Tipps & Tricks Keine Spinnerei
In Zeiten der Gummifisch-, Jerk- und Wobbler-Schwemme droht dem Spinner
der Verbleib in der schattigsten Ecke unserer Köderboxen. Völlig zu
unrecht, denn Spinner sind immer noch mit die besten Köder, wenn es
gilt, Raubfische wütend zu machen. Spinner fangen zwar – entgegen
anderslautender Anglerweisheiten – auch nicht immer, aber man kann
köderführungstechnisch kaum etwas falsch machen – der Druckwelle sei
Dank.
Zwischen „kaum etwas falsch“ und „alles richtig machen“, tun sich
allerdings Welten auf. Erfolgreiches Angeln mit Spinnern bedeutet –
genauso wie mit allen andere Kunstködern auch – sich in den Fisch
hineinzuversetzen und auf seine Verhaltensmuster mit der richtigen
Medizin zu reagieren. Der Frage, wo die Fische gerade unterwegs sind,
schließt sich die Frage nach ihrem Beuteschema an. Dann gilt es die
Gewässertrübung zu beachten. Außerdem Fließgeschwindigkeit und Tiefe.
Und letztendlich die Einholgeschwindigkeit. Mit den Antworten auf diese
Fragen im Kopf, erfolgt der Griff in die Köderkiste.
Blattform und -farbe
Das erste Auswahlkriterium ist nicht die Farbe, sondern die Blattform. Sie entscheidet, wie man den Köder führen kann: Je runder und größer das Blatt, desto mehr Wasserwiderstand entsteht beim Einkurbeln und desto flacher und langsamer läuft der Spinner. Je schlanker das Blatt, desto strömungsunanfälliger ist ein Spinner bzw. desto tiefer kann man den Spinner anbieten.
Wie immer beim Angeln gibt’s auch beim Thema „Spinnerfarbe“ scheinbar Hilfe spendende Weisheiten. Z.B: „Trübes Wasser, greller Spinner – klares Wasser dunkler Spinner.“ Eine Arbeitsthese mit der man einsteigen kann, auf die man sich aber auch nicht versteifen sollte. Ich habe z.B. auch schon oft im klaren Wasser mit einem Firetiger-Spinner gut gefangen, während auf gedeckte Farben gar Nichts ging.
Ködergröße
Mit der Spinnergröße simuliert man nicht nur die Beutegröße, sondern wählt auch die Reizdosis: Je größer ein Spinner ist, desto mehr Druck macht er. Und das kann entscheidender sein, als die Anpassung des Köders an die natürliche Beute. Oft fangen übergroße Modelle, die gar nichts mit den Beutefischchen gemein haben. Ein 5er oder 6er können müde Fische munter machen. Der Druckwelle sei Dank. Die Theorie, dass man sich auch mit dem Spinner der Beutegröße der Räuber anpassen sollte, ist jedenfalls bei kaum einem Köder schneller über den Haufen geworfen. Woran das liegen könnte? Spinner machen die Fische in erster Linie aggressiv. Erst in zweiter Linie imitieren sie eine natürliche Beute. Wenn auf Spinnerchen aus der 0er- und 1er-Fraktion nichts geht, kann sich auch beim Angeln auf kleinere Räuber der Versuch lohnen, die Fische mit einem überdimensionierten Format unter Druck zu setzen.
Nur im Sommer kann man zuversichtlich mit einer Ködergröße fischen: Wenn sich die Räuber nämlich auf die Brut spezialisieren, fangen Kleinstspinner fast immer besser als größere Modelle – auch große Hechte wollen jetzt kleine Happen. Um auf die Launen reagieren zu können, führe ich dennoch zu jeder Jahreszeit verschieden große Spinner verschiedener Couleur mit ans Wasser.
