Angelkünste gehört für viele der Kollegen da drüben einfach mit zu ihrem Hobby. Kein Wunder – denn während bei uns die Anzahl der Angler überwiegt, die die Legitimation zum Angeln im Nahrungserwerb sehen, setzen 95 Prozent aller NL-Angler ihre Fänge zurück. Obwohl es auch dort eine Menge Berufsfischer gibt, wird in Holland wohl in erster Linie deshalb auch mehr gefangen. Und nur dort, wo viel gefangen wird, kann man erstens überhaupt Zanderwettfischen veranstalten (bei uns wäre wohl kaum garantiert, dass jedes von ca. 60 Starter-Teams auch wirklich Bisse bekommt). Zweitens bietet die Option, große Strecken hinzulegen, eben auch den Anreiz, sich zu messen. Außerdem ist Catch&Realease in Holland eben auch gesetzlich erlaubt. Hier kann jeder Angler selbst entscheiden, ob er seine Fische entnehmen oder freilassen will. Eine Bevormundung wie bei uns gibt es also nicht. Viel mehr steht eine Art Codex im Raum, der den Anglern das Bewahren ihrer paradiesischen Zustände gebietet. Und dieser sensationellen Fischbestände halber fahren auch immer mehr Deutsche ins Land der Windmühlen, Tulpen & Fische.
Vor diesem Hintergrund also werden die Zandermeisterschaften ausgetragen. Das System ist ganz einfach:
Es gibt maximal 8 Qualifikations-Fischen (die Vorrunde). Hier können sich die Teilnehmer anmelden und dann gegen eine Startgebühr an der Ausscheidung teilnehmen. Die besten 12,5 Prozent der Beteiligten erhalten dann ein Ticket fürs Finale, in dem dann der Holländische Meister ermittelt wird. Und darüber hinaus erhalten die Angler mit den längsten Fischen dann auch noch viele schöne Sachpreise (Echolote, Ruten, Rollen etc.). Sind unter den ersten 12,5 Prozent Teams, die sich bereits qualifiziert haben, werden diese übersprungen und die Tickets an die Nächstplatzierten weitergegeben. Die Qualis finden alle auf unterschiedlichen Gewässern statt. Und auf denen dürfen die Teilnehmer eine Weile vorher nicht angeln. Wer dabei erwischt wird, darf nicht mehr teilnehmen. Parallel zur Meisterschaft wird der Eagle-Minkota-Evin-Cup ausgetragen. Hier zählt dann das Gesamtergebnis über alle Wettbewerbe inklusive des Finals. Die Gewinnerteams beider Konkurrenzen werden dann auch mit tollen Preisen dekoriert. So bekommen die Meister ein voll ausgestattetes Bass-Boat, von dem die meisten von uns träumen. Hier das Teil der Vorjahressieger:
Aber mal ganz abgesehen von den Preisen: Diese Events sind ein echtes Spektakel. Wenn sich da 60 Teilnehmer auf das Wasser schieben, bewegen diese Material im Wert von Hunderttausenden von Euros. Fast alle Boote sind extrem gut motorisiert (mehr als 100 PS sind keine Ausnahme). Zur Standardausrüstung gehören weiterhin: ein leistungsstarker E-Motor (gern auch mit Fußsteuerung), mindestens ein Hochleistungs-Echolot (normal sind zwei), ein Fischkasten mit Sauerstoffpumpe, bestens ausbalancierte Ruten, haufenweise Kunstköder… Derart ausgestattet es dann so schnell wie möglich zum Fisch.
Und jetzt zum von SHIMANO gesponserten Event am 5.9. auf dem IJ in Amsterdam:
Jan holte Martin und mich am 4 Uhr am Hotel in Venlo ab, um mit uns nach Amsterdam zu düsen. Nach gut 3 Stunden Fahrt kamen wir an der Slippanlage an, um dort zu beobachten, wie die Boote getrailert wurden. Allerdings konnte man die Hand fast nicht vor den Augen sehen. Denn ein dichter Nebelschleier lag über der ganzen Stadt.
Und so kam es, dass die Veranstalter aus Sicherheitsgründen beschlossen, den Startschuss 90 Minuten nach hinten zu verlegen. Und so fanden die Teilnehmer noch etwas Zeit, sich zu beratschlagen.
Die Stimmung war freundlich – aber auch ein wenig angespannt. Immer wieder kamen Anweisungen durchs Megafon. Und irgendwann hieß es dann, dass man sich zum Start formieren sollte. Da wir weder teilnahmen, noch – wie angekündigt – ein Kontrollboot fuhren, stellten wir uns etwas abseits. Von hier aus konnten wir den Start dann schön beobachten. Und als das Signal dann ertönte, gaben die Zandercracks ordentlich Gas.
