Fangberichte Küstenkamikaze


Eine Idee, geboren aus reiner Verzweiflung: Die Gewässer vereist und Schonzeit allerorten –laßt uns Mefoblanken gehn! Ich gebe zu, neben der Verzweiflung war auch Hochprozentiges im Spiel. Daher hatte ich am nächsten Tag so meine Zweifel, ob wir verwirklichen würden, was wir nachts zuvor beschlossen hatten: Am nächsten Wochenende an die Küste zu fahren, um hübschen Meerforellen nachzustellen.

Freitag nachmittag wurde es dann virulent. Hektische Telefonate. Fehlende Motivation. Kein Wunder, bei der Wettervorhersage: Je nach Dienst 4 bis 7 Windstärken ablandig, Regen und Gewitter. Bis auf Sven und mich haben sich aufgrund dieser garstigen Bedingungen schließlich alle Kandidaten verweigert, teilweise mit den fadenscheinigsten Ausreden. Auch für uns beide stand erst gegen 20 Uhr nach schweren inneren Kämpfen endgültig fest, daß wir es tags darauf wagen wollten. Stellte sich bloß noch die kleine Frage: Mit was für Tackle? Und wo eigentlich?

Weniger Ahnung vom Meerforellenfischen als wir kann man eigentlich kaum haben. Oder zumindest weniger Erfahrung. Denn wir haben es ganz einfach noch nie versucht. Hecht, Zander, neuerdings auch Rapfen, ja, ja, da kennt man sich ein wenig aus; Barsch, Dorsch, alles irgendwie machbar. Aber Meerforellen??? Andererseits ist auch so ne Meerforelle nur ein Fisch, und alle Fische sind durchschaubar. Nur hatten wir zum Durchschauen jetzt nicht mehr viel Zeit. Es begann die heiße Phase hektischer Vorbereitung.

20 bis 23 Uhr. Stellensuche. In Hochgeschwindigkeit überfliegen wir sämtliche Strandbeschreibungen der beiden Heftchen „Angelführer Rügen“ und „Angelführer Mecklenburg-Vorpommern Küste“. Zur Sicherheit vergleichen wir sie noch mit den entsprechenden Porträts in nem uralten Kutter und Küste Heft („Die hundert besten Strände an Nord- und Ostsee“), das Sven aus den Tiefen seines Archivs hervorgezaubert hat. Außerdem Inhalation zahlloser Websites. Kann mich kaum erinnern, wann ich das letzte Mal in so kurzer Zeit so viele Informationen verwurstet habe; im Studium jedenfalls nicht…

23 bis 2 Uhr. Tackle-Auswahl. Wir wollen es mit Berkley Trout Bait an der Brandungsrute versuchen. Nä, Quatsch. Als Köder sind natürlich die üblichen Verdächtigen angesagt: Holz und Eisen, Küstenwobbler und Blinker also. Sven hat ne wohlsortierte Box davon (für Dorsch), und bei mir muß doch auch noch irgendwo so ne heillos unaufgeräumte Hornhecht-Kiste rumfliegen… Wegen der niedrigen Temperaturen suchen wir uns die leichteren Köder raus (10 – 20 g), die man relativ langsam führen kann. Wir stellen uns eine kleine Auswahl der gängigen Teile von Hansen, Falkfish und Konsorten in verschiedenen Farben zusammen. Der Küstenklassiker Rot-Schwarz wandert gleich in mehreren Varianten in die Box. Dann ersetzen wir schnell noch die alten, rostigen Haken durch nagelneue, messerscharfe Drillinge. Dabei wird natürlich gleich ein zweiter Sprengring montiert, damit sich die imaginäre Meerforelle nicht darüber hinaus, daß sie eh nicht beißt, auch noch im Drill aushebelt.

