Bass Le Bass Noir sur Lot – Auf Schwarzbarsch in Südfrankreich
Ich wollte dieses Jahr ein paar Tage ohne Familie urlauben, mehrere Tage raus kommen, ausspannen, irgendwas mit Fisch halt, und am besten all dies jenseits meiner Hausgewässer. Da las ich unverhofft in einem Thread etwas über Felchenruten. Ein Angelkollege traf dort den richtigen Ton, ich war letztes Jahr auf dessen Boot zu Gast am Bodensee gewesen und durfte einen Tag mit ihm auf dem Untersee fischen, faszinierende Angelei, angenehmster Zeitgenosse, ich bestellte mir schon einmal eine fürs Felchenangeln taugliche Rute und fing an, mich in Sachen Centrepin-Rollen schlau zu lesen.
„Sie haben eine Benachrichtigung“ grätschte mir während der Boardrecherche der elektronische Forumslakai dazwischen. Klick… Desperados. Klick…
[QUOTE=Desperados]Hättest du immer noch Bock auf ne Woche BB in Südfrankreich ? So Anfang September ?[/QUOTE]
Grundsätzlich und klugerweise antwortet man auf rhetorische Fragen nicht. In ihr findet man ja bereits die Zusage mitgedacht. In meinem Fall war die Antwort allerdings dem Ausdruck meiner Freude geschuldet:
[QUOTE=JAM]Großartiger Gedanke und spontan: yehaw![/QUOTE]
Der Felchentrip gen Bodensee ist logistisch und zeitlich immer auch mal drin, Südfrankreich und Black Bass in freier Wildbahn eher nicht. Ergo: Fragenkatalog runtergetippt, abgeschickt und schwupp, gab es per PN den Anschaffungsbescheid aus Luxemburg: Welche Schnur zu welcher Technik zu welchem Köder zu welcher Rute zu welcher Rolle. Rolle? Drei fehlten mir, nächster PN-Austausch und zack: Hinweis zu drei TD-Zs im Kühlergrilldesign mit Lichtschalter. Warum nicht?! Preis stimmte, Rollen gelten als Wurfmaschinen, Bedarf war zugegen, Zugriff.
Wenn einer eine Reise tut, wird erst einmal im Vorfeld das Tackle aufgestockt. Und wenn man gewissenhaft die Reise- und Unterkunftskosten hochrechnet und zufrieden feststellt, dass da noch finanzielle Luft nach oben ist, wird erst einmal reichhaltig bestellt: Mono, Offsets, Tungstens, Krebse, Schaufel- und NA-Shads, Würmer, Wormhooks, Lötzinn, Frösche, Topwaters, Cranks, Spinnerbaits, Cap, Bufflappen… Is‘ schon geil, im Candyshop den Korb zu füllen, auch wenn das meiste und zwei Rollen – so viel sei gebeichtet – nun im Anschluss an die Reise gut verstaut und ungenutzt in meinen Tackleboxen im Keller ruhen. Denn wie so oft entpuppen sich zweidrei der Köderlis allein als Schuss ins Schwarze (in diesem Fall Krebse getexast, Würmer gewackt und in zwei Phasen Topwaters und Spinnerbaits). Der Rest mahnt jetzt zur Mäßigung beim nächsten Einkauf.
…von den vier Beutezügen in diversen Angelgeschäften in Deutschland und Frankreich ganz zu schweigen.
Obwohl zwei meiner bestellten Rollen irrtümlich den Weg über Russland nahmen und damit zusätzlich ’nen Hunni Zoll auf mich zukam, war meiner gehoben guten Stimmung gar nicht beizukommen. Warum auch? Urlaubsimmunität. Fast zwei Wochen Black Bass standen kurz bevor.
Doch bevor es losging, packte ich das hiesige Tackle in den Wagen und fuhr zwei Wochen vor dem Trip mal für zwei Tage die 270km an unzähligen Briefkästen vorbei hoch nach Luxemburg zu Gilles an die Mosel.
