Zander Kilometergold – Der lange Weg zum Buhnenglück
Immer wieder hört man von sensationellen Zanderfängen an der Hamburger Elbe, am Rhein oder der Oder. Und wenn man ein bisschen nachhakt, erfährt man, dass die Zander an irgend so einer Buhne gebissen haben. Wo genau wird aber nicht verraten. Und die Geheimnisverwalter haben recht. Denn Buhne ist nicht gleich Buhne. Das Wissen um die guten Stellen ist zumeist hart erarbeitet. Nachdem auf den Strömungsbrechern auch nicht für endlos viele Angler Platz ist, wäre es fast schon töricht, das Wissen weiterzugeben.
Man muss sich also meistens selber an die Arbeit machen, wenn man Zanderbuhnen entdecken will. Für das erste Buhnengold in Zanderform wird man oft gezwungen, einige Kilometer zurückzulegen. Vor uns liegt eine lange Odyssee, die uns an viele schlechte Plätze führen wird. Doch der Weg lohnt sich. Denn wenn man eine gute Buhne entdeckt, die sonst nur wenige auf dem Zettel haben, kann man hier immer wieder herkommen und mit einiger Zuversicht regelmäßige Fänge erhoffen.
Ohne Fleiß kein Preis
Oft verhält es sich ja so, dass man an Buhnenfelder ganz bequem mit dem Auto rankommt. Abparken, auf die Buhne stürmen und Zander abräumen – ein Traum. Der wird aber oft nicht wahr. Denn solche Plätze sind meist überlaufen. Das hat zum einen die Folge, dass sich die Angler fast schon um die besten Plätze (und davon gibt’s auf eine Buhne nicht so viele) balgen. Zum anderen kennen die Fische dort schon jeden Gummifisch mit Vor- und Zuname. Außerdem sorgt anhaltender Angeldruck auf lange Sicht dafür, dass speziell größere Fische bestimmte Plätze meiden. Die ehemals hervorragenden Spots werden nach einiger Zeit unter Dauerbeschuss immer schlechter. Doch weil viele Angler hoffen, dass die Zander wieder zurückkommen, wird hier munter weitergeangelt.
Also auf zu neuen Ufern! Schnappt Euch ein Fahrrad (ich habe mir ein altes DDR-Klapprad für 15 Euro gekauft), einen kleinen Tretroller oder Eure Wanderstiefel und ab geht’s zu den Buhnenfeldern.
Mein erster Tipp: Parkt das Auto ruhig dort, wo alle anderen auch stehen. Grüßt recht freundlich nach rechts. Dann nach links. Und dann ab durch die Mitte! Erst mal ein paar Buhnen weiter. Mit jeder Schüttung, die Ihr Euch vom Parkplatz entfernt, nimmt die Anzahl der sich um die Topplätze streitenden Angler stetig ab. Die Menschheit ist halt doch bequem.
Top-Buhnen erkennen
Nun gibt es ein paar Merkmale, die eine gute Buhne ausmachen. Das sind in erster Linie Kanten, Löcher und Sandbänke. Diese Strukturen lassen sich oft schon mit bloßem Auge erkennen. Heftige Kehrströmungen am Buhnenkopf (der Spitze), die durch eine stark kräuselnde Wasseroberfläche angezeigt werden, stehen für tiefe Löcher und harte Kanten.
Sandbänke erkennt man bei Niedrigwasser sehr gut. Deshalb fahre ich auch immer mal im Hochsommer nur zum Inspizieren ans Wasser. Wenn mir etwas auffällt, mache ich ein Foto und merke mir die Buhne für den Herbst oder das Frühjahr vor. Auch etwas tiefere Becken zwischen zwei Buhnen sind gute Stellen. Vor allem wenn das Wasser ansteigt und sich die Fische aus der Hauptströmung in ruhigere Bereiche zurückziehen. Je länger eine Buhne, desto mehr Strömung prallt darauf. Diese sorgt wiederum für heftigere Ausspülungen. Und je markanter ein Platz ist, desto interessanter wird er für die Fische. Solche und ähnliche Unregelmäßigkeiten sollten sofort ins Auge fallen. Z.B. kann man auch davon ausgehen, dass die erste oder zweite Buhne eines Feldes am markantesten ist. Denn hier ist am meistens Strömungsdruck drauf. Besonders wenn der Fluss noch eine Kurve macht. Am interessantesten – weil am strukturreichsten – sind oft die Buhnen in Außenkurven. Allerdings gilt auch hier: Versuch macht klug.
