Eigenbau Projekt Großgummiköder Teil I – der Rohling
Beitrag enthält WerbungEin Artikel aus dem Archiv, das ich (Johannes) gerade überarbeite. Die perfekte Anleitung für alle, die sich ein Gummi selber gießen wollen. Danke, Naghul. Und jetzt los: Wie wir schon in der Vergangenheit angekündigt haben, wollen wir uns in dieser Bastelsaison mehr mit Gummiködern beschäftigen. Anfang November 2013 hatten wir ein Date mit Mathias Fuhrmann auf dem Bodden und da unsere Köderkisten nicht so viele Großköder hergaben, war uns schnell klar, dass wir uns einfach selber welche basteln mussten. Da wir natürlich nichts zu verheimlichen haben, haben wir uns kurzerhand entschlossen ein Tutorial zu veröffentlichen.
Das Tutorial ist in drei Teilen aufgebaut. Teil eins beschreibt die Herstellung eines Prototypen, Teil zwei erklärt den Formenbau und Teil drei das Herstellen der Gummiköder. Viel Spaß beim Lesen und Nachbauen, wünscht euch euer MT-Lures Team.
Vorwort
Vor jedem Bauvorhaben ist natürlich eine gewisse Vorbereitung und Planung notwendig und da bekanntlich viele Wege nach Rom führen, wollen wir euch einen dieser Wege aufzeigen. Am Anfang muss die wichtigste Frage geklärt werden: Einen bestehenden Gummiköder vervielfältigen, oder einen komplett neuen entwickeln. Wir haben uns für einen komplett neuen entschieden, weil man mehr beachten muss und das ganze umfangreicher ist und mit einem Gummifisch zu fangen, den man komplett selber entwickelt hat, macht einfach mehr Spaß.
Wie bei den Hardbaits, gibt es auch bei den Gummiködern eine Reihe von Fragen, die man vorher klären sollte:
Welche Größe soll mein Köder haben!?
Wie breit soll mein Köder werden!?
Soll es ein No-, Low- oder ein Action Köder werden!?
Welche Aktion soll der Köder haben!?
Soll er Zusatzmerkmale, -reize bekommen!?
Sind die Fragen alle geklärt, dann kann es schon fast losgehen. Sollte man zum ersten Mal einen Gummiköder entwerfen und bauen, dann empfehlen wir, sich durch andere Gummifische inspirieren zu lassen und sich Ideen zu holen um ein Gefühl für die Proportionen zu bekommen.
Aber bevor es losgeht, wollen wir versuchen, in die Welt des Gummifisches einzutauchen, um die Laufphysik zu verstehen. Es gibt sicherlich immer Ausnahmen, aber im Grundsatz kann man sagen, dass ein No-Action Köder eher weicher sein sollte, als ein Actionköder. Beim dem klassischen Vertikalangeln im Winter, angelt man langsamer als im Sommer oder Herbst und auch die Köderführung ist ruhiger als im warmen Wasser. Da die Bewegungen weniger ausgeprägt sind, sollte die Gummimischung weicher sein um noch ein gewisses Köderspiel zu gewährleisten. Ist die Gummimischung zu hart, dann sind auch die Köderbewegungen eingeschränkt, oder nicht vorhanden.
Der Schaufelschwanz ist der Motor eines Action-Gummifisches. Der Winkel ist ganz wichtig und je steiler der Winkel (Bild 1, max. 90°), desto mehr Aktion wird der Gummifisch haben. Je flacher (Bild 2) desto weniger Aktion, oder weniger Kraft wird der Teller erzeugen, um den Körper in Bewegung zu versetzen.
Die Aktion kann man auch durch die Größe des Schaufelschwanzes beeinflussen. Je Größer desto mehr Kraft wird beim verdrängen des Wassers durch den Schaufelschwanz erzeugt und diese Kraft wird dann zum Gummikörper übertragen.
Auch ein ganz wichtiger Punkt ist die Schwanzwurzel zur Schaufel hin. Möchte man einen Köder der viel kippelt (Ansicht, Köderbewegung von oben), dann sollte der hintere Teil eines Gummifisches nicht zu dünn in Höhe und Breite werden, denn sonst kann die Kraft vom Schaufelschwanz nicht auf den Körper übertragen werden. Möchte man aber, das der Köder mehr mit dem Schwanz arbeitet und nicht mit dem Körper, dann muss der hintere Bereich dünner gestaltet werden.
Auch die Form des Tellers beeinflusst die Aktion des Köders.
Zum Schluss ist noch die richtige Gummimischung wichtig, damit unser Köder sich so bewegt, wie wir uns das vorstellen.