Auch Fliegen nehmen wir mit. Sven phantasiert irgendwas von wegen Paarungstanz der Seeringelwürmer, der jetzt vielleicht schon im Gange sei, und der die Meerforellen in einen hochselektiven Freßrausch versetze. Alles klar… Stolz und siegessicher präsentiert er eine selbstgebundene Seeringelwurm-Imitation. Nicht schlecht! Noch ein paar weitere selbstgebundene Küstenfliegen hat er dabei, auch schwarze, für die Nacht. Da die Mefos sich aber, wie wir annehmen, noch nicht ganz so nah an die Strände trauen, wollen wir Svens Kunstwerke nicht an der Fliegenrute einsetzen, sondern ganz profan hinter Sbirolinos herschleifen. Hm, die Dinger braucht man ja sonst eigentlich nur am Forellenpuff. Irgendwie komisch also, daß ich in den Abgründen meiner Angelkammer noch ne Kiste mit knapp 15 von den Teilen finde…

Die Frage nach der Hardware ist schnell beantwortet. Wir müssen den ganzen Tag Gewichte zwischen 15 (Blinker) und 30 (Sbirolino) Gramm rausfeuern. Also entsprechende Spinnrute mit nicht zu kleiner Rolle. Leider haben wir beide in dieser Klasse nichts in 3 Meter oder länger am Start, dann müssen 2.70 Meter halt reichen. Ich nehme meine Universalwaffe, die leichte Shimano Diaflash (15-40 g), und Sven irgendwas Komisches von Balzer. Rollenmäßig begleiten uns zwei Shimano Exemplare im 4000er Format, eine Twin Power und eine Technium. Natürlich nehmen wir noch allerlei Ersatztackle mit…

Schwieriger wird’s schon in Sachen Schnur. Klar, mit der Geflochtenen kann man bei gleicher Tragkraft weiter werfen, was gerade zu dieser Jahreszeit fangentscheidend sein mag. Und natürlich bekommt man den Anschlag besser durch, wenn die Forelle weit draußen einsteigt. Andererseits sind Forellen schnurscheu. Vor allem aber kann sich die Dehnungsarmut der Geflochtenen im Drill als Nachteil erweisen. Denn die Forellen mit ihrem weichen Mäulchen und ihrer vehementen Gegenwehr können leichter ausschlitzen, wenn ihre wilden Schläge nicht von einer elastischen Schnur absorbiert werden. Zumal unsere Ruten für ihre Wurfgewichtsklasse alles andere als weich sind. Also runter mit der Geflochtenen und Mono drauf. 200 Meter gute 25er sollten reichen.

2 Uhr. Langsam zeichnet sich ab, daß wir uns echt beeilen müssen, um überhaupt noch rechtzeitig zur Morgendämmerung an der Küste zu sein (Sonnenaufgang: 6.45 Uhr, Dämmerung knappe Stunde davor). Und das wollen wir auf jeden Fall, denn Morgen- und Abenddämmerung gelten bei der Mefojagd im Frühling als besonders vielversprechend.

3 Uhr. Endlich Aufbruch. Erst auf dem Weg zur Autobahn verfestigt sich der Plan: In der Morgendämmerung wollen wir unser Glück an einem der Hot Spots an der Steilküste westlich von Rostock versuchen. Je nach Ergebnis dann mittags weiter nach Rügen, irgendwo an die klassische Strecke zwischen Dranske und Kap Arkona. Kleines Mittagsschläfchen in einer Pension oder so (Auto zu unbequem, man wird halt alt), nachmittags wieder ans Wasser und bis nach Sonnenuntergang durchfischen. Naja, und wenn man sich eh schon was für nen Mittagsschlaf mietet, kann man eigentlich auch gleich übernachten und ne weitere Morgendämmerung mitnehmen.

5 Uhr. Wir erreichen Rostock. Jetzt wird’s fisselig. Erst nach Warnemünde, von da aus gen Westen. Wir haben die Anfahrtsbeschreibung in Bild und Text ausgedruckt, aber der genaue Zugang zum Strand war auf map24 nicht zu erkennen. Deshalb sind wir auf die Beschreibung im Angelführer angewiesen. Und die deckt sich einfach mal überhaupt nicht mit dem, was wir vorfinden. Da ist dauernd die Rede von Windmühlen und Gehöften, die es zweifelsohne gar nicht (mehr) gibt. Wir irren umher, bleiben stehen, fahren zurück, studieren den bekackten Angelführer – keine Chance!