Schonmal bisken schnacken vis a vis, ’nen Tag auf der Mosel verbringen, bisken auf Zanderbarsch und Hechtdöbel angeln und sich einstimmig auf den gemeinsamen Urlaub freuen. Die zwo Tage versprachen, der folgende Frankreichtrip werde ein überaus entspannter Urlaub werden.
23.08.2016. Stichtag, 03:30 Uhr.
Der Wecker spielt „Doom Saloon“ von Clutch. Zwei Stunden Schlaf müssen reichen. Slo-mo-Motorik, Blitzdusche, Klamotten und Proviant ins Auto, Coffee to go und los.
Gute drei Stunden später stehe ich in Luxemburg mit Gilles vor vollendeten Tatsachen, jetzt noch der Einkauf, Mutterns Chilli abholen, Boot einklinken und auf die Bahn.
Zwölf Stunden nun vorbei an abgeernteten Kornfeldern, durchgehend Van Gogh in Repeat. Die letzte Stunde im Dunkeln zieht sich. Die Vorfreude ist riesig, wir überqueren zwei Mal noch den Lot und das Wasser kreuselt sich komplettflächig, das können doch bloß auftreibende Gase sein, muss, niemals nie Weißfisch, für so etwas fehlt mir memorables Wissen. Wir biegen in den Hafen ein, ein astronomisches Lichtmeer über uns, ein brodelndes Wasser vor uns. Das hab ich so noch nicht gesehen. Sowohl der Sternenhimmel als auch die Weißfischaktivität betäuben, und nach zwölf Stunden Fahrt und noch zwölf Tage vor uns und nach einem Becher Ricard und ’ner guten kubanischen Zigarre sind wir vollends angekommen.
An dem Abend beginnt auch für mich der Start ins Marveluniversum, Gilles hat alle Teile am Start, kurz ans MacBook angeschlossen und los. Gepennt wird im bzw. vorm Daiwabus, Einchecken bei Sylvie ist erst am dritten Tag. Mit dem galaktischen Kaleidoskop über unseren Köpfen und dem ersten Sichtbarsch wird zufrieden eingepoft.
Kurz vor Sonnenaufgang weckt mich das Adrenalin, Morgendämmerung: Check, Wasseraktivität: Check, Gilles wach: Check. Boot slippen: Check. Tackle richten: Check.
Und jetzt beginnt das, worauf ich seit Wochen warte. Alles stimmt, und das voraussichtlich über die vielen Tage des Urlaubs hinweg. Wohlbefinden und Zufriedenheit in Reinkultur. Das Schöne an der Angelei auf die amerikanischen Barsche ist, dass anders als beim hiesigen „Kantejiggen“ auch der Köderwurf und die Köderführung Teil des Erlebens sind. Wenn die Habitate so vielfältig ausfallen wie hier am Lot, wenn es gilt, ins Cover zu skippen, den Shad möglichst lautlos zwischen die Äste aufs Wasser aufkommen zu lassen, den Krebs in die kleine Höhle des Brombeergestrüpps zu pitchen, den gewackten Wurm durch die versunkene Baumkrone zu manövrieren in der Erwartung, dass sie genau hier stehen – genau das ist mental den Rechen durchs Kies ziehen. Anspannung und Entspannung zugleich. Unsagbar.
Das Boot startklar kriegen war im Verlauf der nächsten Tage eine zeitlich immer kürzere Prozedur, was nicht zuletzt an Gilles unnachgiebig strenger Personalführung lag, Lob ist schlicht überbewertet. XD
Wenn du nach all dem Vorlauf der letzten Wochen nun endlich ablegst, alles Material dabei hast, was du benötigst, um dich an diesem Gewässer austoben zu können, dann ist das schon verdammt nah an Weihnachten 1984. Dabei galt es ja noch erst, das Gewässer kennenzulernen. Wie sieht das Cover konkret aus, was an Ködern wird wie präsentiert, wo hocken die Schwattbarsche, worauf reagieren sie und wie scheu? Und vor allem: Wie hält man so einen unbeschreiblich guten Angelurlaub verschriftlicht angemessen fest?