Im Handel gibt es drei verschiedene Plastisolmischungen (der Rohstoff für die Gummifische), eine sehr weiche, eine normale und eine fürs Salzwasser die von den dreien die härteste Mischung darstellt. Sollte keiner der drei Mischungen optimal sein, dann hat man noch die Möglichkeit mit Weichmachern oder Härtern, die man dazu mischen kann, alle möglichen Härtegrade einzustellen.
Wer keine Weichmacher oder Härter verarbeiten möchte, der kann auch die drei Grundtypen mischen um seine optimale Härte einzustellen.
Da eine Aktion eines Gummifisches von vielen Faktoren abhängt, ist ein Experimentieren unerlässlich.
Bevor wir mit dem Tutorial beginnen, möchten wir noch auf die Sicherheit hinweisen. Man arbeitet mit spitzen, scharfen und meist gefährlichen Maschinen, Werkzeugen und Stoffen die unter Wärme gesundheitsschädliche Dämpfe abgeben. Jeder sollte sich die Sicherheitshinweise vom Hersteller im Bezug auf die Maschinen, Werkzeuge und Werkstoffe durchlesen und auch beachten. Nachahmung geschieht auf eigenes Risiko!
Teil I
Als erstes bauen wir uns eine Schablone aus Karton, oder dickem Papier. Ungeübte sollten zuerst auf einem karierten Blatt Papier die Form aufzeichnen, denn das Karomuster hilft bei der Formgebung. Wer schon geübter ist und einige Köderformen erstellt hat, kann gleich auf dem Karton zeichnen.
Wenn man die Seitenansicht aufgezeichnet hat und mit seinem Werk zufrieden ist, dann wiederholt man das Ganze mit der Draufsicht. Bei der Draufsicht zeichnen wir uns auch die Breite des Tellerschwanzes auf und am besten etwas breiter als geplant, denn verkleinern kann man immer.
Dann wird das Ganze ausgeschnitten. Sollte man sich unsicher im Bezug auf die Symmetrie sein, dann kann man an der vorher eingezeichneten Mittellinie das Ganze knicken und nur eine Seite ausschneiden. Wenn man das Ganze jetzt wieder aufklappt, dann hat man beide Seiten exakt symmetrisch. Sollte der Köder doch etwas zu dick geraten sein, dann einfach wieder zusammenklappen und mit der Schere korrigieren, bis man mit dem Ergebnis zufrieden ist.
Jetzt sollte man die Vorlagen vor sich haben und wenn man sich einen Ordner anlegt, dann kann man die Vorlagen immer wieder benutzen.
Jetzt müssen wir aus der Vorlage einen Prototypen anfertigen. Als Material kommt eigentlich alles in Frage. Ich würde eher zu einem weicheren, als zu einem härteren Material raten, denn die Bearbeitung ist deutlich einfacher.
Ist Holz die erste Wahl, würde ich von Arten abraten die sehr Langfaserig sind oder viele Asteinschlüsse haben. Auch von Nadelhölzern würde ich abraten, da sie sich mit der Zeit sehr stark verziehen oder gar reißen können. Möchte man den Prototypen aber nur einmal verwenden und zügig verarbeiten, der kann auch auf Nadelhölzer zurück greifen. Aber bedenkt, dass eine Silikonform nicht ewig hält und man vielleicht den Prototypen noch einmal benutzen muss.
Als optimale Holzsorte hat sich Abachi herausgestellt. Man bekommt es in Baumärkten unter Saunalatten oder beim Schreiner.
Ich kann euch empfehlen eure Prototypen aus PU-Hartschaum zu machen. Die Dichte sollte zwischen 0.400-0.650 liegen. In dem Dichtebereich lässt sich das Material wunderbar bearbeiten und man kann es jahrelang einlagern.
Als erstes zeichnen wir uns die Seitenansicht auf unser Grundmaterial auf.
Jetzt kann man die grobe Form mit einer Tischkreissäge, Stichsäge, Bandsäge etc. aussägen.
Ich würde davon abraten die Form gleich mit der Stichsäge auszusägen, denn meist verläuft sich das Sägeblatt bei zu dicken Materialien und man bekommt schiefe Köder.
Wir benutzen eine kleine Bandsäge, um die endgültige Form auszusägen.
Ist die Seitenansicht ausgesägt wird jetzt auf dem Rohling die Draufsicht aufgezeichnet.
Wie bei der Seitenansicht, wird auch die Draufsicht ausgesägt.
