Fangberichte Maränen beißen auch im Norden!
Im Anschluss an den Müritz-Artikel vom Wasserfuchs wurde ja richtig ordentlich fachgesimplet und nachgehakt. Unter anderem wurde die Frage aufgeworfen, ob man in der Müritz Maränen mit der Angel fangen kann. Und zwar gezielt. Ergebnis: Man glaubt da nicht so wirklich dran.
Weil ich aber bei meinem ersten Dreh mit Hechtsprung am Tollensesee war, um dort zu dokumentieren, wie ein Felchenspezi vom Bodensee, die unfangbaren Maränen aus dem Teich herausholt, kann ich Euch sagen: Es geht eben doch! Wenn Ihr auf mehr klickt, könnt Ihr den ganzen Bericht über das „Maränen-Experiment am Tollensesee“ lesen. Viel Spaß!
Hier also der Bericht:
Das Maränen-Experiment am Tollensesee
In dieser Folge war das Ziel, ein ungeschriebenes Gesetz über den Haufen zu werfen. Wir wollten Euch zeigen, dass man Maränen sehr wohl mit der Angel fangen kann. Dazu haben wir uns an den Tollensesee bei Neubrandenburg begeben. Wenn man im Norden Maränen fangen will, ist die Auswahl an Gewässern groß. In den klaren und sauerstoffreichen Seen kommen die schmackhaften Gesellen in rauen Mengen vor. Weil der Tollensesee für seinen auch für diese fischreichen Gefilde überdurchschnittlichen Maränenbestand bekannt ist, haben wir uns mit unserem Team auch genau dorthin aufgemacht. Hier wollten wir das Unmögliche wahrmachen und Maränen mit der Angel erbeuten – ein Unterfangen, das etliche Angellexika und vor allem die norddeutschen Angler für unmöglich erklären. Wir wollten es trotzdem versuchen, weil wir dachten, dass die Theorie von der Unfangbarkeit eine ganz konkrete Ursache hat: Kaum jemand versucht hier, diese Fische an den Haken zu bekommen. Ganz im Gegensatz zum Bodensee übrigens, wo die Renken- oder Blaufelchenangelei eine nunmehr 20jährige Tradition hat. Weil wir uns nicht zum Gespött der Angler jenseits des Weißwurst-Äquators machen wollten, haben wir wie immer Experten dabei gehabt, die uns helfen sollten die „Unfangbarkeitstheorie“ zu kippen. Diesmal unterstützten uns Thommi Turkovic, der Felchen-König vom Bodensee, und der Echolot- und Raubfischexperte Joachim Stollenwerk.
Doch bevor wir Euch Methoden, Montagen und den Ausgang dieses Experimentes schildern, möchten wir Euch den Tollensesee und die Maräne etwas näher vorstellen:
Der Tollensesee ist mit einer Seefläche von ca. 17 qkm einer der größten Seen der Mecklenburgischen Seenplatte und liegt an deren nördlichen Rand, südwestlich von Neubrandenburg. Er ist umgeben von hohen Ufern eiszeitlicher Moränen. Die Uferlinie beträgt etwa 25 km. Mehr als 2/3 des Gewässergrundes liegt unterhalb der 20-m-Tiefenlinie. Weite Teile in der Mitte des Sees und ein steiles tiefes Loch im Südosten in Ufernähe beim Tollense-Heim sind tiefer als 30 m. Am Ost- und Westufer fällt das Seebecken steil ab, am Süd- und Nordende befinden sich größere flache Gebiete. In der flachen südlichen Ebene liegt dann auch die einzige Insel des Sees – die Fischerinsel. Hier befindet sich entlang einer Steinschüttung, die von der Insel zum Ufer läuft, ein hervorragende Stelle zum Barschfang. Diese bilden neben den großen Hechten auch die Hauptbeute der Angler. Während die große und kleine Maräne bislang den Berufsfischern vorbehalten war.
Die im Tollensesee beheimatete große und kleine Maräne gehört zur Familie der Coregonen – wie z.B. auch die Sandmaräne, der Schnäpel oder die von den Bodenseespezialisten gejagte Blaufelchen und Renken. Da sich die verschiedenen Stämme auch untereinander kreuzen. Man schätzt, dass es ungefähr 150 verschiedene Stämme gibt. Die Fettflosse weist diese Familie den Salmoniden zu. Sie bevorzugen klare sauerstoffreiche Gewässer und ernähren sich von Bachflohkrebsen, Zuckmückenlarven und Plankton.