Schließlich galt es, möglichst schnell die besten Plätze zu besetzen. Und die wurden von den meisten an der Kante zur Fahrrinne vermutet.
Nachdem alle Mann durch waren, flitzen wir hinterher, um gleich einmal ein paar Bisse und krumme Ruten zu sehen. Vor allem bei den Stintanglern ging es direkt gut zur Sache. Deren Ruten bogen sich oft bis ins Handteil, so dass ich anfänglich große Fische vermutete. Aber so dick waren die Teile dann doch nicht.
Als mir Jan dann erzählte, dass die mit 16er Schnur fischen, war auch klar warum: die Ruten der Stint-Cracks sind extrem weich. Später sollte sich herausstellen, dass die ersten Stunden des Wettbewerbs auch die besten waren. Je weiter sich die Sonne nach oben schob, desto schlechter Bissen die Zander. Und so gewann mit John van Helvert und seinem Kompagnon Peter Duyvelshoff letztlich auch das Team, das am Morgen richtig los legte. Mit insgesamt 8 maßigen Fischen verwiesen sie die Konkurrenz auf die Plätze. Für dieses Gewässer ein wirklich lausiges Ergebnis. Aber wenn man bedenkt, dass an diesem Tag auf 58 Booten nur 56 maßige Fische gefangen wurden (eines der schlechtesten Ergebnisse in der Historie der NKS), eine außergewöhnliche Performance! Die zweitplatzierten Teams Ekkelboom-Ekkelboom, Land-Bloemert en Vis-van Gameren fingen jeweils 4 maßige Fische. Den größten Zander des Tages (76,8 cm) konnte dhr. Hamelijnck überlisten. Auffällig war, dass die Kunstköderangler bedeutend schlechter abschnitten als diejenigen, die auf den toten Stint setzten. In einem Stintgewässer (alle Flüsse, die mit dem Meer in Verbindung stehen) keine wirkliche Sensation. Da kommt es schon mal vor, dass die SoftBait-Spezialisten eindeutig den Kürzeren ziehen.
Nachdem sich die Boote am Anfang ziemlich auf die schnellst zu erreichenden Plätze an der Fahrrinne konzentrierten, verteilten sich die Teilnehmer mit zunehmender Dauer auf das ganze Gewässer (das Hafengebiet mitten in Amsterdam). Und nachdem wir unsere Fotos erst mal im Kasten hatten, wollten wir jetzt auch ein wenig fischen (natürlich abseits der Wettkampfstrecke). Weil Martin und ich uns nicht nur mit dem Zuschauen und Vermessen begnügen wollten, haben wir Jan im Vorfeld gebeten, uns doch nicht als Kontrolleure zu beteiligen. Und das war eine mehr als weise Entscheidung. Denn dieses Industrie-Angeln inmitten von umherkreuzenden Tankern, Fährbooten und sonstigen Gefährten hat etwas ganz Besonderes.
Und mit Jan hatten wir einen Kapitän an Bord, der uns schon zeigte, wo man hier seine Fische fängt. Wir waren kaum am ersten Platz, da klingelte es schon an seiner Rute. Zwar war es nur ein kleiner Fisch, doch die Größe kann man sich ja nicht aussuchen und dieses Wasser ist auch nicht unbedingt für seinen Großfischbestand berühmt.
Dafür stimmt die Quantität. Und bald darauf bekamen auch Martin und ich unsere Bisse. Die haben wir nicht alle verwandelt – u.a. auch deshalb, weil wir auf Zusatzdrillinge verzichteten. Ein Luxus, den man sich schon mal leisten kann, wenn alle paar Minuten was am Köder zuppelt. Allerdings fingen auch wir nicht wirklich viele maßige Fische. Aber ein paar waren es dann doch.