6 Uhr. Langsam wird es hell. Wir rasen mit 80 km/h durch küstennahe Wohnsiedlungen, verzweifelt auf der Suche nach irgendwelchen Zugängen zum Strand. Scheiß auf den vermeintlichen Hot Spot, wir wollen nur noch irgendwo ans Wasser! Es geht aber nirgendwo ans Wasser! Längst ist die Vorfreude einer stetig wachsenden Unruhe gewichen, und die Unruhe wird mehr und mehr zur Panik. Wie absurd! Da schlagen wir uns die Nacht um die Ohren, nur um uns noch in der Dunkelheit bei Wind und Wetter für eine fast sichere Nullnummer ins viel zu kalte Wasser zu stellen – und jetzt finden wir die Ostsee nicht!

6.30 Uhr. Da – in der Ferienanlage, die vorhin noch in Finsternis gehüllt war, brennt mittlerweile Licht. Hoffnung flammt auf. Und tatsächlich – wir bekommen die ersehnte Auskunft. Wir sind schon mehrfach an der Abzweigung vorbeigerast, war im Dunkeln nicht zu erkennen. Parken. Umziehen. Rute montieren. Los! Doch was ist das? Schemenhaft löst sich eine Gestalt aus dem Schatten der Bäume. Uns stockt der Atem: Ein echter Meerforellenfischer! Forschen Schrittes schreitet er an uns vorbei der Küste zu. Naja, dann kann die Stelle ja sooo schlecht nicht sein!

7 Uhr. Wir hasten hinterher. Von der Steilküste aus können wir die Bodenstruktur des Hot Spots gut erkennen: Feinster Leopardengrund! Große Steine liegen ufernah im Wasser, wahre Meerforellenmagnete, wie wir hoffen. Und das Wetter: viel freundlicher als erwartet; fast überhaupt kein Wind, und bislang auch keine Schauer. Nette Bedingungen also, nichts wie rein da!

Nun der Kältetest. Aufgeheizt vom Sprint an den Strand waten wir todesmutig in die Fluten. Ich trage unter der Neopren-Wathose einen Floatation-Anzug (der übrigens Sven gehört), und darunter zwei Fleece-Schichten. Wie sich schnell herausstellt, könnte man sich damit auch einfrieren lassen, und es wäre einem immer noch ein wenig zu warm. Bei Sven sieht es da leider ganz anders aus: Unter einem Gummi-Wathöschen (scheint aus der Beate Uhse Fetisch-Abteilung zu stammen) allerhand nichtsnutziges Bundeswehrthermozeugs (denn sein eigener Floatation paßt zu meinem Glück nicht drunter). Nicht gerade der perfekte Kälteschutz, zumal das Höschen zu allem Überfluß auch noch ein paar undichte Stellen hat…

Jetzt stehen wir tatsächlich in der Ostsee rum und schmeißen bunte Blinker in die Ferne. Ich hatte mir das Mefoblanken immer als ein zutiefst frustrierendes Blanken vorgestellt: Man steht irgendwo in einem Gewässer von monströsen Ausmaßen, schleudert Köder gen Horizont und fischt auf ein Phantom, von dem man gar nicht sicher weiß, ob es nicht bloß dem Reich der Phantasie entspringt. Aber das Gegenteil ist der Fall: Das Mefoblanken ist alles andere als zutiefst frustrierend. Es ist vielmehr das beglückendste Blanken, das ich kenne. Bis zum Bauch im Wasser, der Unterkörper nahezu schwerelos. Vor einem die pure Unendlichkeit. Spätestens nach dem zwanzigsten Wurf wendet sich die aufgeregte Stimmung ins Meditative, und ungefähr beim fünfzigsten verfällt man in eine tiefe Trance. Rute über dem Kopf ausrichten, ommm, Köder zur Ruhe kommen lassen, ommm, Spitze leicht absenken, ommm, kraftvoll, aber ohne Gewalt durchziehen, ommm, den Köder dort ins Wasser eintauchen sehen, wo er schon zahllose Male zuvor eingetaucht ist, oder zehn oder zwanzig Meter weiter oder weniger weit, egal, oder zehn oder zwanzig Meter weiter links oder rechts, egal, langsam einholen, ommm, gelegentliche Spinnstops einlegen, ommm, oder auch einfach schnell rankurbeln, egal, den Köder mechanisch von Tang und Muscheln befreien, ommm, die Rute über dem Kopf ausrichten, ommm, Köder zur Ruhe kommen lassen, ommm… Dabei wird man von der sanften Dünung leise hin und hergewiegt, als wäre man ein Kind der See. Und wenn man sich dann auch noch durch gelegentliche Blicke nach links und rechts davon überzeugen kann, daß natürlich auch niemand anders etwas fängt, ist der Zustand der ultimativen Entspannung nicht fern.

