Barsch Kurz und knackig – Twistern mit der Einhandrute
Ziemlich genau vor einem Jahr. Zusammen mit David will ich Barsche an einer Steganlage ärgern. David, der oft in Amerika ist und dort unter anderem auch die Largemouth Bass beackert, holt mich ab. Der Karpfen-Angler braucht ne leichte Spinnrute. „Such Dir eine aus.“ Mit seinem Blick durchforstet er das Rutenwäldchen. Und mit sicherem Griff zieht er eine leichte Rute. Eine schöne. „Die hat nur ein Haken, David. Die is zu kurz zum Twistern.“ „Ich find kurze Ruten geil.“ Dazu gibt’s noch ne Rolle mit 16er Mono. Und der Kollege ist seiner Meinung nach – allen gut gemeinten Korrekturvorschlägen zum Trotz – perfekt fürs Twistern ausgestattet.
„Na dann zieh Dich mal warm an.“, denke ich mir noch beim Auftackeln meiner Skeletor in 2,4 m mit 10er Fireline in Pink und 18er Fluocarbonvorfach. Als Köder kommt ein Turbotail in Grün mit Silberglittertail dran. Erster Wurf. Zack. Da war doch was? Schwanz abgebissen. Super! Die Barsche sind also da. Und mittlerweile ist auch David startklar…Es dauert halt eine Weile, bis man sich als hyperakribischer Karpfenhakenspezialist einen passenden Jighaken aussucht, der den Schärfeanforderungen einigermaßen gerecht wird. Doch während ich einen neuen Twister aufziehe, zieht David bereits den ersten Barsch. „Foto, Foto!“ Na gut. Also Foto (siehe oben links). Und weiter geht’s. Die Barsche sind präsent. Mit kurzen Sprüngen lasse ich den Twister über den Boden hüpfen. Manchmal ziehe ich ihn auch kurz über dem Grund ein.
Immer wieder Attacken. Doch während ich noch bei 4 Barschen stehe, befindet sich David inzwischen voll im Fang-Rausch. Zwei Fotos machen wir noch von guten 30ern.
Davids Rekord von 35 cm scheint jedoch in Reichweite. Und so langsam drehe ich mich auch ab und zu mal um, um David den Trick des Tages abzukucken. Zum Glück steigt mir zwischendrin auch mal eine Kirsche ein.
Und noch eine…
Dann machen wir ne Pause. Kurz ins Auto und ab zur Tanke, einen Kaffe nehmen. „Wenn das so weitergeht, fängste noch Deinen 40er! Dann flipp ich aus.“
Wir stehen wieder am Steg. Die Köder (David fischte einen kleinen 5 cm-Kopyto in Rauch) waren kaum im Wasser, da hat’s schon wieder gedrillt neben mir. Ein guter 30er. Inzwischen schon kein Foto mehr wert. Ich hab endlich auch wieder ein Schwärmchen und freu mich über die Longrange-Fische, die in ca. 50 m Entfernung zuschnappen. Und dann wird David ernst. „Hannes,“ ertönt es ruhig, „ich hab nen Dicken.“ Und Tatsache. Das ist ein Dicker. 1,80 im Halbkreis. Schnur geht von der Rolle. Und das obwohl meine Liebsten – so David – „wenig Drillaction bieten“. Doch da wird selbst der abgezockteste Großfisch-Experte hibbelig. „Hol ihn raus! Hannes, hol ihn raus. Der Haken sitzt ganz vorn!“ Ich also auf die Knie, dem Barsch ins Maul gegriffen, und raus damit. Und dann die helle Begeisterung um mich rum (obwohl da nur einerwar). Das wollte gefeiert werden. Ein oder zwei Fotos…
Kurze Vermessung und da isser ihm doch aus den Händen geglitten. Naja. Zum Glück direkt ins Wasser. Wir fanden das ja gar nicht so schlimm. Kann er noch ein bisschen weiter wachsen. Noch 6 cm bis zur magischen 50. Wir wünschen ihm viel Glück!
Und ich habe David an diesem Tag noch ein wenig zugeschaut. Sein Trick war sehr simpel. Er hat den Kopyto einfach über den Boden geschliffen. An der immerzu gespannten Mono hat er ganz genau gemerkt, wann ein Biss kommt. Weil die Rute so kurz war, konnte er an den Stegen sehr gut hantieren. Die Rutenspitze war fast unter ihm. Kurz über der Wasseroberfläche. So kam kein Wind in die Schnur. Und dann einfach volles Gefühl reinlegen und über den Boden schleifen.
In der Nachbesprechung hab ich David dann noch gefragt, ob er bei jedem kleinsten Anzeichen anhaut. „Ich seh den Barsch praktisch zupacken. Die gehen nach. Zuerst sind es leichte Zupfer. Anhauen tu ich aber erst, wenn sich einer voll einhängt.“
Ganz klar, dass ich das am nächsten Tag ausprobieren musste. Auch Felix Warnung konnte mich nicht bremsen. Er hatte angefischt und nach 2 Stunden mit einem Barsch und einem Fehlbiss aufgegeben. Aber ich
hatte ja das Geheimrezept im Futteral. Eine 2,1 m lange Feinstspinnrute mit Kleinstrolle und 16er Mono. Dazu Rauch-Silber-Twister, die eigentlich noch besser gehen hätten müssen als die Rauch-Kopytos vom David. Aber es deutet sich ja schon grammatikalisch an. Hätte, wenn und aber… Den Tach war echt nix zu holen. Nichts desto trotz bin ich seit kurzem auch Fan vom Einhandrutentwisterschleifen. Ist halt noch eine Spur feiner als das leichte Barschtwistern eh schon ist. Und macht wirklich Spaß, wenn es auf relativ kurze Distanzen Fisch gibt. Auch mit Twistern. In Amerika fischen die Leute ja auch so. Außerdem ist das auch so ein bisschen „back to the roots“. Wie damals mit 12 und 1,8 m-Glasfaser-Spinnrute…
Danke, David. War dann doch ne ganz gute Wahl!