Warum war der Urlaub eigentlich so unglaublich gut?
Tag 1. – Mittwoch
Wir fahren raus auf den Fluss. Zu beiden Seiten wechselt der Ufersaum alle fünfzig Meter und dutzende Kilometer weit: überhängende Bäume, Totholz, Schilf, Stege, Mäuerchen, Brückenpfeiler: eine Angelkulisse wie ausgedacht.
Die ersten Würfe werden gemacht. Mir ist klar, dass es mich Lehrgeld kosten wird, wenn ich die Köder ins Cover bringe, aber dafür war der Kauf ja u.a. gedacht, also mit Spaß an der Freude das Gummi so nah wie möglich ins Gehölz gefeuert. Auch das Erkennen vom Schwarzbarsch am Spot bedurfte erst einmal einiges an okularer Übung („Da steht einer, Jens… da vorne… ne da, am Ende des Astes… nein, ne, ach!“) und die richtige Blickung kam dann bei mir auch tatsächlich erst nach Tagen. Und wie wir die ersten Würfe in Ansehung des ersten Fisches versuchten und ich ganz auf den Schnurbogen mich konzentrierte, da haute Gilles schon an. Es war soweit, das Adrenalin schießt aus den Ganglien – Fremddrillerfahrung? – Rute runter, nicht springen lassen, Maulgriff und zack, feddich:
„Es geht, es geht gut, so geht es“, dachte ich.
Der weitere Tag brachte vor allem Gilles die ersten Barsche, überschaubar an Menge und einiges um die 30, aber für mich immer noch surreal. Und als sich bei mir der erste Black Bass einhängt, ist unvermittelt klar, warum die Angelei auf ihn nicht bloß des Köderns wegen so faszinierend ist, sondern in gleichem Maße wegen seines Drillverhaltens: konstanter Druck, schnell in der Flucht, hochfrequentes Vibrieren, agil wie Forellen, nur kräftiger bei gleicher Größe. Mein erster Schwatter mag 25cm gehabt haben, er nahm den Swimbait überlegen auf Sicht, der Schnurbogen strafft, Rute gesenkt, zwodrei und Anschlag! Dieses komplette Paket war der Hammer und zu wissen, das geht die nächsten zwölf Tage so, und mehr und größer, war alles, was ich in diesen Moment wollte.
Bei Dämmerung ging es zurück zum Hafen. Eine halbe Stunde nach Sonnenuntergang ist in Frankreich rum mit Angeln. Also alles reverse, ab zur Base, die restlichen Sandwiches verdrücken, einzwo Bierchen zischen, den Tag Revue passieren lassen und Avengers I einlege. Alles gut.
Tag 2. – Donnerstag
Heute ging es zurück zur zivilisatorischen Gepflogenheit. Einchecken stand auf der Agenda. Nach der Nacht unter der Milchstraße wachte ich klamm auf. Also erst einmal die Bettwäsche zum Trocknen über die Beifahrertür geworfen, die Worm-Kombo gezückt und von der Kaimauer aus´nen lötzinnbeschwerten Illex Yammy ins Ungewisse geworfen, angezupft und er nahm ihn Volley:
Der Tag sollte ganz dem Einwohnen und Einkaufen gelten, so kann aber auch solch ein Tag beginnen.
Zusammenpacken und auf zur Unterkunft. Und was eine Unterkunft! Wir waren bei Sylvie Benedetti in Le Temple sur Lot untergebracht, die personifizierte Gastfreundschaft, die zusammen mit ihrem Mann eine liebevoll umgebaute Tabakscheune und einen geräumigen Wohnwagen als Unterkunft betreibt. Alles auf dem großflächigen Gelände ist in gehoben gepflegten Zustand und wunderschön gestaltet. Viel Herzblut steckt nicht nur augenscheinlich in diesem Anwesen. Dazu eine moderne Inneneinrichtung und – was bei knapp 40 Graden eine Wohltat ist – ein Pool.