Zwischendurch fuhren wir immer wieder mal zu den Kontrollbooten, um uns nach dem Zwischenstand zu erkundigen. Und dann um 15 Uhr verzogen sich die Boote, um an den Ausgangspunkt zurück zu kehren. Nach einer kurzen Beratschlagung beschlossen wir, die Siegerehrung zu „schwänzen“ und uns stattdessen von Jan durch die Grachten Amsterdams manövrieren zu lassen. Und das hat sich gelohnt – auch wenn wir darauf verzichteten, einen Wobbler hinterher zu schleppen
Und jetzt noch einmal kurz zurück zum Anfang: Hierzulande bezweifeln ja immer noch eine Menge Leute, das Catch&Release wirklich Sinn macht. Bzw. dass die Fische keinen Schaden davon tragen, wenn man sie vom Haken löst und wieder in ihr Element entlässt. Dass sich das Zurücksetzen aber wirklich lohnt, beweisen nicht nur die guten Fänge in fast allen holländischen Gewässern. Die Kollegen haben das inzwischen auch wissenschaftlich nachgewiesen. Und zwar gibt es dort ein Institut (RIVO), das sich seit inzwischen zwei Jahrzehnten mit diesem Thema auseinendersetzt. In verschiedenen angeschlossenen Teichen wird ein Langzeittest durchgeführt. Und der hat ergeben, dass sich die Fischbestände in einem Gewässer, in dem jeder Fisch zurückgesetzt wird, genauso entwickeln, wie die Bestände eines Gewässers, in dem man die Population keinerlei anglerischen Einflüssen aussetzt. In Gewässern, aus denen Fische regelmäßig entnommen werden aber nimmt die Fischdichte mit der Zeit ab. Natürlich werden auch mal Fische verangelt, wenn sie den Köder zu tief schlucken. Der allergrößte Teil der von Anglern erbeuteten Zander jedoch überlebt den kleinen Landgang. Zumal die Kollegen alles dafür tun, um die Überlebenschancen der gefangenen Fische zu optimieren. So findet man auf den Booten zumeist Fischkästen mit Sauerstoffpumpen, in denen die Tiere wieder aufgepäppelt werden (und wenn man keinen Kasten auf dem Boot hat, leiht man sich für 3 Euro eine mobile Box mit Pumpe). Der Fischkasten MUSS mit einer Sauerstoffpumpe ausgestattet sein (Mindestausmaße: 80x30x30 cm). Die Kescher sind aus Gummi, so dass sich die Fische nicht an irgendwelchen Knoten aufscheuern können. Die Kontrollboote sind sofort zur Stelle (die Angler geben das Signal per Handy oder Flagge) und die Kontrolleure vermessen die Fische in Windeseile, so dass die Fische unmittelbar nach dem Fang wieder freigelassen werden können. (Der Fänger bekommt dann pro Fisch ein Kärtchen ausgestellt, auf dem sein Fang dokumentiert ist.)
Und auch die Art des Releasens ist ganz anders als bei uns. Anstatt die Fische langsam wiederzubeleben, lässt man sie Kopf voran aus ca. 1 m Höhe ins Wasser gleiten. Dadurch bekommen sie den richtigen Drive, um sofort wieder in die Tiefe zu schießen. Auch das fördert ihre Rückkehr ins Alltagsleben…
Ihr seht schon: Andere Länder, andere Sitten. Aber man kann wirklich nicht behaupten, dass man sich woanders keinen Kopf um den Umgang mit den Fischen macht. Wir Deutsche geben dort drüben leider oft Anlass zur Kritik und Zorn. Denn die Niederländer sind sich darüber einig, dass ihre Philosophie richtig ist. Und wenn man alles dafür tut, dass man auch in 10 Jahren noch traumhafte Angelbedingungen vorfindet (und die herrschen da nun mal), sieht man es natürlich ungern, wenn die Kollegen aus dem fischärmeren Nachbarland kommen und alles platt machen, was das Maß hat. Wenn man die guten Bestände auf die Releaserei zurückführt – und das tun die Angler da drüben – ist das nicht ganz unverständlich…
Unter dem Strich repräsentiert Holland eben eine andere Angelwelt. Eine, in der noch Massenfänge möglich sind; eine, in der Angler halb so kritisch beäugt werden wie bei uns; eine in der nicht nur in der Spitze noch viel mehr Geld ins Hobby gesteckt wird; eine, in der das Messen untereinander viel weniger Kritiker aus dem eigenen Lager auf den Plan ruft als bei uns; eine, in der man vom Gesetzgeber nur halb so eingeschränkt wird wie bei uns; eine, in der man mit ein paar Euro Investition ohne Angelprüfung fast alle Gewässer eines Landes (und das sind ne ganze Menge) befischen kann… Davon mag man halten, was man mag. Gegen ein bisschen mehr Freiraum hätte wohl kaum jemand von uns was einzuwenden.
Und Wettfischen wie die Zandermeisterschaft stehen Pate für diesen Liberalismus. Mir hat es riesig Spaß gemacht, das mal anzuschauen. Und ich hätte nichts dagegen, wenn sich erst unsere Fischbestände an das NL-Niveau angleichen würden und wir danach auch bei uns eine etwas andere Angelkultur etablieren könnten. Aber das wird wohl noch eine Weile dauern. Und so lange müssen diejenigen, die so was auch mal miterleben wollen, eben umsehen, wo es im Ausland Wettbewerbe gibt, an denen man als Deutscher teilnehmen kann. Wie Ihr vielleicht schon mitbekommen habt, tun das bereits ein paar Freaks und das nicht ganz unerfolgreich!