Ist das vollbracht, geben wir dem Tellerschwanz seine Form. Hierbei sollte man etwas großzügiger arbeiten, denn schnell ist der Tellerschwanz zu klein gesägt und man fängt wieder von vorne an. Da unsere Bandsäge zu klein für so einen großen Köder ist, wird die Arbeit in Sekunden mit der Stichsäge erledigt.
Jetzt haben wir schon einmal eine grobe Vorstellung wie unser Köder später aussehen kann. Da der Köder noch recht Kantig und durch das Sägen etwas wellig ist, wird der Prototyp erst einmal von jeder Seite mit einem kleinen Schleifer oder per Hand glatt geschliffen.
Ist der Prototyp von allen Dellen und Ungleichmäßigkeiten befreit, kann es mit der Verarbeitung weiter gehen. Da unser Gummifisch später etwas detaierter aussehen soll, haben wir uns entschieden den Prototypen Kiemendeckel zu verpassen. Dazu zeichnet man sich die Kiemendeckel auf und schneidet mit einem scharfen Messer an der Linie entlang. Die Tiefe des Schnittes bestimmt, wie ausgeprägt die Kiemendeckel später aussehen sollen.
Nach dem Schnitt beginnt man von hinten nach vorne zum Kiemendeckel, Material abzutragen.
Wenn nötig wird der Kiemendeckel nachgeschnitten.
Das wiederholt man solange, bis man eine gleichmäßige Oberfläche und eine schöne Kontur des Kiemendeckels hat.
Ist die Konturengebung am Kiemendeckel abgeschlossen, wird unser noch kantiger Köder etwas Aerodynamischer geschnitzt. Dazu werden die Kanten “gebrochen“. Also von den Kanten so viel abgetragen bis sich eine rundliche Form bildet. Eine grobe Darstellung kann man an der unteren Skizze sehen. Den oberen Teil lassen wir gerade und schnitzen ihn nicht rund, weil wir eine 1-Teilige Form herstellen möchten und diese als Auflagefläche dient.
Möchte man einen stark kippelnden Köder haben (so wie wir), dann sollte der Rücken dicker sein, als der Bauchbereich (siehe Skizze oben).
Der Bauch kann ruhig etwas spitz zulaufen.
Jetzt kommt der schwierigste Teil bei der Prototypenherstellung, das Ausarbeiten des Tellers.
Hierbei sollte man langsam und ruhig arbeiten, denn schnell hat man zu viel abgetragen und die vielen Stunden an Arbeit wären für die Katz.
Ganz wichtig ist auch, dass man jetzt genau und symmetrisch arbeitet. Wenn der Tellerschwanz schief und schepp ist, dann arbeitet der Köder nicht optimal oder gar nicht.
Oft bewirken 5 min Pause Wunder, denn das ständig angestrengte Schauen, ist nicht gerade entspannend für die Augen.
Wenn möglich auch mal von einer zweiten oder dritten Person begutachten lassen, oder einige original Gummiköder anschauen, das kann manchmal helfen, wenn man in einer Denkblockade steckt.
Hat man den hinteren Bereich zu seiner Zufriedenheit ausgearbeitet, dann muss der ganze Köder noch einmal geschliffen werden. Entweder mit der Maschine, oder mit der Hand.
Das macht man solange bis man Oberflächlich einen glatten Köder vor sich hat. Am besten den Köder vor sein Auge halten, ein Auge zukneifen und gegen eine Lichtquelle aus allen Winkeln anschauen, ob alles gerade, gleichmäßig und symmetrisch ist.
Die Feinarbeiten werden dann mit der Hand ausgeführt.
Wenn alles fertig und man damit zufrieden ist, kann man so wie wir den Gummifisch optisch aufwerten, indem man ein paar Features einbaut.
Gerade große Köder sehen meist etwas trist aus, weil sie eine große Oberfläche besitzen. Aus diesem Grund standen zur Wahl ein Schuppenkleid, oder für Zusatzverwirbelungen lange Kanäle an der Seite des Köders.
Das große Problem war natürlich die exakte Symmetrie hinzubekommen. Am besten geht das mit einem flexiblen Lineal. Man zeichnet sich von einem Fixpunkt an der Unter- und Oberkante jeweils Punkte. Diese Punkte misst man genau aus und überträgt sie dann auf die andere Seite.
Zum Aufzeichnen der Linien nimmt man am besten ein Stück Karton, denn im Gegensatz zu einem Lineal lässt sich das dicke Papier um den Köder legen.
Ob man genau gearbeitet hat, sieht man am Bauch des Köders. Wenn alles gut vermessen wurde, sollten sich die Striche von der rechten und linken Seite am Bauch treffen. Wenn nicht, dann einfach korrigieren. Noch einmal überprüfen….ja, passt!