Die auf Coregonen bewährteste Methode ist das Fischen mit der Hegene – ein System, mit dem die Köder der Fliegenfischer (Nymphen am 10er, 12er oder 14er Hacken) an der Montage der Barschangler mit dem Paternoster geführt werden. Diese Kombination wird angewendet, weil wir den in der Tiefe fressenden Maränen eine Auswahl an kleinsten Ködern präsentieren wollen.
Da die Fische extrem vorsichtig beißen und den künstlichen Köder sofort wieder ausspeien, ist äußerst sensibles Gerät die Grundvoraussetzung für den Fangerfolg. Zum Einsatz kommen feine Ruten mit einer weichen Spitze, die die zaghaften Bisse auch wirklich anzeigt. Die Schnur (max. 20er) kann mit einer kleinen Stationärrolle zum Grund hinabgelassen werden, die Experten verwenden allerdings spezielle Laufrollen. Vorteile dieser Rollen sind das minimale Gewicht (beim Hegenefischen wird die Rute nicht abgelegt), vor allem aber die sensible Bremse: der Zeigefinger. Mit herkömmlichen Stationärrollen verliert man häufig Fische, weil die Bremse auch bei feinster Einstellung zu hart für das schwammige Maul der Maränen ist. Beködert wird diese Montage mit der Hegene, eine Montage von drei bis sechs ca. 5 cm langen Seitenarmen an deren Ende jeweils eine Nymphe sitzt. Diese wird locker in einer Schlaufe befestigt, so dass sie möglichst lebendig spielen kann. Am Schnurende wird ein Birnenblei befestigt, das die Hegene auf Tiefe bringt.
Thommi Turkovic erklärte uns, dass es beim Maränen-Fischen mit der Hegene hauptsächlich darauf ankommt, die natürliche Nahrung der Fische so perfekt wie möglich zu imitieren. Mückenlarven steigen langsam vom Boden auf. Ein Teil dieser Kleinstlebewesen schwebt hinauf zur Wasseroberfläche, die anderen sinken wieder ab. Deswegen wird die Hegene nicht ruckartig wie ein Barschpaternoster geführt, sondern im Zeitlupentempo gleichmäßig angehoben und wieder abgesenkt. Wer im Besitz einer reinen Felchenrute und einer dieser superleichten Laufrollen ist, hält die Rute beim Fischen wie ein Stäbchen beim Chinesen. So lassen sich die Nymphen sehr gefühlvoll auf und ab bewegen.
Vor dem Fang steht allerdings die Suche. Gerade wenn man an ein unbekanntes Gewässer kommt, ist Beobachtung alles. Häufig kann man die Maränen an der Wasseroberfläche spritzen sehen. Dies geschieht meist zur Beißzeit. Allerdings lassen sie sich nur schwer an der Oberfläche fangen. Sinnvoller ist es, den Köder in den sich unter dem regen Treiben befindenden Schwarm gleiten zu lassen. Da die Fische ihren Standort nicht immer so deutlich zu erkennen geben, hat sich der Einsatz eines Echolots als sinnvoll erwiesen. Mit diesem Hilfsmittel lassen sich die auf Nahrungssuche durch den See ziehenden Maränenschwärme orten. So kann vermieden werden, dass man im fischleeren Raum angelt, der beachtliche 97% des Gewässers ausmacht.
Schon beim Montieren des für den normalen Angler exotisch anmutenden Geräts versammelten sich ortsansässige Fischer und Petri-Jünger, um Thommi zu beobachten. Unser Vorhaben hat am Tollensesee derart schnell die Runde gemacht, dass Thommi auch auf dem Wasser nicht vor neugierigen Fragen sicher war – stets begleitet von wohlwollendem Lächeln und zweifelnden Blicken. Denn Maränen waren nach Meinung der Berufsfischer und Angler vor Ort einfach „unfangbar“. Als Thommi dann nach drei Minuten Angelzeit die erste kleine Maräne aus dem Tollensesee, anlanden konnte, fiel dem einheimischen Guide vor lauter Staunen fast die Brille von der Nase.
Die Weltpremiere war damit geschafft, die alte Mär von der Unfangbarkeit der Maränen widerlegt. Thommi hat den Beweis für unsere Vermutung erbracht: mit der richtigen Methode lassen sich auch die norddeutschen Coregonen-Vertreter mit der Angel überlisten.
Übrigens ist der Artikel auf hechtsprung.tv gespickt mit kurzen Mini-Clips, die ihrer Gattung zwar alle Ehre machen, aber dennoch so manches, was hier angesprochen wurde, ganz gut illustrieren.
Und hier noch eine Karte vom Tollensesee (für alle, die da jetzt mal zum Felchenzuppeln hinwollen):