Nach dem Besuch zweier Angelläden und dem damit einhergehenden zwanghaften Auffüllen der Köderboxen, der Einkehr im Roadhouse
dem Einkauf im ortsansässigen Supermarkt
und der Abkühlung im Pool
war auch dieser Tag schneller rum als vermutet. Jetzt noch Avengers II rein und eingepoft.
3. Tag – Freitag
Jetzt war ich heiß. Der erste Tag hatte gezeigt, dass da was geht. Am zweiten Tag wurde das Tackle und die Köder auf den ersten Eindruck des ersten Tages hin korrigiert und präpariert. Heute sollte es laufen. Es wurden keine Spots angefahren, denn die gesamte Uferstrecke, Kilometer um Kilometer, ist ein einziger Spot auf beiden Seiten im ständigen Wechsel seiner Beschaffenheit. Zu Beginn waren es die kleinen Stege und Mäuerchen der Anlieger am Fluss, die wir anwarfen. Mauern mit vereinzelt breiten Spalten die weit ins Erdreich drangen, „Garagen“, die eine besondere Anspannung beim Wurf brachten, denn immer wieder parkten in solchen Nischen die größeren Vertreter. Jeder Fisch war ein Ereignis, wenn auch hier zu unterscheiden ist:
Eine kleine Bucht zwischen zwei längeren Ufermauerabschnitten war überwuchert von Schwimmpflanzen und Algen, die nur hier und da überschaubare Löcher ließen, durch die ein Köder zum Grund zu bringen war. In diese Bucht ragte ein Holzsteg hinein, der zwischen Planke und Wasseroberfläche etwas Platz ließ und dazu einlud, das Texas-Rig hinüber zu pitchen. Da dies das vorrangige Geschick von Gilles war (Kunst kommt von Können), platzierte er gute zehn Meter von uns entfernt den Berkley Havoc punktgenau unter den Steg zwischen das Kraut. Explosion, Schnur elektrisch, Anschlag. Gilles führt den Empfänger gekonnt durchs Cover und lud ihn ein an Board.
Nach dem Spot ist vor dem Spot. Das weitere Mäuerchen begann direkt nach dieser Bucht, überwuchert von einem einzelnen Strauch. Vor dem Mäuerchen aus ging es 50cm hinab auf sandigen Grund, der langsam ins Tiefe hinabsank. Diese Strecke zog ich den kleinsten der Crazy Flapper am leichten Texas-Rig entlang, die Mono zuckte, zwodrei… Dieser kurze Moment des Wartens nach dem Erstkontakt! Das kannte ich nur vom Krebseln am heimischen See. Eine großartige Angelei, die nach dem ersten Nervenzuckeln noch einmal eine Pause lässt, in der die Erwartung – wird er hängen, wie wird der Drill, wie groß wird er sein – mit das Geilste ist, was ich beim Angeln kenne. Anschlag. Hängt. Drill, Landung, Glück.
4. – 9. Tag
Beim Slippen kam Gilles mit einem Franzosen ins Gespräch, der auf Waller aus war. Ein freundlicher, zuvorkommender Mensch, der uns auf einen Kaffee bei sich einlud, falls wir im Laufe des Tage einmal an seiner Unterkunft vorbeikommen sollten, die direkt am Fluss lag. Diese Freundlichkeit, auf die ich später noch einmal zurückkommen möchte, begegnete uns hier im Süden Frankreichs allerorts.
In diesen Tagen gab es neben den zahlreich regulär gefangenen Barschen auch das ein oder andere Glanzstück in Sachen „Wilhelm Tell“. Gilles skippte den Köder unter das Blätterdach eines überhängenden Baumes. Gerne hebt da der Köder beim Aufprall noch einmal ordentlich ab und landet dann von unten her ins Geäst. Hier hing er dann kopfüber baumelnd herunter und durchbrach so bloß leicht die Wasseroberfläche. Was auch immer der Schwarzbarsch hier zu erkennen glaubte, er fand es sichtlich geil und versuchte mit einer Senkrechtattacke den Köder aus dem Geäst zu pflücken – und verfehlte knapp, nur um kurz darauf noch einmal zu holen, was ihm zustand. Anschlag. Hängt.