Zur Wahl stand einmal das Schuppenkleid:
Oder die Kanäle:
Nach langer Überlegung haben wir uns für die langen Kanäle entschieden. Als ersten Schritt wurde 1-2mm rechts und links von der Linie der Köder eingeschnitten.
Und das ganze ca. 3 mm in der Tiefe ausgearbeitet. Es gibt verschiedene Möglichkeiten. Ob mit Feile, Fräsmaschine, Dremel usw. Hier sollte jeder für sich das beste Werkzeug auswählen. Wir haben es nach alter Sitte gemacht und mit einem Cuttermesser gearbeitet.
Wenn man fertig ist, kann man die Kanäle noch mit einem Schmiergelpapier oder einer kleinen Schlüsselfeile sauber ausarbeiten.
Wir wollten unseren Gummifisch noch detaillierter gestalten und deshalb bekam er noch eine Maulfalte. Wenn man die Maulfalte aufgezeichnet hat, werden mit einem scharfen Messer die Umrisse nachgeschnitten.
Nun trägt man um die Maulfaulte herum Material ab.
Mit Schmiergelpapier wird die Oberfläche glatt geschliffen.
Damit unser fertiger Gummifisch auch Augen in Form einer Erhebung bekommt, werden an dem Prototypen fertige Augen aufgeklebt. Für die Augen werden vorher auch keine Löcher gebohrt, sondern einfach auf die Oberfläche aufgeklebt, denn wir wollen ja, dass die Augen etwas abstehen.
Damit aber noch nicht genug, denn was wäre ein Fisch ohne Flossen und wenn es auch nur Brustflossen sind.
Die Flossen werden nicht ausgearbeitet, sondern für mehr Kontur aus einer 3mm Polycarbonatplatte ausgesägt und auf den Körper aufgebracht.
Die Flossen werden mit Sekundenkleber aufgeklebt.
Ein letzter prüfender Blick und wenn man mit allem zufrieden ist, kann man zum letzten Schritt übergehen, dem Versiegeln.
Das Versiegeln, ist ein ganz wichtiger Punkt bei der Prototypenherstellung. Die Oberfläche vom Prototypen ist noch sehr porös und verkratzt. Würden wir ohne die Oberfläche zu versiegeln und zu glätten eine Silikonform herstellen, dann würden unsere Gummifische alle sehr matt und unschön aussehen. Das liegt daran, dass die kleinsten Löcher, Kratzer usw., auf die Silikonform übertragen werden und von der Form auf den Gummifisch. Wenn ein Köder nicht absolut glatt ist, bricht sich das Licht an der Oberfläche nicht optimal und der Köder sieht matt aus.
Deshalb muss die Oberfläche versiegelt und geglättet werden. Wir benutzen dazu ein Epoxid. Das Epoxid ist ein 2-Komponenten System, das nach Herstellerangaben gemischt werden muss. Das Mischungsverhältnis ist ganz wichtig und sollte auch genau eingehalten werden, damit man eine saubere Oberfläche bekommt.
Beim Rühren entstehen meist kleine Luftblasen. Durch Zugabe von 5% Isopropanol die man nach dem Vermischen dem Epoxid beimengt und verrührt, lassen sich die meisten Luftblasen entfernen, da das Epoxid dünnflüssiger wird. Sollten doch noch zu viele Luftblasen im Gemisch sein, dann einfach mal 5 min stehen lassen.
Das Epoxid wird dann mit einem weichen und nicht haarenden Pinsel aufgetragen. Man sollte hier besonders gewissenhaft arbeiten, denn je glatter die Oberfläche nachher ist, desto besser wird der Gummifisch.
Nach dem Epoxieren, muss der Köder in ein Köderkarussell, denn sonst würde sich das Epoxid an dem tiefsten Punkt sammeln und die Oberfläche könnte auch wellig werden. Aus diesem Grund wird er in eine Apparatur eingehangen die sich mit ca. 4-5 m/min dreht und sich das Epoxid schön an der Oberfläche verteilen kann. Damit wir den Köder auch einhängen und befestigen können, werden zwei kleine Schrauben (vorne und hinten) in den Köder eingeschraubt.
Wenn nötig wiederholt man das Epoxieren, sollte die Oberfläche nicht zufrieden stellend sein. Nach dem Trocknen (24h) werden die Schrauben raus gedreht und die Löcher gegebenenfalls mit Knete zu gemacht.
Somit ist unser Prototyp fertig und in Teil II zeigen wir euch wie man eine Silikonform herstellt.
Euer Naghul (nicht mehr hier registriert) von MT-Lures
(Anmerkung: Die Männer haben jetzt ein Forum: https://www.angler-info.eu/)