Der Zustand der ultimativen Entspannung lag jedoch schlagartig in weitester Ferne, als ich bei einem dieser gelegentlichen Seitenblicke etwas sehen mußte, das so nicht vorgesehen war: Da drillte doch tatsächlich jemand einen Fisch. Na gut, hat er halt nen Dorsch. Es war aber kein Dorsch. Nach kurzem Drill landete er etwas unverschämt Silbriges. Eine Forelle. Aus der Ostsee. Einfach nicht zu fassen. Und wir keine 50 Meter entfernt!

Vorbei die Trance. Volle Konzentration. Noch weitere Würfe. Einholgeschwindigkeit variieren. Köderwechsel. Noch ein Köderwechsel. Jetzt Hansen Fight 15 g, natürlich in rot-schwarz. 3 Würfe flach und schnell geführt. 3 Würfe den Köder so ungefähr durchs Mittelwasser genudelt. Jetzt mal tief. Der Köder schlägt auf den Grund. Nach wenigen Metern des langsamen Einholens dann das schier Unglaubliche: Ein beherzter Widerstand. Anschlag – Fisch!!! Kurzer zweiter Anschlag, wegen Mono und weil Biß kurz vor der dänischen Küste. Hängt immer noch. Kann ja nur ein Dorsch sein. Wird doch bitte bloß kein Dorsch sein! Da – in 30 Metern Entfernung sprengt etwas die Oberfläche: Die roten Kiemen lodern in der Ferne. Eine Forelle! Aus der Ostsee! Einfach nicht zu fassen!

Und mit einem Mal die Panik: Vor ein paar Stunden noch gelesen: Die Hälfte der Fische geht im Drill verloren. Bitte nicht, nicht jetzt, nicht bei mir. Bremse noch bißchen mehr auf, weniger Druck. Sven watet mit seiner löchrigen Hose heran, er hat den Kescher. Ich schreie lauter Sachen in die Landschaft wie: „Alter, beeil dich, wenn ich die wegen dir verliere, wirst du es bereuen!“

Hat er mir jedenfalls nachher so erzählt. Ist aber alles gut gegangen, und blankes Silber zappelte nach ein paar letzten Minifluchten im Weidenkescher. Im Gegenzug wollte Sven mir nun weismachen: „Ey, is ja nur ne Regenbogenforelle.“ Und tatsächlich: Wenn man genau hinsah, schimmerte entlang der Seitenlinie höchst verräterisch ein regenbogenfarbenes Band. Hier machte sich nun allerdings die stundenlange abendliche Recherche bezahlt, und ich konnte souverän kontern: „Nä, nä, ne Steelhead hätte auch auf dem Schwanz schwarze Punkte, siehste hier etwa welche?“ Sah er nicht. Also an Land mit dem Tier und vermessen: Wahrlich keine Kapitale, aber mit 46 cm so eben maßig, was wir allerdings erst feststellen konnten, nachdem wir auf dem Küstenschein ermittelt hatten, daß das Maß bei 45 cm liegt. Kann man ja nicht wissen, und damit, daß wir was fangen, konnten wir ja nun wirklich nicht rechnen. Tja, als Revanche dafür, daß es die Schmuckstücke einem so schwer machen, gab’s dann erstmal aufe Omme. Den Release-Wahn kann man ja immer noch an Rapfen auslassen. Aber im Ernst: So leid es mir tat – meine erste Mefo wollte ich mir munden lassen… Mea culpa, mea culpa, mea maxima culpa.