An einem Krautteppich und Seerosenfeld wurden die Kröten übers Grün gezupft und auch wenn dies nicht zu den effektivsten Angelmethoden dieses Urlaubs zählen sollte, war das ausreichend dosierte Adrenalin, was dabei gepumpt wurde, wenn die Blackys das Wasser um den Köder explodieren ließen, diese Angelei wert.
Einmal fuhren wir flussauf,
hoch zu einer großen Autobrücke, an deren Pfeiler sogleich der Köder abgelassen wurde und was in der Sache gleich einen guten Black Bass brachte.
Ohnehin gab es flussauf zahlreichere zivilisatorische Hinterlassenschaften, die jede für sich einen Wurf wert war.
Was es an Überredungstechniken für Schwarzbarsche gab, wurde ausnahmslos angewandt, wenn auch nicht alle Methoden – wie erwähnt – gleichermaßen effizient waren. An einem Tag funktionierte jedoch der Water Moccasin dermaßen gut, dass am Folgetag der eigene Bestand an Topwaters im Angelladen massiv aufgefüllt wurde. Funktioniert diese Angelei bei uns daheim vorrangig auf Rapfen – und macht auch dort einen Heidenspaß – so hat die Angelei auf dem Lot einen ganz eigenen Charme. Der Köder wird auf zehn Metern entlang der belaubten Äste der überhängenden Bäume nervös Gassi geführt. Und wenn sich dann unterhalb des Blätterdaches ein Schatten löst und zielstrebig auf den Köder zuschießt, bleibt dir kaum Zeit für einen Gedanken, bloß eine Ahnung, jetzt nicht anzuhauen und du hoffst, dass er sich von selber einhängt. Was sie an diesem Tag auch gut und gerne taten.
Allerdings gab es zwei Arten des Angelns, die mir besonders zusagten:
Die Garage
Immer wieder wurde die überhängende Blätterkulisse durchbrochen und man hatte eine kleine Aussparung von vielleicht fünf Metern Breite vor sich. Oftmals überwucherten hier Dornensträucher das auf einen Meter abfallende Ufer und immer wieder waren hier kleinere Einbuchtungen von gerade einmal 50 cm Breite zu sehen, die auf unbestimmte Tiefe ins Ufer hineinragten. Kleine uneinsichtbare Garagen. Hier kamen nun gleich mehrere Faktoren ins Spiel, die es abzuwägen galt, wollte man direkt ins Glory Hole treffen. Äste überragten nicht selten das Szenario, also konnte man nicht einfach kopfüber werfen, links und rechts umrahmten auch hier Geäst oder Baumstümpfe das Bild. Wollte man pitchen, musste die Distanz überwunden werden. Warf man zu kurzreichend, vergrämte es unter Umständen den in der Garage geparkten Breitling. Warf man auch nur ein Molekülchen zu kräftig und traf hierbei nicht die kleine Höhle, so war der Köder im Dorneneinerlei verloren, ganz zu Schweigen vom Fisch.
Traf man hingegen das Bulleye, hatten sich gleich zwei Erlebnisse zugleich eingestellt: Das genugtuende Gefühl eines Wilhelm Tells und der kurze Augenblick, in dem der Köder im Dunklen regungslos da lag, der Blick bloß auf die hängende Schur, und immer der Drang, es müsse jetzt die Schnur sich melden. Ein kurzes Ziehen vielleicht – und tatsächlich! Genau das war mit das geilste Erlebnis, hier war einer, der sich den Köder einkatapultiert hatte, Anschlag. Hing!
Texas
Totholz, das als Krone versunken ins Wasser ragte.
