News Interview mit einem Brandenburger Berufsfischer
Gestern hatte ich ein kurzes Gespräch mit einem Fischer, der einen kleinen brandenburgischen Fluss bewirtschaftet. Eigentlich ging es mir darum, dem Mann ein paar Raubfischkarten abzuschwatzen. Da in seinem Fluss zwar ganz gut Zander vorhanden sind, er aber nichts von der neuen Artenschonzeit hält, bin ich daran leider gescheitert. Trotzdem habe ich eine Weile mit ihm gesprochen und möchte Euch die Essenz dieses Gesprächs wiedergeben.
Barsch-Alarm: Kann man von der Fischerei eigentlich heute noch richtig leben?
Fischer: Also von der Fischerei in meinem kleinen und flachen Fluss nicht. Deshalb habe ich mich auch zusätzlich auf die Landwirtschaft verlegt. Das hat damals schon mein Großvater machen müssen…
… Außerdem habe ich mir Hälterungsbecken gebaut. Hier hältere ich z.B. meine Forellen. Aber da muss man sehr aufpassen. Diesen Juni sind mir viele weggestorben, weil es so heiß war. Nächstes Jahr werde ich meine Forellen bis zum Juni verkauft haben und mir für den Sommer etwas anderes ausdenken. Außerdem wurde mein Fluss begradigt. Dazu kommt noch, dass man die Wiesen nicht mehr fluten darf und weil auch die Zugänge zu den kleinen Gräben versperrt wurden, sind absolut keine Laichplätze mehr vorhanden. Darüber hinaus fangen die Angler auch noch die Fische weg, die man verkaufen könnte. Uns Fischern bleiben doch oft genug nur die Brassen. Und von denen kann man nicht leben. Im Gegenteil.
Barsch-Alarm: Was heißt im Gegenteil?
Fischer: Früher hat man die Brassen noch zur Schweinemast gebracht. Heute werden die Fische entsorgt. Auf Kosten des Fischers.
Barsch-Alarm: Und das passiert dann wirklich?
Fischer: Sagen Sie mir mal einen Fischer, der sich das leisten kann. Die Folge ist einfach, dass die Gewässer Schaden nehmen werden. Es entsteht ein Ungleichgewicht zwischen Brassen und Raubfischen. Es werden immer mehr Weißfische und immer weniger Räuber. Und heute fangen die Angler auch noch bevorzugt Zander und Hechte. Das fördert dieses Ungleichgewicht auch noch. Deshalb verkaufe ich jetzt auch noch keine Raubfischkarten. Die gibt es erst ab 1.3. wieder, damit die Hechte wenigstens in Ruhe zu ihren Laichgebieten wandern können. Das Ganze wird noch zu einem richtigen Problem. Die Brassenmassen werden gerade kleinere Gewässer zum Umkippen bringen. Das Ungleichgewicht wird man langfristig auch an der Havel merken. Hier wird es irgendwann mal zur Verbuttung kommen. Dann fangen Sie nur noch riesige oder winzige Bleie. Dazwischen gibt’s dann nix mehr. Aber dann, wenn Sie das bemerken, ist es zu spät.
Barsch-Alarm: Mal ehrlich: Können Angler dem Fischer eigentlich ernsthaft Konkurrenz machen?
Fischer: Ein Angler natürlich nicht. Aber die vielen tausend Angler hier in der Region schon. Zumal die sich auf die Edelfische konzentrieren.
Barsch-Alarm: Sind die Kormorane da nicht die viel größere Konkurrenz?
Fischer: Stimmt. Die Kormorane machen uns das Leben sehr schwer. In Meinem Gewässer gibt es fast keine kleinen Hechte mehr. Auch die kleinen Zander fallen den Viechern zum Opfer. Und Barsche und Aale natürlich erst recht. Auch die lassen uns erst mal die Brassen, weil die zu hochrückig sind. Zwar werden wir etwas subventioniert. Wenn wir 1000 Euro in Aalbesatz investieren, dann bekommen wir noch 100 Euro dazu. Wegen der Kormorane aber holen wir dann Aal mit einem Verkaufswert von 20 Euro wieder raus. Lohnt sich das? Man müsste einfach mal wieder richtig aufräumen. Aber das wird bei der Regierung ja nichts. Damals unterm „Alten Fritz“ haben die Mecklenburger Fischer auch unter einer Kormoranplage gelitten. Der hat sich das angehört und dann Schützengarden losgeschickt, die ordentlich Kormorane abgeräumt haben. Da war dann für 80 Jahre Ruhe. Genau das müsste man heute auch mal machen. Aber dazu sind die da oben ja zu doof, das zu erkennen. Heutzutage werden doch nur die Verbrecher geschützt. Überall. Unter den Menschen und den Tieren. Wer Fische stiehlt, wird geschützt, und auch wer mordet, kommt nach 3 Jahren wieder frei. Die Regierung kümmert sich um nichts mehr. Jeder darf alles. Und dazu noch die Arbeitslosigkeit. Das erinnert sehr an die Weimarer Republik. Und was danach gekommen ist, muss ich Ihnen ja nicht sagen. Aber noch mal zu Ihrer Frage: Die Angler sind für uns schon Konkurrenten. Ich habe letztes Jahr 70 Jahreskarten für meinen kleinen Flussabschnitt verkauft (Anmerkung: Das bringt ihm 2450 Euro). Dazu kommen noch mal genauso viele Schwarzangler. Und gegen die kann ich nix mehr machen. Ich darf ja nicht mal mehr selber an meiner Strecke kontrollieren. Früher haben die alle die Beine in die Hand genommen, wenn sie mich gesehen haben. Heute lachen die nur, wenn sie mich sehen.
Barsch-Alarm: Das mit den Schwarzanglern dürfte im Moment, da es in Ihrem Fluss ja einen ganz guten Zanderbestand gibt, ja vor allem nachts ein Problem sein, oder?
Fischer: Naja. Zum Glück beißt der Zander nachts nicht. Zander fressen nur am Tag. Das sind tagaktive Räuber. Außerdem ziehen die Fische ja sowieso wieder in die Havel. Ich weiß ganz genau wo. Ich hab nämlich mal auf der Havel gelernt. Aber ich werde mich hüten, Ihnen das zu verraten.
Barsch-Alarm: Ich geb‘ einen aus!
Fischer: Lassen Sie mal. Das bringt nichts.
Barsch-Alarm: Na denn wünsch ich Ihnen mal viel Glück. Ach ja, eine Frage noch: Man hört die Angler immer über den Rückgang der Zander in der Havel reden. Was halten Sie davon? Ist das typisches Anglergequassel?
Fischer: Der Zanderbestand in der Havel ist relativ stabil. Die Angler fangen im Moment viele kleine Zander. Solche Zeiten gab es früher auch schon. Oft fangen dann auch die Fischer nur kleinere Fische. Auf 7 gute Jahre kommen eben 7 schlechte Jahre. Das hat mit dem Bestand nichts zu tun. Die großen Fische sind eben vorsichtiger und weder vom Angler noch vom Fischer einfach zu überlisten. Aber Zander gibt es viele in der Havel. Das liegt vor allem auch an den Fischern, die den Fischen Laichplätze schaffen. Ohne die würden sich die Zander nicht natürlich in der Havel vermehren können.