Mit zittrigen Knien setzte ich mich auf einen großen Stein und stammelte fortwährend Sätze der Art vor mich hin: „Das gibt’s doch gar nicht!“, „Das kann einfach nicht sein!“, „Das gibt’s nicht!“, „Unglaublich!“, „Ich glaub’ es einfach nicht!“ „Eine Forelle!“, „Aus der Ostsee!“, „So schnell!“ „Tausend Würfe!“ „Unglaublich!“ Und für einen ganz kurzen Moment hatte ich das Gefühl, gleich durchzuknallen vor Glück. Wär’ ja auch nicht so schlimm, den Rest des Lebens mit irrem Grinsen im Gesicht die Gänge der Geschlossenen auf- und abzuwandern. Solange es einem gut geht… Als ich mir allerdings vergegenwärtigte, was hier gerade abgegangen war, daß hier nämlich gerade zwei Meerforellen innerhalb von wenigen Minuten gefangen worden waren, kehrte schlagartig die geistige Klarheit zurück. Vielleicht standen wir ja gerade am Beginn einer Sternstunde. Vielleicht sollte es ja jetzt Meerforelle auf Meerforelle hageln! Zurück ins Wasser! Mehr Forellen!

Es hagelte allerdings keine einzige Forelle mehr. Nicht bei Sven und nicht mir, und auch nicht bei den knapp zehn weiteren Verrückten, die sich kurz nach uns am Hot Spot eingefunden hatten. Gegen 9 Uhr brachen alle außer uns das Angeln ab. Wir haben noch bis 12 Uhr durchgehalten, aufgeputscht vom Silberrausch. Dann haben auch wir uns eine Auszeit gegönnt.

Später erfuhren wir in Gesprächen mit Einheimischen, daß das Wasser immer noch etwas zu kalt war. 3.5 Grad hatten sie am Vortag gemessen. Wir hatten auf 5 bis 6 Grad gehofft, denn erst dann kommt die Mefo wohl so richtig in Fahrt. Erst dann entsteht im küstennahen Wasser so viel Leben, daß sich ausgiebige Strandbesuche für die Mefos lohnen. Momentan hätte man, so die Einheimischen, noch schlechte Chancen, und selbst diese nur während der Morgen- und Abenddämmerung.

Nach einem kurzen Telefonat mit Rügen beschlossen wir, es weiter um Rostock herum zu versuchen. Schließlich hatten die Forellen bewiesen, daß sie hier waren. Erstmal wollten wir aber nun was Essen gehen. Leichter gesagt als getan. Leider gibt es in Meck-Pomm deutlich weniger Dönerläden als in Berlin, von gehobeneren Fast-Food-Etablissements ganz zu schweigen, und selbst „Grill-Bar“ und „Bistro-Bar“ waren tagsüber geschlossen. Es hatte nichts, aber auch gar nichts geöffnet. Keine Ahnung, wie die Einheimischen damit klarkommen; wahrscheinlich gibt’s da tagein, tagaus Hering an Hornhecht mit Kartoffelsalat. Wir also zu Netto und fiese Frikos und fiese Wurst gekauft, die wir uns mit ebenfalls dort erstandenem fiesen Ketchup und Senf auf ner Parkbank nebem nem weiteren geschlossenen Restaurant reingewürgt haben. Mit finsterem Blick gen Netto brummten wir: „Eure Wurst macht uns wütend!“

Eine Unterkunft war schnell gefunden. War ne ehemalige Jugendferienanlage, nicht weit von der Küste entfernt. Es roch ein wenig streng, aber man kann ja lüften. Nach dem Lüften roch es leider immer noch streng. Und zwar so bestialisch streng, daß ich während unseres kleinen Mittagsschläfchens mehrfach mit so einer Art Nasenschmerzen aufgewacht bin. Wahrscheinlich hatte da mal jemand sein kleines Geschwisterchen im Bettkasten entsorgt. Wir wollten kein Aufsehen erregen und haben nicht nachgeschaut. Spätestens seit Caspe kann ich mir nen zünftigen Angeltrip eh nicht mehr ohne intensive Düfte denken.