Diese Spots gab es hier nicht zu wenig und auf sie war in der Regel verlass. Wir sahen hier mit die größten Vertreter ihrer barschigen Art, 60er, die aus der Tiefe hochschossen, schneller als für uns zu realisieren war. Wacky ließen wir hier den Wurm oder den Texas-Krebs ab oder zogen den Spinnerbait über Äste hinweg und ließen ihn zwischen das Gehölz ins Tiefe absinken. Als Gilles am vorletzten Tag einen Köder abtaumeln ließ, um ihn daraufhin auftauchen zu lassen, schoss ein Blacky dermaßen flott aus dem Gehölz, dass alles viel zu schnell verlief, um angemessen reagieren zu können: Attacke, Anschlage, Fisch weg. Und dieser Fisch war enorm. Von diesen weit jenseits der 50er Marke gab es zwei-drei während dieses Urlaubs in Aktion zu sehen, die nicht zu überreden waren, alte, erfahrene Kammschuppler, für die es bessere Jahre zum Beangeln geben wird.
„Das Letzte, worauf du Bock hast, wenn du nach zehn Stunden angeln hungrig nach Hause kommst, ist aufwendig zu kochen“, hieß mich Gilles vor der Fahrt an. Und wie recht er hatte. Um so schöner, wenn dann in den nächsten Tagen – nach besagten zehn Angelstunden – am Abend völlig ungeplant ein hausgemachter Auflauf a la Sylvie und ein selbstgemachter Zwetschenkuchen auf dem Tisch vor der Tür standen, mit dem Hinweis, wir sollten es uns gut ergehen lassen.
Oder an einem anderen Tag ein Erdbeer-Streuselauflauf.
Ansonsten wurden im klassischen „Singlemodus“ die Spagettis in den Pott gehauen und Mutterns Tomatensoße (wat lecker!) aufgekocht oder eben Mutterns Chilli (de-fucking-licious!) oder schlicht der halbe Kühlschrank im Sandwichmaker verwurstet:
Im Vorfeld hatte man mir versucht klar zu machen, dass nach Frankreich zu fahren immer auch heißt, ins Land der Franzosen zu fahren. Was für mich wenig Sinn ergab, muss anderen wohl sehr bedeutungsschwanger erscheinen: Der unfreundliche Franzose. Bloß das Gegenteil war vor Ort der Fall. Egal ob im Supermarkt, am Kiosk, beim Trailern, im Angelgeschäft, an der Tanke oder auf dem Wasser – ausnahmslos jeder erwies sich als freundlich und zuvorkommend, was mich als jemanden, der elf Jahre im Schwabenländle unter der unsäglich schwäbischen Ungesinnung gelebt hatte, hocherfreute… jeder? Bis auf einer, für den Gilles wohl zu großzügig an der Slippe geparkt hatte. Durchs heruntergelassene Fenster seines Volvos mit Berliner Kennzeichen grummelte er etwas von „Noch blöder kann man nicht parken, was?!“ und fuhr muffelig von dannen.
Fazit
Schenke ich Gilles und den einheimischen Schwarzbarschjägern Glauben, so war dieses Jahr kein gutes Jahr für die Angelei am Lot. Schwierig war es, die Großmaulbarsche zu finden, sie zu überreden, in die Falle zu tappen. So ganz anders als die Jahre zuvor. Aber ich als Neuling in diesen Gefilden sehe die Sache rosarot: Alles, was ich hier erlebt habe, war nicht selbstverständlich. Das Wetter war herrlich, ich fing Schwarzbarsch an unzähligen Spots auf jede erdenkliche Weise. Eine Unterkunft, in der man sich zuhause fühlte und ein Freund dabei, mit dem die Tage wie im Flug unterhaltsam bei klugen Gesprächen und ungehörig entspannt vergingen. Daher gilt mein großer Dank auch an Gilles, für seine Großzügigkeit und Gelassenheit, mit dem ich zu jederzeit humorvoll und Seele baumelnd den Urlaub verbringen durfte. Man, wat freu ich mich auf dat nächste Jahr, min Jong!
Gruß
Jens