Auch unscheinbare Buhnen können interessante Strukturen aufweisen. Deshalb ist es eigentlich am besten, sich wirklich jede einzelne Buhne vorzuknüpfen und die guten Buhnen dann in die Karte einzutragen oder ein GPS-Gerät einzuspeisen.
Mann kann sich aber viel Arbeit ersparen, wenn man sich schon zuhause einmal überlegt, wo man angreifen will. Dazu empfehle ich eine detaillierte Karte der Umgebung, in der Buhnenfelder und evtl. auch Tiefenangaben eingezeichnet sind. Sucht eine Stelle, an der es ein bisschen tiefer als im restliche Verlauf des Flusses ist. Haltet nach Kurven Ausschau. Und wenn irgendwo die Chance besteht, dass ein Warmwassereinlauf das Buhnenfeld mit Warmwasser aufheizt (z.B. wie z.B. in Gestaacht an der Elbe), dann nichts wie ran – wobei die Warmwassereinläufe meistens weithin bekannt und überlaufen sind.
Das Marschgepäck
Zu einer guten Vorbereitung gehört es aber auch, sich genau zu überlegen, was man auf so einer Tour braucht. Denn jedes überflüssige Gramm Gepäck schränkt den Aktionsradius ein. Man braucht nur EINE Rute. Wer damit klar kommt, auch mal einen Fisch vor der Landung verlieren zu können, braucht KEINEN Kescher. Eine kleine aber gut sortierte Köderbox mit ein paar Wobblern, Spinnern und Blinkern fürs Flachwasser, dazu reichlich Gummifische und unterschiedlich schwere Bleiköpfe, eine Lösezange, eine Kopflampe für die Abendstunden und etwas Verpflegung – viel mehr muss nicht mit. Wichtig ist, dass man alles griffbereit hat. Denn das Durchangeln von Buhne zu Buhne ist anstrengend. Und wenn dann nicht alles am rechten Platz ist, kostet es irgendwann Überwindung, jedes Mal die Rute rauszunehmen und sich Köder zurechtzufummeln.
Und jetzt mal ganz konkret: Was muss mit?
GPS / Landkarte / Notizheft: Damit man irgendwann einmal ganz explizit über seinen Flussabschnitt bescheid weiß, müssen die Erkenntnisse unmittelbar archiviert werden.
Rute / Rolle: Spinnrute in 2,7 bis 3 m Länge, damit man den Köder hochheben kann, bevor er an die Packung kommt. Auf meiner 3000er Rolle ist eine 15er Fireline, mit der man eigentlich für fast alle Angelsituationen gewappnet ist. Da kann zur Not auch mal ein Wels draufgehen. Außerdem muss man oft weit werfen. Und da gibt’s meines Erachtens nur wenige Schnüre, die weiter fliegen.
Köder: Zum Abfischen des Flachwasserbereichs eignen sich dünnblechige Blinker, flachlaufende Schwimmwobbler oder Gummifischchen an extrem leichten Köpfen (maximal 5 Gramm). Für das Abangeln der Buhnenköpfe und für die Strömung verwende ich ausschließlich Gummifische. Man sollte sich wegen der zahlreichen Hänger einen kleinen Vorrat mitnehmen. Ich ziehe mir schon vor Angelbeginn einige Modelle auf verschieden schwere Bleiköpfe und hab dann eigentlich immer das passende Gummi zur Hand.
Kopf- und Taschenlampe: Zander beißen nun mal ganz gerne in der Nacht. Gerade auf den Steinpackungen wird es auf den Abend hin recht klamm. Stürze sind schmerzhaft. Deswegen sollte man schon sehen, wohin man läuft. Eine Kopflampe hat den Vorteil, dass man die Hände fürs Tackle frei hat. Und wenn das im Rucksack steckt, hat man sogar die Möglichkeit Stürze abzufangen. Ihr Steißbein wird es Ihnen danken.
Stabile Schuhe: Wer den ganzen Tag auf den Schüttungen herumkraxelt wird bald merken, dass das ganz schön auf die Bänder geht. Man knickt schnell mal um und kann sich auch leicht verletzen. Deswegen empfehle ich dringend stabiles Schuhwerk, das vor dem Abknicken schützt. Wanderschuhe sind da bestens geeignet. Nur wenn ich weiß, dass ich ständig durch den Matsch laufen muss, um die Buhnen zu erreichen, ziehe ich Gummistiefel vor.