Nach zwei Stunden Schlaf haben wir uns aus dem Bett geprügelt. Wieder runter an die Küste. Na toll, Fischen völlig unmöglich. Da war mehr Tang im Wasser, als Wasser in der Ostsee! Gigantische Bouquets zogen wir an den Strand. Sven montierte auf Sbirolino und Fliege um, ich tauschte den Drilling am Blinker gegen einen Einzelhaken aus. Mit Erfolg – die Tangbouquets wurden merklich kleiner. Allerdings waren sie immer noch viel zu groß, um in ein Meerforellenmaul zu passen. Also Kapitualtion.

Immerhin hatte abends das Restaurant der Region geöffnet. Im Landgasthof „Gute Laune“ feierten wir unseren Fangerfolg mit der Steakplatte, ein bißchen Bier und ein paar Rostocker Doppelkümmel.

Mit Bierchen hatten wir uns vorsichtshalber auch schon bei Netto eingedeckt, und so ging’s in unserer Stinkebude noch heiß her. Kurz nach 24 Uhr, als wir gerade ganz ernsthaft beschlossen hatten, jetzt noch nen kurzen Versuch mit schwarzen Blinkern oder Fliegen zu unternehmen, sind wir dann wohl entschlafen.

Tja, irgendwann mußten sich die Strapazen rächen. Als der Wecker um 5.15 Uhr klingelte (wir wollten noch in der Dunkelheit am Wasser sein), haben wir dieses Störgeräusch einfach einem Paralleluniversum zugeordnet und völlig ignoriert. Wir waren keinesfalls zu müde zum Aufstehen, wir haben einfach gar nicht registriert, daß das Gepiepe irgendwas mit Aufstehen zu tun haben könnte. Naja, ne dreiviertel Stunde später waren wir dann doch auf den Beinen. Bude leergeräumt und ab an den Strand. Es war Sonntagmorgen, und so waren wir nicht die ersten. Ungefähr zwei Stunden zu zehnt gefischt. Nullnummer für alle Beteiligten. Später verbreitete sich jedoch das Gerücht, drei Verrückte wären noch in der Dunkelheit am Wasser gewesen und hätten zwei Forellen abgeräumt. Was uns ein wenig verstimmt hat…

Diesmal haben wir gegen 9 Uhr gemeinsam mit den anderen Schluß gemacht. Auch wenn uns ein paar weitere und natürlich auch größere Mefos lieber gewesen wären, haben wir der Küste doch mit einer gewissen Genugtuung den Rücken gekehrt. Zum Mefoblanken sind wir hergefahren, und hatten entgegen aller Erwartung das Glück, mit einer kleinen Forelle den Heimweg antreten zu dürfen. Kein so schlechtes Debüt! Da wir die Mefo nun einmal mitgenommen hatten, wollten wir ihren Opfertod jetzt auch gebührend feiern. Um den Geschmack möglichst unverfälscht genießen zu können, beschlossen wir, sie roh zu verspeisen, als Sushi und als Sashimi. Naja, und weil man von so einer kleinen Forelle ja nicht satt wird, haben wir ihr dann noch ein paar Köstlichkeiten zu Seite gestellt, die ihrer würdig waren.

Und ich muß sagen: Allein für dieses Mahl haben sich all die Strapazen schon fast gelohnt. Aber nur fast. Wirklich gelohnt haben sie sich natürlich allein für den geglückten Fang, den Fang der allerersten Meerforelle meines Lebens.

C
Alarmstart mit Erfolg ... net schläscht Jungs ... und Petri Jan zum Debüt :D
M
Hey Jan, sehr geiler Schreibstil ... hat enorm Spass gemacht, diese Story zu lesen !!! :D
Petri auch zu Deiner 1ten Ostseeforelle .. (zumal ne Steel eigentlich der Fisch der 3000 Würfe ist ;) )

... im Ernst .. das Glück war mit Euch, denn bei den Temperaturen unter Land Forellen zu fangen, ist Fortunas Einfluss !