Spinnerformen
Neben dem klassischen Spinner mit Körper und einem Blatt (z.B. die ABU Droppen, Mepps-Klassiker oder Vibrax-Spinner) gibt es eine Menge Sonderformen: Bleikopfspinner (wie den berühmten Mörrum von ABU) sind die einzige Chance zum grundnahen spinnern in tieferen Gewässern, wobei der Bleikopf außerdem die Wurfweite erhöht und dafür sorgt, dass sich der Spinner nicht um die eigene Achse dreht (somit entsteht kein Schnurdrall). Unbeschwerte Spinner wie der Lusox von Mepps hingegen eignen sich zum Fischen über Krautfeldern oder ganz flacher Gewässerbereiche. Doppelblatt-Spinner (z.B. die Mapsos von Exori oder der Lusox als Doppelblatt-variante) sind meistens recht groß und machen doppelt Alarm. Sie sind hervorragende Köder zum Hechteln im Frühjahr. Dazu eignen sich auch die großen Bucktail-Spinner, z.B. der Weedbuster von Fox, deren Haken so gut geschützt ist, dass man sie sogar ins Schilf werfen kann. Fischkörper-Spinner (z.B. von Jenzi) kann man entweder einkurbeln oder auch jiggen. Weitwurfwaffen und Rapfenwunder sind die kompakteren Modelle von Spro (ASP Jiggin’ Spinner) oder Mann’s (Little George). Und für Forellen sind Spinnfliegen (z.B. die Spinfly von Flakfish) top, die mit dem kleinen Propeller ordentlich Rabatz machen, aber weniger Wasserwiderstand bieten und somit auch in der Strömung runter kommen.
Hakendeko
Ein rotes Wollbüschel, ein paar Federn, ein Fischchen, ein Twisterschwanz oder andere Verzierungen des Drillings können den Unterschied zwischen Schneidertag und Sternstunde ausmachen.
Deswegen sollte man beim Spinnern immer ein bisschen Wolle dabeihaben. Das Tuning geht ganz schnell: Zwei Wollfäden durchs Hakenöhr ziehen, die an allen Enden ca. 1 cm über den Drilling herausragen. Mit derselben Wolle am Haken festknoten. Fertig. Aber die Deko wirkt sich nicht nur fangfördernd aus. Bei kleinen Spinnern bringt sie auch zusätzliche Wurfweite, weil sich das Büschel mit Wasser voll saugt, das dann als zusätzliches Wurfgewicht genutzt wird.
Find’ & Fang!
Form und Größe des Spinners sind die Basis für den Fang. Die Chancen auf regelmäßige Fänge kann man erhöhen, wenn man ein paar Tricks zur Fischortung und bei der Köderführung beherzigt:
Countdown bis zum Biss
In Gewässern bis 1,5 m Wassertiefe kann man mit einem Spinner sehr schnell abfächern. Einfach durchs Mittelwasser gezogen, sprechen die Druckwellen alles an, was sich ober- und unterhalb abspielt. Wenn’s tiefer wird, muss man die Gewässersäule gezielt durchsuchen und hangelt sich dabei von unten nach oben. Beim ersten Auswurf zählt man die Sekunden, die der Köder vom Auftreffen auf dem Wasser bis zum Grundkontakt braucht. Dann wird er abgehoben und kurz über dem Grund eingeholt. Erfolgt kein Biss, beginnt man eine oder zwei Sekunden früher mit dem Einholen des Köders. Und dann noch einmal früher. Erst wenn man den ersten Biss verzeichnet, bleibt man auf diesem Niveau und kann gerade beim Barschangeln davon ausgehen, weitere Fische zu haken.
Doppelte Gumpen-Strategie
In Flüssen und Bächen stehen die Fische oft in ausgespülten Außenkurven oder anderen Vertiefungen, den so genannten Gumpen. Diese kann man einfacher beangeln, wenn man den Spinner mit der Strömung führt, weil er dann nicht gegen die Strömung ankämpfen muss und von dieser nicht nach oben gedrückt wird. Dazu steigt man mit der Wathose ins Wasser und wirft die stromauf gelegenen Gumpen an.
Auf dem Rückweg oder an Gumpen, die man stromauf nicht anwerfen kann, fischt man vom Ufer und wirft quer zur Strömung.
Der Spinner sollte kurz vor dem Gumpen eintauchen. Dann lässt man ihn an gespannter Sehne in die Vertiefung treiben und holt ihn im Bogen ein. Damit der Köder kurz über den Grund kommt, muss man bei starker Strömung bzw. tiefen Löchern ein Schrot oder eine Bleikugel (3 bis 10 Gramm) vorschalten. Die Bisse kommen oft, wenn man den Spinner aus dem Gumpen in die Strömung zieht.
Kanten abziehen
In stehenden Gewässern entfalten Spinner an den Scharkanten ihre volle Wirkung erst dann, wenn man sie längs an den Abbrüchen entlang zieht. Je länger man den Köder in diesem Bereich hält, desto mehr Treffer wird man landen. Ideal ist es, mit der Wathose bis an die Kante zu laufen und dann parallel dazu zu werfen. Vom Ufer kann man die heiße Phase ausdehnen, wenn man quer zum Ufer wirft. Das Gleiche gilt fürs Bootsangeln an Barschbergen. Wobei sich die Fische hier oft auch auf dem Plateau aufhalten.