Die Angelstrategie
Natürlich ist jede Buhne ein bisschen anders als die nächste. Doch die meisten ähneln sich von ihrem Aufbau her. Meine Erfahrungen beziehen sich hauptsächlich auf die Oder. Im Allgemeinen kann man sagen, dass sich Buhnen – mal mehr, mal weniger ausgeprägt – unter Wasser fortsetzen. So gibt es fast geradeaus eine Kante, auf die die Strömung trifft. Hier wird reichlich Nahrung angespült. Ein Treffpunkt für Fried- und Raubfische. Aber ein hängerträchtiger. Wie immer, wenn man an Steinpackungen fischt, darf man den Gummifisch nur eine Millisekunde aufkommen lassen. Wenn man ihn nicht sofort wieder anhebt, verkeilt er sich in den Steinen. Wer hier angelt, geht bewusst das Risiko des Köderverlustes ein. Aber das lohnt sich oft. Bei Niedrigwasser stehen die Räuber oft auf der Verlängerung der Buhne. Oder genau dort, wo die Steinschüttung auch unter Wasser abbricht. Diese Stelle wirft man am besten mit einem Diagonal-Gewaltwurf vom Ufer aus oder watend aus dem Buhnenfeld an. So zieht man den Köder nach dem Absinken für ein paar Sprünge in dem fängigen Bereich anbieten. Je nach Strömungsverlauf befinden sich dann links und rechts von dieser Kante jeweils Vertiefungen. Auch das sind echte Hotspots. Denn hier haben die Fische Ruhe und können dem Strömungsdruck ein wenig ausweichen.
Im Buhnefeld selber gibt es oft Sandbänke, sogenannte Augen. Hier stehen – besonders im Sommer – eine Menge Kleinfische (Brut). Spätestens wenn es dämmert, fallen hier die Räuber ein, um die Kleinfische gegen die Sandbank zu jagen. Leichte Gummifische, flach laufende Wobbler oder dünnblechige Blinker eigenen sich am besten, um dieses Terrain abzufischen. Aber auch die Buhne selbst bietet den Räubern gute Jagdmöglichkeiten. Es ist immer gut, an Plätzen zu fischen, an denen die Raubfische ihre Beute gegen eine Wand drücken können. Zudem bietet die Buhne Schutz vor der Strömung. Die letzten beiden Buhnenhotspots sind die zwei kleinen Mulden, die sich am Fuße ausgebildet haben können. Auch hier steht oft Fisch. Und den vertreiben die meisten Angler damit, dass sie – ohne diese Stelle eines Blickes zu würdigen – direkt auf die Buhne poltern.
Eine Buhne angele ich im Allgemeinen so ab, dass ich zuerst die strömungszugewandte Seite angehe. Zwei Würfe in die besagte Mulde. Ein paar Würfe auf die Buhne, dann immer weiter nach draußen fächern. Ggf. noch ein paar Schmisse parallel. Fertig. Dasselbe Spiel auf der anderen Seite. Erst dann geht es auf die Schüttung rauf. Dabei ist dringend darauf zu achten, dass man leise ist. Jeder Schritt sollte ganz bewusst gesetzt werden. Denn die Schallwellen, die das Klackern der Steine verursacht, werden unter Wasser schnell und weithin übertragen. Dass Zander sich davon anlocken lassen ist mir unbekannt. Im Gegenteil… Jedenfalls gehen meine ersten Würfe auf der Buhne gerade raus. Ein paar Mal fische ich dann mit der Strömung. Wenn ich den Kessel gefunden habe, wird der noch etwas intensiver ausgeklopft.
Dann geht’s gegen die Strömung weiter. Hier reicht es, den Gummifisch nach dem Grundkontakt immer wieder nur anzuheben und von der Strömung weitertreiben zu lassen. So fischt man länger weiter draußen. Um alles abzuklopfen wird dann einfach die Wurfdistanz verringert oder auf aktives Jiggen umgeschaltet. So findet man dann auch das tiefste Loch hinter der Kante. Und in dem sollte man eine Weile suchen. Hier wechsele ich auch öfter mal die Köderfarbe, denn wenn es sich um einen tiefen Kolk handelt, steht da auch garantiert was drin. Wenn ich aber sehe, dass die Kleinfische an den Sandbänken auseinanderspritzen, wird es Zeit, die Flachwasserköder zu montieren und mit denen einmal nach dem Rechten zu sehen.
Wer sich die Mühe macht, und ein wenig Pionierarbeit leistet, wird überrascht sein, wie viele gute Buhnen noch niemand zu würdigen weiß. Und wenn Ihr eine gefunden habt, behaltet Ihr das Geheimnis am besten für Euch. Denn eine gute Buhne ist mit Gold kaum aufzuwiegen…