Nochmals Petri & THX für die coole Story ..
basti
P
...oberamtliche Aktion...und wirklich genial geschrieben!!...
L
Schön beschrieben eure Tour und Petri nochma zur Mefo, sie war wirklich köstlich :wink:
R
Petri Jan - geile Story!
... hatte leider am Sonntag keine Einladung zum Mefo-Sushi-Essen :wink: :lol: !
D
Harte Aktion und wirklich interessant geschrieben. :D
H
Gratulor!! :)
Die roten Kiemen lodern in der Ferne, haha! Selten so gelacht, weil so viele lustige Sachen vorkamen. Hast du gut geschrieben.
Na und selbst für ne 46er hat es sich doch gelohnt! Schreib öfter mal was, macht sehr viel Spaß zu lesen.
Und melde dich wenn du mal wieder in NRW bist:)
Gruß Stefan
G
klasse bericht von einer blitzsauberen aktion. :D
möchte mehr von dieser art lesen!
S
ein senstaioneller Bericht! Danke! (und bitte mehr in dem Stil!)
LG
Stephan
D
Enorm unterhaltsam zu lesen... begnadeter Schreiber!
Z
coole action
petri zum silberbarren :wink: :D
P
Gut gefangen, excellent geschrieben! Alle Daumen hoch! :D
D
hart erarbeiteter silberling. im anschluss perfekt zubereitet. und die aktion mit nem starken bericht abgerundet!
I
  • I
    Ink
  • 10.04.2006
Suuuper Bericht Jan! Klasse Schreibstil haste an den Tag gelegt. Petri nochmal zur MeFo!!!
...und Sven im Gummihöschen :mrgreen: ...

„Eure Wurst macht uns wütend...!“...kenn ich doch woher...

:D

Gruß
Ink
A
danke, jan! für solche berichte liebe ich ba! :D wären wir mal mitgekommen, vielleicht hätt's für ein wenig sashimi mehr gereicht ...
P
ja die silbertorpedos ziehen einen in ihren bann. nach zweimal bornholm sind meine kumpels nun seit 2 tagen in südschweden. mal sehn, was sie herauszaubern. nextes mal geh ich auch wieder :lol:

und gratuliere zur ersten, schöner bericht!!!
C
Super Bericht und Petri zur MeFo :D
Gruß Clausen
J
Geiler Artikel! Ja, so ist's bei uns an der Ostsee 8)
L
nice :D echt super berichtet!! da bekommt man selber lust auf mefoblanken ;)
D
wurstwut ist nicht auf spanien beschränkt, ink! die kann überall ausbrechen. denn merke: jede region hat ihre leichen im keller und spuckt sie an der wursttheke wieder aus :-D
W
so nu hab ichs auch geschafft...trotz zwischenzeitlicher bauchschmerzen, wegen des fiesen schreibstils :wink: :lol:
absolut geil geschrieben. in zukunft bitte täglich. und nochmals petri zum ersten silber!!!
I
Schöner Bericht ,da macht das lesen SPASS....
N
super text.. hat richtig laune gemacht zu lesen... und heiss bin ich auch geworden. allerdings hat es heute bei mir nicht geklappt.
petri!
H
SUPER Hannes
Lange nicht mehr so gelacht! 100 Punkte von mir mach blas weiter so. Vieleicht habt ihr ja nach Ostern mehr glück.
Gruß
Thomas
J
  • J
    Jan
  • 12.04.2006
Vielen Dank für die Blumen, Jungs, sehr nett von Euch! Die nächste Story gibt's dann bei meinem ersten Ostsee-Stör. :wink: Kann ja nicht mehr lange dauern:
<a href="http://www.fv-berlin.de/pm_archiv/2006/07-sensation.html">http://www.fv-berlin.de/pm_archiv/2006/07-sensation.html</a> .
D
Na wenn ihr &quot;keine Ahnung&quot; habt, dann will ich nicht wissen was ihr fangt wenn ihr ertsmal Bescheid wisst.
D
ich reiche die blumen hiermit volley weiter an Jan :)
H
Schade, dass es mit den Dorschen nicht geklappt hat :wink:
Absolut genial! 8)
T
habs nun auch mal gelesen - hat sich gelohnt ! toller bericht ! deine drogen möcht ich haben :mrgreen: !
T