Rutschpartie übers Kraut
Im Frühjahr stehen Barsch und Hecht gern im den großen Krautfeldern. Diese angelt man am besten mit einem leichten (unbeschwerten) Spinner vom driftenden Boot ab. Der Köder wird dann schräg voraus geworfen, so dass man ihn in einem Bogen einholt (das Boot bleibt ja in ggf. durch einen Driftsack gebremster Fahrt).
Dynamische Führung
Oft verfolgen die Fische einen Spinner interessiert bis zum Herausheben. Gerade in klarem Wasser bringt diese Entscheidung auf den letzen Metern den Extrakick. Eigentlich wäre man geneigt, den Köder langsamer laufen zu lassen, um die Möglichkeit, dass der Fisch zuschnappt zeitlich in die Länge zu ziehen. Aber in Zeitlupe fliegt kein Ball ins Tor. Und kaum ein Räuber fühlt sich von einem langsamer laufenden Fisch zum Zupacken motiviert. Der Schnappreflex wird durch fliehende Beute ausgelöst. Und die sprintet nun mal los, wenn es um ihr Leben geht. Was im Endspurt klappt, funktioniert auch weiter weg von uns. Wenn man zwischendurch immer einmal Gas gibt, ist das ein zusätzlicher Appell an den Schnappreflex. Und der kann in jeder Phase des Einholens wichtig sein. Denn auch wenn man nicht sieht, dass dem Spinner ein Fisch folgt, ist das oft genug der Fall.
Klapptrick
Die Extrem-Variante des Geschwindigkeitswechsels ist das Stop&Go – in Fachkreisen auch als Klapptrick bekannt. Wie immer beim Angeln mit Kunstködern sind Spinnstopps auch beim Spinnern sehr effektiv. Dazu unterbricht man den Lauf des Köders, um ihn dann neu anzustarten. Wie ein toter Fisch fällt der Spinner so in sich zusammen. Zudem setzt die Druckwelle für einen Moment aus, um sofort wieder einzusetzen. Das nervt richtig arg! Gerade bei diesem Manöver macht sich die Qualität des Köders bemerkbar. Je früher er auf Touren kommt, desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass dieser Trick funktioniert.
Etagenwechsel
Wenn Barsche ihre Beute jagen, fliehen die kleinen Fischchen oft an die Wasseroberfläche. Dieses Verhalten kennen die Barsche vom jagen. Ein aus dem Sichtfeld nach oben flüchtender Fisch wirkt deshalb oft animierend. Um diese Flucht anzudeuten, sollte man die Rute ab und an steiler stellen und den Einzug etwas beschleunigen.
Gerätetipp
Geflochtene Schnur eignet sich nur bedingt zum Spinnern. Unbeschichtete Geflechte „speichern“ jede Rotation und verdrallen deshalb sehr schnell. Viel weniger Probleme gibt’s mit Mono oder mit einer Fluorocarbonschnur (Berkley Vanish), die die Fische auch nicht sehen, was gerade beim Forellenangeln ein Vorteil ist.
Gegen Drall helfen auch gute evtl. sogar kugelgelagerte Wirbel (z.B. die Ball Bearing Swivel von Berkley). Von Dreifachwirbeln halte ich aber wenig, weil mir die Wirbelkette viel zu auffällig ist. Mir sind matte Wirbel übrigens lieber, weil ich das Blitzen allein dem Köder überlassen möchte.
Mit Spinnern angelt man meist auf kurze und mittlere Distanz. Zum Boots- und Pirschangeln verwende ich kurze Ruten. Das Wurfgewicht richtet sich nach Zielfisch- und Spinnergröße. Für die ultrafeine Angelei auf Forellen, Döbel und Barsch mit 0er und 1er Spinnern verwende ich gern ganz leichtes Gerät. Für Hechte und Zander bzw. das Angeln mit Großspinnern an sich ist eine kurze und steife Rute bis 40 Gramm Wurfgewicht eine gute Wahl.
Die Stationärrolle sollte die Schnur sauber verlegen und eine solide Bremse haben.
Gerätebox:
Rute: Mitchell Avocet Ul Spin (1,65 m – WG 0,5 bis 4 Gramm) oder Berkley Vertic (1,8 m – WG bis 40 Gramm)
Rolle: Mitchell 308 X oder ABU Cardinal 501 oder 502
Schnur: Berkley Sensi Thin, Berkley Vanish Transition in Stärken von 0,16 bis 0,30 mm